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Nr.4 onlineversion

"Rechte" bei Bergmann-Borsig

Im März '91 wurde erstmals eine JAV (Jugend- und Auszubildendenvertretung) bei "Bergmann" gewählt.

"Bergmann" (ABB Bergmann Borsig GmbH), ehemals VEB Stammbetrieb des KAB (Kraftwerks- und Anlagenbau) wurde im März vom schwedisch-schweizer Konzern Asea Brown Boweri aufgekauft und produziert Turbinen. Z. Zt. werden 150 Azubis in der betriebseigenen Berufsschule ausgebildet.

Seit der Wahl stellen sich immer wieder die rechten Tendenzen unter den Azubis und Jugendlichen als großes Problem dar. So werden Azubis, welche Pali-Tücher umbinden und besonders ein Azubi brasilianischer Herkunft permanent beleidigt und eingeschüchtert. Oft geschieht das durch Beschimpfungen, wie "Jude", "Rote Sau" und "Kreuzberger Nutte" in der Essenkantine, in der Berufsschule oder einfach über den Betriebshof gebrüllt.

Ausgangspunkt dieser Provokationen ist ein Kern Azubis des 3. Lehrjahres, welche auch Azubis aus dem 2. Lehrjahr immer wieder motivieren, diese "Spielchen" mitzutreiben.

Ein Fakt ist auch, daß bei der Wahl Leute, wie "Heinz - der große Führer" (wörtlich) in die JAV gewählt wurden. Sie konnten sich mit ihren Anschauungen jedoch nicht durchsetzen und traten deshalb mit der Begründung "Ihr seid uns zu rot!" aus.

Dabei blieb es aber nicht. Sie verbreiteten unter den Azubis schlechte Stimmung, indem sie rumerzählten, die JAV wäre ein richtiger FDJ-Verein. Darauf reagieren die meisten sehr sensibel.

Die JAV stand und steht immer noch zwischen zwei Stühlen. Sie überlegte sich also, eine Aussprache mit diesen Typen herbeizuführen, um gegen die Beleidigungen vorzugehen. Aller Wahrscheinlichkeit nach würden sich diese Azubis aber einer Aussprache nicht stellen und eine Vorladung vom Ausbildungsleiter geschrieben werden.

Genauso ist es eben bei der FDJ gelaufen! Aber die Vorfälle unter den Tisch kehren kommt aber auch nicht in Frage. Deshalb entschied sie sich dazu, auf einer Betriebsversammlung dazu Stellung zu nehmen. Als das bekannt wurde, bestellten manche Azubis, daß wenn die JAV darüber reden würde, sie sich im Krankenhaus einen Platz reservieren solle. Es geschah nach der besagten Rede jedoch nichts. Nach dieser Rede hörte die JAV noch einmal von einer Anmache, aber der Azubi wollte nicht, daß sie dagegen vorgehen. In diesem Fall hätte sie nun doch eine Aussprache gefordert.

In einem Monat lernt das 3. Lehrjahr aus und die JAV erhofft sich dadurch mehr Ruhe unter den Azubis. Natürlich gibt es auch im 1. Lehrjahr potentielle REP-Wähler und Rechtsgesinnte, aber da die JAV sich von Anfang an um die Azubis gekümmert hat (in Form von einer Begrüßungszeitung, Gesprächen in den einzelnen Lehrgruppen und ähnlichem), entstand ein gutes Verhältnis. Es konnten Vorurteile gegenüber der JAV abgebaut werden und gibt viel Bereitschaft, eine Jugendgruppe aufzubauen, in der viel diskutiert und auch sonst etwas Kulturelles geboten werden soll. Einfach um die Azubis von der Straße und dem Fernseher wegzuholen. Vielleicht schließt sich ja der eine oder andere aus dem 2. Lehrjahr an.

Ob das alles einen Sinn hat werden wir sehen, wenn im Herbst zwei Türken und ein Grieche bei uns anfangen zu lernen und wie sie dann empfangen werden.

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