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1998
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[14.5.1970] Erklärung
zur Befreiung von Andreas Baader
Die Rote Armee aufbauen
Genossen von 883
es hat keinen Zweck, den falschen Leuten das Richtige erklären zu wollen. Das haben
wir lange genug gemacht. Die Baader-Befreiungs-Aktion haben wir nicht den intellektuellen
Schwätzern, den Hosenscheißern, den Alles-besser-Wissern zu erklären, sondern den
potentiell revolutionären Teilen des Volkes. Das heißt denen, die die Tat sofort
begreifen können, weil sie selbst Gefangene sind. Die auf das Geschwätz der
"Linken" nichts geben können, weil es ohne Folgen und Taten geblieben ist. Die
es satt haben!
Den Jugendlichen im Märkischen Viertel habt ihr die Baader-Befreiungs-Aktion zu
erklären, den Mädchen im Eichenhof, in der Ollenhauer, in Heiligensee, den Jungs im
Jugendhof, in der Jugendhilfsstelle, im Grünen Haus, im Kieferngrund.
Den kinderreichen Familien, den Jungarbeitern und Lehrlingen, den Hauptschülern, den
Familien in den Sanierungsgebieten, den Arbeiterinnen von Siemens und AEG-Telefunken, von
SEL und Osram, den verheirateten Arbeiterinnen, die zu Haushalt und Kindern auch noch den
Akkord schaffen müssen - verdammt!
Denen habt ihr die Aktion zu vermitteln, die für die Ausbeutung, die sie erleiden, keine
Entschädigung bekommen durch Lebensstandard, Konsum, Bausparvertrag, Kleinkredite,
Mittelklassewagen. Die sich den ganzen Kram nicht leisten können, die da nicht dran
hängen.
Die alle Zukunftsversprechen ihrer Erzieher und Lehrer und Hausverwalter und Fürsorger
und Vorarbeiter und Meister und Gewerkschaftsfunktionäre und Bezirksbürgermeister als
Lügen entlarvt haben und nur noch Angst vor der Polizei haben. Denen - und nicht den
kleinbürgerlichen Intellektuellen - habt ihr zu sagen, daß jetzt Schluß ist, daß es
jetzt los geht, daß die Befreiung Baaders nur der Anfang ist! Daß ein Ende der
Bullenherrschaft abzusehen ist! Denen habt ihr zu sagen, daß wir die Rote Armee aufbauen,
das ist ihre Armee. Denen habt ihr zu sagen, daß es jetzt losgeht. - Die werden nicht
blöde fragen, warum gerade jetzt? Die haben die tausend Wege zu Behörden und Ämtern
schon hinter sich - den Tanz mit Prozessen - die Wartezeiten und - immer, das Datum, wo es
bestimmt klappt und nichts geklappt hat. Und das Gespräch mit der netten Lehrerin, die
die Überweisung an die Hilfsschule dann doch nicht verhindert hat, und der hilflosen
Kindergärtnerin, wo auch kein Platz frei wurde. Die fragen euch nicht, warum gerade jetzt
- verdammt!
Die glauben euch natürlich kein Wort, wenn ihr selbst nicht mal in der Lage seid, die
Zeitung zu verteilen, bevor sie beschlagnahmt wird. Weil ihr nicht die linken
Schleimscheißer zu agitieren habt, sondern die objektiv Linken, habt ihr ein
Vertriebsnetz aufzubauen, an das die Schweine nicht rankommen.
Quatscht nicht, das sei zu schwer. Die Baader-Befreiungs-Aktion war auch kein
Deckchensticken. Wenn ihr kapiert habt, was los ist - (und eure Kommentare zeigten, daß
ihr was kapiert habt, nur daß ihr selbst 'ne Kugel im Bauch hättet, war natürlich
opportunistische Scheiße - ihr Arschlöcher), wenn ihr was kapiert habt, müßt ihr den
Vertrieb besser organisieren. Und wir werden euch über die Methoden so wenig sagen wie
über den Aktionsplan - ihr Torfköppe! Solange ihr euch schnappen laßt, könnt ihr den
Leuten keine Ratschläge geben, wie man sich nicht schnappen läßt. Was heißt denn
Abenteurertum? Daß man sich selbst die Lampen baut. Also.
Was heißt: die Konflikte auf die Spitze treiben? Das heißt: sich nicht abschlachten
lassen.
Deshalb bauen wir die Rote Armee auf. Hinter den Eltern stehen die Lehrer, das Jugendamt,
die Polizei. Hinter dem Vorarbeiter steht der Meister, das Personalbüro, der Werkschutz,
die Fürsorge, die Polizei. Hinter dem Hauswart steht der Verwalter, der Hausbesitzer, der
Gerichtsvollzieher, die Räumungsklage, die Polizei. Was die Schweine mit Zensuren,
Entlassungen, Kündigungen, mit Kuckuck und Schlagstock schaffen, schaffen sie damit.
Klar, daß sie zur Dienstpistole greifen, zu Tränengas, Handgranaten und MP's, klar, daß
sie die Mittel eskalieren, wenn sie anders nicht weiterkommen. Klar, daß die GI's in
Vietnam auf Guerilla-Taktik umgeschult wurden, die Green-Berrets auf Folterkurs gebracht.
Na und?
Klar, daß der Strafvollzug für Politische verschärft wird. Ihr habt klarzumachen, daß
das sozialdemokratischer Dreck ist, zu behaupten, der Imperialismus samt allen Neubauers
und Westmorelands, Bonn, Senat, Landesjugendamt und Bezirksämtern, der ganze Schweinkram
ließe sich unterwandern, nasführen, überrumpeln, einschüchtern, kampflos abschaffen.
Macht das klar, daß die Revolution kein Osterspaziergang sein wird. Daß die Schweine die
Mittel natürlich so weit eskalieren werden, wie sie können, aber auch nicht weiter. Um
die Konflikte auf die Spitze treiben zu können, bauen wir die Rote Armee auf.
Ohne gleichzeitig die Rote Armee aufzubauen, verkommt jeder Konflikt, jede politische
Arbeit im Betrieb und im Wedding und im Märkischen Viertel und in der Plötze und im
Gerichtssaal zu Reformismus, d.h.: Ihr setzt nur bessere Disziplinierungsmittel durch,
bessere Einschüchterungsmethoden, bessere Ausbeutungsmethoden. Das macht das Volk nur
kaputt, das macht nicht kaputt, was das Volk kaputt macht! Ohne die Rote Armee aufzubauen,
können die Schweine alles machen, können die Schweine weitermachen: einsperren,
entlassen, pfänden, Kinder stehlen, einschüchtern, schießen, herrschen. Die Konflikte
auf die Spitze treiben heißt: Daß die nicht mehr können, was die wollen, sondern machen
müssen, was wir wollen.
Denen habt ihr's klar zu machen, die von der Ausbeutung der Dritten Welt, vom persischen
Öl, Boliviens Bananen, Südafrikas Gold - nichts abkriegen, die keinen Grund haben, sich
mit den Ausbeutern zu identifizieren. Die können das kapieren, daß das, was hier jetzt
losgeht, in Vietnam, Palästina, Guatemala, in Oakland und Watts, in Kuba und China, in
Angola und New York schon losgegangen ist. Die kapieren das, wenn ihr's ihnen erklärt,
daß die Baader-Befreiungs-Aktion keine vereinzelte Aktion ist, nie war, nur die erste
dieser Art in der BRD ist. Verdammt.
Sitzt nicht auf dem hausdurchsuchten Sofa herum und zählt die Lieben, wie kleinkarierte
Krämerseelen. Baut den richtigen Verteilungsapparat auf, laßt die Hosenscheißer liegen,
die Rotkohlfresser, die Sozialarbeiter, die sich doch nur anbiedern, dies Lumpenpack.
Kriegt raus, wo die Heime sind und die kinderreichen Familien und das Subproletariat und
die proletarischen Frauen, die nur drauf warten, den Richtigen in die Fresse zu schlagen.
Die werden die Führung übernehmen. Und laßt euch nicht schnappen, und lernt von denen,
wie man sich nicht schnappen läßt - die verstehen mehr davon als ihr.
Die Klassenkämpfe entfalten
Das Proletariat organisieren
Mit dem bewaffneten Widerstand beginnen
Die Rote Armee aufbauen!
Quelle: http://www.nadir.org/nadir/archiv/PolitischeStroemungen/Stadtguerilla+RAF/RAF/brd+raf/ |