Der Ausbau des Repressionsapparates in den 80er Jahren

Eine Übersicht

aus : 70/20 Jahre Rote Hilfe

Mit dem Entstehen der autonomen Bewegung und militanter Aktionsformen ändert der Repressionsapparat seine Instrumente: Die in den 80er Jahren geschaffenen Gesetze und Gesetzesänderungen zielen vor allem auf die militante Anti-AKW-Bewegung und andere vorwiegend durch die Autonomen bestimmten Bewegungen

Mit dem "Gesetz zur Bekämpfung des Terrorismus" von 1986 wurde die Strafandrohung für nach § 129a Verurteilte erhöht, sowie der Umfang der Katalogstraftaten (Straftaten bei denen eine Verurteilung nach § 129a möglich ist) auf Zertörung wichtiger Arbeitsmittel, Brandstiftung, Herbeiführeri einer Sprengstoffexplosion, Gefährliche Eingriffe in den Bahn-, Schiffs- und Luftverkehr, Störung öffentlicher Betriebe u.a.erweitert. Die Aufnahme dieser Straftaten sollte die neuen Aktionsformen mìlitanter Kleingruppen in den 80er Jahren treffen.

Gleichzeitig wurden die §§120 und 142 Gerichtsverfassungsgesetz geändert. Damit bekam der Generalbundesanwalt die Strafverfolgungskompetenz für alle ìm neuen § 129a aufgeführten Straftaten, egal ob sie von einer Gruppe oder von Einzelpersonen begangen oder geplant wurden. Allein die Generalbundesanwaltschaft entscheidet seitdem darüber, ob das gesamte für den § 129a geschaffene Instrumentarium (erweiterte Beschlagnahme- und Durchsuchungsbefugnisse, extensive Telefonüberwachung etc.) eingesetzt wird.

1987 wurde der § 129a StGB auf "ausländische terroristische Vereinigungen" ausgedehnt. Im Januar 1987 tritt der zwischenzeitlich abgeschaffte § 130a StGB (Anleitung zu Straflaten) wieder in Kraft. Der neue § 130a geht über den alten hinaus; er sieht bereits eine Bestrafung vor, wenn eine Schrift "geeignet ist, als Anleitung zu einer ...rechtswídrigen Tat zu dienen, und nach ihrem Inhalt bestimmt ist die Bereitschaft anderer zu fördern oder zu wecken, eine solche Tatzubegehen."

Der Straflatenkatalog geht von Delikten wie Mord, Totschlag und räuberischer Erpressung bis hin zur Störung öffentlicher Betriebe, Störung von Fernmeldeanlagen und Beschädigung wichtiger Anlagen. Er ist damit ganz klar auf die damalige Anti-Atombewegung ausgerichtet.

Am 1. Januar 1989 tritt der ehemalige §88a (verfassungsfeindliche Befürwortung von Straftaten, der 1981 als "nutzlos", da er wieder § 130a nur zu wenigen Verurteilungen geführt hatte, abgeschafft worden war, als § 130b wieder in Kraft. Der Unterschied liegt vor allem darin, daß Ziel der befürworteten Straftaten nicht mehr nur die Unterstützung von "Bestrebungen gegen den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder gegen Verfassungsorgane" sein muß. Es reicht aus, daß der "öffentliche Friede" gestört werden soll. Um hierüber kriminalisiert zu werden, muß eine Aktion nicht unbedingt gegen das staatliche System der BRD als Ganzes gerichtet sein, es reicht aus, daß sie sich gegen einzelne amtliche Vorhaben (zu dieser Zeit etwa den Bau der WAA in Wackersdorf) richtet.

Gleichzeitig wurde mit einer Anderung des Versammlungsgesetzes das Demonstrationsrecht verschärft: Die Kooperation der eine Demonstration anmeldenden Person mit der Polizei wurde zur Pflicht, das Aufrufen zu einer verbotenen Demonstration unter Strafe gestellt und das Vermummungsverbot eingeführt (die beiden Letzteren waren zuvor Ordnungswidrigkeiten und wurden jetzt zu Straftaten). Als weitere Einschränkung des Demonstrationsrechts wurde des § 112 der StPO geändert: Der Haftgrund "Wiederholungsgefahr", der bisher nur bei Sexualstraftaten und einigen Drogendelikten galt, wurde auf schweren Landfriedensbruch erweitert.

Im Juni 1989 tritt die Kronzeugenregelung des § 129a, zunächst befristet auf drei Jahre (seitdem immer wieder verlängert) in Kraft. Sie fand bisher vor allem im Düsseldorfer Kurdenprozeß und in den durch Aussagen von RAF-Aussteigerlnnen ausgelösten Prozesse gegen mehrere bereits verurteilte Gefangene aus der RAF Anwendung.

Dokumente der Zeitgeschichte: BRD/RAF, GNN-Verlag, Köln, 1987
Enno Brand - Staatsgewalt, Göttingen, 1988
RHZ 3/88, 4/92
Rote Hilfe - Geschichte, Praxis und Hintergründe der Kronzeugen, 1990
Schwarze Texte, Politische Zensur in der BRD 1968 bis heute, Amsterdam, 1989 aufruhr - widerstand gegen repression und §129a, Amsterdam, 1991