Mao Werke


Mao Tse-tung:

EIN VOLLWERTIGER REVOLUTIONÄR SEIN*

(23. Juni 1950)


Diese Version aus: Mao Tse-tung, Ausgewählte Werke Band V, Verlag für fremdsprachige Literatur, Peking 1978, S.35-39


Die Tagung hat unsere Erfahrungen der vergangenen Periode zusammengefaßt und verschiedene Richtlinien festgelegt.

Diese Arbeit der Zusammenfassung der Erfahrungen, der Festle­gung der Richtlinien wurde von uns allen, von den hier versammelten Vertretern aller Nationalitäten, demokratischen Klassen, demokratischen Parteien, Massenorganisationen und demokratischen Persönlich­keiten aus allen Bevölkerungskreisen, gemeinsam geleistet. An der Diskussion nahmen nicht nur die Mitglieder des Nationalkomitees der Politischen Konsultativkonferenz des Volkes teil, sondern auch viele Kader der Zentralen Volksregierung, der Volksregierungen (bzw. Militärisch-Administrativen Kommissionen) der Verwaltungsgroßre­gionen (1), der Volksregierungen aller Provinzen und Städte, Delegierte der Konsultativkomitees der Versammlungen von Vertretern aller Bevölkerungskreise der Provinzen und Städte (2) und viele eigens eingeladene patriotische Persönlichkeiten wohnten der Tagung bei. So konnten wir ein breites Spektrum von Meinungen sammeln, unsere bisherige Arbeit überprüfen und unseren künftigen Kurs festlegen. Ich hoffe, daß wir weiterhin diese Methode anwenden werden und daß die Volksregierungen (bzw. Militärisch-Administrativen Kommissionen) der Verwaltungsgroßregionen und die Volksregierungen der Provinzen und Städte sich ihrer ebenfalls bedienen werden. Bis jetzt hatten die Tagungen unseres Komitees beratenden Charakter. Aber in der Praxis wird die Zentrale Volksregierung selbstverständlich sich die auf unseren Tagungen gefaßten Beschlüsse zu eigen machen und sie verwirklichen, und das soll auch so sein.

     Wir haben den Bericht über die Arbeit des Nationalkomitees und die verschiedenen Berichte über die Arbeit der Zentralen Volksregierung einstimmig angenommen. Es waren Berichte über die Bodenre­form, über die politische Arbeit, die Arbeit auf militärischem, wirt­schaftlichem und finanziellem Gebiet, über das Steuerwesen, über die Arbeit in Kultur und Bildungswesen und über das Gerichtswesen. Alle waren gut. In diesen Berichten wurden die Erfahrungen unserer bisherigen Arbeit richtig zusammengefaßt, und es wurden die Richtlinien für unsere zukünftige Arbeit festgelegt. Wir hatten deshalb so viele Tagesordnungspunkte, weil seit der Gründung unseres neuen Staates in jedem Bereich die Arbeit aufgenommen bzw. ausgeweitet wurde. Im ganzen Land entfalten die Volksmassen begeistert einen großen Kampf der wirklichen Volksrevolution an allen Fronten, einen gewaltigen Kampf an der militärischen, der wirtschaftlichen, der ideologischen Front und an der Front der Bodenreform, wie es ihn bisher noch nicht gegeben hat. Die Tätigkeiten auf allen Gebieten müssen zusammen­gefaßt werden, brauchen Leitprinzipien. Deshalb hatten wir so viele Punkte auf der Tagesordnung. Wie es das Gesetz vorsieht, werden wir jährlich zwei Tagungen abhalten, eine mit mehr und die andere mit weniger Tagesordnungspunkten. China ist ein großes Land, dessen tatsächliche Bevölkerungszahl 475 Millionen übersteigt und das sich zudem in der großen historischen Periode der Volksrevolution befindet. Diese Umstände verlangen von uns, so zu handeln. Wir haben ent­sprechend gehandelt, und ich denke, es war richtig so.

Auf unserer Tagung wurden viele Punkte diskutiert, das zentrale Thema aber war die Frage der Umwälzung des alten Bodenbesitz­systems. Wir haben den vom ZK der KP Chinas vorgeschlagenen Ent­wurf des Gesetzes über die Bodenreform (3) gebilligt und zu diesem einige nützliche Verbesserungen und Ergänzungen erarbeitet. Das ist sehr gut. Ich freue mich, daß die nach Hunderten Millionen zählende Land­bevölkerung des Neuen China die Möglichkeit ihrer Befreiung errungen, daß das Land die grundlegende Voraussetzung für seine Industrialisie­rung geschaffen hat, und ich beglückwünsche sie dazu. Die Bauern bilden den Hauptteil der Bevölkerung Chinas, die Revolution konnte nur dank ihrer Unterstützung siegen, und die Industrialisierung des Landes ist wiederum nur mit ihrer Hilfe möglich. Deshalb muß die Arbeiterklasse den Bauern aktiv bei der Durchführung der Bodenreform helfen. Auch das städtische Kleinbürgertum und die nationale Bourgeoisie sollten diese Reform begrüßen und sie unterstützen, und erst recht gilt dies für die demokratischen Parteien und die Massenorga­nisationen. Krieg und Bodenreform sind in der historischen Periode der Neuen Demokratie für jeden Menschen und für jede politische Partei in China zwei Bewährungsproben. Wer auf der Seite des revolutionären Volkes steht, der ist ein Revolutionär; wer auf der Seite des Imperialismus, des Feudalismus und des bürokratischen Kapitalismus steht, der ist ein Konterrevolutionär. Wer nur mit einem Lippenbe­kenntnis auf der Seite des revolutionären Volkes steht, jedoch nicht mit seinen Taten, der ist ein Revolutionär in Worten; wer nicht nur in Worten, sondern auch mit Taten auf der Seite des revolutionären Volkes steht, der ist ein vollwertiger Revolutionär. Die Prüfung Krieg ist im wesentlichen vorbei, wir alle haben sie gut bestanden, das Volk des ganzen Landes ist mit dem Ergebnis zufrieden. Nun müssen wir die Prüfung Bodenreform bestehen, und ich hoffe, das wird uns allen ebenso gut gelingen, wie dies mit dem Krieg der Fall war. Laßt uns mehr darüber nachdenken, öfter beraten, unser Denken in Einklang bringen, im Gleichschritt marschieren und eine große Einheitsfront gegen den Feudalismus bilden, dann werden wir imstande sein, die Volksmassen zu führen und ihnen zu helfen, diese Prüfung erfolgreich zu bestehen. Haben wir einmal die Prüfungen des Krieges und der Bodenreform hinter uns gebracht, dann wird uns die noch ausstehende Prüfung, die Prüfung des Sozialismus, der sozialistischen Umgestaltung im ganzen Land, leichtfallen. Jene, die zum revolutionären Krieg und zur revolu­tionären Umwälzung des Bodenbesitzsystems beigetragen haben und die auch in den kommenden Jahren des wirtschaftlichen Aufbaus und der kulturellen Entwicklung weitere Leistungen erbringen – für sie alle gilt: Das Volk wird sie nicht vergessen, wenn die Zeit für die Verstaatlichung der privaten Industrie und für die Sozialisierung der Landwirtschaft gekommen ist (was allerdings noch in weiter Ferne liegt), und eine glänzende Zukunft wird vor ihnen liegen. So kommt unser Land stetig voran: Es hat den Krieg hinter sich gebracht und erlebt nun die Durchführung neudemokratischer Reformen; später, wenn unsere Wirtschaft und Kultur gedeihen, wenn die Bedingungen reif sind, wenn der Übergang vom ganzen Volk gründlich durchdacht und gebilligt worden ist, dann wird unser Volk ruhig und sicher in die neue Periode des Sozialismus eintreten. Meiner Meinung nach ist es notwendig, diesen Punkt klarzustellen, damit die Menschen zuversichtlich sind und sich keine Sorgen mehr darüber machen, wann es dazu kommen werde, daß man sie nicht mehr braucht, ihnen keine Möglich­keit mehr gibt, ihre Kräfte für das Volk einzusetzen, obwohl sie dies wollen. Nein, keinesfalls wird das geschehen. Wenn einer aufrichtig dem Volk dienen will, diesem in Zeiten der Not wirklich geholfen und Gutes geleistet hat und wenn er auch weiterhin so handelt, ohne auf halbem Wege aufzugeben, dann haben das Volk und die Volksregierung keinen Grund, ihn zurückzustoßen oder ihm die Möglichkeit zu nehmen, seinen Lebensunterhalt zu verdienen und seine Kräfte für das Volk einzusetzen.

Mit diesem großen Ziel vor Augen müssen wir uns in internationaler Hinsicht mit der Sowjetunion, den Volksdemokratien und den Kräften des Friedens und der Demokratie in der ganzen Welt fest zusammenschließen, und in dieser Frage darf es keinerlei Unentschlossenheit und Schwanken geben. Im Inland müssen wir alle Nationalitäten, demokratischen Klassen, demokratischen Parteien, Massenorganisationen und patriotischen Demokraten zusammenschließen und unsere bereits existierende große und angesehene revolutionäre Einheitsfront festigen. Jeder, der zur Konsolidierung dieser revolutionären Einheitsfront beiträgt, ist im Recht, und wir heißen ihn willkommen; jeder, der diese Konsolidierung beeinträchtigt, befindet sich im Unrecht, und wir werden ihn bekämpfen. Zur Festigung der revolutionären Einheitsfront müssen wir die Methode der Kritik und Selbstkritik anwenden. Dabei sollten wir uns vor allem nach unserem gegenwärtigen Grundgesetz, dem Gemeinsamen Programm, richten. Auf der Grundlage des Gemeinsamen Programms haben wir auf dieser Tagung Kritik und Selbst­kritik geübt – eine vorzügliche Methode, die uns alle anspornt, an der Wahrheit festzuhalten und die Fehler zu berichtigen. Und für die revolutionären Massen in einem Staat des Volkes ist sie die einzig korrekte Methode, sich selbst zu erziehen und umzuformen. Die demokratische Diktatur des Volkes verfügt über zwei Methoden. Den Feinden gegen­über bedient sie sich der Methode der Diktatur, das heißt, solange dies notwendig ist, gestattet sie ihnen nicht, sich politisch zu betätigen, zwingt sie, die Gesetze der Volksregierung zu befolgen und körperliche Arbeit zu leisten, und erzieht sie durch diese Arbeit zu neuen Menschen um. Den Volksmassen gegenüber wendet sie im Gegensatz dazu nicht die Methode des Zwangs an, sondern die der Demokratie, das heißt, sie muß sie sich politisch betätigen lassen, zwingt sie nicht, dieses oder jenes zu tun, sondern erzieht und überzeugt sie mit demokratischen Mitteln. Diese Erziehung ist Selbsterziehung des Volkes, die grundlegende Methode dabei ist Kritik und Selbstkritik. Ich hoffe, daß alle Nationalitäten, demokratischen Klassen, demokratischen Parteien, Massenorganisationen und patriotischen Demokraten im Lande diese Methode gebrauchen werden.

 

 

 

 

 

ANMERKUNGEN:

 

* Schlußansprache von Genossen Mao Tsetung auf der 2. Tagung des I. National­komitees der Politischen Konsultativkonferenz des Chinesischen Volkes.

(1) Damals war das Land in sechs Verwaltungsgroßregionen eingeteilt – in die Regionen Nordost, Nord, Ost, Zentral-Süd, Südwest und Nordwest. In jeder dieser Regionen repräsentierte ein Regionalbüro das ZK der KP Chinas. Jede außer der Region Nord hatte ein eigenes Verwaltungsorgan, im Nordosten hieß dieses Volksre­gierung, in den anderen vier Gebieten Militärisch-Administrative Kommission. Im November 1952 wurden diese Verwaltungsorgane in Administrative Räte umbenannt, und auch in Nordchina wurde ein solcher Rat eingerichtet, 1954 wurden die Admi­nistrativen Räte abgeschafft.

(2) Diese Konsultativkomitees wurden von den jeweiligen Versammlungen von Vertretern aller Bevölkerungskreise der gleichen Ebene gewählt. In der Zeit zwischen den Tagungen der Versammlungen hatten sie die Funktion, den Volksregierungen bei der Durchführung der Beschlüsse dieser Versammlungen zu helfen.

(3) Gemeint ist der „Entwurf des Gesetzes der Volksrepublik China über die Bodenreform“, den das ZK der KP Chinas am 14. Juni 1950 der 2. Tagung des 1. Nationalkomitees der Politischen Konsultativkonferenz des Chinesischen Volkes zur Diskussion vorlegte. Nachdem dieser Entwurf auf der Tagung diskutiert und zum Beschluß erhoben worden war, wurde er vom Rat der Zentralen Volksregierung gebilligt. Das „Gesetz der Volksrepublik China über die Bodenreform“ wurde am 30, Juni desselben Jahres vom Vorsitzenden der Zentralen Volksregierung Mao Tsetung der Öffentlichkeit bekanntgegeben und trat damit in Kraft.

 

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