Mao AW Band II

Mao Werke


Mao Tse-tung:

DIE GEGENWÄRTIGE LAGE UND DIE AUFGABEN DER PARTEI*

 

  (10. Oktober 1939)


Diese Version aus: Mao Tse-tung, Ausgewählte Werke Band II, Verlag für fremdsprachige Literatur, Peking 1968, S.345-347


1. Der Ausbruch des imperialistischen Weltkriegs erklärt sich dadurch, daß die imperialistischen Staaten versuchen, sich aus der neuen wirtschaftlichen und politischen Krise zu befreien. Sowohl von Seiten Deutschlands als auch von Seiten Englands und Frankreichs ist dieser Krieg seinem Charakter nach ein ungerechter, imperialistischer Raubkrieg. Die kommunistischen Parteien der ganzen Welt müssen entschieden gegen diesen Krieg und gegen die verbrecherischen Taten der sozialdemokratischen Parteien auftreten, die das Proletariat verraten, indem sie diesen Krieg unterstützen. Die sozialistische Sowjetunion hält nach wie vor an ihrer Friedenspolitik fest, wahrt strikte Neutralität gegenüber den beiden kriegführenden Seiten und hat, indem sie ihre Truppen in Polen einmarschieren ließ, die Expansion der aggressiven Kräfte Deutschlands nach dem Osten verhindert, den Frieden in Osteuropa gefestigt und die von den Herrschern Polens unterdrückten Brudervölker der Westukraine und Westbelorußlands befreit. Um einem möglichen Überfall der internationalen reaktionären Kräfte vorzubeugen, hat die Sowjetunion verschiedene Verträge mit ihren Nachbarländern geschlossen und kämpft für die Wiederherstellung des Weltfriedens.

2. Die Politik des japanischen Imperialismus in der neuen internationalen Lage besteht darin, alle seine Kräfte zum Angriff auf China zu konzentrieren in dem Versuch, die China-Frage als Vorbereitung für die künftige Ausweitung seiner Abenteuer im internationalen Maßstab zu erledigen. Der Kurs, den er bei seinem Versuch, die China Frage zu erledigen, einschlägt, ist folgender:

(a) Hinsichtlich der besetzten Gebiete: die Sicherung der weiteren Okkupation als Vorbereitung für die Unterjochung ganz Chinas. Um dieses Ziel zu erreichen, braucht der japanische Imperialismus eine "Säuberung" der antijapanischen Partisanenstützpunktgebiete, die Erschließung der wirtschaftlichen Hilfsquellen, die Aufrichtung einer Marionettenmacht und die Ausrottung des Nationalbewußtseins der Chinesen.

(b) Hinsichtlich unseres Hinterlandes: der politische Angriff als Hauptmittel und der militärische Angriff als Hilfsmittel. Der politische Angriff bedeutet, daß der Schwerpunkt darauf gelegt wird, die antijapanische Einheitsfront zu zersetzen, die Zusammenarbeit zwischen der Kuomintang und der Kommunistischen Partei zu sprengen und die Kuomintang-Regierung zur Kapitulation zu verlocken, anstatt auf militärische Angriffe in großem Maßstab.

In der gegenwärtigen Periode ist die Möglichkeit, daß der Feind so großangelegte strategische Angriffsaktionen unternimmt wie seinerzeit gegen Wuhan, schon nicht mehr groß, weil ihm in den abgelaufenen mehr als zwei Jahren durch den heroischen Widerstand Chinas Schläge versetzt worden sind und weil seine Streitkräfte und finanziellen Hilfsquellen nicht ausreichen. In diesem Sinne ist das Stadium des strategischen Gleichgewichts im Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression im wesentlichen bereits angebrochen. Und dieses Stadium des Gleichgewichts ist das Stadium der Vorbereitung der Gegenoffensive. Wenn wir aber sagen, daß im wesentlichen bereits ein Gleichgewicht eingetreten ist, bestreiten wir erstens nicht, daß der Feind noch manche operative Angriffe unternehmen kann; gegenwärtig führt er einen Angriff gegen Tschangscha und wird später möglicherweise auch Angriffe gegen andere Gebiete unternehmen. Zweitens wird der Feind, da nun die Möglichkeit eines Gleichgewichts an der Front wächst, seinen "Säuberungs"krieg gegen unsere Partisanenstützpunktgebiete verstärken. Drittens: Wenn es China nicht gelingt, die vom Feind besetzten Gebiete unsicher zu machen, wenn diesem gestattet wird, sich dort festzusetzen und die Gebiete auszuplündern, wenn es China ferner nicht gelingt, den politischen Angriff des Feindes zurückzuschlagen, und wenn China nicht imstande ist, am Widerstandskrieg, am Zusammenschluß und am Fortschritt festzuhalten, damit die Kräfte für die Gegenoffensive vorbereitet werden, oder wenn die Kuomintang-Regierung doch noch aus eigenem Antrieb kapituliert, dann wird der Feind in der Zukunft dennoch große Angriffe unternehmen können, mit anderen Worten, wird das bereits eingetretene Gleichgewicht von dem Feind und von den Kapitulanten noch gestört werden können.

3. Die Gefahr der Kapitulation, der Spaltung und des Rückschritts in der antijapanischen Einheitsfront bleibt in der gegenwärtigen Lage nach wie vor die größte Gefahr, und die gegenwärtigen antikommunistischen Erscheinungen sowie Rückschritterscheinungen sind weiterhin Schritte der großen Grundherren und der Großbourgeoisie auf dem Weg zur Kapitulation. Unsere Aufgabe besteht nach wie vor darin, im Verein mit allen Patrioten des Landes die Massen für die faktische Verwirklichung der drei politischen Hauptlosungen zu mobilisieren, die von unserer Partei in ihrer Deklaration vom 7. Juli ausgegeben wurden: "Am Widerstandskrieg festhalten, gegen die Kapitulation kämpfen!", "Am Zusammenschluß festhalten, gegen die Spaltung kämpfen!" und "Am Fortschritt festhalten, gegen den Rückschritt kämpfen !", um die Kräfte für die Gegenoffensive vorzubereiten. Zu diesem Zweck muß man im Hinterland des Feindes weiter hartnäckig den Partisanenkrieg führen, die "Säuberungsoperationen" des Feindes zerschlagen, die vom Feind besetzten Gebiete unsicher machen, radikale politische und wirtschaftliche Reformen im Interesse der breiten, gegen die japanischen Eindringlinge kämpfenden Volksmassen durchführen. An der Front muß man die militärische Verteidigung aufrechterhalten und jeden möglichen operativen Angriff des Feindes zurückschlagen. In unserem Hinterland muß man unverzüglich und ernsthaft politische Reformen durchführen, mit der Einparteiendiktatur der Kuomintang Schluß machen, eine kompetente Nationalversammlung einberufen, die wirklich den Willen des Volkes repräsentiert, eine Verfassung ausarbeiten und eine konstitutionelle Regierungsform einführen. Jede Schwankung und jede Nachlässigkeit, jeder entgegengesetzte Kurs ist absolut falsch. Gleichzeitig müssen unsere Parteileitungen aller Ebenen und alle Genossen unserer Partei ihre Wachsamkeit angesichts der gegenwärtigen Lage erhöhen und mit aller Kraft ideologisch, politisch und organisatorisch unsere Partei sowie die von ihr geführten Streitkräfte und Machtorgane festigen, um darauf vorbereitet zu sein, mit allen eventuellen Überraschungen, die der chinesischen Revolution schaden könnten, fertig zu werden, damit die Partei und die Revolution durch solche Überraschungen keine unerwarteten Verluste erleiden.

ANMERKUNGEN

* Ein von Genossen Mao Tse-tung im Namen des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas verfaßter Beschluß.

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