Mao


Mao Tse-Tung: 

WARUM KANN DIE CHINESISCHE
ROTE MACHT BESTEHEN?



 ANMERKUNGEN

* Teil der von Genossen Mao Tse-tung verfaßten Resolution des II.Parteitages des Grenzgebietes Hunan-Kiangsi, der ursprünglich den Titel "Die politischen Fragen und die Aufgaben der Partei im Grenzgebiet" trug.

[1] Genosse Mao Tse-tung spricht hier von der nationalen Bourgeoisie. Den Unterschied zwischen der nationalen Bourgeoisie und der Kompradoren-Großbourgeoisie hat Genosse Mao Tse-tung in seinen Arbeiten "Über die Taktik im Kampf gegen den japanischen lmperialismus" vom Dezember 1935 und "Die chinesische Revolution und die Kommunistische Partei Chinas" vom Dezember 1939 eingehend dargelegt.,

[2] Die Tschiangkaischek-Clique, die Kuangsi-Clique (mit den Militärmachthabern Li Dsung-jen und Bai Tschung-hsi an der Spitze), die Clique Feng Yü-hsiangs und die der Militärmachthaber von Schansi (mit Yän Hsi-schan an der Spitze) führten gemeinsam Krieg gegen Dschang Dsuo-Iin und besetzten im Juni 1928 Peking und Tientsin.

[3] Dschang Dsuo-Iin war das Haupt der Fengtiän-Militärmachthaberclique. Nach der Niederlage Wu Pe-fus im zweiten Krieg zwischen den Cliquen von Dschili und Fengtiän im Jahre 1924 war Dschang Dsuo-Iin der Stärkste unter den Militärmachthabern Nordchinas. Im Jahre 1926 bemächtigte er sich im Bündnis mit Wo Pe-fu Pekings. Im Juni 1928 zog er sich nach Nordostchina zurück, wurde unterwegs von den japanischen Imperialisten, die ihn bis dahin als Werkzeug benutzt hatten, mit seinem Eisenbahnzug in die Luft gesprengt.

[4] Nach der Besetzung der Stadt Tsinan durch die japanischen Eindringlinge am 3. Mai 1928, als Tschiang Kai-schek offen und schamlos mit den Japanern Kompromisse schloß, begann ein Teil der nationalen Bourgeoisie, die 1927 im Kielwasser des konterrevolutionären Staatsstreichs gesegelt war, um der eigenen Interessen willen allmählich eine Opposition gegen die Macht Tschiang Kai-scheks zu bilden. In dieser Bewegung betätigte sich die konterrevolutionäre Gruppierung politischer Spekulanten wie Wang Diing-we, Tschen Gung-bo und ihresgleichen, die innerhalb der Kuomintang die "Clique der Reorganisatoren" bildete.

[5] Im Jahre 1928 rückte Tschiang Kai-schek mit Unterstützung der englischen und amerikanischen Imperialisten nach Nordchina gegen Dschang Dsuo-Iin vor. Um die Ausbreitung des englischen und amerikanischen Einflusses auf Nordchina zu verhindern, besetzten die japanischen Imperialisten mit Waffengewalt Tsinan, die Hauptstadt der Provinz Schantung, und unterbrachen so die Eisenbahnlinie Tientsin-Pukou. Am 3. Mai richteten die japanischen Aggressionstruppen in Tsinan ein blutiges Gemetzel an, bei dem unzählige chinesische Bürger ums Leben kamen. Dieses Blutbad erhielt die Bezeichnung "Massaker von Tsinan".

[6] Ihrer organisatorischen Form nach stand die rote Macht in China der Sowjetmacht sehr nahe. Die Sowjets, das heißt Deputiertenräte, wurden von der Arbeiterklasse Rußlands während der Revolution von 1905 als Form eines politischen Systems geschaffen. Auf Grund der marxistischen Theorie kamen Lenin und Stalin zu der Schlußfolgerung, daß in der Periode des Übergangs vom Kapitalismus zum Sozialismus die Sowjetrepublik die passendste Form der sozialen und politischen Organisation sei. Im Jahre 1917 wurde in der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution in Rußland unter Führung der Bolschewistischen Partei Lenins und Stalins zum ersten Mal in der Welt diese Art der Diktatur des Proletariats - die sozialistische Sowjetrepublik - verwirklicht. Nach der Niederlage der chinesischen Revolution im Jahre 1927, als es unter der Führung der chinesischen Kommunisten mit Genossen Mao Tse-tung an der Spitze in verschiedenen Gegenden zu revolutionären Erhebungen der Volksmassen kam, nahm die politische Macht der Volksmassen die Form der Deputiertentäte an. Aber in China war die politische Macht in dieser Periode der Revolution ihrem Charakter nach eine demokratische Volksdiktatur der gegen Imperialismus und Feudalismus gerichteten neudemokratischen Revolution, geführt von dem Proletariat; sie unterscheidet sich damit von der Diktatur des Proletariats in der Sowjetunion.

[7] Während des zweiten Weltkrieges wurde eine Reihe kolonialer Länder im Osten, bislang unter der Herrschaft des englischen, amerikanischen, französischen oder holländischen Imperialismus, von den japanischen Imperialisten besetzt. Unter Führung der kommunistischen Parteien nutzten die Massen der Arbeiter und Bauern sowie des städtischen Kleinbürgertums und Angehörige der nationalen Bourgeoisie dieser Länder die Gegensätze zwischen den englischen, amerikanischen, französischen und holländischen Imperialisten einerseits und den japanischen Imperialisten andererseits aus, organisierten eine breite Einheitsfront gegen die faschistische Aggression, schufen antijapanische Stützpunktgebiete und führten einen hartnäckigen Partisanenkrieg gegen die japanischen Eindringlinge. Dadurch begann sich die politische Lage zu verändern, wie sie vor dem zweiten Weltkrieg bestanden hatte. Nach Beendigung des zweiten Weltkrieges wurden die japanischen Imperialisten vertrieben, aber die amerikanischen, englischen, französischen und holländischen Imperialisten versuchten, ihre frühere Kolonialherrschaft wiederherzustellen. Die Völker der Kolonien hatten jedoch im Verlauf des antijapanischen Krieges ziemlich bedeutende bewaffnete Kräfte geschaffen und wollten nicht mehr so weiterleben wie früher. Gleichzeitig war durch das Erstarken der Sowjetunion und durch den Zusammenbruch oder die Schwächung aller imperialistischen Staaten außer den USA infolge des Krieges und noch mehr durch den Sieg der chinesischen Revolution, der zum Zusammenbruch der imperialistischen Front in China führte, das imperialistische System in der ganzen Welt ernstlich erschüttert worden. Somit erhielten die Völker der kolonialen und halbkolonialen Länder Asiens, Afrikas und Lateinamerikas die Möglichkeit, fast ebenso wie das in China der Fall war, in ihren Ländern revolutionäre Stützpunktgebiete verschiedenen Ausmaßes und die revolutionäre Macht zu behaupten und lange Zeit hindurch beharrlich einen revolutionären Krieg zu führen, in dessen Verlauf die Städte von den Dörfern aus eingekreist werden, um dann allmählich zur Eroberung der Städte und zur Erringung des Sieges im Landesmaßstab überzugehen, Mit. dieser neuen Lage änderte sich die Einschätzung, die Genosse Mao Tse-tung 1928 hinsichtlich der Möglichkeit der Entstehung der revolutionären Macht in unter der direkten Herrschaft der Imperialisten stehenden Kolonien gegeben hatte.

[8] Hier ist von der ersten Welle von Gegenschlägen die Rede, die das chinesische Volk im Jahre 1927, gleich nachdem Tschiang Kai-schek und danach auch Wang Djing-we die Revolution verraten hatten, in verschiedenen Gegenden unter der Führung der Kommunistischen Partei gegen die konterrevolutionären Kräfte führte. Am 11. Dezember 1927 erhoben sich in Kanton die Arbeiter und die revolutionären Soldaten gemeinsam zu einem Aufstand, errichteten die Volksmacht und führten erbitterte Kämpfe gegen die konterrevolutionären Truppen, die von den Imperialisten unmittelbar unterstützt wurden. Aber da die Kräfte zu ungleich waren, wurde dieser Volksaufstand niedergeschlagen. Bereits 1923 bis 1925 hatten die Bauern der Küstenkreise Haifeng und Lufeng im Osten der Provinz Kuangtung unter der Leitung des Genossen Peng Pai, Mitglied der Kommunistischen Partei, eine mächtige Bewegung entfaltet, die der Nationalrevolutionären Armee von Kanton während ihrer beiden siegreichen Feldzüge ostwärts gegen die konterrevolutionäre Clique Tschen Djiung-mings große Hilfe leistete. Nachdem Tschiang Kai-schek im 12. April 1927 die Revolution verraten hatte, erhoben sich die Bauern dieses Gebiets dreimal - im April, September und Oktober -und schufen im Gebiet von Haifeng und Lufeng eine revolutionäre Macht, die sich bis April 1928 hielt. Im September 1927 besetzten die aufständischen Bauern im Ostteil der Provinz Hunan zeitweilig die Gegend um Liuyang, Pingdjiang, Liling und Dschudschou. Gleichzeitig erhoben sich in den Kreisen Hsiaogan, Matscheng und Huang-an im Nordostteil der Provinz Hupeh Zehntausende von Bauern zu einem bewaffneten Aufstand und behaupteten sich über dreißig Tage in der Kreisstadt Huang-an. Im Süden der Provinz Hunan errichteten die aufständischen Bauern der Kreise Yidschang, Tschendschou, Leyang, Yunghsing und Dsihsing im Januar 1928 eine revolutionäre Macht, die sich drei Monate lang halten konnte.

[9] Die Rote Garde war eine bewaffnete Organisation der Volksmassen in den revolutionären StützPunktgebieten, deren Mitglieder weiter ihrer Berufstätigkeit nachgingen.

[10] Die Luohsiao-Gebirgskette ist ein großes Gebirge an der Grenze der Provinzen Kiangsi und Hunan, dessen Mittelteil das Massiv des Djinggang bildet.

[11] Zu den Kleinbürgern, von denen Genosse Mao Tse-tung hier spricht, gehören die Hindwerker, die kleinen Händler, die Angehörigen der freien Berufe und die aus dem Kleinbürgertum stammenden Intellektuellen, jedoch nicht die Bauernschaft. In China leben die Angehörigen dieser sozialen Schichten vor allem in der Stadt, aber auch in den Dörfern ist ihre Zahl ziemlich groß. Siehe "Analyse der Klassen in der chinesischen Gesellschaft" (vorliegender Band, S. 9 ff.).

[12] Mit "Fünf Djing" wird das Djinggan-Gebirge bezeichnet, wo an den Grenzen der Kreise Yunghsin, Ninggang und Suitschuan in Westkiangsi und Linghsiän in Osthunan die Ortschaften Dadjing, Hsiaodjing, Schangajing, Dschundjin und Hsiadjing liegen.

 

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