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1998

Rubrik
Zensur und Providerwillkür gegen trend

6.2.98 Brief des OKF an trend

Liebe Redaktion,

wie ich gestern erfahren habe, wurde von Andreas Baumann, dem Vereinsvorsitzenden von Berlinet der gesamte trend inclusive der ,,beiliegenden" Projekte gelöscht.

Speziell unsere Texte sind damit in der dortigen Version und Anordnung verloren.

Folgendes gibt es anzumerken:

1. Die Gründe für Herrn Andreas Baumann kenne ich nicht und will sie auch nicht wissen. Derartige Sauereien gehören zu jenen zwischenmenschlichen Verkehrsformen, die man bekämpfen muß, egal ob sie im Affekt oder vorsätzlich geschehen. Ich kann nur jeden warnen, Daten einem Computer anzuvertrauen, zu dem solche Figuren Zutritt haben. Das gilt für persönliche, politische und für kommerzielle Datensätze.

Der Verdacht besteht, daß Herr Baumann nicht trotz, sondern gerade wegen Eures Engagements für die Herstellung einer Gegenöffentlichkeit (speziell im Fall interim etc.) so gehandelt hat. Daß er damit nicht nur der linken Web-Gemeinde geschadet hat, sondern generell dem zuverlässigen Zugang zu Informationen im Netz, hat Baumann billigend in Kauf genommen. Er wußte, wieviel Arbeit das gekostet hat, was er da zerstörte.

Baumann will sich ,,gegen den vom Trend-Magazin erhobenen Vorwurf verwahren, die Entfernung des Trend-Magazins habe inhaltliche Gründe". Er will, daß man das ganze also unpolitisch zu beurteilen habe. Das verrät höchstens das kommerzielle Interesse, einen linken Kundenkreis zu behalten. Seine Sauerei liegt sogar noch unter den Niveau bürgerlicher Gepflogenheiten, und jene unterliegen selbstverständlich unserem politischen Urteil.

Auch diese Tour, einen linken Kundenkreis für eigene Interessen auszunutzen, um ihn dann nach Etablierung der eigenen Geschäfte hinauszuekeln, ist uralt. Schade, daß es diesmal trend erwischt hat.

2. Dummdreist ist die folgende Einlassung von Herrn Baumann: ,,Die vom Trend-Magazin aufgeführten 20 Web-Magazine sind weder Mitglied im BerliNet e.V. noch InterNet-Teilnehmer beim BerliNet. Auf diese vertragswidrige Nutzung wurde das Trend-Magzin bereits im Mai 1997 aufmerksam gemacht, mit dem Hinweis, daß das Trend-Magazin gegenüber dem BerliNet für entstandene Kosten haftet (Vertragsbedingungen des BerliNet e.V. Abschnitt 5.2 vom 1.4.1996)."

IMU hat uns als OKF selber direkten telefonischen FTP-Zugang zu seinem System gewährt, und zwar durch Herrn Andreas Baumann persönlich, mit dem wir wegen technischer Schwierigkeiten bei der FTP-Übermittlung unserer Daten mehrere Telefonate geführt haben. Er hat uns damals äußerst hilfreich und zuvorkommend dabei unterstützt, die OKF-Seiten auf seinem Server zu installieren.

Das hat uns nicht gewundert, denn Berlinet hat durch trend und seine Beilagen seine Bekanntheit gesteigert.

Als im September 1997 unser Zugang zu den Web-Seiten plötzlich unmöglich war, haben wir uns mit Herrn Baumann (030-40910962) in Verbindung gesetzt. Er gab an, die Verwehrung des Zugangs sei durch eine technische Panne beim Umzug der Firma erfolgt. Er entschuldigte sich für diese Panne und gewährte uns erneuten Zugriff.

Ob diese von IMU vorgenommene Unterstützung eindeutiger Beweis für eine nicht vertragswidrige Nutzung darstellt, kann juristisch überprüft werden, z.B. in einer Klage auf Schadensersatz, bei der wir trend unterstützen würden.

3. Berlinet ist ein Verein, aus dem man austreten oder Leute wie Baumann mit einem Arschtritt hinaussäubern kann. Dementsprechend sollte man seine Mitglieder motivieren.

In diesem Sinne ging von uns soeben eine Mail an Berlinet folgenden Wortlauts:

,,Spart Euch Entschuldigungen.

Bei uns seid Ihr durch.

H. Sparbier, OKF (vormals unter dem Dach von trend)"

Symptomatisch ist die Angelegenheit nach meinen Erfahrungen für den Verlauf vieler linker Projekte, die inhaltlich gar nichts im Kopf haben und ihrem Gutmenschentum dadurch Genüge tun, daß sie ,,Freiräume" anbieten. Solche Projekte schreien förmlich danach, von opportunistischen macht- und geldgeilen Vereinsmeiern übernommen zu werden. Daß der Verein in Gestalt seines Vorsitzenden Andreas Baumann seine Leistungen von der Firma "IMU- Software Service Andreas Baumann und Anton Peter" erbringen läßt, ist nur ein schlechter Witz am Rande. Solche Gepflogenheiten kennen wir bisher nur von den hiesigen SPD-Seilschaften.

4. Eine völlige Katastrophe ist Baumanns Löschung allerdings nicht. Nichts ist ,,unrettbar verloren". Selbstverständlich haben wir Kopien von allen bei uns veröffentlichten Beiträgen.

Als uns die Nachricht überraschte, war eine (längst überfällige, aber wegen harter inhaltlicher Tätigkeit erst jetzt mögliche) Aktualisierung der OKF-online-Ausgabe praktisch fertig. Die ins-Netz-Stellung wird nun allerdings auf sich warten lassen, denn wie Ihr wißt ist es eine Scheißarbeit eine aus mehreren hundert Links bestehende Web-Seite neu zu konfigurieren.

Auch vor dem Aufwand, Duzende von mails mit unserer neuen Adresse zu verschicken, Briefbögen zu drucken, graut uns schon jetzt.

Wir suchen uns wahrscheinlich einen neuen Server, entweder hier in Hamburg oder im Ausland. Vielleicht landen wir mit Euch wieder unter einem Dach? Genaueres muß das OKF nach seinen entzückenden demokratistischen Geschäftsordnungsverfahren beschließen. Ich werde Euch alles weitere mitteilen.

Wenn wir Euch in Eurem Ärger mit dem Baumann-Verein unterstützen können, teilt uns das doch unter unserer Compuserve-Adresse mit.

Kim Holland

P.S.: Eine Frage von Heiko Sparbier: Habt ihr eine Voodoo-Puppe von Baumann, die Ihr uns leihweise zur Verfügung stellen könntet?