online archiv 1998
Rubrik Faschismus Rassismus Neue Rechte |
Antifa Luedenscheid
Nazi
Versaende im laendlichen Raum
am Beispiel Luedenscheid
Zum Hintergrund
Die Nationalistische Front (NF) war und ist der Versuch einer
aktualisierten Kopie von Himmler's SS aufzustellen. Der Parteienstatus war
Mittel zum Zweck, eine legale Absicherung zum Aufbau einer"politischen
Armee, die nur ein Ziel kennen sollte, naemlich: Die Macht zu erlangen -
egal wie". Die Weichen fuer ein Fortbestehen in der Illegalitaet waren
schon rechtzeitig gestellt, und das Parteiverbot vom 27.11.1992 blieb
weitgehend wirkungslos. Die Organisationsstrukturen der NF bestehen bis
heute in leicht veraenderter Form weiter! Ihre ehemaligen Mitglieder
gehoeren zur groessten Neonazi-Organisation Deutschlands. In dieser
Organisation darf bzw. duerfte nur bleiben, wer bereit war, "Befehle
zu befolgen und Befehle zu erteilen" und "sich einem grossen
Ganzen unterzuordnen". Die InteressentInnen der Partei traten mit der
NF entweder direkt oder ueber den 1986 gegruendeten KLARTEXT-VERSAND in
Verbindung. Die Kundinnen- Kartei des Verlages, bzw. Versandes diente
gleichzeitig der Erfassung und Werbung des Umfeldes. Durch eine Zuordnung
der Kundinnen in bestimmte Kategorien wurde auch ein wichtiger Grundstein
fuer ein fortbestehen der Organisation in der Illegalitaet gelegt. Aus den
Eintragungen in den Datensaetzen der Kartei ist ersichtlich, wann Kontakt
aufgenommen wurde, wie die betreffende Person eingeschaetzt wurde und
wofuer sie ansprechbar ist. Dieses und nicht zuletzt der Gewinn aus dem
Verkauf von Nazi- T- Shirts, rechter Rockmusik und Aufkleber mit einem
Jahresgewinn von ca. 120000 DM, macht den Versand bald zu einem Herzstueck
der Organisation.
Nach dem Verbot der NF:
Nach dem Verbot der NF 1992 uebernimmt der 1991 gegruendete
DONNER- VERSAND(D.V.) aus Luedenscheid Angebot und Aufgaben des
KLARTEXT-VERSANDES. Das Angebot wird in den folgenden Jahren staendig
erweitert, so dass (laut Staatschutz) der D.V. nunmehr bundesweit der
groesste Versand dieser Art ist. Gegruendet wurde der Versand von den
beiden NF Kadern HARALD THEODOR MEHR und STEFAN HAASE aus Luedenscheid.
MEHR, der sich schon vorher als Herausgeber zweier rechter
Schuelerzeitungen versucht hatte, gibt nun ueber den Versand die Zeitung "REVOLTE"
heraus. Dem D.V. angegliedert ist der LANDWEHR-VERSAND (L.V.) aus dem
benachbarten Schalksmuehle. Dieser wird ebenfalls von einem NF Mitglied
(ALEXANDER SCHLOss) gefuehrt. Um das florierende Geschaeft des D.V. vor
staatlichen Repressalien zu schuetzen wird der Versand von Propaganda und
Schulungsmaterial zeitweise ueber den L.D. abgewickelt. Mit dem Verbot der
NF stellt MEHR die Zeitung " Revolte" ein, um nach ca. 3jaehriger
Pause die Zeitung "WIDERSTAND-ZEITUNG FueR DEN VOLKSTREUEN DEUTSCHEN"
insLeben zu rufen.
Aktuelle Situation:
Ende letzten Jahres wurde ein neues Zeitungsprojekt Namens "ZENTRALORGAN"
(ZO) angekuendigt. Diese Zeitschrift ist aus einer Zusammenlegung der
"FREIEN STIMME-ZEITUNG DER SAUERLaeNDER- AKTIONS-FRONT (SAF)", des
Skin- fanzines "MOONSTOMP", des SAF-Aktivisten bernd Krick und
dem "WIDERSTAND" entstanden. Zusammengelegt wurden zunaechst
einmal aber drei Redakteure des Zentralorgans: HARALD MEHR, THOMAS KUBIAK
und ANDRE ZIMMERMANN fuhren am 22.11.97 unter einen daenischen Sattelzug,
als sie von einer Redaktionssitung aus Hamburg kammen. Der Tod der drei
Neonazis, die posthum zu SA Maennern ernannt wurden, bescherte uns nicht
nur drei Nazibegraebnisse mit prominenten TeilnehmerInnen, sondern
verzoegerte auch das erscheinen des ZO auf Anfang diesen Monats (Februar).
Zwar betrauern die Neonazis die grosse Luecke, die der Tod der drei Kader in
ihren Reihen hinterliess. Auch der D.V. kuendigt in einem als Todesanzeige
gestalteten Rundschreiben an, dass es eventuell zu Verzoegerungen kommen
koenne, aber der Versand arbeitet dennoch kontinuierlich weiter. MEHR und
HAASE haben es verstanden in den letzten Jahren ein entsprechendes Umfeld
und somit eine zweite "Garde" aufzubauen. So wird die
GESELLSCHAFT-BueRGERLICHEN-RECHTS (D.V.) nun von AXEL SCHOPPMANN und MARKUS
MANN zumindest offiziell gefuehrt. Waehrend HAASE und SCHLOss weiter
mitarbeiten aber weniger im Rampenlicht stehen und sich wohl auch neue
Betaetigungsfelder suchen werden bzw. Aufgaben der Verblichenen uebernehmen
werden. MARKUS MANN ist bekannt als Leiter des DEUTSCHEN JUGENDBUNDES
(DJB), einem Versand von Aufklebern und anderer Propaganda, der sich schon
seit geraumer Zeit in den Raeumen des D.V. befindet. Der D.V. hat die
vielen ruhigen Jahre des Aufbaus bestens genutzt. So residiert er
mittlerweile in ausgedehnten Raeumen in einem Luedenscheider
Fabrikkomplex.
Antifaschistische Mobilisierung:
Erster antifaschistischer Protest aeusserte sich in einer
Demonstration mit ueber 400 TeilnehmerInnen im Dezember 96. In der
folgenden Zeit gab es eine umfangreiche Pressearbeit der AUTONOMEN ANTIFA,
Infoveranstaltungen und andere Aktionen gegen den Versand und seine
Betreiber, sowie eine weitere grosse Demonstration. Die Luedenscheider
Bevoelkerung nimmt nunmehr zur Kenntnis, dass es in der Stadt einen
Naziversand gibt und welche Auswirkungen das hat. Mit dem beginn der
antifaschistischen Mobilisierung war es dann auch mit der truegerischen
provinziellen Ruhe vorbei- fuer beide Seiten: Die Neonazis sahen sich nun
genoetigt zu reagieren und so wurde schnell klar, dass mensch hier nicht
nur mit ein paar Kadern zu schaffen hat. So kommt es mehr oder weniger
regelmaessig zu taetlichen uebergriffen, besonders am Wochenende, zunehmend
aber auch unter der Woche. MigrantInnen und vermeintliche linke Menschen
werden durch die Stadt gejagt. Dies geschieht oft auf dem Weg zu oder von
einer der drei Fascho-Stammkneipen. Gruppen 10 bis 20 Mann ziehen Parollen
bruellend und zum Teil uniformiert durch die naechtliche Innenstadt.
Desweitern gibt es immer Provokationen in Kneipen, die hauptsaechlich von
Alternativen, PunkerInnen und Antifas besucht werden. Die oertliche
Fascho-Szene wird von Hooligans aus dem Raum HAGEN-DORTMUND und Anhaengern
der SAF personell unterstuetzt. Es wird gezielt versucht Namen und Adressen
von AntifaschistInnen zu sammel. Das Umfeld des versandes ist fuer uns noch
immer recht unuebersichtlich, das haengt wohl auch damit zusammen, dass es
in den Raeumen des Versandes oefter Partys gibt und sich zu bestimmten
Fussballspielen zum gemeinsamen glotzen getroffen wird. So werden auch
Menschen angezogen, die nach aussen hin nicht demtypischen Bild des
Stiefelfaschisten entsprechen. Demgegenueber hat sich die autonome Atifa
lokal etabliert. In Bezug auf den Versand und die oertliche Neonazi-Szene
sind wir AnsprechpartnerInnen fuer viele Menschen und einige Organisationen
geworden. Die daraus resultierenden guten Kontakte zum buergerlichen
Spektrum fuehrten unter anderem zu einer Resolution der Stadt Luedenscheid,
welche Aktivitaeten des D.V. verurteilt. Auf Grund mangelnder Kontinuitaet
der buergerlichen BuendnispartnerInnen ist ein dauerhaftes "BueNDNIS
GEGEN RECHTS" zwar gescheitert, dennoch koennen wir zu bestimmten
Aktionen auf deren Unterstuetzung zaehlen. Als Antifa versuchen wir gegen
den Einfluss des D:V: hier in der Stadt eine linke Jugendsubkultur zu
stellen und ueber die Arbeit gegen den Versand hinaus weitere Themenfelder
linksradikaler Politik zu besetzen. So gab es bis jetzt Konzerte, Info-
und Filmveranstaltungen und den bis jetzt zaghaften versuch, eine eigene
Kneipe/Infocafe aufzubauen. So ist der Kampf gegen den Donner-Versand fuer
uns nicht nur ein reiner Abwehrkampf, zumal bei dem Organisationsgrad der
Neonazis dieser Kampf noch viel zeit und Kraft in Anspruch nimmt. In
Luedenscheid laeuft einer der Knotenpunkte des Neonazi-Netzwerkes zusammen
dies gilt es zu zerschlagen hier und ueberall. Es gilt auch weiterhin:
KEIN RUHIGES HINTERLAND DEN RASSISTINNEN UND FASCHISTINNEN !
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