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1998

Rubrik
Repression & Widerstand

GfbV im WWW: http://www.gfbv.de

PRESSEERKLÄRUNG
DER GESELLSCHAFT FÜR BEDROHTE VÖLKER
VOM 13. MÄRZ 1998

Gesellschaft für bedrohte Völker:

Herr Beckstein, Sie tragen Mitschuld am Tod
der beiden Kosovo-Albaner! Treten Sie zurück!

Göttingen/München, den 13. März 1998

Die Gesellschaft für bedrohte Völker hat den bayerischen Innenminister
Günter Beckstein am Freitag zum Rücktritt aufgefordert. "Durch Ihre
unbarmherzige Abschiebepolitik tragen Sie, Herr Minister, erhebliche
Mitverantwortung dafür, daß zumindest ein, wenn nicht zwei abgeschobene
Kosovo-Albaner von serbischen "Sicherheitskräften" offenbar ermordet werden
konnten", begründete der GfbV-Vorsitzende Tilman Zülch die Forderung der
Menschenrechtsorganisation. "Wir haben Sie immer wieder eindringlich davor
gewarnt, Albaner an dasselbe Regime auszuliefern,
das die Hauptverantwortung für den Völkermord in Bosnien trägt." Deswegen
habe auch der Internationale Gerichtshof in Den Haag die Klage Bosniens
gegen Serbien angenommen.

Trotzdem sei mit Belgrad im Oktober 1996 ein Rückübernahmeabkommen
geschlossen und abgelehnte Asylbewerber seien schon auf deutschen Flughäfen
serbischen Polizisten übergeben worden. "Dabei haben Sie gewußt, Herr
Minister, daß diese Polizei längst zur militärisch ausgerüsteten
Streitmacht des verbrecherischen Regimes in Serbien umfunktioniert worden
ist", kritisierte Zülch. Nach den jüngsten Massakern an mindestens 80
Albanern - unter ihnen schwangere Frauen und Kinder - sei es unbarmherzig
und geradezu skrupellos, weiterhin Abschiebungen durchzuführen. Stur berufe
sich der Minister jetzt auf den jüngsten Lagebericht des Auswärtigen Amtes,
in dem es heißt, die Auseinandersetzungen fänden in einem räumlich klar
begrenzten Gebiet, der Drenica-Region statt. "Aber Sie wissen genau, daß
Sie mit Behörden kollaborieren, die erneut Völkermord vorbereiten und ihn
in einer Region bereits damit begonnen haben. Deshalb ermittelt jetzt auch
schon das Internationale Kriegsverbrechertribunal. Im Kosovo gibt es zur
Zeit kein sicheres Gebiet, weil Albaner kollektiv verfolgt, vernichtet oder
vertrieben werden sollen. Nur der Druck der westlichen Großmächte kann das
beenden", sagte Zülch.

Nach einem Bericht der Süddeutschen Zeitung vom Freitag war der 70 Jahre
alte Kosovo-Albaner Mohamed Islami am 5. Dezember 1997 im bayerischen
Kelheim in Abschiebehaft genommen und am 17. Dezember mit dem Flugzeug nach
Jugoslawien abgeschoben worden. Am 2. März 1998 hätten sich Augenzeugen bei
seinem Sohn in Deutschland telephonisch gemeldet und berichtet, daß Islami
zwei Tage zuvor an seinem Wohnort Likoshan bei einem Massaker von
serbischen Polizisten ermordet worden sei. Außer Mohamed Islami soll noch
ein zweiter aus Deutschland abgeschobener Kosovo-Albaner umgebracht worden
sein.