Mao AW Band II

Mao Werke


Mao Tse-tung:

AKTUELLE PROBLEME DER TAKTIK IN DER ANTIJAPANISCHEN EINHEITSFRONT*

     (11. März 1940)


Diese Version aus: Mao Tse-tung, Ausgewählte Werke Band II, Verlag für fremdsprachige Literatur, Peking 1968, S.497-507


1. Die gegenwärtige politische Lage sieht so aus: (a) Der japanische Imperialismus hat im Widerstandskrieg Chinas schwere Schläge erlitten und ist nicht mehr imstande, großangelegte militärische Angriffe zu unternehmen; daher ist im Kräfteverhältnis zwischen uns und dem Feind das Stadium eines strategischen Gleichgewichts eingetreten. Immer noch beharrt aber der Feind auf seiner grundlegenden Politik der Unterjochung Chinas, er untergräbt zu diesem Zweck die antijapanische Einheitsfront, verstärkt die "Säuberungskampagnen" in seinem Hinterland, verschärft die wirtschaftliche Aggression usw. (b) Da die Position Großbritanniens und Frankreichs im Osten infolge des Krieges in Europa geschwächt ist und die USA nach wie vor die Politik verfolgen, "auf dem Berg sitzend dem Kampf der Tiger zuzuschauen", ist die Einberufung einer Konferenz für ein "östliches München" derzeit unmöglich. (c) Die Sowjetunion hat in ihrer Außenpolitik neue Siege errungen und setzt ihre Politik der tatkräftigen Unterstützung des chinesischen Widerstandskriegs fort. (d) Die projapanische Clique der Großbourgeoisie hat schon längst vollkommen vor Japan kapituliert und macht Anstalten, als dessen Marionette aufzutreten. Die proeuropäisch-proamerikanische Clique der Großbourgeoisie kann zwar noch den Widerstand gegen Japan fortsetzen, doch besteht bei ihr nach wie vor ernsthaft eine Neigung zu Kompromissen. Sie verfolgt eine zweiseitige Politik: Einerseits will sie sich noch mit den außerhalb der Kuomintang stehenden verschiedenen Kräften zum Kampf gegen Japan zusammenschließen, andererseits macht sie alle Anstrengungen, diese Kräfte, insbesondere die Kommunistische Partei und andere fortschrittliche Kräfte, bestialisch zu unterdrücken. Sie bildet die Clique der Ultrakonservativen innerhalb der antijapanischen Einheitsfront. (e) Die Kräfte der Mitte umfassen die mittlere Bourgeoisie, die aufgeklärten Schenschi und örtliche Gruppen, die über reale Kräfte verfügen. Da es sowohl zwischen ihnen und den hauptsächlichen herrschenden Kräften der Klasse der großen Grundherren und der Großbourgeoisie als auch zwischen ihnen und der Arbeiterklasse sowie der Bauernschaft Widersprüche gibt, nehmen diese Kräfte oft eine Mittelstellung zwischen den fortschrittlichen und den ultrakonservativen Kräften ein. Sie bilden die mittlere Gruppe in der antijapanischen Einheitsfront. (f) Die von der Kommunistischen Partei geführten fortschrittlichen Kräfte des Proletariats, der Bauernschaft und des städtischen Kleinbürgertums sind in der letzten Zeit bedeutend gewachsen und haben im großen und ganzen bereits Stützpunktgebiete geschaffen, die von einer antijapanischen demokratischen Macht regiert werden. Ihr Einfluß auf die Arbeiter, die Bauern und das städtische Kleinbürgertum im ganzen Land ist sehr groß, und sie üben auch auf die Kräfte der Mitte einen recht beträchtlichen Einfluß aus. Auf den Schlachtfeldern des Widerstandskriegs werden von der Kommunistischen Partei fast ebensoviel japanische Invasionstruppen bekämpft wie von der Kuomintang. Die erwähnten Kräfte bilden die fortschrittliche Gruppe in der antijapanischen Einheitsfront.

So sieht die gegenwärtige politische Lage in China aus. Unter diesen Umständen besteht noch die Möglichkeit, eine Wendung zum Besseren herbeizuführen und eine Verschlechterung der Lage zu verhindern; die Resolution des Zentralkomitees vom 1. Februar ist völlig richtig.

2. Die Grundbedingung für den Sieg im Widerstandskrieg gegen Japan ist die Verbreiterung und Festigung der antijapanischen Einheitsfront. Zur Erreichung dieses Zieles müssen wir die Taktik der Entfaltung der fortschrittlichen Kräfte, der Gewinnung der in der Mitte stehenden Kräfte und der Bekämpfung der ultrakonservativen Kräfte anwenden; das sind drei voneinander untrennbare Glieder einer Kette, wobei das Mittel zur Herbeiführung des Zusammenschlusses aller antijapanischen Kräfte der Kampf ist. In der Periode der antijapanischen Einheitsfront ist der Kampf das Mittel zum Zusammenschluß und der Zusammenschluß das Ziel des Kampfes. Erreicht man den Zusammenschluß durch Kampf, wird er bestehen bleiben; erreicht man ihn durch Konzessionen, wird er zugrunde gehen. Diese Wahrheit findet allmählich bei den Genossen in der Partei Verständnis. Doch viele begreifen das immer noch nicht; sie meinen entweder, daß der Kampf die Einheitsfront spalten werde, oder glauben, daß man den Kampf unbegrenzt führen könne, wenden entweder den Kräften der Mitte gegenüber eine unrichtige Taktik an oder haben eine falsche Vorstellung von den ultrakonservativen Kräften. All das muß korrigiert werden.

3. Die Entfaltung der fortschrittlichen Kräfte bedeutet die Entfaltung der Kräfte des Proletariats, der Bauernschaft und des städtischen Kleinbürgertums, sie bedeutet die kühne Erweiterung der Achten Route-Armee und der Neuen Vierten Armee, sie bedeutet die großzügige Errichtung antijapanischer demokratischer Stützpunktgebiete, sie bedeutet die Ausbreitung von Organisationen der Kommunistischen Partei auf das ganze Land, sie bedeutet die Entfaltung von Massenbewegungen der Arbeiter, der Bauern, der Jugendlichen, der Frauen und der Kinder in ganz China, sie bedeutet die Gewinnung der Intellektuellen im ganzen Land, und sie bedeutet - als Kampf um die Demokratie - die Ausdehnung der Bewegung für eine konstitutionelle Regierungsform auf die breiten Volksmassen. Nur wenn man die fortschrittlichen Kräfte Schritt für Schritt entfaltet, kann man eine Verschlechterung der Lage verhindern, kann man der Kapitulation und den Spaltungen Einhalt gebieten, kann man also eine feste, unerschütterliche Grundlage für den Sieg im Widerstandskrieg schaffen. Die Entfaltung der fortschrittlichen Kräfte ist aber ein ernster Kampfprozeß, wobei ein unerbittlicher Kampf nicht nur gegen den japanischen Imperialismus und gegen die Landesverräter, sondern auch gegen die Ultrakonservativen ausgetragen werden muß. Denn die Ultras sind gegen die Entfaltung der fortschrittlichen Kräfte, und die mittlere Gruppe steht ihr skeptisch gegenüber. Ohne einen entschiedenen Kampf gegen die Ultrakonservativen und ohne greifbare Erfolge in diesem Kampf können wir ihrem Druck nicht widerstehen und die Zweifel der mittleren Gruppe nicht zerstreuen, werden sich die fortschrittlichen Kräfte nicht entfalten.

4. Die Gewinnung der Kräfte der Mitte bedeutet, die mittlere Bourgeoisie, die aufgeklärten Schenschi und die örtlichen Gruppen; die über reale Kräfte verfügen, zu gewinnen. Das sind Menschen dreier verschiedener Kategorien, doch gehören sie alle in der gegenwärtigen Situation zur mittleren Gruppe. Unter der mittleren Bourgeoisie ist die nationale Bourgeoisie zu verstehen, die nicht zur Klasse der Kompradoren, d. h. nicht zur Großbourgeoisie, gehört. Sie steht zwar im Klassenwiderspruch mit den Arbeitern und ist mit der Unabhängigkeit der Arbeiterklasse nicht einverstanden; sie wird aber in den besetzten Gebieten durch den japanischen Imperialismus unterdrückt und stößt im Machtbereich der Kuomintang auf die ihr von der Klasse der großen Grundherren und der Großbourgeoisie gesetzten Schranken, wünscht deshalb noch den Widerstand gegen Japan und will außerdem die politische Macht für sich selbst erringen. In der Frage des Kampfes gegen die japanische Aggression billigt sie den Zusammenschluß zum Widerstandskrieg; in der Frage des Kampfes für ihre politische Macht stimmt sie der Bewegung für eine konstitutionelle Regierungsform zu und versucht, die Widersprüche zwischen der fortschrittlichen und der ultrakonservativen Gruppe für ihre Zwecke auszunutzen. Diese Schicht müssen wir für uns gewinnen. Die aufgeklärten Schenschi sind der linke Flügel der Grundherrenklasse, also jener bürgerlich gefärbte Teil der Grundherren, der im großen und ganzen eine ähnliche politische Einstellung hat wie die mittlere Bourgeoisie. Diese Menschen stehen zwar im Klassenwiderspruch mit den Bauern, es gibt aber auch Widersprüche zwischen ihnen einerseits und der Klasse der großen Grundherren und der Großbourgeoisie andererseits. Sie stimmen mit den Ultrakonservativen nicht überein, und auch sie denken daran, die Widersprüche zwischen uns und den Ultras für ihre politischen Ziele auszunutzen. Auch diese Gruppe dürfen wir keineswegs übersehen, und unsere Politik muß darauf gerichtet sein, sie zu gewinnen. Die örtlichen Gruppen, die über reale Kräfte verfügen, umfassen sowohl Personen mit territorialem Machtbereich als auch die buntscheckigen Heerhaufen, die über keine eigenen Gebiete herrschen. Sie stehen wohl im Gegensatz zu den fortschrittlichen Kräften, aber es gibt auch Widersprüche zwischen ihnen und der gegenwärtigen Zentralregierung der Kuomintang, weil diese auf ihre Kosten eine eigensüchtige Politik verfolgt, und sie wollen ebenfalls die Widersprüche zwischen uns und den Ultrakonservativen für ihre politischen Ziele ausnutzen. Da die führenden Elemente unter den örtlichen Machthabern größtenteils zur Klasse der großen Grundherren bzw. zur Großbourgeoisie gehören, zeigen sie sich zwar im Widerstandskrieg gegen Japan manchmal fortschrittlich, sind aber gleich darauf wieder reaktionär. Da sie jedoch auch mit der Zentralmacht der Kuomintang im Widerspruch stehen, ist es, wenn wir nur eine richtige Politik durchführen, möglich, daß sie sich in unserem Kampf mit den Ultras neutral verhalten. Unsere Politik gegenüber diesen drei Kategorien der mittleren Kräfte besteht darin, sie alle zu gewinnen. Doch ist diese Politik nicht nur verschieden von der, die wir zur Gewinnung der Bauernschaft und des städtischen Kleinbürgertums verfolgen, sondern auch unterschiedlich in bezug auf die verschiedenen Kategorien der Kräfte der Mitte selbst. Die Bauernschaft und das städtische Kleinbürgertum haben wir als Hauptverbündete zu gewinnen, die Kräfte der Mitte jedoch als Verbündete gegen den Imperialismus. Unter diesen Kräften können die mittlere Bourgeoisie und die aufgeklärten Schenschi sich beim gemeinsamen Widerstand gegen Japan uns anschließen und auch gemeinsam mit uns eine antijapanische demokratische Macht errichten, doch fürchten sie sich vor der Agrarrevolution. Im Kampf gegen die Ultrakonservativen mögen manche von ihnen in bestimmten Grenzen an diesem Kampf teilnehmen, während andere eine wohlwollende Neutralität wahren dürften und wieder andere sich gezwungenermaßen neutral geben könnten. Die Gruppen der örtlichen Machthaber hingegen werden, abgesehen von dem gemeinsamen Widerstand gegen die japanische Aggression, während unseres Kampfes gegen die Ultras nur zeitweilig eine neutrale Haltung einnehmen können; sie sind nicht gewillt, gemeinsam mit uns eine demokratische politische Macht zu errichten, weil sie selbst zur Klasse der großen Grundherren bzw. zur Großbourgeoisie gehören. Die mittlere Gruppe gerät leicht ins Schwanken und geht unvermeidlich ihrer Differenzierung entgegen; im Hinblick auf ihre schwankende Haltung müssen wir sie in geeigneter Weise zu überzeugen suchen und kritisieren.

Die Gewinnung der Kräfte der Mitte ist in der Periode der antijapanischen Einheitsfront für uns eine überaus wichtige Aufgabe, die jedoch nur unter bestimmten Bedingungen ausgeführt werden kann. Diese Bedingungen sind: (a) daß wir über ausreichende Kraft verfügen; (b) daß wir ihre Interessen respektieren; (c) daß wir einen entschiedenen Kampf gegen die Ultrakonservativen führen und Schritt für Schritt Siege erringen. Fehlen diese Bedingungen, so werden die Kräfte der Mitte ins Schwanken geraten oder sogar zu Verbündeten der Ultras bei deren Angriffen auf uns werden; denn die Ultras machen ebenfalls alle möglichen Anstrengungen, die Kräfte der Mitte für sich zu gewinnen, um uns zu isolieren. In China haben die Kräfte der Mitte großes Gewicht, und oft können sie zum entscheidenden Faktor in unserem Kampf gegen die Ultrakonservativen werden; deshalb müssen wir ihnen gegenüber eine ungemein behutsame Haltung einnehmen.

5. Die ultrakonservativen Kräfte sind gegenwärtig die Klasse der großen Grundherren und die Großbourgeoisie. Diese Klassen, die sich jetzt teilen in eine Fraktion, die vor den Japanern kapituliert hat, und in eine Fraktion, die gegen die japanische Aggression kämpft, werden sich später allmählich weiterhin differenzieren. Jene Fraktion der Großbourgeoisie, die für den Kampf gegen die japanische Aggression eintritt, weist im Augenblick gegenüber der Kapitulantenfraktion Unterschiede auf. Sie verfolgt eine zweiseitige Politik: Einerseits billigt sie bisher noch den Zusammenschluß zum Widerstandskrieg, andererseits aber betreibt sie eine äußerst reaktionäre Unterdrückungspolitik gegenüber den fortschrittlichen Kräften, um der künftigen Kapitulation den Boden zu bereiten. Da sie noch für den Zusammenschluß zum Widerstandskrieg gegen Japan eintritt, haben wir noch die Möglichkeit, sie zum Weiterverbleib in der antijapanischen Einheitsfront - je länger, je lieber - zu veranlassen. Es wäre ein Fehler, würde man eine solche Politik ihrer Gewinnung, der Zusammenarbeit mit ihr außer acht lassen und sie für Leute halten, die tatsächlich bereits kapituliert haben und schon im Begriff sind, einen antikommunistischen Krieg zu beginnen. Da aber diese Gruppe überall im Land eine auf die Unterdrückung der fortschrittlichen Kräfte gerichtete reaktionäre Politik betreibt; da sie das gemeinsame Programm, die revolutionären Drei Volksprinzipien, nicht verwirklicht und noch dazu hartnäckig gegen dessen Verwirklichung durch uns auftritt; da sie uns entschieden daran hindern will, die von ihr gezogenen Grenzen zu überschreiten - das heißt, daß sie uns nur eine ebensolche passive Haltung im Widerstandskrieg gestattet, wie sie selbst sie einnimmt, und darüber hinaus versucht, uns gleichzuschalten, oder, da ihr das alles mißlingt, einen ideologischen, politischen und militärischen Druck auf uns ausübt -: aus allen diesen Gründen müssen wir gleichzeitig eine Taktik des Kampfes, die Taktik des Widerstands gegen ihre reaktionäre Politik anwenden und sie auf ideologischem, politischem und militärischem Gebiet entschieden bekämpfen. Das ist unsere revolutionäre Zweiseitenpolitik, die wir der zweiseitigen Politik der Ultrakonservativen entgegensetzen; das ist die Politik, den Zusammenschluß durch Kampf anzustreben. Wenn wir auf ideologischem Gebiet eine richtige revolutionäre Theorie aufstellen können und ihrer konterrevolutionären Theorie harte Schläge versetzen, wenn wir auf politischem Gebiet zeitgerechte taktische Schritte unternehmen und ihrer Politik gegen die Kommunistische Partei und den Fortschritt harte Schläge versetzen und wenn wir angemessene militärische Maßnahmen ergreifen und ihrem militärischen Angriff harte Schläge versetzen, dann werden wir die Möglichkeit haben, der Ausübung ihrer reaktionären Politik Grenzen zu setzen, sie zur Anerkennung der Stellung der fortschrittlichen Kräfte zu zwingen, und es wird uns möglich sein, die fortschrittlichen Kräfte zu entfalten, die Kräfte der Mitte zu gewinnen und die Ultras zu isolieren. Zugleich werden wir die Möglichkeit haben, jene Ultrakonservativen, die noch zum Widerstand gegen Japan gewillt sind, zu gewinnen, die Zeit ihres Verbleibens in der antijapanischen Einheitsfront zu verlängern und somit einen Bürgerkrieg großen Umfangs, wie es ihn in der Vergangenheit gab, zu vermeiden. Daher dient der Kampf, den wir in der Periode der antijapanischen Einheitsfront gegen die Ultrakonservativen führen, nicht nur der Abwehr ihrer Angriffe, damit die fortschrittlichen Kräfte vor Verlusten bewahrt werden und sich weiter entwickeln können, sondern zugleich auch der Verlängerung der Zeitperiode, in der die Ultrakonservativen am Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression teilnehmen, sowie der Aufrechterhaltung unserer Zusammenarbeit mit ihnen und der Vermeidung des Ausbruchs eines großen Bürgerkriegs. Ohne Kampf würden die fortschrittlichen Kräfte von den ultrakonservativen Kräften vernichtet werden, könnte die Einheitsfront nicht existieren, stünde der Kapitulation der Ultrakonservativen vor dem Feind kein Hindernis im Wege und bräche der Bürgerkrieg aus. Deshalb ist der Kampf gegen die Ultras eine unentbehrliche Handhabe, um alle antijapanischen Kräfte zusammenzuschließen, eine Wendung der Lage zum Besseren zu erzwingen und einem großen Bürgerkrieg vorzubeugen. Diese Wahrheit wird durch alle Erfahrungen bestätigt.

In der Periode der antijapanischen Einheitsfront müssen wir jedoch beim Kampf gegen die Ultrakonservativen folgende Prinzipien beachten: Erstens, das Prinzip des Selbstschutzes. Wir greifen nicht an, wenn wir nicht angegriffen werden; wer uns angreift, hat aber unbedingt mit unserem Gegenangriff zu rechnen. Das heißt, ohne Grund werden wir keinesfalls andere angreifen, aber wir werden auch keinesfalls versäumen, einen Angriff mit einem Gegenschlag zu beantworten. Darin liegt der defensive Charakter unseres Kampfes. Ein militärischer Angriff der Ultras muß entschlossen, gründlich, restlos und vollständig zerschlagen werden. Zweitens, das Prinzip des Siegens. Entweder wir nehmen den Kampf nicht auf, oder, wenn wir schon kämpfen, müssen wir ihn gewinnen; keinesfalls dürfen wir ohne Plan, ohne Vorbereitung und ohne die Gewißheit des Sieges in den Kampf treten. Wir müssen die Widersprüche unter den Ultrakonservativen auszunutzen verstehen, dürfen keineswegs gleichzeitig gegen viele Ultras vorgehen, sondern müssen unsere Schläge zuerst auf die reaktionärsten unter ihnen richten. Darin liegt der begrenzte Charakter unseres Kampfes. Drittens, das Prinzip der Kampfpause. Nachdem wir zu einem bestimmten Zeitpunkt den Angriff der Ultras zurückgeschlagen haben, müssen wir, bevor sie einen neuen Angriff unternehmen, wissen, wann wir aufzuhören haben, damit der jeweilige Kampf seinen Abschluß findet. In der darauffolgenden Periode stellen beide Seiten die Kampfhandlungen ein. Zu diesem Zeitpunkt müssen wir die Initiative ergreifen, erneut einen Zusammenschluß mit den Ultrakonservativen anzustreben, und mit ihnen, wenn sie einverstanden sind, Friedensvereinbarungen treffen. Keinesfalls darf man den Kampf täglich und stündlich ohne Ende weiterführen; keinesfalls darf man sich durch Erfolge berauschen lassen. Darin liegt der vorübergehende Charakter jedes einzelnen Kampfes. Nur wenn die Ultras einen neuen Angriff gegen uns unternehmen, werden wir ihnen mit einem neuen Kampf entgegentreten. Diese drei Prinzipien bedeuten mit anderen Worten: "Im Recht sein", "Vorteil haben", "Maßhalten". Wenn wir auf einem solchen berechtigten, vorteilhaften und mit Maß geführten Kampf beharren, können wir die fortschrittlichen Kräfte zur Entfaltung bringen, die Kräfte der Mitte gewinnen sowie die Ultrakonservativen isolieren und diese dazu bringen, daß sie es nicht mehr leichtfertig wagen, einen Angriff gegen uns zu führen, mit dem Feind Kompromisse einzugehen und einen Bürgerkrieg großen Umfangs anzufangen. Auf diese Weise wird die Möglichkeit gegeben sein, eine Wendung der Lage zum Besseren zu erzwingen.

6. Die Kuomintang ist eine heterogene Partei, in der es sowohl eine ultrakonservative als auch eine mittlere und eine fortschrittliche Gruppe gibt, so daß die Kuomintang in ihrer Gesamtheit nicht den Ultras gleichzusetzen ist. Weil das Zentralexekutivkomitee der Kuomintang auf konterrevolutionäre Reibungen abzielende Dekrete wie zum Beispiel die "Maßnahmen zur Einschränkung der Tätigkeit fremder Parteien" erläßt und alle Kräfte dieser Partei zur Erzeugung solcher das ganze Land umfassenden konterrevolutionären Reibungen auf ideologischem, politischem und militärischem Gebiet mobilisiert, sind manche der Ansicht, die Kuomintang sei vollständig aus Ultras zusammengesetzt. Diese Ansicht ist falsch. In der heutigen Kuomintang haben die Ultrakonservativen zwar noch die Kommandoposten inne und bestimmen die Politik ihrer Partei, bilden jedoch der Zahl nach nur eine Minderheit; die Mehrheit der Parteimitglieder - viele von ihnen sind es nur dem Namen nach - gehört nicht unbedingt zu den Ultras. Über diesen Punkt müssen wir uns völlig klar sein, dann erst können wir uns die Widersprüche innerhalb der Kuomintang zunutze machen, ihren verschiedenen Fraktionen gegenüber eine differenzierte Politik durchführen und größte Anstrengungen unternehmen, um uns mit der mittleren und der fortschrittlichen Gruppe der Kuomintang zusammenzuschließen.

7. Was die Errichtung der politischen Macht in den antijapanischen Stützpunktgebieten betrifft, so ist festzustellen, daß es sich um eine politische Macht der antijapanischen nationalen Einheitsfront handelt. In den von der Kuomintang beherrschten Gebieten gibt es eine solche Macht noch nicht. Sie ist eine politische Macht aller jener, die sowohl für den Widerstandskrieg als auch für die Demokratie sind; sie ist also eine gemeinsame demokratische Diktatur einiger revolutionärer Klassen über die Landesverräter und die Reaktionäre. Diese Diktatur unterscheidet sich von der Diktatur der Grundherren und der Bourgeoisie und auch in gewissem Maße von der demokratischen Diktatur der Arbeiter und Bauern im strengsten Sinne dieses Begriffes. Bei der Verteilung der Plätze in den Machtorganen soll es folgendermaßen aussehen: Ein Drittel der Plätze nehmen die Kommunisten ein, die das Proletariat und die armen Bauern vertreten, ein Drittel die linken fortschrittlichen Elemente, die das Kleinbürgertum vertreten, und ein Drittel die in der Mitte stehenden Kräfte und sonstige Elemente, die die mittlere Bourgeoisie und die aufgeklärten Schenschi vertreten. Nur Landesverräter und antikommunistische Elemente sind zur Beteiligung an diesen Machtorganen nicht berechtigt. Eine solche allgemeine Festlegung der Verteilung der Plätze ist notwendig, denn ohne sie könnte das Prinzip der politischen Macht der antijapanischen nationalen Einheitsfront nicht gewahrt werden. Dieses Prinzip der Verteilung der Plätze stellt die wahre Politik unserer Partei dar; sie muß ernsthaft durchgeführt, darf nicht leichtfertig, unverantwortlich erledigt werden. Das angegebene Zahlenverhältnis ist nur eine allgemeine Richtschnur, man muß es je nach der realen Lage an jedem gegebenen Ort durchführen; man soll nicht mechanisch das angegebene Zahlenverhältnis zu erreichen suchen. In den untersten Machtorganen mag es notwendig sein, an dieser Regel gewisse Veränderungen vorzunehmen, um zu verhüten, daß die politische Macht in die Hände der Grundherren, Tuhao und Liäschen gerät, doch gegen ihren fundamentalen Geist darf nicht verstoßen werden. In den politischen Machtorganen der antijapanischen Einheitsfront dürfen wir uns nicht darum kümmern, ob die Nichtkommunisten einer Partei und welcher Partei sie angehören. In Gebieten der politischen Macht der antijapanischen Einheitsfront ist allen Parteien - sei es die Kuomintang, sei es irgendeine andere Partei - das Recht auf legale Existenz zu gewähren, soweit sie nicht antikommunistisch sind, sondern mit der Kommunistischen Partei zusammenarbeiten. In der Frage der Wahlen muß die politische Macht der antijapanischen Einheitsfront die Politik befolgen, daß jeder Chinese, der das Alter von achtzehn Jahren erreicht hat und für den Widerstand gegen Japan sowie für die Demokratie eintritt - unabhängig von seiner Klassenzugehörigkeit, Nationalität, Parteizugehörigkeit, seinem Geschlecht, Glaubensbekenntnis und Bildungsgrad -, das gleiche Recht genießt, zu wählen und gewählt zu werden. Die Machtorgane der antijapanischen Einheitsfront sind vom Volk zu wählen und dann von der Nationalregierung zu bestätigen. Aufgebaut werden sie nach dem Prinzip des demokratischen Zentralismus. Dem politischen Kurs, der von den Machtorganen der antijapanischen Einheitsfront zu befolgen ist, muß folgendes zugrunde liegen: Kampf gegen den japanischen Imperialismus sowie gegen die wirklichen Landesverräter und Reaktionäre; Schutz für das Volk, das den Widerstandskrieg gegen Japan führt; Regelung der Interessen aller antijapanischen Schichten; Verbesserung der Lebensbedingungen der Arbeiter und Bauern. Die Errichtung solcher politischen Macht der antijapanischen Einheitsfront wird im ganzen Land einen starken Einfluß ausüben und ein Vorbild für die Bildung einer politischen Macht der antijapanischen Einheitsfront im Landesmaßstab sein; diese Politik muß daher von allen Genossen unserer Partei gründlich verstanden und entschlossen durchgeführt werden.

8. Im Kampf um die Entfaltung der fortschrittlichen Kräfte, die Gewinnung der Kräfte der Mitte und die Isolierung der ultrakonservativen Kräfte darf man die Rolle der Intellektuellen nicht übersehen. Hinzu kommt noch, daß die Ultrakonservativen ihrerseits alle Kräfte einsetzen, um die Intellektuellen zu gewinnen. Daher ist das Bestreben, alle fortschrittlichen IntellektueIlen unter den Einfluß unserer Partei zu bringen, eine notwendige und wichtige politische Richtlinie.

9. In der Frage der Propaganda müssen wir uns an folgende programmatische Leitsätze halten: (a) Verwirklichung des Testaments Sun Yat-sens durch Erweckung der Volksmassen zum einmütigen Widerstand gegen Japan; (b) Verwirklichung des Prinzips des Nationalismus durch entschlossenen Widerstand gegen den japanischen Imperialismus, durch Erstreben völliger Befreiung der chinesischen Nation von äußerer Bedrückung und durch Trachten nach Gleichberechtigung der verschiedenen Nationalitäten innerhalb des Landes; (c) Verwirklichung des Prinzips der Demokratie durch Gewährleistung der absoluten Freiheit des Volkes, der japanischen Aggression seinen Widerstand entgegenzusetzen und das Vaterland zu retten, durch Wahl der politischen Machtorgane auf allen Ebenen durch das Volk, durch Errichtung einer revolutionären demokratischen Macht der antijapanischen nationalen Einheitsfront; (d) Verwirklichung des Prinzips des Volkswohls durch Aufhebung der drückenden Steuern und vielfältigen Abgaben, Herabsetzung von Pacht- und Darlehenszinsen, Einführung des Achtstundentags, Entwicklung der Landwirtschaft, der Industrie und des Handels, Verbesserung der Lebensbedingungen des Volkes; (e) Verwirklichung der Erklärung Tschiang Kai-scheks: "Jeder, wer es auch sei, ob im Norden oder im Süden, ob jung oder alt, wird verpflichtet sein, den Widerstandskrieg zu führen und den Heimatboden zu verteidigen." All das sind Leitsätze, die die Kuomintang selbst verkündet hat und die auch das gemeinsame Programm der Kuomintang und der Kommunistischen Partei sind. Außer der Sache des Widerstandskriegs gegen Japan ist aber die heutige Kuomintang nicht imstande, diese Leitsätze zu verwirklichen; das können nur die Kommunistische Partei und andere fortschrittliche Kräfte. Das sind im Volk schon allgemein bekannte, höchst einfache Leitsätze, und dennoch verstehen es viele Kommunisten noch nicht, sich ihrer als Waffe zur Mobilisierung der Volksmassen und zur Isolierung der Ultras zu bedienen. Von nun an muß man sein Augenmerk stets auf diese fünf Leitsätze richten und sie in Form von Bekanntmachungen, Deklarationen, Flugblättern, Artikeln, Reden, Gesprächen usw. verbreiten. In den Kuomintang-Gebieten sind diese Leitsätze noch ein Propagandaprogramm, doch sind sie in den Gebieten, in welche die Achte Route-Armee und die Neue Vierte Armee gelangt sind, bereits ein Aktionsprogramm. Wenn wir gemäß diesen Leitsätzen handeln, so ist es gesetzmäßig, und wenn die Ultras dagegen auftreten, daß wir diese Leitsätze verwirklichen, so ist es gesetzwidrig. Im Stadium der bürgerlich-demokratischen Revolution sind diese Leitsätze der Kuomintang unseren Programmpunkten im wesentlichen gleich; doch die Ideologie der Kuomintang ist grundverschieden von der Ideologie der Kommunistischen Partei. Was wir in die Tat umzusetzen haben, ist lediglich das gemeinsame Programm der demokratischen Revolution, keineswegs aber dürfen wir der Ideologie der Kuomintang folgen.

ANMERKUNGEN

* Diese Arbeit ist der Grundriß eines Referats, das Genosse Mao Tse-tung auf einer Konferenz höherer Parteifunktionäre in Yenan gehalten hat.

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