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1997

Rubrik
Internet

Solidarität mit Angela Marquardt!
Betreff:
Ich bin angeklagt
Von: Angela Marquardt
An: trend-redaktion
Datum: 10.01.1997 12:18


Hallo,
Seit ein paar Tagen ist
es amtlich. Fuer Links im
Netz auf Seiten, die der
deutschen Justiz nicht passen,
wird mensch strafrechtlich
verfolgt. Nach der Zensur meiner
Seiten bei Compuserve, steht ein
Verfahren in dieser Sache an.
Weitere Infos unter
http://yi.com/home/MarquardtAngela/


Viel Freude
Angela Marquardt
[PDS]

Staatsanwaltschaft I bei dem Landgericht Berlin

Anklageschrift

Angela M a r q u a r d t,
geboren am 3. September 1971 in Ludwigslust,
wohnhaft ... Berlin, Deutsche, ledig,

wird angeklagt,

in Berlin

zwischen August und dem 11. September 1996

vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangenen rechtswidrigen Tat, nämlich der Anleitung zu eunem gemeingefährlichen Vergehen nach §316b Abs.1 StGB, Hilfe geleistet zu haben

sowie tateinheitlich damit

vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangenen rechtswidrigen Tat, nämlich der in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, durch verbreiten von Schriften erfolgten Billigung eines gemeingefährlichen Vergehens nach §316b Abs.1 StGB, Hilfe geleistet zu haben.

Der Angeschuldigten wird folgendes zur Last gelegt:

In dem obengenannten Tatzeitraum wurden durch bislang unbekannte Personen Auszüge aus der im Juni 1996 erschienen Druckschrift "RADIKAL" Nr.154 mit Wissen und Billigung der Angeschuldigten in der von ihr in der Funktion als stellvertretende Parteivorsitzende der PDS über den Internet-Dienst Compuserve GmbH betriebenen Internet-Homepage "http://ourworld.compuserve.com/homepages/angela1" verbreitet. Dabei handelte es sich unter anderem um die Artikel "Kleiner Leitfaden zur Behinderung von Bahntransporten aller Art" sowie "Jedes Herz eine Zeitbombe - Rekrutierungszüge / abschiebezüge stoppen!", die sich inhaltlich mit bevorstehenden und bereits verüübten Anschlägen auf Gleisstrecken der Deiutschen Bahn befassen.

Der Beitrag "Kleiner Leitfaden zur Behinderung von Bahntransporten aller Art" enthält unter anderem die folgenden Textpassagen:

"Unsere Aufmerksamkeit galt solchen Anlagen, deren Sabotage die Sicherheit von Menschen nicht gefährden, aber dennoch möglichst viel Reibung im Verkehrsfluß verursachen würde - und wir haben etwas gefunden! ... Schaut nach, was sich in der Höhe eines solchen Kastens am Gleis befindet. Als Orientierung dient eine recht dicke Leitung (...), die vom Kasten aus zum Gleis führt. ... Was ihr mit dem Inhalt des jeweiligen Kastens anstellt, bleibt Eurer Phantasie überlassen, die Palette reicht vom Kabel-Durchzwicker (selbstverständlich mit isoliertem Werkzeug) bis Totalschaden. ... Umgeleitet werden kann er prinzipiell auch auf das Gegengleis, um so die Problemzone zu umfahren - also: beide Richtungen sabotieren."

Der Beitrag "Jedes Herz eine Zeitbombe - Rekrutierungszüge / abschiebezüge stoppen!" enthält unter anderem die folgenen Textpassagen:

"Laut Zeitungsmeldungen hatte ein Streckenläufer der DeutschenBundesbahn in zwei Schaltkästen für Achszähler Brandsätze gefunden. Das wundert uns nicht. Die hatten nämlich wir am 2.1. an der Trasse Berlin-Magdeburg dort abgelegt. Die beiden Achszähler waren von uns mit je einem Brandsatz bestückt worden, ... . Darüberhinaus hatten wir an zwei Radsensoren ... die Kabel durchgezwickt, ... . Rückblickend können wir sagen, daß die Aktion gemessen an unseren Erwartungen etwas floppig ausgefallen ist. Wir hatten uns eine ordentliche Behinderung des Bahnverkehrs versprochen. Die ist zwar eingetreten, jedoch mit zweimonatiger Verspätung. ... Wir begrüßen eine öffentliche Auswertung militanter Aktionen um der Verbreitung des militanten Widerstands zuzuarbeiten und anderen Menschen die Möglichkeit zu geben, selber direkte Aktionen zu machen."

Der Angeschuldigten, die Kenntnis vom Inhalt der verbreiteten Auszüge hatte, war bewußt, daß diese sowohl Anleitungen zur Störung des öffentlichen Bahnbetriebs als auch die Billigung bereits erfolgter Anschläge auf Gleisstrecken der Deutschen Bahn enthielten. Indem sie den bislang unbekannten Personen die Nutzung der Homepage ermöglichte, nahm sie das Verbreiten dieser Schriften zumindest billigend in Kauf.

Vergehen: strafbar nach den

  • §§130 Abs.1,
  • 140 Nr.2, jeweils i.V.m.
  • 126 Abs.1 Nr.7,
  • 316b Abs1,
  • 27,
  • 52 StGB.

Beweismittel:

I. Urkunden:

1.Schreiben der Firma Compuserve GmbH vom 28.10.1996
2.Ausdruck des Inhalts der Homepage "http://ourworld.compuserve.com/homepages/angela1"

II. Beiakten:

1.Sonderheft Vorgang 2 ARP 110/96-4 der Bundesanwaltschaft beim BGH
2.Akten 2 ARP 110/96-4 der Bundesanwaltschaft beim BGH

Es wird beantragt,

1.das Hauptverfahren zu eröffnen und die Anklage zur Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht Tiergarten - Strafrichter - zuzulassen;
2.die Sache zur gemeinsamen Verhandlung mit dem Verfahren ... zu verbinden.