online archiv 1997
Rubrik 1.Mai |
Aufruf zur revolutionären 1. Mai - DEMO in Nürnberg um 12
Uhr an der Ecke Gostenhofer Hauptstr/Bauerngasse und um ca 14 Uhr zum
internationalistischen Strassenfest
Alljährlich findet in Nürnberg - wie inzwischen auch in
anderen Städten - am 1. MAI eine Demonstration statt, die links des DGB
Position ergreift.
Es ist dies nicht als ein Akt der Spaltung von den gewerkschaftlich
Organisierten gedacht, sondern aus der Erfahrung, daß der DGB nur unter
massivem Druck bereit ist, den radikaleren Teil der Linken zu Wort kommen zu
lassen. Gerade in diesen Jahren ist es notwendig, daß der kämpferische
und der internationalistische Aspekt des 1. Mai zum Tragen kommt.
Die Demonstration in Nürnberg, an der sich voriges Jahr nahezu 1000
Menschen beteiligten, findet um 12 Uhr an der Ecke Gostenhofer
Hauptstr/Bauerngasse(U-Bahnstation PLÄRRER) ihren Beginn.
Anschließend (ca 14 Uhr) startet das internationalistische
Strassenfest in Gostenhof (Adam-Klein-Str am Nachbarschaftshaus). mit
internationalem Essen und Getränken, Hip-Hop-Bands, einem
Arbeiterlieder-Chor und mehr...
WIDERSTAND heißt ANGRIFF auf die herrschende
Ordnung
Während
- die Produktionsmaschinerie immer schneller läuft, die Rationalisierung
voranschreitet
- die Aktienkurse an allen Börsen boomen und der sogenannte Sozialstaat
zum Wohl der Wirtschaft endgültig demontiert wird
- die Gewinne des Kapitals stetig steigen und ungeheurer Reichtum angehäuft
wird
Sollen
- wir uns schweigend in unser Schicksal fügen, mit immer weniger Lohn,
Arbeitslosengeld, Rente und BaföG auskommen, unter immer mieseren
Bedingungen malochen und uns im Krankheitsfall möglichst ohne medizinische
Versorgung auskurieren
- wir tatenlos zusehen, wie den Europaplänen des Kapitals auch noch der
letzte Rest an sozialer Versorgung in diesem Land geopfert wird
- wir es hinnehmen, daß die weltweite Umstrukturierung ein immer
brutaleres Gesicht des Kapitalismus zum Vorschein bringt
Während
- für das Europa des Kapitals alle Zollschranken fallen
- multinationale Konzerne die Welt unter sich aufteilen, menschliche
Arbeitskraft und natürliche Ressourcen über alle Grenzen hinweg
ausbeuten
- die Regierungen der europäischen Metropolenstaaten, der USA und Japans
weltweit im Sinne des Kapitalismus schalten und walten
Sollen
- wir uns in einen nationalen Konsens einfügen, der uns auf Gedeih und
Verderb an die Interessen des Kapitals bindet
- wir von Nationalstolz beseelt mit den Menschen anderer Länder um das
Privileg eines Arbeitsplatzes konkurrieren
- wir die Verbrechen des Nationalsozialismus vergessen, gemeinsam mit CDU/CSU
und Faschisten die deutsche Geschichte revidieren, die Wehrmacht hochleben
lassen und so die Grundlagen für Auslandseinsätze der Bundeswehr
schaffen, bei denen deutsche Soldaten für die Interessen des Kapitals, im
Namen Großdeutschlands morden und sich erschießen lassen
Während
- der Kapitalismus ohne Grenzen im Zeitalter des Imperialismus nur noch
international praktizierbar ist
- die herrschende Klasse in diesem Land sich ihrer guten weltweiten Kontakte
rühmt und Vertragsabschlüsse beim multikulturellen Dinner feiert
Sollen
- wir unsere anerzogenen rassistischen Vorurteile pflegen, im Krisenfall nach
unten treten statt nach oben zurückzuschlagen
- wir wegschauen, wenn - ganz im Sinne nationaler Volksgemeinschaftsideologie
- faschistische Aufmärsche und rassistische Pogrome mit staatlicher
Genehmigung und unter polizeilichem Schutz stattfinden
- wir zusehen, wie um Europa eine Mauer gegen vor Hunger Elend und Krieg Flüchtende
aufgebaut wird, das Recht auf Asyl abgeschafft wird und Menschen rassistischen
Sondergesetzen unterworfen werden
Während
- in den Medien die neuen "Powerfrauen" in Führungpositionen
vorgeführt werden, die Kinder, Küche und Karriere mit links managen
- den Großverdienenden über Steuererleichterungen wieder Dienstmägde
finanziert werden
- bundesweit autonome Frauenprojekte und Ansätze feministischer
Selbstorganisation zerschlagen werden und Frauen das Selbstbestimmungsrecht über
ihren Körper und ihr Leben durch Paragraphen wie §218 abgesprochen
wird
Sollen
- wir akzeptieren, daß Armut weiblich ist, daß Frauen für
gleiche Arbeit immer schlechter bezahlt, als erste gefeuert werden und als
Rentnerinnen unterhalb des Existenzminimums leben
- wir Frauen nach wie vor ohne ausreichende Krippen- und Kindergartenplätze
unseren Alltag zwischen Familie und Beruf mit links organisieren
- Frauen mit der Gewalt, die ihnen alltäglich auf der Straße und
zu Hause begegnet wieder allein fertig werden
- sich Frauen z.B. aus Polen und Thailand damit abfinden, hier als Ware
gehandelt zu werden
Während
- Atommülltransporte durch unsere Städte rollen
- Selbsthilfeeinrichtungen, Kulturprojekte und selbstverwaltete Zentren wie
das KOMM in Nürnberg durch Mittelkürzung, Kündigung etc. kaputt
gemacht werden
- aus den Innenstädten die Opfer der kapitalistischen Marktwirtschaft
und jene die nicht ins rechts-braune Weltbild der Herrschenden passen, mit immer
brutaleren Methoden hinausgesäubert werden
- Tomaten bestrahlt, Maikolben genmanipuliert, Schafe geklont werden und im
Rahmen der Ethik-Debatte wieder verstärkt zwischen wertem und unwertem
Leben entschieden wird
Sollen
- wir über Mülltrennung debattieren und uns Gedanken über die
Entsorgung von sowieso völlig überflüssigem Verpackungsmaterial
machen
- wir, wenn wir Probleme haben, einen Psychologen aufsuchen, Einheitskultur über
Satelliten-TV genießen und uns ansonsten in unserer durchkapitalisierten
Freizeit still verwalten lassen
- wir, solange es unser Geldbeutel noch zuläßt, in den schicken
Innenstädten einkaufen und konsumieren
- wir die Kuren für unsere alltäglichen Allergien selber
finanzieren und Menschen aus ärmeren Länder als Organ-Ersatzteillager
für die reichen MetropolenbürgerInnen dienen
Während
- die perspektivlose parlamentarische Alternative aus SPD, Grünen und
Konsorten sich selbst neoliberale Rezepte zu eigen macht und so hofft, unter den
neuen, vom Kapital gesetzten Bedingungen, wieder regierungsfähig zu sein
- Klassenkampf von oben, der neu aufgelegte alte Nationalismus und Rassismus
und die wieder fester zementierten patriarchalen Rollenklischees sowie die
fortschreitende Zerstörung der Umwelt das barbarische Gesicht der
herrschenden Ordnung auch in den Metropolen immer deutlicher zum Vorschein
bringt
- dieses längst überholte System seine Zerstörungskraft in
allen gesellschaftlichen Bereichen immer weiter entfaltet und unsere
Lebensbedingungen sich immer weiter verschlechtern
Sollen
- wir ruhig auf einen Regierungswechsel hoffen und uns einzig nach den
unwiederbringlich vergangenen Zeiten der sogenannten sozialen Marktwirtschaft
sehnen
- wir uns den Wünschen der Herrschenden gegenüber stets kompromißbereit
zeigen, nach zahnlosen Protesten, die uns gerade noch zugebilligt werden, die Zähne
zusammenbeißen und vor allem als Rädchen im System
weiterfunktionieren- wir vor allem "realistisch" bleiben und keinen
Gedanken daran verschwenden, daß es eine gesellschaftliche Alternative
jenseits der herrschenden Ordnung gibt
Es ist die Systematik es ist das System. Machen wir
endlich Schluß damit!
BEGREIFEN WIR,
- daß dieses System weder willens noch in der Lage ist, unsere Bedürfnisse
nach Selbstbestimmung, sozialer Absicherung und friedlichem Zusammenleben im
Einklang mit der Natur auch nur einigermaßen zu befriedigen und daß
die Zeiten, in denen es in den Metropolen versuchte, sich ein soziales Antlitz
zu verpassen, nun endgültig der Vergangenheit angehören.- Reißen
wir deshalb die Mauern in unseren Köpfen ein, fangen wir an, das Unmögliche
zu denken, brechen wir mit den gesellschaftlichen Vorgaben- Angesichts der
herrschenden Verhältnisse ist heute nichts realistischer als eine radikale
Umwälzung. Der gesellschaftlich erwirtschaftete Reichtum, der Stand von
Wissenschaft und technologischer Entwicklung haben längst die
Voraussetzungen für eine gesellschaftliche Entwicklung jenseits der
kapitalistischen Weltordnung geschaffen.Sorgen wir dafür, daß es
nicht bleibt, wie es ist!
BEGINNEN WIR
- dort, wo Ex-ReformerInnen, die parlamentarischen Scheinalternativen,
die stets kompromißbereiten Gewerkschaften, die ganzen
institutionalisierten Proteste aufhören
SETZEN WIR
- unsere Interessen auf die Tagesordnung, organisieren wir gemeinsam,
alle gesellschaftlichen Bereiche umfassend, den Widerstand!
TRAGEN WIR
- den Kampf über alle Grenzen; Frankreich, Mexiko, Südkorea,
Peru: Unser Kampf ist international!Widerstand heißt Angriff auf die
herrschende Ordnung!
Unter dieser Parole werden wir am 1. Mai auf die Straße gehen. Die
seit mehreren Jahren in Nürnberg stattfindende revolutionäre 1. Mai
Demonstration ist Ausdruck der Kontinuität des Kampfes gegen die
herrschende Ordnung der Welt.
Wir fordern alle, die mehr wollen als die herrschende Ordnung aus Lohnarbeit
und Kapital, Nationalstaat, Ausbeutung, Unterdrückung, patriarchale und
rassistische Gewalt uns je bieten kann auf: Beteiligt euch an der Demonstration!
Gehen wir gemeinsam auf die Straße, für eine
internationalistische, sozialistische, herrschaftsfreie, klassenlose
Gesellschaft ohne Ausbeutung und Unterdrückung.
Es lebe die Soziale Revolution!
Den Aufruf unterstützen: Antifaschistisches Aktionsbündnis,
Cuba Sol, DFG-VK, DKP - Kreis Nürnberg, ca ira - Nürnberg,
Organisierte Autonomie, Ökologische Linke München, PCR, Rote Antifa Nürnberg,
Regionaler Zusammenschluss der Studentengemeinschaften Nürnberg/Erlangen
(RZS), Sozialistischer Hochschulbund Nbg/Erl, Yedi Ritter
Die Durchführung der Demonstration unterstützen:
Infobüro der Solidarität mit den politischen Gefangenen Nürnberg,
Solidarität International
|