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1997

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1.Mai
Berlin: Aufruf zur revolutionären 1.Mai-Demonstation 1997 um 13 Uhr ab Oranienplatz (Kreuzberg)

1.Mai - internationaler Kampftag des Proletariats

Der 1.Mai hat seit seinem Entstehen Ende des letzten Jahrhunderts oftmals sein Gesicht gewechselt, aber niemals seine Bedeutung für die Ausgebeuteten und Unterdrückten aller Nationalitäten verloren.

Entstanden im internationalen Kampf für den Acht-Stunden-Arbeitstag, begangen mit Arbeitsniederlegungen und Demonstrationen, entwickelte sich der 1.Mai zu einem zentralen Ereignis. Die Herrschenden begegnen ihm mit größter Feindschaft, versuchen ihn zu zerschlagen und zu entstellen.

Klassenkampf statt Volksgemeinschaft!

Die widerwärtigste Entstellung des proletarischen l.Mai fand durch die Nazis statt, die ihn 1933 zum staatlichen Feiertag erklärten. Die Arbeiterlnnen sollten der neuen ,Volksgemeinschaft" zujubeln, in der sie zurGefolgschaft" degradiert- rechtlos den "Betriebsführern" und ihrem terroristischen Herrschaftssystem ausgeliefert waren. Zwangsarbeit und Massengrab für die ArbeiterInnen, das war der faschistische Ausweg des deutschen Kapitals aus Krise und Arbeitslosigkeit.

Nach der Naziherrschaft, im Rahmen des kalten Krieges fanden in Westberlin vor dem Reichstag sog. "Freiheitskundgebungen" statt, auf denen Regierungsvertreter sprachen. "Kommunistische Demonstrationen" waren verboten. Diese volksgemeinschaftlichen, revanchistischen "Freiheitskundgebungen" prägten mit sinkenden Teilnehmerzahlen das Bild des staatlichen 1.Mai in Westberlin bis 1969, als der DGB aus Angst um seinen Einfluß beschloß, eigenständige Kundgebungen zu organisieren. Denn am 1.Mai 1968 war die alte proletarische Tradition dieses Kampftages wieder massenhaft zur Geltung gekommen. Ein Sozialistische Mai-Komitee hatte zu einer Demonstration unter dem Motto "Klassenkampf statt Volksgemeinschaft" aufgerufen, die mit 10.000 am Karl Marx-Platz begann und mit über 20.000 am Hohenstaufenplatz endete.

Die 1.Mai-Kundgebung des DGB vor dem Schöneberger Rathaus 1970 wurde von nur 10.000 Menschen besucht. Die Rede des damaligen Berliner DGB-Chefs Sickert wurde von Rufen wie "Heuchler' und "Arbeiterverräter" massiv gestört. Parallel fand erstmals eine revolutionäre l.Mai-Demonstration durch Kreuzberg und Neukölln statt, an der sich 7.000 Menschen beteiligten. Während der Demonstration wurden ein SPD-Büro angegriffen und einige Banken entglast, es kam zu gewaltsamen Auseinandersetzungen mit der Polizei. Die Blamage im Vorjahr ließ den DGB seit 1971 seine 1.Mai-Veranstaltung in den Saal des verlegen, wo vor ausgewähltem Publikum ungestört ein sozialpartnerschaftlicher Kapitalismus propagiert werden konnte. Trotzdem trugen auch in den folgenden Jahren jeden 1. Mai rund 20.000 Menschen ihren Unmut über die herrschenden Verhältnisse in verschiedensten Demonstrationen auf die Straße.

Der 1.Mai war als roter 1.Mai in Westberlin sichtbar. Seit 1975 sah sich der DGB als prokapitalistischer Ordnungsfaktor gegen den Klassenkampf genötigt, wieder öffentliche l.Mai-Veranstaltungen unter freiem Himmel durchzuführen. Diese waren seitdem mehr oder weniger stark von klassenkämpferischen Protesten begleitet. Während die soziale Situation in der BRD für immer mehr Menschen immer schlechter wurde, beteiligten sich immer weniger an den seichten reformistischen DGB-Veranstaltungen zum 1.Mai. Dies änderte sich auch nach

der Einverleibung der DDR und der Verschärfung der wirtschaftlichen Krise nicht. Nicht nur die Kolleglnnen aus der DDR hatten genug von aufgezwungenen staatstragenden Veranstaltungen, die nicht ihre wirklichen sozialen und politischen Interessen ausdrücken.

Revolutionärer 1.Mai

1987 entstand eine neue, kämpferische 1.Mai-Tradition in Westberlin. Es kam in Kreuzberg zu einem spontanen Aufstand, in dem sich die angestaute Wut der sozial Benachteiligten, der rassistisch Diskriminierten und politisch Unterdrückten militant Bahn brach. Er begann noch einem Polizeiüberfall auf das 1.Mai-Fest und wurden von weiten Teilen der dortigen Bevölkerung getragen. Es waren die untersten Schichten des Proletariats, die Menschen die ihre Arbeitskraft zu den miesesten Bedingungen in ungesicherten Arbeitsverhältnissen verkaufen müssen, die Arbeitslosen, die perspektivlosen Jugendlichen, die MigrantInnen, die proletarischen Frauen, die am meisten ausgebeutet und getreten werden. Sie ließen am 1.Mai 1987 ihren berechtigten Klassenhaß heraus brachen die herrschende Ordnung und leisteten Widerstand gegen den Staatsapparat der diese wiederherstellen wollte.

Mit der revolutionären l.Mai-Demonstration durch Kreuzberg und Neukölln, die 1988 stattfand, wurde dem spontanen Aufstand von 1987 ein politischer Ausdruck gegeben. 10.000 Menschen nahmen an ihr teil. Seither fanden jedes Jahr in Berlin revolutionäre l.Mai-Demonstrationen statt. Auch dieses Jahr, dem zehnten Jahrestag des revolutionären 1.Mai in Kreuzberg findet eine breite und internationalistische Demonstration durch Kreuzberg und Neukölln statt.

FRAUEN! Heraus zum 1.Mai!

Der 1.Mai ist der internationale Kampftag des Proletariats. Er ist auch unser Kampftag, an dem wir selbstbewußt gegen Unterdrückung und Ausbeutung von Frauen weltweit auf die Straße gehen.

Denn die kapitalistische Klassenherrschaft ist untrennbar mit der Unterdrückung von Frauen verbunden. Patriarchale Unterdrückung wird im imperialistischen System gefestigt und gezielt benutzt, um die existierenden Strukturen am Leben zu erhalten. Das sexistische Bild von Frauen ist geprägt davon, daß Frauen schlechter arbeiten, daß monotone Arbeit in Haushalt oder Fabrik und die Aufzucht von Kindern ihrem Wesen entsprechen. Dies wird suggeriert um Frauen klein und dumm zu machen, um aufkeimendes Selbstbewußtsein von Frauen zu zerschlagen. Das sexistische Bild wird gebraucht, um schlechtere Bildungsbedingungen, Ausbìldungs- und Berufschancen, schlechtere Arbeitsbedingungen überhaupt erst zu rechtfertigen und somit die Frau in die Rolle der Lohndrückerin und der stillen, billigen Reserve auf dem Arbeitsmarkt zu drängen.

Damit wird siezur manövrierfähigen Masse im kapitalistischen System. Und in dieser Rolle, im Kampf ums Überleben, sind Frauen dazu gezwungen, in unterbezahlten, nicht ausreichend abgesicherten Jobs zu arbeiten. Auf dem Arbeitsmarkt, wo Frauen überwìegend in den "untersten" Abteilungen arbeiten oder in sog. "Frauenberufen", werden Frauen für gleiche Arbeit schlechter entlohnt als ihre männliche Kollegen. Hierbei liegt die Entlohnung von MigrantInnen noch weit unter dem Niveau "deutscher" Frauen. Jährlich verdienen Unternehmer und Konzerne Milliarden durch die Unterbezahlung der Frauen!

Als Folge greift die ökonomische Abhängigkeit der Frau vom Mann mit all ihren Konsequenzen. Oft gehen Frauen in die Ehe, um sozial und ökonomisch abgesichert zu sein. Frauen aus anderen Ländern haben ohne Ehemann keine Möglichkeit überhaupt in Deutschland zu bleiben. So beugen sich viele Frauen den gesellschaftlichen Zwängen: Ehe - sexuelle Verfügbarkeit - bis hin zu sexuellem Mißbrauch.

Und auch in der Ehe greifen die patriarchalen Unterdrückungsmechanismen der kapitalistischen Gesellschaft. Die Frau ist zuständig für Kochen, Putzen, Kinderbetreuung, hingebungsvolle Betreuung ihres "von der Lohnarbeit gestreßten Mannes". Die Frau bekommt kein festes Gehalt, hat keine festen Arbeitszeiten, keinen Urlaubsanspruch, hat kein Recht auf Streik: Für freie Kost und Logis allzeit bereit.

Zusätzlich zur kapitalistischen Ausbeutung von Frauen kommt die sexistische, für ausländische Frauen die rassistische Unterdrückung bis hin zu Frauenhandel, Zwangsprostitution, Sklaverei.

Die direkteste, unmittelbarste Methode zur Festigung der patriarchalen Strukturen ist die Gewalt gegen uns, die verstärkten Repressionen gegen alle Frauen, die sich der Unterdrückung widersetzen, sich wehren gegen die herrschenden Verhältnisse. Und wie viele von uns sind in dem Schema erzogen und gebogen worden, die Schwächeren zu sein, weniger Wert zu sein und den Männern die nen zu müssen. Ein Bild, das auch tagtäglich von den Medien vermittelt wird wird.

Die Ausbeutung und Unterdrückung von Frauen läßt sich nur durch eine revolutionäre Umwälzung beseitigen. Voraussetzung dafür ist, daß der Kampf dagegen von organisierten Frauen gemeinsam mit bewußten Männern geführt wird, denn die Ursache liegt im patriarchal-kapitalistischen System. Mit der proletarischen Revolution werden nicht sofort alle patriarchalen Strukturen abgeschafft sein, doch werden sie einen Schlag erhalten, welcher die Voraussetzung für den weiteren Kampf um die endgültige Befreiung der Frau, für die Verwirklichung einer echten Gleichberechtigung zwischen Frau und Mann ist.

Frauenkampf ist Klassenkampf!

Klassenkampf auf der Straße und in der Fabrik - die richtige Antwort auf ihre Politik!

Frauen wehrt Euch!

Gemeinsam sind wir stark!

Proletarisches Maikomitee & Frauen aus dem Proletarischen Maikomitee

V.i.S.d.P. C.Zetkin, Rosa Luxemburg Platz, Berlin