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1998

Rubrik
Faschismus
Rassismus
Neue Rechte
 

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Ökologie und Esoterik als rechte Ordnungskonzepte

Wie die Rechte unbemerkt und unverdächtig neuen Einfluß gewinnt

In der Öffentlichkeit gelten Themen wie Ökologie und Esoterik
gemeinhin als alternativ oder fortschrittlich. Dabei gibt es aber
sowohl in einigen Ökologiekonzeptionen als auch in der Esoterik
eine Reihe von Strömungen, die in ihrer Tendenz
antiemanzipatorisch, totalitär, autoritär und menschenfeindlich
sind. Diese Tendenzen haben auch viele Rechtsideologen erkannt
und verbinden sie - ohne sich dabei in Widersprüche zu verwickeln
- mit ihrer Ideologie.

Bereits gegen Ende des letzten Jahrhunderts gab es erste
Naturschutzbewegungen, denen es dabei vor allem um Heimatschutz
ging. Sogenannten "Lebensreformern" ging es dann nicht nur um die
Natur an sich, sondern um ein aktives Leben ihrer Einstellungen:
Reformernährung, Vegetarismus, Naturheilkunde, Freikörperkultur,
Naturspiritualität, Selbstversorgung, Gemeinschaftseigentum und -
es mag auf den ersten Blick verwundern - Rassehygiene. Denn all
ihre Ansätze waren völkisch zu verstehen. Das ßbel, was sie vor
allem in der Verstädterung ausmachten, sahen sie erbbiologisch
begründet.

Als erste Umweltschutzbewegung in der BRD nach 1945 trat der
"Weltbund zum Schutz des Lebens" (WSL) in Erscheinung, der mit
Werner Georg Haverbeck und dem Collegium Humanum in Vlotho noch
heute aktiv ist. Im Grundsatzprogramm des WSL heißt es: "Der
Verein wirkt für Erneuerung und Vertiefung des Lebens im Sinne
der ewigen sittlichen Werte und der natürlichen Lebensordnung,
gegen ßberheblichkeit, Profitgier und Machtwahn, gegen die Mächte
der Unordnung, Entartung, Ausbeutung und des Untergangs." Der WSL
vertrat von Anfang an einen auf Eugenik beruhenden "Umwelt-" bzw.
"Lebensschutz", also die Hochzüchtung der "Rasse" durch Ausmerzen
des "Minderwertigen". Dies war auch der Grund, sich in den
vordersten Reihen der Anti-Atomtod-Bewegung zu engagieren: die
unabsehbaren Folgen der Radioaktivität auf das Erbgut der
Deutschen.

Diese bzw. damit verwandte Ideen finden sich auch bei vielen
esoterischen Gruppierungen, so auch in der Anthroposophie. Auf
Rudolf Steiners "Lehrerin" Helena Petrowna Blavatsky, deren
Schriften noch heute Grundlage für die New-Age-Ideologie sind,
geht die extrem rassistische Wurzelrassenlehre zurück, die die
Menschheit in hierarchische Stufen einteilt, und die Rudolf
Steiner auch für seine Anthroposophie übernahm. Danach gibt es
sieben aufeinanderfolgende Wurzelrassen mit jeweils sieben
Unterrassen, wo "der Arier" auf der zur Zeit höchsten
Entwicklungsstufe steht. Das "Verlöschen von Völkern als
karmische Notwendigkeit" (Blavatsky) sei nach Steiner eine
"positive Kraft", die zunächst erworben werden müsse, damit diese
Völker anschließend aussterben dürfen.

Auch in der Gründungsphase der Partei der Grünen gab es um
Herbert Gruhl herum einen starken nationalen Flügel. Dieser
konnte zunächst erfolgreich durch linke Parteimitglieder zum
Parteiaustritt bewegt werden. Sie fanden ihre neue politische
"Heimat" daraufhin in der Ökologisch-Demokratischen Partei (ÖDP)
und heute vor allem bei den Unabhängigen Ökologen Deutschlands
(UÖD).

Wesenszug der meisten naturspirituellen und esoterischen
Gruppierungen ist ein "ganzheitliches", biologistisches und
organisches Denken. Danach sei die Umwelt deshalb zerstört, weil
der Mensch es verlernt habe, die Natur als "Mutter Erde" zu
betrachten. Deshalb habe sich der Mensch wieder "organisch" in
diese Mensch-Natur-Beziehung einzufügen. Diese Beziehung wird
auch gern als ewige oder natürliche Weltordnung dargestellt, wo
jeder Mensch nur eine bestimmte Aufgabe, oft als Karma oder
Schicksal bezeichnet, zu erfüllen habe. Versucht er/sie aber, ein
selbstbestimmtes Leben zu führen, so ist bereits dieser Versuch
als Ausbruch aus dieser Weltordnung anzusehen, der die irdische
oder gar kosmische Harmonie störe. Bekannte Theoretiker, die
solche Weltordnungskonzepte propagieren, ohne mit rechter
Ideologie in Verbindung gebracht zu werden, sind beispielsweise
der esoterische Physiker Fritjof Capra oder auch der immer
sanftmütig auftretende Eugen Drewermann. Durch Drewermanns
"Spirale der Angst" und "Der Tödliche Fortschritt" zieht sich
beispielsweise durchweg diese auf dem Recht des Stärkeren
beruhende Ganzheitsideologie. In beiden Büchern macht er übrigens
darüber hinaus (und von der Öffentlichkeit bisher fast unbemerkt)
wiederholt das Judentum für die - zu Recht kritisierten -
herrschenden Zustände verantwortlich, die uns in die
Umweltkatastrophe führ(t)en.

Gerade die oftmals unreflektierte und betont unpolitische Haltung
in Öko- und Esoterikkreisen öffnet die Türen für das Eindringen
von solchen Ideen bis in die alternative oder linke Szene.
Fordert jemand, das Roden von Waldflächen und damit die
zunehmende Bodenversiegelung zu stoppen, so sind alle mit ihm
dieser Meinung. Daß es ihm/ihr aber vielleicht gerade darum geht,
eine ökologische Begründung für die Abschiebung von Flüchtlingen
zu finden, die nämlich überhaupt zu viel Energie verbrauchen,
gerät dabei schnell in den Hintergrund. Die Strategie, in der
öffentlichen Meinung positiv besetzte Begriffe für sich zu
vereinnahmen, scheint damit aufzugehen. Nur durch Müsli und
Meditation allein wird die Welt nicht besser - ein dringend
notwendiger Umweltschutz darf daher nicht isoliert betrachtet
werden, sondern muß auch gesellschaftliche Themen einbeziehen und
Partei ergreifen.