Mao AW Band II

Mao Werke


Mao Tse-tung:

GEGEN DIE KAPITULATIONSUMTRIEBE

 (30. Juni 1939)


Diese Version aus: Mao Tse-tung, Ausgewählte Werke Band II, Verlag für fremdsprachige Literatur, Peking 1968, S.289-295


Die Frage, Krieg führen oder nicht, war für die chinesische Nation, die sich der japanischen Aggression gegenübersieht, stets die erste wichtige Frage. In der Periode zwischen den Ereignissen des 18. September 1931 und den Ereignissen bei Lugoutjiao rief diese Frage heftige Auseinandersetzungen hervor. "Krieg führen heißt leben, nicht Krieg führen heißt untergehen" - zu dieser Schlußfolgerung kamen alle patriotischen Parteien und Gruppen, alle patriotischen Landsleute; "Krieg führen heißt untergehen, nicht Krieg führen heißt leben" - zu dieser Schlußfolgerung kamen alle Kapitulanten. Für eine Zeitlang wurden diese Auseinandersetzungen durch die donnernden Geschütze des Widerstands bei Lugoutjiao entschieden. Der Geschützdonner verkündete: Die erste Schlußfolgerung ist richtig, die zweite aber falsch. Doch weshalb entschied er diese Frage nur vorübergehend und nicht endgültig? Das erklärt sich durch die Politik des japanischen Imperialismus, China zur Kapitulation zu bewegen, durch die Kompromißversuche ausländischer Kapitulantenl und durch die Wankelmütigkeit einer gewissen Gruppe von Leuten innerhalb der chinesischen antijapanischen Front. Die Formulierung der Frage hat sich nun etwas geändert, d. h., die Frage wurde abgewandelt und neu gestellt als eine Frage von "Frieden oder Krieg". Und in China brach dadurch der Streit zwischen den Anhängern der Fortsetzung des Krieges und den Predigern des Friedens aus. Ihre Positionen bleiben die alten: "Krieg führen heißt leben, Frieden schließen heißt untergehen" - zu einer solchen Schlußfolgerung kommen die Anhänger der Fortsetzung des Krieges; "Frieden schließen heißt leben, Krieg führen heißt untergehen" - zu dieser Schlußfolgerung kommen die Prediger des Friedens. Zum Lager der Anhänger einer Fortsetzung des Krieges gehören jedoch alle patriotischen Parteien und Gruppen, alle patriotischen Landsleute - die gewaltige Mehrheit der gesamten Nation; zum Lager der Friedensprediger aber, das heißt zum Lager der Kapitulanten, gehört zahlenmäßig nur ein kleiner schwankender Teil innerhalb der antijapanischen Kampffront. Deshalb ist die Gruppe der "Friedensprediger" gezwungen, eine betrügerische Propaganda zu entfalten, wobei die antikommunistische Propaganda an erster Stelle steht. Sie produziert einen anschwellenden Strom verlogener Meldungen, Berichte, Dokumente, Resolutionen wie solche: "Die Kommunistische Partei betreibt Wühlarbeit", "die Achte Route-Armee und die Neue Vierte Armee streifen umher, führen aber nicht Krieg und fügen sich nicht dem Kommando", "das Grenzgebiet Schensi-Kansu-Ningsia hat sich selbständig gemacht und befaßt sich mit der Expansion seiner Gebiete", "die Kommunistische Partei schmiedet Ränke, die Regierung zu stürzen", es heißt sogar, "die Sowjetunion bereitet heimlich eine Aggression gegen China vor". Das alles wird getan, um die wahre Sachlage zu verheimlichen, um die öffentliche Meinung zu beeinflussen, damit ihr Ziel, Frieden zu schließen, das heißt zu kapitulieren, erreicht wird. Die Gruppe der Friedensprediger, das heißt die Gruppe der Kapitulanten, geht auf diese Weise vor, eben weil die Kommunistische Partei die Initiatorin der antijapanischen nationalen Einheitsfront und deren Verfechterin ist und weil es nur dann möglich ist, die Zusammenarbeit zwischen der Kuomintang und der Kommunistischen Partei zu hintertreiben, die antijapanische nationale Einheitsfront zu spalten und die Kapitulation herbeizuführen, wenn die Kommunistische Partei bekämpft wird. Ferner hoffen die Prediger des Friedens, daß der japanische Imperialismus Zugeständnisse machen werde. Sie rechnen damit, daß Japan bereits der Atem ausgegangen ist, daß es die Grundlinie seiner Politik ändern, daß es von selbst Zentralchina, Südchina und sogar Nordchina räumen wird und daß China dann den Sieg erringen kann, ohne den Krieg fortzusetzen. Und schließlich setzen sie Hoffnungen auf einen internationalen Druck. Viele Friedensprediger hoffen nicht nur, daß die Großmächte auf den Plan treten und Japan unter Druck setzen, es zum Nachgeben zwingen werden, damit eine Friedensregelung herbeigeführt werden kann, sondern sie hoffen auch, daß die Großmächte die chinesische Regierung unter Druck setzen; dann könnten sie - diese Friedensprediger - den Anhängern einer Fortsetzung des Krieges sagen: "Seht, in einer solchen internationalen Atmosphäre bleibt uns nichts anderes übrig als Frieden zu schließen" Und: "Eine internationale pazifische Konferenz2 ist für China vorteilhaft. Das ist doch nicht irgendein München3, das ist ein Schritt zur Erneuerung Chinas" Das sind all die Ansichten, Methoden und Intrigen der Gruppe der Friedensprediger in China, d. h. der Gruppe der Kapitulanten 4 All dies stellt nicht allein Wang Djing-we zur Schau; viel schlimmer ist, daß es noch sehr viele große und kleine Wang Djing-wes gibt, die - in der antijapanischen Kampffront versteckt - mit Wang Djing-we ein gemeinsames Spiel treiben; manche führen mit ihm ein "Schuanghuang"-Stück5 auf, andere treten mal rot, mal weiß geschminkt auf6.

Wir Kommunisten erklären offen: Wir stehen konsequent auf der Seite der Anhänger einer Fortsetzung des Krieges, wir treten den Predigern des Friedens entschieden entgegen. Das einzige, was wir wollen, ist: gemeinsam mit allen patriotischen Parteien und Gruppen, mit allen patriotischen Landsleuten den Zusammenschluß, die antijapanische nationale Einheitsfront und die Zusammenarbeit zwischen der Kuomintang und der Kommunistischen Partei festigen, die Drei Volksprinzipien verwirklichen, den Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression bis zu Ende führen, bis zum Yalu-Fluß vorwärts kämpfen und alle verlorenen Territorien zurückgewinnen.7 Etwas anderes kennen wir nicht. Wir verurteilen entschieden jene offenen und versteckten Wang Djing-wes, die auf Ränke sinnen, eine antikommunistische Atmosphäre zu schaffen, die Kuomintang und die Kommunistische Partei zu Reibungen8 aufzuhetzen und sogar einen neuen Bürgerkrieg zwischen der Kuomintang und der Kommunistischen Partei zu provozieren. Wir sagen diesen Leuten: Eure Intrigen, die eine Spaltung herbeiführen sollen, sind ihrem Wesen nach nichts anderes als Schritte zur Vorbereitung der Kapitulation, während eure Politik der Kapitulation und Spaltung der Ausdruck eures Gesamtplans ist, die eigensüchtigen Interessen eines kleinen Häufleins Menschen durch Verrat an den Interessen der Nation zu befriedigen. Aber das Volk hat scharfe Augen: Eure Intrigen werden vom Volk entlarvt werden. Wir verurteilen entschieden das alberne Geschwätz, wonach die pazifische Konferenz angeblich kein "östliches München" sein werde. Die sogenannte pazifische Konferenz wird gerade ein "östliches München" sein; sie wird die Vorbereitung für die Verwandlung Chinas in eine Tschechoslowakei sein. Wir verurteilen entschieden das Geschwätz, die japanischen Imperialisten könnten sich besinnen und auf Zugeständnisse eingehen. Der grundlegende Kurs der japanischen Imperialisten, China zu unterjochen, wird sich keineswegs ändern. Die honigsüßen Reden der Japaner nach dem Fall von Wuhan, beispielsweise ihr Verzicht auf die Politik der "Nichtanerkennung der Nationalregierung als Verhandlungspartner"9 und ihre Bereitschaft, sie als einen solchen Partner anzuerkennen, oder aber die famosen Bedingungen für den Abzug der japanischen Truppen aus Zentral- und Südchina - das alles ist eine heimtückische Politik, darauf berechnet, einen Fisch zu ködern, zu fangen und zu braten. Wer auf diesen Köder anbeißt, soll darauf gefaßt sein, in die Bratpfanne zu wandern. Die Versuche ausländischer Kapitulanten, China zur Kapitulation zu bewegen, stellen die gleiche heimtückische Politik dar. Sie dulden die Aggression Japans gegen China, selbst aber "schauen sie auf dem Berg sitzend dem Kampf der Tiger zu", warten auf einen günstigen Augenblick, um eine sogenannte pazifische Vermittlungskonferenz zu inszenieren und sich die Vorteile des "lachenden Dritten" zu sichern. Auf diese Intriganten hoffen heißt ebenfalls tüchtig betrogen werden.

Die Frage, Krieg führen oder nicht, wird jetzt in die Frage Krieg oder Frieden umgewandelt; aber das Wesen der Frage ist gleichgeblieben. Sie ist die erste wichtige, die grundlegendste aller Fragen. Infolge der intensiv vorangetriebenen japanischen Politik, China zur Kapitulation zu bewegen, infolge der betriebsamen Tätigkeit der ausländischen Kapitulanten und hauptsächlich infolge verstärkter Schwankungen einer gewissen Gruppe von Leuten innerhalb der antijapanischen Kampffront in China stand das letzte halbe Jahr im Zeichen eines gewaltigen Geschreis über das sogenannte Problem von Frieden oder Krieg, und die Möglichkeit einer Kapitulation ist in der gegenwärtigen politischen Lage zur Hauptgefahr geworden. Dabei wird der Kampf gegen den Kommunismus - das heißt der Abbruch der Zusammenarbeit zwischen der Kuomintang und der Kommunistischen Partei sowie die Sprengung des Zusammenschlusses im Widerstand gegen Japan von den Kapitulanten als der erste, wichtige Schritt bei der Vorbereitung der Kapitulation geführt. Bei einer solchen Sachlage müssen alle patriotischen Parteien und Gruppen, alle patriotischen Landsleute die Tätigkeit der Kapitulanten scharf beobachten; sie müssen die hauptsächliche Besonderheit der gegenwärtigen Lage erkennen, die darin besteht, daß die Kapitulation die Hauptgefahr und der Antikommunismus nichts anderes als die Vorbereitung der Kapitulation ist; und sie sind verpflichtet, mit allen Kräften gegen Kapitulation und Spaltung zu kämpfen. Man darf keinesfalls dulden, daß ein gewisser Teil Menschen die Sache des Krieges gegen den japanischen Imperialismus, den die ganze Nation nun schon zwei Jahre unter Blutvergießen führt, hintertreibt und verrät. Man darf keinesfalls dulden, daß ein gewisser Teil Menschen die durch Bemühungen der ganzen Nation geschaffene antijapanische nationale Einheitsfront untergräbt und spaltet.

Den Krieg weiterführen und den Zusammenschluß weiterhin durchsetzen - dann wird China bestimmt leben.

Frieden schließen und die Spaltung erwirken - dann wird China bestimmt untergehen.

Was soll man annehmen, was ablehnen? Entscheidet euch, Landsleute, die Zeit drängt.

Wir Kommunisten sind entschlossen, den Krieg weiterzuführen und den Zusammenschluß durchzusetzen.

Alle patriotischen Parteien und Gruppen, alle patriotischen Landsleute sind ebenfalls entschlossen, den Krieg weiterzuführen und den Zusammenschluß durchzusetzen.

Selbst wenn es den Kapitulanten mit ihren auf Kapitulation und Spaltung abzielenden Ränken gelingen sollte, vorübergehend die Oberhand zu gewinnen, werden sie letzten Endes dennoch vom Volk entlarvt werden und die verdiente Strafe erhalten. Die historische Aufgabe der chinesischen Nation ist der Zusammenschluß zum Widerstandskrieg gegen Japan für die eigene Befreiung. Die Kapitulanten haben die Absicht, genau entgegengesetzt zu handeln, aber wie sehr sie auch die Oberhand gewinnen, wie sehr sie auch jubeln und frohlocken sollten in der Annahme, daß in der Welt "niemand ihnen etwas anzutun wagte" - letzten Endes werden sie ihrem Schicksal nicht entgehen: Die Strafe des ganzen Volkes wird sie ereilen.

Der Kampf gegen Kapitulation und Spaltung ist jetzt die vordringliche Aufgabe aller patriotischen Parteien und Gruppen, aller patriotischen Landsleute.

Landsleute, schließt euch zusammen, haltet am Widerstandskrieg und am Zusammenschluß fest, setzt den Umtrieben der Kapitulanten und Spalter ein Ende!

ANMERKUNGEN

1) Es handelt sich um die englischen und amerikanischen Imperialisten, die in jener Periode das Komplott schmiedeten, auf Kosten Chinas mit Japan Kompromisse zu schließen.

2) Gemeinsam mit den chinesischen Friedenspredigern schmiedeten damals die englischen, amerikanischen und französischen Imperialisten geheime Pläne, durch eine sogenannte internationale pazifische Konferenz einen Kompromiß mit den japanischen Eindringlingen zu schließen und China zu verkaufen. Die öffentliche Meinung bezeichnete diese heimtückischen Pläne als "fernöstliches München". Als Genosse Mao Tse-tung in der vorliegenden Arbeit das alberne Geschwätz verurteilte, die pazifische Konferenz werde angeblich kein "östliches München" werden, bezog er sich auf die damaligen Äußerungen Tschiang Kai-scheks.

3) Im September 1938 traten die Oberhäupter Englands, Frankreichs, Deutschlands und Italiens zu einer Viermächtekonferenz in München zusammen, auf der sie das Münchener Abkommen schlossen. Gemäß diesem Abkommen verschacherten Großbritannien und Frankreich die Tschechoslowakei an Deutschland und entmutigten dadurch Deutschland, die Sowjetunion zu überfallen. In den Jahren 1938/39 brüteten die englischen und amerikanischen Imperialisten wiederholt über einen Kompromiß mit dem japanischen Imperialismus auf Kosten Chinas. Im Juni 1939, als Genosse Mao Tse-tung die vorliegende Arbeit schrieb, waren zwischen England und Japan erneut Verhandlungen im Gang, in denen das Ränkespiel weitergeführt wurde. Diese Intrigen glichen dem Münchener Komplott zwischen Großbritannien, Frankreich, Deutschland und Italien und wurden deshalb als "östliches München" bezeichnet.

4) Es handelt sich um die Ansichten, Methoden und Intrigen Tschiang Kai-scheks. Wang Djing-we war in jener Periode der Hauptanführer der offenen Kapitulanten, während Tschiang Kai-schek der Hauptanführer der Kapitulantengruppe war, die sich innerhalb der antijapanischen Front versteckte, und auf letzteren beziehen sich die Worte des Genossen Mao Tse-tung über die "versteckten Wang Djing-wes" und die "großen und kleinen Wang Djing-wes".

5) Genosse Mao Tse-tung vergleicht hier die Beziehung zwischen Tschiang Kai-schek und Wang Djing-we mit der Beziehung in einer "Schuanghuang"-Aufführung. (Bei diesem Spiel wirken zwei Darsteller mit, von denen der eine, hinter dem zweiten versteckt, deklamiert, während dieser entsprechend gestikuliert, die Lippen bewegt usw. - Der Übersetzer

6) In jener Periode befleißigten sich die von Tschiang Kai-schek angeführten Friedensprediger in der Kuomintang des Doppelzünglertums. Einerseits taten sie, als ob sie gegen die japanische Aggression kämpften, andererseits entfalteten sie auf verschiedene Weise ihre Kapitulationsumtriebe. Sie gleichen damit jenen Schauspielern des klassischen chinesischen Theaters, die mal rot, mal weiß geschminkt auftreten.

7) Im Januar 1939 äußerte sich Tschiang Kai-schek auf dem 6. Plenum des V. Zentralexekutivkomitees der Kuomintang offen, daß seiner Auffassung nach in der Losung "Widerstandskrieg bis zu Ende führen" unter dem Wort "Ende" die "Wiederherstellung der Lage, wie sie vor den Ereignissen bei Lugoutjiao bestand", gemeint sei. Um dieser Kapitulationspolitik Tschiang Kai-scheks entgegenzutreten, definierte Genosse Mao Tse-tung mit besonderem Nachdruck die Losung "Widerstandskrieg bis zu Ende führen" wie folgt: "Bis zum Yalu-Fluß vorwärts kämpfen und alle verlorenen Territorien zurückgewinnen."

8) Unter "Reibungen - ein Wort, das damals stark in Umlauf war- verstand man die verschiedenen reaktionären Umtriebe der fortschrittsfeindlichen Kuomintang-Leute, die auf die Sprengung der antijapanischen nationalen Einheitsfront abgezielt und gegen die Kommunistische Partei sowie alle anderen fortschrittlichen Kräfte gerichtet waren.

9) Am 13. Dezember 1937 hatte die japanische Armee Nanking besetzt. Am 16. Januar 1938 veröffentlichte die japanische Regierung eine Deklaration, worin sie erklärte, sie werde "in Zukunft die Nationalregierung Chinas nicht als Verhandlungspartner anerkennen und erwarte die Bildung einer neuen Regierung". lm Oktober desselben Jahres besetzte die japanische Armee Kanton und Wuhan. Die japanische Regierung nutzte die wankelmütige Haltung Tschiang Kai-scheks in der Frage des Widerstandskriegs aus und schlug einen neuen Kurs ein, der darauf berechnet war. Tschiang Kai-schek zur Kapitulation zu bewegen. Zu diesem Zweck veröffentlichte sie am ;. November eine neue Deklaration, in der es hieß: "Was die Nationalregierung anbelangt, so wird das Kaiserreich es nicht ablehnen, mit ihr zu verhandeln, wenn sie auf ihre bisherige falsche Politik verzichtet und unter Mitwirkung anderer Persönlichkeiten die Erneuerung des Landes und die Aufrechterhaltung der Ordnung in Angriff nimmt."

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