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1998

Rubrik
1.Mai

1. Mai Mannheim: Unterschiedliche Demonstrationen

Ueber den 1.Mai in Mannheim dokumentieren wir eine Presseerklaerung
des "Schwarz-Roten Buendnis" sowie einen Kommentar aus dem "Kommunal-
Info Mannheim".
Red*


Man mag es zu Recht bedauerlich finden, dass auch diesmal am 1. Mai
in Mannheim zwei Veranstaltungen stattfanden. Zum einen die
Demonstration und Kundgebung des DGB, zum anderen die Revolutionaere
1.Mai-Demonstration des Schwarz-Roten-Buendnisses RN.
Beide Veranstaltungen waren gut besucht, die DGB-Demonstration mit
ueber 1.000 und die Kundgebung am Marktplatz mit ueber 2.000
Teilnehmern. An der Demonstration des Schwarz-Roten Buendnisses
beteiligten sich etwa 500 Menschen. Im Gegensatz zum letzten Jahr
wurden diesmal die Lautsprecherboxen des DGB nicht lauter gestellt,
als der Demo-Zug des Buendnisses am Marktplatz vorbeizog. So konnten
viele Menschen einer Rede zuhoeren, in der OB Widder karikiert wurde,
wie er vergeblich die Menschen aufruft, die neue Mannheimer
Polizeiverordnung einzuhalten. Nach dieser gelungenen Darbietung
schlossen sich nochmals viele Menschen dem bunten Demozug an.
Die Redner des Buendnisses riefen vor allem zur Gegenwehr gegen einen
immer repressiveren Staat auf. Konkrete Forderungen wurden weniger
gestellt. Statt Kapitalismus wurde eine "herrschaftsfreie und
gleichberechtigte Gesellschaft" gefordert.
Die Mai-Redner des DGB stellten den Sozialabbau und den
Arbeitsplatzabbau in den Vordergrund. Der Kreisvorsitzende Nagel
orientierte in seiner Rede vor allem auf den Termin der
Bundestagswahl, wo es darum gehe, die Kohl-Regierung abzuwaehlen. Die
Themen Repression, Verschaerfung der Auslaendergesetze, Abbau
demokratischer Rechte wurden allerdings nur am Rande gestreift. Das
haengt sicherlich auch damit zusammen, dass Nagel als fuehrender SPD-
Landespolitiker an der Verschaerfung dieser Gesetze mitbeteiligt ist.
Zu internationaler Solidaritaet, z.B. zum Streik in Daenemark, verlor
er kein einziges Wort. ...
So gesehen waren die zwei Veranstaltungen am 1. Mai zu verschieden,
um in Konkurrenz zueinander zu stehen. Die "Revolutionaere 1. Mai-
Demo" ist zweifelsohne eine Bereicherung in der politischen Landschaft
Mannheims.
Sollte es am 1. Mai in Zukunft wirklich nur zu einer
Hauptveranstaltung kommen, dann wird sich der DGB inhaltlich und
organisatorisch oeffnen muessen, so dass verschiedene Gruppen und
politische Stroemungen sich gleichberechtigt zu Wort melden koennen.
Ob der DGB Mannheim mit einem Kreisvorsitzenden Nagel dazu willens und
in der Lage ist, darf allerdings mehr als bezweifelt werden. (scr)

Presseerklaerung
zur 1.Mai-Demonstration des
Schwarz-Rotes Buendnis

"Am heutigen 1.Mai demonstrierten ab 11.30 Uhr am Mannheimer
Paradeplatz ueber 500 Menschen fuer eine herrschaftsfreie
Gesellschaft. Dazu aufgerufen hatte - unter dem Motto "Wir wollen kein
groesseres Stueck der Torte, sondern das Rezept veraendern!" - das
Schwarz-Rote Buendnis Rhein-Neckar.


Phantasievoll ...

Begleitet wurde der Zug von einem auf Raedern rollenden goldenen
Kaefig, in dem einige Protagonisten der Gesetzesverschaerfungen
karikiert wurden. Die Herren Widder, Kanther, Schaeuble und Kohl,
dieser in seiner eigenen sozialen Haengematte, wurden zwecks Sicherung
unserer Menschenrechte in Verwahrung genommen.
Der friedlich verlaufende Demonstrationszug bewegte sich am DGB-
Volksfest am Marktplatz vorbei. Dort wurde in Form eines
kabarettistischen Beitrages eine satirische Ansprache an die feiernden
GewerkschafterInnen gehalten.

... gegen Demokratieabbau

In den von verschiedenen RednerInnen gehaltenen Kundgebungsbeitraegen
wurden Themen wie Rassismus, menschenverachtende Abschiebepraktiken,
sogenannte "Innere Sicherheit" und alle die damit verbundenen
Gesetzesverschaerfungen, wie neue Polizeiverordnung, grosser
Lauschangriff, Aktion Sicherheitsnetz aufgegriffen.

... und fuer Antikapitalismus

In der eindeutig antikapitalistischen Demonstration wurde auch die
Umverteilung des gesellschaftlichen Reichtums von unten nach oben und
der damit verbundene Anstieg der Armut in immer weiteren
Bevoelkerungskreisen kritisiert: Privilegien fuer wenige, Bildung fuer
Eliten, die Innenstaedte fuer diejenigen, die es sich leisten koennen
bedenkenlos zu konsumieren, andernfalls Verhaftungen und
Polizeiknueppel fuer alle, die nicht dazu gehoeren und verwertbar
sind. ..."

*) Redaktion des "GEGENWIND" GegenwindWeinheim@LINK-MA.cl.sub.de