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1997

Rubrik
1.Mai

Auf zum Straßenfest am l. Mai 1997 auf dem Humannplatz

WIDERSPENSTIG UND LEBENDIG - l.MAI-FEST AUF DEM HUMANNPLATZ




aktualisiertes Titelbild der trend-ausgabe nr 4/1996

DER l.MAI: Seit über einem Jahrhundert ist der l.Mai ein internationaler Kampftag für soziale Rechte und gegen die Verhältnisse, die Ausbeutung und Unterdrückung erst möglich machen.

In Prenzlauer Berg gibt es seit 1990 eigenständige Demonstrationen und Straßenfeste am l.Mai. Unabhängig von Gewerkschaftskungebungen, Parteifesten und der Kreuzberger l.Mai-Demonstration, fanden Straßenfeste am Kollwitz- und Helmholtzplatz, sowie eigenständige Demonstrationen statt. Die Erfahrung von 1992 - eine Demonstration unter dem Motto "Der Osten schlägt zurück" endete mit Krawallen, bei denen überwiegend kleine Läden zerstört wurden - verdeutlichte: ein l.Mai, der zu Lasten der BewohnerInnen geht und Inhalte nicht verrmitteln kann, ist für alle ein Desaster. Ein breites Bündnis von politischen und sozialen Gruppen des Bezirks organisierte daraufhin in den folgenden Jahren Stadtteilfeste. Seit 1995 gibt es das Fest auf dem Humannplatz. Damit wurde ein zentraler Sammelpunkt geschaffen, um einen möglichen Naziaufmarsch am l.Mai zu verhindern, gemeinsam zu feiern und sich gegenseitig kennenzulernen. Politische Gruppen und Kiezinitiativen machten Informationsstände und Diskussionsveranstaltungen, gleichzeitig fanden unterschiedlichste Konzerte statt. Das Fest entwickelte sich schnell zu einem Treffpunkt für Menschen aus dem Kiez, aber auch für viele Leute aus der ganzen Stadt, die hier den l.Mai begehen. Auch 1997 wollen wir ein Straßenfest auf dem Humannplatz vorbereiten.

Es gibt viele Gründe warum wir am l.Mai unseren Protest gegen die hier herrschenden Zustände auf die Straße tragen wollen. Zeigen wir denen da oben, daß sie mit unserem Widerstand zu rechnen haben, daß wir uns nicht wegrationalisieren lassen und unser Leben nicht ihrer Profitgier unterordnen. Lassen wir nicht zu, daß Faschisten am l.Mai aufmarschieren!

Wir wollen mit allen, die sich mit dem was passiert nicht abfinden wollen, ein Fest auf dem Humannplatz feiern. Gemeinsam gegen die Versuche, uns voneinander zu isolieren.

BRD 1997: Offiziell sind 4,7 Millionen Menschen ohne Arbeit. Mehr und mehr Menschen haben immer weniger Geld zum Leben. Dennoch wird denen, die schon jetzt wenig haben, erklärt das gespart werden muß und wir alle den Gürtel enger schnallen müssen. Unter dem Vorwand der Globalisierung und der Rettung des Standorts Deutschland, werden in Jahrzehnten erkämpfte Zugeständnisse und soziale Rechte abgebaut. Sparen müssen freilich nur ArbeiterInnen Arbeitslose, SozialhilfeempfängerInnen, RentnerInnen, Alleinerziehende, StudentInnen. Ansonsten gilt das Motto: Die Reichen müssen noch reicher werden! Geld ist genug da: für Auslandseinsätze der Bundeswehr, Atommülltransporte, fette Gehälter für Bonner Beamte, Steuererleichterungen für Reiche... Wenn die Herrschenden dann doch einmal eingestehen daß es mit dem Wirtschaftswunder Aufschwung Ost nicht so richtig klappen will, so haben sie die Sündenböcke gleich parat: Flüchtlinge und die hier lebenden ImmigrantInnen haben den Sozialstaat kaputtgemacht und gefährden den Wohlstand. So werden Kriegsflüchtlinge rigoros abgeschoben und ausländische Menschen permanent drangsaliert. Die Herrschenden in der BRD bereiten innen- und außenpolitisch die militärische Option zur Durchsetzung ihrer Großmachtinteressen vor.

Gegen Sozialabbau und staatliche Repression! Rassismus bekãmpfen!

BERLIN 1997: Berlin ist Hauptstadt- das heißt: die Stadt muß für die Herrschenden bezugsfertig werden. Die Innenstadtbezirke sollen die neuen schicken Wohnquartiere der Bonzen werden. Dabei stören nur noch die alten Mieter. Also werden die Häuser luxussaniert und anschliebend zu Horrormieten an Leute mit der entsprechenden Brieftasche vermietet. Soziale und kulturelle Einrichtungen werden dichtgemacht, die Polizei und diverse Sicherheitsdienste jedoch hochgerüstet, um die City und die Luxusmeilen "sauber " zu halten. Obdachlose werden von öffentlichen Plãtzen vertrieben. Innensenator Schönbohm läßt besetzte Häuser räumen (damit sie anschliebend wieder leerstehen) und erklärt ganze Stadtviertel zu gefährlichen Zonen, in denen verschiedene Grundrechte aufgehoben sind. Ausländische Menschen werden durch Razzien aus der City gejagt und in die Illegalität getrieben. Während überall Büro- und Geschäftszentren entstehen, wird bezahlbarer Wohnraum immer knapper.

Gegen ein Berlin der Bullen , Bonzen und Bankiers ! Kampf dem Hauptstadtwahn!

PRENZLAUER BERG 1997: Auch hier im Stadtbezirk haben immer mehr Menschen weniger Geld zur Verfügung. Viele haben Probeme, ihre Miete zu zahlen. Im Gegensatz dazu machen sich Spekulanten und Yuppies hier breit. Am Kollwitzplatz beginnend, wird Prenzlauer Berg in einen einzigen Freizeitpark für die Reichen umgewandelt. Geschäfte des täglichen Bedarfs müssen den vielen neuen (für uns unerschwinglichen) Kneipen und Nobelgeschäften weichen. Das Gelände um die Kulturbrauerei an der Knaackstraße soll zu einem riesigen Konsumtempel mit Multiplexkinocenter und Edelgastronomie werden.

Spekulanten lassen Häuser leerstehen vertreiben Mieter aus ihrenWohnungen oder errichten Luxusappartments. Mit der Entwicklung daß Menschen mit niedrigem Einkommen wegziehen müssen und Leute mit viel Geld herziehen, sind wir täglich konfrontiert.

Wir lassen uns nicht vertreiben! Spekulanten und Yuppies den Marsch blasen! Wir Bleiben Alle!

KEIN NAZIAUFMARSCH AM 1.MAI! In diesem Jahr wird es wieder Versuche von Faschisten geben, den 1.Mai für ihre Zwecke zu nutzen.1996 marschierten 300 Jungnazis von Polizei und Bezirksamt unbehelligt, durch Marzahn. Bereits am 15.Februar 1997 versuchten die "Jungen Nationaldemokraten", in Hellersdorf einen Aufmarsch durchzuführen. Dies konnte von Antfaschistlnnen verhindert werden. Doch die Rückendeckung, die die Faschisten durch Innensenator Schönbohm erfuhren, als er Verhinderung des Naziaufmarsches kriminalisierte, lassen eine große, amtlich genehmigte rechtsextreme Veranstaltung am 1.Mai befürchten.

Das werden wir nicht zulassen!

Bereits 1992 wurden Faschisten von AntifaschistInnen vertrieben, als sie versuchten am Thälmannpark einen Aufmarsch durchzuführen und auch in diesem Jahr wird das Fest ein Treffpunkt für antifaschistische Aktivitäten sein. Informationen über einen Naziaufmarsch werden umgehend durchgesagt, so daß wir dagegen vorgehen können.

DESHALB: WlDERSPENSTIG UND LEBENDIG AUF DEN HUMANNPLATZ! WlR LASSEN UNS NICHT VERTRElBEN!

Wer sich an der Festvorbereitung beteiligen oder einen Stand machen möchte, wende sich an die Festgruppe l.Mai Humannplatz c/o BAOBAB- Infoladen Christburger Str. 3,10405 Berlin, Tel.442 6174 Fax 443 590 66.

Der Getränkeverkauf dient der Finanzierung des Festes. Eventuelle Überschüsse gehen an antifaschistische Projekte.

Wir rufen Gruppen und Einzelpersonen dazu auf, sich am Straßenfest zu beteiligen.

V.i. S.d.P.: Erika Mustermann, Prenzlauer Allee 123, Berlin

aus: Interim 413