online archiv 1998
Rubrik Globales & Internationales |
aus *UZ* Unsere Zeit, Zeitung der DKP, Nr. 08
Zuspitzung am Golf
Doppelte Zungen
Wenn imperialistische Ziele mit Waffengewalt durchgesetzt werden
sollen, hat die Lüge Hochkonjunktur. Wieder einmal erleben wir das
gegenwärtig. Der gigantische Truppenaufmarsch am Golf und die Drohung
mit einem neuen Krieg gegen den Irak werden damit begründet, es gebe
keine andere Möglichkeit, Bagdad zur Einhaltung von UNO-Beschlüssen
zu zwingen. Und selbst bürgerliche Kommentatoren, die eigentlich
Waffengewalt vermieden sehen möchten, werden zu Wiederkäuern
dieser Lüge.
Israel mißachtet seit Jahrzehnten eindeutige Beschlüsse
der Weltorganisation zur Räumung der besetzten Gebiete und zur
Anerkennung des Selbstbestimmungsrechtes der Palästinenser. Kein US-Präsident
und auch kein Mr. Clinton hat dagegen ernsthaft etwas unternommen. Der
gegenwärtige Premier Netanjahu gefährdet mit seiner
Raubsiedlungspolitik und mit der Aushöhlung der Oslo-Abkommen erneut
den Frieden in dieser Region der Welt. Nichtsdestotrotz bleibt Israel der
strategische Partner des US-Imperialismus im Nahen Osten und wird
entsprechend mit Finanz- und Waffenlieferungen verwöhnt. Für den
aus dem Ruder gelaufenen Saddam Hussein sollen also UNO-Beschlüsse
gelten, für Natanjahu nicht. Auch nicht für die türkischen
Militärs, die Krieg gegen das kurdische Volk führen und nach dem
Vorbild Israels Teile des Nordirak als "Sicherheitszone" völkerrechtswidrig
besetzt hatten.
Und die Clinton-Administration, für die UNO-Beschlüsse
angeblich eine so heilige Sache sind, daß sie mit Bomben und Granaten
durchgesetzt werden sollen, schert sich bis heute einen Dreck um die
eindeutigen Entscheidungen der Weltorganisation zur Aufhebung des völkerrechtswidrigen
Embargos gegen Kuba. Und wenn der Weltgendarm so könnte, wie er möchte,
dann würde er die Entscheidung des kubanischen Volkes für seine
Freiheit und für den Sozialismus lieber heute als morgen mit
Waffengewalt korrigieren.
Im gegenwärtigen Irak-Konflikt geht es nicht um Ethik und Moral,
nicht um UNO-Beschlüsse und auch nicht darum, daß Saddam Hussein
eine blutige Diktatur errichtet hat. Es geht um die strategischen
Interessen des US-Imperialismus am Golf, es geht um den Zugriff der
amerikanischen Ölmultis auf die unermeßlichen Bodenschätze
dieses Landes. Und für diese fette Beute beruft sich ausgerechnet Mr.
Clinton auf UNO-Beschlüsse, die gar nicht existieren: Es gibt
keinen Beschluß des Sicherheitsrates oder der Vollversammlung, der
die Auslösung eines neuen US-Krieges am Golf legitimieren würde.
Hubert Reichel |