Arbeitsgruppe
SDS und Revolte im Fadenkreuz der Geheimdienste in West und Ost
Stand: 22. Mai 1997

Großkotzig könnte der Titel lauten "Revolte und Konterrevolution", wenn nicht dadurch diese Revolte zur Revolution aufgebauscht werden würde und wenn dadurch nicht die staatspolitischen Machenschaften gegen diesen kulturrevolutionären Aufbruch in Ost und West gleichgesetzt wären. Also verbleiben wir beim "Fadenkreuz", das umschreiben soll, wie die SED als Staatspartei und ihr kulturelles Transmissionssystem in der DDR auf die Revolte reagierten und wie SPD und CDU/CSU und ihr Medienverbund in der Bundesrepublik auf die Ereignisse Stellung bezogen. Für die DDR galt, diesen Linksradikalismus im Westen vorerst agieren zu lassen und auch finanziell und moralisch zu unterstützen, um dort die Verhältnisse zu destabilisieren. Später sollte dieser Radikalismus beerbt werden von den DDR-treuen Organisationen wie SEW/DKP und ADS/Spartakus. In der DDR selbst erhielten diese Kräfte das Brandmal der "feindlich negativen Kräfte" oder der "Kinderkrankheit" des Kommunismus, die letztlich Dekadenz, Zersetzung, Zerfall der "sozialistischen Ordnung" bedeuten konnte. In der Bundesrepublik wurde der Antiautoritarismus als "politische Romantik" abqualifiziert, als "politische Religion", "Linksfaschismus", bar jeglicher Rationalität und Vernunft. Trotzdem nutzten auch hier SPD und FDP die Revolte, den Machtwechsel hin zur Sozialliberalen Koalition vorzubereiten. Die Revolte wurde als Anstoß gesehen, gleichzeitig gerieten deren Hauptexponenten auf die Liste der Negativbeurteilungen und der "Berufsverbote".

Verfassungsschutz und Ministerium für Staatssicherheit der DDR, die sowjetischen, osteuropäischen und angloamerikanischen Dienste waren sehr bald interessiert, diese Revolte auflaufen zu lassen bzw. zu verhindern, daß der "Funken" übersprang und eine soziale Erusion in Gang brachte. Provokateure, Agenten, inoffizielle Mitarbeiter wurden in die Szene geschickt, Telefone abgehört, der absurde Aufwand riesiger Bürokratien in Bewegung gebracht, alles, um einen politischen Umbruch zu vermeiden. Allein diese Interessen sind Indiz, für die nationale und internationale Bedeutung dieser Revolte. Im Rahmen des MfS sind fünf Dissertationen über diesen Aufbruch verfaßt worden, aber auch im Westen gibt es außerhalb der Memoirenliteratur eine Reihe von staatsbeauftragten Analysen, die sich mit dem inneren Zustand, den Personen und Organisationen, den Theorien und Aktionen von SDS, APO, Republikanischen Clubs, Basisgruppen und den Umschlag in die Gewaltszene befassen. Dieser Zusammenhang soll diskutiert werden auf dem Podium und natürlich auch mit dem Publikum, falls nichts Unerwartetes passiert und falls die Teilnehmer überhaupt in der Lage sind, ironisch, aber selbstbewußt die Vergangenheit Revue passieren zu lassen.