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1997

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1.Mai

1.Mai Debatte
Interim 404

Es gibt kein Ende der Geschichte...

10 Jahre Revolutionäre 1. Mai-Demo in Berlin! - Widerstand braucht Kontinuität!

Am 1. Mai 1997 wird es zum 10. Mal eine "Revolutionäre 1.Mai-Demo" in Berlin geben! Seit 1987 kommt dem 1. Mai in Berlin erstmals nach Ende der 60er, als es noch große linksradikale 1.Mai-Demonstrationen gab, wieder eine kämpferischere Bedeutung zu. Die seit 1988 stattfindenden revolutionären 1. Mai-Demonstrationen stehen in Inhalt und militanter Ausdrucksform im scharfen Kontrast zu den staatstragenden Bratwurst-Wandertagen der DGB-Führung im Rahmen der "Sozialpartnerschaft.

Von 1988 an gehörten die revolutionären 1.Mai-Demonstrationen zu den erfolgreichsten Mobilisierungen linksradikaler Gruppen und Organisationen, mit einer Ausstrahlung weit über Berlin hinaus. Dies zeigte sich auch wieder im letzten Jahr, als 15.000 Menschen vom Rosa-Luxemburg-Platz aus durch Mitte/Prenzlauer Berg und 3-5.000 Menschen von Kreuzberg aus zum Kollwitzplatz demonstrierten. Der von vielen nach den Streitereien und Auseinandersetzungen auf den O-Platz-Demos 1992 und 1993 totgeglaubte "revolutionäre 1. Mai" war wieder in aller Munde. Sehr viele, gerade auch jüngere Menschen artikulierten angesichts drastischer Sozialkürzungen, Häuserräumungen, rassistischem 5taats- und Nazi-Terror auch praktisch ihre Ablehnung gegenüber dem bestehenden System. Klare Sache also, auch 1997 eine revolutionäre 1.Mai-Demo zu organisieren und den Tag zu nutzen, linksradikale revolutionäre Ansätze in ihrer gesamten Breite auf die Straße zu tragen, zu verankern und mehr Menschen zum Widerstand zu ermutigen!

Da im letzten Jahr die Vorbereitungszeit für die Demonstration etwas knapp war, wollen wir bereits jetzt zu einem ersten Vorbereitungstreffen für Gruppendelegierte einladen:

Wir schlagen eine Demonstration ab Rosa-Luxemburg-Platz mit einer ähnlichen Demo-Route, also eine Kiezdemonstration durch belebte Straßen in Mitte/Prenzlauer Berg vor.

Die Befürchtungen, die im letzten Jahr laut wurden, daß der Bruch mit der "0-Platz-Tradition" dazu führen könnte, daß sehr viel weniger Leute zur Demo kommen (weil 13 Uhr O-PIatz ein überall bekannter, fester Termin/Ort ist), haben sich nicht bestätigt, im Gegenteil!

Offensichtlich waren auf der Demo ab Rosa-Luxemburg-Platz auch wieder viele Menschen dabei, die jahrelang wegen der Auseinandersetzungen um die O-Platz -Demo und dem (abgesehen vom letzten Jahr) schmaler gewordenem politischem Spektrum dort (1994/1995 hauptsächlich maoistisch orientierte Gruppen) nicht mehr zur revolutionären 1.Mai-Demo gegangen waren. Gerade der bewußte Bruch mit der "O-Platz-Tradition" und das am R.L.-Platz angetretene breite linke Spektrum von Anti-Atom, Antifa über Häuserbewegung, von anarchistischen bis kommunistischen Gruppen beeindruckte viele und führte schließlich zur größten linksradikalen Demonstration der letzten Jahre Auch die Befürchtung, daß ImmigrantInnen am 1.Mai nur in Kreuzberg bleiben würden, bestätigte sich nicht. Und sicher würden noch sehr viel mehr ImmigrantInnen auch im Prenzlauer Berg demonstrieren, wenn es dieses Jahr nur eine gemeinsame Demonstration geben würde, die gemeinsam mit linken ImmigrantInnengruppen vorbereitet und durchgeführt wird. Der Rosa-Luxemburg-Platz hat durch die vielen guten und großen Demos in letzter Zeit sicher an Bekanntheitsgrad und Austrahlungskraft zugelegt.

Wir finden es aber auch wichtig, Kreuzberg am 1.Mai 1997 mit einzubeziehen. Wir beteiligen uns unabhängig von der Demonstration an der Initiative von einigen Leuten, für den späten Nachmittag/Abend in Kreuzberg ein größeres Konzert vorzubereiten. Außerdem hoffen wir, daß es, wie die letzten Jahre ein Straßenfest im Prenzlauer Berg geben wird.

Wie im letzten Jahr auch finden wir es sinnvoll, die Demonstration in thematisch/politisch unterschiedliche Blöcke aufzuteilen, mit jeweils eigenen Blockvorbereitungen und -Mobilisierungen. Dabei finden wir Mobilisierungsfreiheit für die verschiedenen politischen Spektren selbstverständlich! So können auch unterschiedliche politische Ansätze nebeneinander stehen bleiben, und trotzdem ist es möglich, gemeinsam zu demonstrieren. Mögliche Blöcke könnten sein: Antifablock, Frauen/Lesben, Antiautoritärer Block, roter Block, Häuserblock, internationalistischer Block... Eine der Hauptaufgaben der Antifablockvorbereitung besteht dieses Jahr sicherlich darin, sich Gedanken zur Verhinderung eines möglichen Nazi-Aufmarsches zu machen. Die Versäumnisse des lezten jahres bewerten wir als großen Fehler.

Es gibt kein Monopol einer bestimmten linken Strömung/Richtung auf den 1.Mai; der 1.Mai ist Angelegenheit aller linken Gruppen und Organisationen, für die dieser Tag eine revolutionäre Bedeutung hat - es gibt keine einheitliche Linke. Deshalb wollen wir auch keine Ausgrenzung einzelner politischer Gruppen. Vielmehr sollte es jeder Gruppe möglich sein, sich in die Vorbereitung einbringen zu können, auch wenn es inhaltliche Unterschiede gibt. Den uns in diesem Zusammenhang vorgeworfenen "Pragmatismus" finden wir im Zusammenhang mit der 1.Mai-Demonstration genau die richtige Herangehensweise. An diesem Tag sollte es vor allem darum gehen, trotz allerpolitischen Unterschiede auf der gemeinsamen Grundlage, nämlich dem Willen zur Umwälzung der bestehenden kapitalistischen, rassistischen und patriarchalen Verhältnisse zu demonstrieren. Inhaltliche Differenzen ausgerechnet im Vorfeld des 1. Mai klären zu wollen (wie jedes )ahr bei Vorbereitungstreffen aufs neue eingefordert wird), und ansonsten das ganze Jahr über dazu zu schweigen, finden wir kontraproduktiv. Inhaltliche Diskussion setzt einen kontinuierlichen, organisatorischen Rahmen voraus. Ein Demovorbereitungskreis kann zwar Rahmen zum Austausch der verschiedenen Positionen sein, Ergebnisse oder eine Angleichung der Positionen davon zu erwarten, halten wir für überhöhte Ansprüche.

Da die Verhältnisse so sind, ist es sicher wichtig, durch verschiedene Aufrufe im Vorfeld und durch Form und Ausdruck auf der Demonstration selbst die Verschiedenartigkeit des Bündisses nach außen erkennbar darzustellen. Für die evtl. notwendig befundene inhaltliche Abgrenzung gibt es schließlich die unterschiedlichen politischen Blöcke mit eigenen Aufrufen und Transparenten auf der Demonstration und getrennte Blockvorbereitungen.

Und jeder Mensch, der auf die Demonstration geht, kann selbst entscheiden, welches politische Konzept er/sie ansprechend findet und welches nicht. Eine Ausgrenzung bestimmter politischer Strömungen/Inhalte im Vorfeld finden wir falsch, weshalb die Einladung zum Vorbereitungstreffen an alle uns bekannten Gruppen gerichtet wird. Dabei wollen wir diesmal auch gezielter schon im Vorfeld ImmigrantInnengruppen ansprechen. Wir fordern hiermit auch alle anderen Gruppen auf, weitere ihnen bekannte Gruppen anzusprechen.

Für einen starken revolutionären 1. Mai 1997!

1. Vorbereitungstreffen für Gruppendelegierte:

Sonntag, 2.Februar um 20 Uhr im Blauen Salon, Mehringhof, Gneisenaustr. 2a

Antifaschistische Aktion Berlin, Waldemarstr. 36 - 10999 Berlin - Tel. 030-6157329 - Fax 030-6153860 - Kontakt: Fr. 16-20 Uhr