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1997

Rubrik
1.Mai
1.Mai Debatte

Aus Interim: 406

"Sooo riesig werden die Unterschiede schon nicht sein."- "Riesig nicht, aber fein!"-

Ein weiterer Beitrag in der Reihe "Komm zu den Autonomen"

Im letzten Wort zum Donnerstag Interim 405"kritierten" einige Autonome(?) die Anti-faschistische Aktion Berlin (AAB) für ihre Mitgliedschaft in der AA/BO bzw. ihren Organisationsansatz und vor allem für ihre Initiative zum l. Mai 1997 Interim 404. Besonders scharf und polemisch fällt der Text dort aus, wo die AAB der Zusammenarbeit mit stalinistischen Gruppen bezichtigt wird. Außerdem wird der AAB vorgehalten, sie sei nur noch an einer symbolischen Politik interessiert, inszeniere Politik als "Pop-Ereignis" und verheize mit ihrer bundesweiten Mobilisierung Genosslnnen für ihre "eigene Beschränktheit". Der Versuch, aus dem Gedenken an Rosa und Karl eine Huldigung an Lenin zu zimmern (das dritte "L" angeklatscht) und die geplante 1. Mai-Demo dureh Prenzlauer Berg ohne Rücksicht auf die dortige Szene-Resonanz werden ebenfalls in die Kritik genommen. Alles nicht ganz falsch und mir inhaltlich sehr nah - aber wie das da passiert, schließt nahtlos an die selbstzerfleischenden Papiere des letzten Jahres (und all der Jahre zuvor) an. SEHR SCHADE!!!

Eine Diskussion um linksradikale Politikformen - dazu gehört auch der organisatorische und politische (Bündnis-)Ansatz der AAB - finde ich gut und sinnvoll. Was ich aber falsch und unsolidarisch finde, ist eine polemische Schärfe und Ungenauigkeit wie in dem benannten Beitrag. Der AAB zum Beispiel das Verhalten stalinistischer Gruppen wie der RAl zum Vorvurf zu machen, geht daneben und gelingt auch über den Verweis auf Bündnisse zwischen AAB und Stalin-Fans nicht überzeugend. Der üble Angriff eines RAI-Menschen auf einen Genossen auf der "LL-Demo" ist zweifellos ein Armutszeugnis für diese Gruppe, und der Umgang mit diesem Vorfall macht auch hinreichend deutlich, daß dieses Verhalten bei RAI & Co. absolute Rückendeckung hat, aber dies der AAB vorzuhalten und unter "Die Organisation" subsummieren zu wollen, macht keinen Sinn außer den; die AAB in eine Ecke mit anti-emanzipatorischen Gruppen stellen zu wollen. Kritik an der AAB für ihre offene Bündnispolitik mit stalinistischen Gruppen wie der RAI gehört in einen anderen, solidarischeren Rahmen. Es ist einfach ein feiner Unterschied zwischen den VerHERRlichern Stalins und Lenins und der Bereitschaft, diesen Gruppen Raum zuzugestehen. Mit der Beh-Null-Keule die ganzen Projekte der AAB einmachen und aus emanzipatorisch-linksradikaler Politik ausklammern zu wollen, klappt nicht und ist an einer "Weiterentwicklung" einer solchen Politik (in diesem Fall der korrekte Umgang miteinander) auch nicht eben nahe dran. So gesehen ist das Projekt 1.Mai 1997 schon jetzt gescheitert: an denen, die es mit kritikwürdiger "Symbolpolitik", falschen Bündnissen und wenig Gespür für die Befindlichkeiten der Ost-Szene vorantreiben wollen UND an denen, die diese Kritik in Form einer selbstgefälligen Abrechnung vorbringen. Und da bleibt eben keine Hoffnung mehr, denn wenn nicht mal ein "wirkliches Interesse" an einer "politischen 1.Mai"-Diskussion besteht, dann ersparen wir uns gegenseitiges "ins Bockshorn jagen" am besten ebenfalls.

S.E.E.S.T.E.R.N.C.H.E.N.