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1998

Rubrik
Repression & Widerstand

Wir dokumentieren eine Pressemitteilung von prison watch international:

prison watch international e.V. Bundesvorstand Goettingen
Haus der Kulturen, Hagenweg 2, D-37081 Goettingen, Tel.: 0551/63761 Fax: 0551/63759

PRESSEMITTEILUNG 27.02.98

Deutsche wegen angeblicher Mitgliedschaft
in der PKK im tuerkischen Gefaengnis


> pwi fordert die Freilassung von Eva Juhnke und allen
> politischen Gefangenen in der Tuerkei

Die Freilassung der im Oktober 1997 von tuerkischen Spezialeinheiten im
irakisch-tuerkischen Grenzgebiet inhaftierten Eva Juhnke fordert prison
watch international. Die Hamburgerin Eva Juhnke, die seit fuenf Jahren in
Kurdistan lebte und sich fuer die Interessen des kurdischen Volkes
einsetzte, wurde unbewaffnet und schwer krank in der Naehe von Hakkari
verhaftet. Mittlerweile laeuft vor dem DGM (Staatssicherheitsgericht) in
Diyarbakir ein Prozess gegen sie wegen Mitgliedschaft in der PKK und
weiterer Anklagepunkte nach Anti-Terror-Gesetz. Sollte sie hiernach
verurteilt werden, droht ihr eine Haftstrafe bis zu 24 Jahren.

Nach ihrer Verhaftung wurde sie mit verbundenen Augen, an Haenden und
Fuessen gefesselt und unter der Drohung, man wuerde sie aus dem
Hubschrauber werfen, nach Diyarbakir transportiert, wo sie in
Polizeihaft von Mitgliedern des Geheimsdienstes tagelang unter
erneuten Drohungen und menschenunwuerdigen Zustaenden verhoert wurde. Nach
ca. 2 Wochen erfolgte die Verlegung in das Gefaengnis von Mus und die
Anklagerhebung vor dem DGM in Diyarbakir. Seitdem fanden mehrere als
Haftpruefungstermine definierte Prozesstermine statt und es ist mit einem
baldigen Prozessende zu rechnen. Naechster und vermutlich letzter
Verhandlungstermin soll der 19.3.1998 sein.

pwi hatte schon im Dezember letzten Jahres auf Wunsch der Angehoerigen
eine Patenschaft fuer Eva Juhnke uebernommen und Gespraeche mit Vertretern
des Menschenrechtsvereins IHD in der Tuerkei gefuehrt. Ein in dieser Woche
geplantes Gespraech im Auswaertigen Amt soll Aufklaerung ueber die
Unterstuetzung der Deutschen Vertretung in der Tuerkei bringen.

Eva Juhnke ist - ebenso wie der seit Dezember letzten Jahres im Nordirak
inhaftierte Joerg Ulrich aus Braunschweig - wegen der Zugehoerigkeit zur
PKK angeklagt. Beide unterstuetzen den Kampf des kurdischen Volkes auf
Selbstbestimmung und fuer die Einhaltung der Demokratie und der
Menschenrechte in der Tuerkei. Beide sind, gemeinsam mit zigtausenden
kurdischen Frauen, Maennern und Kindern Opfer des vom tuerkischen Regime
gegen das kurdische Volk gerichteten Krieges. Mitverantwortlich an dem
Voelkermord am kurdischen Volk ist letztendlich auch die verfehlte
Tuerkeipolitik der Bundesregierung, die in den vergangenen Jahren den
Krieg immer wieder mit Waffen- und finanzieller Hilfe unterstuetzt hat.

Eva Juhnke ist eine von rund 10.000 politischen Gefangenen in der
Tuerkei, die der staatlichen Wilkuer und der Menschenverachtung des
tuerkischen Regimes ausgesetzt sind. Obwohl Eva als Deutsche keiner
koerperlichen Folter ausgesetzt wurde, ist sie den Repressionen und dem
psychischen Druck einer politischen Gefangenen ausgesetzt. Hinzu kommt,
dass sie unter der Anklage aktiv fuer die PKK gekaempft zu haben, als
Separatistin angesehen wird. Immer wieder kommt es zu gewalttaetigen
Angriffen gegen politische Gefangene, so z. B. im September 1996, wo elf
Gefangene von Polizei und Militaer im Gefaengnis von Diyarbakir erschlagen
wurden.

pwi wird den Prozess gegen Eva Juhnke vor Ort beobachten und fordert ihre
Freilassung ebenso wie die Freilassung aller politischen Gefangenen in
der Tuerkei.

Heidi Lippmann-Kasten, 1. Vorsitzende (Tel. 0172-561.5673)