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1998

Rubrik
Globales & Internationales

Verhaftungswelle in Tunesien

aus *UZ* Unsere Zeit, Zeitung der DKP, Nr. 11 v. 13. März 1998

Terror gegen Radhia Nassraoui


Aus Tunesien erreichte uns die Nachricht von einer
neuen Verhaftungswelle. Betroffen sind vor allem
Studenten und Gewerkschafter.


So wurde z. B. der Generalsekretär der Postgewerkschaft
in Arina, Chedii Hammami, am 23. Februar verhaftet.
Seitdem befindet er sich in einem Geheimgefängnis,
weder seine Familie noch sein Anwalt durften ihn
sprechen.

Protestschreiben können per Fax geschickt werden an:

- die Generalunion der Arbeiter Tunesiens (UGTT - das
ist der tunesische Gewerkschaftsdachverband):
00 216 1 355 139


- den tunesischen Präsidenten:
00 216 1 744 721

- den Innenminister:
00 216 1 340 888

Zur Zeit breiten sich zahlreiche Streiks an den
Universitäten gegen die Einführung zusätzlicher
Prüfungen aus.


Viele aktive Studenten wurden verhaftet und werden ohne
Kontakt zu ihren Angehörigen und ihrem Rechtsanwalt
gefangengehalten, u. a. Kais Ouslati, verhaftet am 18.
Februar; Noure Eddine Ben Ntisha, verhaftet am 20.
Februar in der Juristischen Fakultät der Universität
von Tunis; Taha Sassi, Mitglied des wissenschaftlichen
Rates der philosophischen Fakultät von Tunis, Djalei
Bourauoi und Lotsi Hammami, alle drei am 21. Februar
verhaftet; Sabri Belgasen, Mitglied der Bundesleitung
der Generalunion der Studenten Tunesiens (UGET),
verhaftet am 22. Februar; Ali Jellouli, Mitglied der
UGET an der philosophischen Fakultät der Universität
von Kairouan, verhaftet am 21. Februar.

Die Verantwortlichen ließen verlauten, daß es sich bei
den Verhafteten um Mitglieder der PCOT (Kommunistische
Arbeiterpartei Tunesiens) handele. Aber das
rechtfertigt nicht ihre Verhaftung und erst recht nicht
die Art und Weise, wie sie festgehalten werden.
Vielmehr ist diese Verhaftungswelle Teil der
Einschüchterung und Repression, die die tunesische
Opposition zur Zeit erleiden muß. Wir verbreiten diese
Nachrichten mit der Bitte, sie weiterzugeben und bei
der tunesischen Regierung zu protestieren. Denn es hat
sich in der Vergangenheit gezeigt, daß internationaler
Protest bei dieser Regierung Erfolg hatte (Hamma
Hammami, ein Führer der PCOT, wurde nach
internationalen Protesten freigelassen).

Einen besonders schwere Rechtsbruch stellt der Einbruch
in die Rechtsanwaltskanzlei der engagierten
Bürgerrechtlerin Radhia Nassraoui, Frau von Hamma
Hammami, dar. Wie einige andere Anwälte, die politisch
Verfolgte verteidigen, wurde sie schon lange beschattet
und schikaniert. Jetzt wurde ihr Büro verwüstet und die
Akten ihrer Klienten gestohlen. Dies geschah wenige
Stunden, nachdem Khémais Ksila, Vizepräsident der
Tunesischen Liga zur Verteidigung der Menschenrechte,
der von ihr verteidigt wurde, in einem Strafverfahren
wegen angeblicher Diffamierung der staatlichen
Autoritäten, wegen Störung der öffentlichen Ordnung
usw. zu drei Jahren Gefängnis verurteilt wurde. Sein
Verbrechen: Er hatte Menschenrechtsverletzungen in
Tunesien öffentlich bekanntgemacht. Bereits vor ihm
waren zahlreiche andere Mitglieder der Leitung der
Menschenrechtsorganisation und Aktivisten zu
Haftstrafen verurteilt worden.

Tunesien ist ein Polizeistaat mit der höchsten Zahl an
Polizisten und Spitzeln pro Kopf der Bevölkerung in
Nordafrika. Außer regierungsfreundlichen Organisationen
sind alle anderen politischen Kräfte verboten und
illegal. Jede fortschrittliche Regung wird mit Terror
unterdrückt.

Weitere Informationen erhalten Sie über
Komitee zur Verteidigung der Freiheit und der
Menschenrechte in Tunesien,
21, rue Voltaire, 75011 Paris
Tel. 0033 1 43716212,
Fax 0033 1 43793209