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1997

Rubrik
1.Mai

PDS-Fraktion Berlin meint:

Abs.: PDS.AHB.PRESSE@IPN-B.comlink.apc.org

Polizeitaktik zum 1. Mai war unverhältnismäßig und rechtlich fragwürdig

Die innenpolitische Sprecherin Marion Seelig erklärt:

Innensenator Schönbohm scheint Maß und Ziel aus den Augen zu verlieren. Der von ihm zu verantwortende Polizeieinsatz anläßlich des 1. Mai war geprägt von einer völligen Unverhältnismäßigkeit.

Die Absperrung des Gebietes rund um den Kollwitzplatz glich einem faktischen Ausnahmezustand, die Polizei agierte auf einer mehr als fragwürdigen Rechtsgrundlage. So wurden Demonstrationsteilnehmer wegen Verstoßes gegen das Vermummungsverbot festgenommen, weil sie eine Sonnenbrille trugen. Die schnelle Freilassung der festgenommenen durch die Richter ist de facto eine rechsstaatliche Kritik am Verhalten der Polizei.

Schönbohms eitles Selbstlob, die massive Polizeipräsenz habe eine Eskalation der Gewalt erstickt, erfüllt den Tatbestand einer Irreführung der Öffentlichkeit. Sie lebt von dem unzulässigen Vergleich mit den Ausschreitungen aus dem Jahre 1987. Nimmt man die Ereignisse des letzten Jahres zum Maßstab, so muß festgestellt werden, daß die damalige Deeskalationsstrategie auch vom Standpunkt der Polizei erfolgreicher war als die diesjährige Taktik der massiven Überpräsenz von Einsatzkräften.

Die auch von neutralen Beobachtern festgestellten unverhältnismäßigen Übergriffe der Polizei werfen die Frage nach der Rechtsgrundlage polizeilichen Verhaltens in dieser Stadt auf. Es besteht die Gefahr, daß die Polizei in Berlin sich mit dem Segen des Innensenators notwendiger rechtlicher Beschränkungen ihres Handelns zu entledigen versucht. Die PDS-Fraktion wird dieses Problem in der nächsten Sitzung des Innenausschusses zur Sprache bringen.