Gemeinsame Erklärung
der KKE(μ-λ) Kommunistischen Partei Griechenlands (marxistisch-leninistisch) und der TKP/ML Kommunistische Partei der Türkei/Marxisten-Leninisten)


Quelle: RF-News

5-6/2018

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onlinezeitung

Die Krise des weltweiten kapitalistisch-imperialistischen Systems befeuert die Widersprüche der imperialistischen Mächte auf allen Ebenen und wird davon befeuert. Auf der ganzen Welt stehen die Arbeiter und Völker dem fürchterlichsten Angriff der Kräfte des System gegenüber, die eine Lösung in einer immer größeren und tiefgreifenderen Barbarei suchen. In unseren Ländern leben die Arbeiterklasse und die Völker unter den Bedingungen verschärfter Ausbeutung, Arbeitslosigkeit und Verarmung. Die Arbeitskraft wird diskreditiert, auf den sozialen und demokratischen Rechten wird herum getrampelt. Inzwischen verstärkt sich der Zugriff der Imperialisten in einer Region, die eine brennende und zentrale Arena der globalen imperialistischen Konkurrenz bildet. Eine Region, in der amerikanische, russische, chinesische und europäische Imperialisten entsprechend ihrer Bestrebungen und ihrer Größe in einem Gewirr von Widersprüchen aufeinander stoßen und kollidieren, was täglich die Gefahr für die Völker vergrößert.

In diesem Zusammenhang wird die Gefahr eines Krieges, der die Völker auf beiden Seiten des Ägäischen Meeres bedroht, immer größer. Eine Gefahr, die ihre Wurzeln in der Besonderheit und in der Geschichte der reaktionären Konflikte der beiden Länder hat, aber gleichzeitig bildet sie einen integralen Bestandteil der Unruhen und der Entwicklungen, die in der Region stattfinden.

Der erste, hauptsächliche und bestimmende Faktor dieser Entwicklungen sind die Politik und die Ziele der USA. Die Regierung Trumps, die mit dem Ziel unterwegs ist, das Erstarken der Präsenz des russischen Imperialismus zu beschränken und ihn aus dem Balkan, dem Nahen Osten und dem östlichen Mittelmeer zurück zu treiben, unternimmt eine Reihe von aggressiven und erpresserischen Schritten. Schritte, die das erklärte strategische Ziel der Weltherrschaft der USA anstreben, die nach Schwächung und Neutralisierung der einzigen Macht rufen, die sich auf strategischer (nuklearer) Ebene als konkurrenzfähig erweisen kann: Russland. Schritte, die darauf abzielen, ihre europäischen Verbündeten/Konkurrenten zugunsten der amerikanischen Ambitionen unter Druck zu setzen/mitzuziehen. Schritte, die beabsichtigen, das Bestreben des chinesischen Imperialismus in der Region und in Europa zu blockieren. Schritte, die die Spannungen und Widersprüche zwischen den regionalen und lokalen Mächten in der größeren Region anfachen, deren Wunden offen sind und wo die blutigen Konfrontationen der vergangenen und der gegenwärtigen imperialistischen Interventionen weitergehen.

Es ist in diesem Zusammenhang, dass die reaktionäre Rivalität der griechischen und türkischen bürgerlichen Klassen entflammt und verschärft wird. Beide bürgerliche Klassen sind vom amerikanischen Imperialismus abhängig, der beide Länder seit Jahrzehnten als geostrategisches Bollwerk gegen die frühere Sowjetunion und Russland, als Plattform für seinen Feldzug auf dem Balkan, im Schwarzen Meer, Kaukasus, Nahen Osten und östlichen Mittelmeer oder auch als Instrument zur Erpressung gegen die EU-Imperialisten benutzt. Beide bürgerliche Klassen, die nicht aufgehört haben, ihre Konkurrenz zu manifestieren und von ihrem transatlantischen Patron eine vorteilhafte Rolle zu fordern. Eine Konkurrenz, die nicht nur mit derTatsache zu tun hat, wer von beiden vor dem anderen entsprechend ihrer Rolle und Aufgaben in der Region bevorzugt wird. Das betrifft auch Fragen der Souveränität für jeden von ihnen von Thrakien und dem Ägäischen Meer bis zu Zypern, wo beide Parteien zu seiner Teilung beigetragen haben. Keiner der Konkurrenten hatte jemals das Ziel einer friedlichen Lösung der existierenden Fragen, sondern die „Vorherrschaft“ des einen über den anderen mit endlosen nationalistischen Predigten von beiden Seiten. In dieser Konkurrenz, die ständig die imperialistische Vorherrschaft reproduzierte und verstärkte und das Wettrüsten anfachte, haben die beiden bürgerlichen Klassen versucht, unsere Völker auf die Seite ihrer reaktionären Ziele zu ziehen. Ob sie die tatsächlichen Gegebenheiten dieser Konkurrenz hochhalten (wie die politisch-militärische Niederlage der griechischen Seite 1974) oder die neuen Ziele, neue „Fähigkeiten“ ihrer reaktionären Ziele hervorheben.

Unter den gegenwärtigen Bedingungen hat jede bürgerliche Klasse eine schwere Bürde der Sackgasse und opportunistischer Ziele angehäuft.

Die türkische Seite hat das Blutvergießen im Nahen Osten, die Wankelmütigkeit der USA in Bezug auf die Beziehungen, die sie mit den neuen Mächten (Iran, Israel, Saudi Arabien …) haben und die Rolle, die sie ihnen zuordnen wollen, als eine „Gelegenheit“ wahrgenommen, die Türkei als eine vorherrschende periphere Macht zu fördern, als eine Lösung ihrer großen sozio-ökonomischen Probleme und ihrer Entwicklung „auf dem Papier“, bis zu dem „entscheidenden Moment“, wenn sie den gerechten Kampf des kurdischen Volkes zerschlägt. Dafür verstärkt das türkische faschistische Regime, eingehüllt in den parlamentarischen Mantel, einerseits seinen reaktionären Angriff gegen die Völker und die Massen der Türkei und kämpft in Afrin, während es gleichzeitig seine Konfrontation mit der griechischen Seite intensiviert und offen – mit den Mitteln der FYROM-Frage (Streit um den Namen Mazedonien) – seine Bestrebungen nach der Präsenz und Rolle auf dem Balkan bekundet. Doch das türkische Regime kann sicher nicht als allmächtig betrachtet werden. Der Widerspruch der werktätigen Massen ist außerordentlich scharf, was in den letzten Jahren (Taksim) und heute mit Tausenden Eingesperrten und Verfolgten klar wurde. Und wie der Putschversuch im Juni 2016 zeigt, ist das Gleichgewicht des Regimes instabil, während die amerikanischen Erpressungen die Instabilität und die inneren Widersprüche anfachen. Außerdem wurde die „europäische Lösung“, die Erdogan verlangt, von den amerikanischen und europäischen Imperialisten blockiert, während Schritte in Richtung Russland lediglich die Bemühungen des Regimes zeigen, die Bedingungen für seine Abhängigkeit von den USA auszuhandeln. Auch ist das türkische Regime jetzt mit der Eroberung von Afrin mit einem Erfolg belastet, der in Erwartung der in der Region folgenden Entwicklungen militärisch und politisch nicht leicht zu handhaben ist. Ein Erfolg, der neuen Spannungen erzeugen und neuen Opportunismus produzieren kann.

Entsprechend versucht die griechische Bourgeoisie einen Ausweg aus der Stauchung ihrer Kreditmarge und Ziele zu fnden, die sie während der letzten Jahre in den Klauen der US-EU-Widersprüche erlitten hat, indem sie zu Diensten ihrer US/NATOBosse eine „geostrategische“ Rolle übernimmt. Sie glaubt auch, dass sie die Möglichkeit hat, das Gleichgewicht der Kräfte mit seinem Hauptkonkurrenten, der Türkei, zu verändern. Diese ist derzeit in einem Gewirr von Widersprüchen und Problemen verflochten. Und die griechische Bourgeoisie glaubt, den Vorteil zu haben, ihren Nutzen für die USA gegen Russland auszubauen. Deshalb eilt sie auf den Balkan,um der mehrstufgen Einmischung mit dem Ziel zu dienen, Russland geopolitisch, hinsichtlich der Energie und militärisch von der Halbinsel auszuschließen. Deshalb wurde unter dem Vorwand des Flüchtlingsproblems und mit dem tatsächlichen Ziel der Kontrolle des russischen Einfalls im Mittelmeer „über Nacht“ entschieden, die NATO in der Ägäis zu stationieren. Deshalb wurden die Bündnis-“Achsen“ seit Jahren mit Israel und Ägypten errichtet und vor kurzem auch mit Saudi Arabien. Achsen, die die USA gefördert haben, um die Gefügigkeit der Türkei mit ihren Forderungen zu erzwingen und die vor kurzem mit der griechischen Regierung ausgebaut wurde, die sich über die Sicherstellung der Unterstützung dieser Kräfte gegen die Türkei freut, selbst im Fall eines gewaltsamen Vorfalls. Insgesamt hat die SYRIZA-ANEL-Regierung mit dem Ausbau des US-Militärs und der politischen Vorherrschaft über das Land und mit ihren ganzen politischen und diplomatischen Schritten in der Region Griechenland in ein Land verwandelt, das im Dienst der US/NATO-Militärpläne feindlich gegenüber den Völkern der Region ist. Eine besondere Rolle in dem nicht historisch begründeten und für die Völker gefährlichen Anspruch ist der AWZ (EEZ = Exclusive Economic Zones - ausschließliche Wirtschaftszone – nach Seerecht) vorbehalten, durch dessen Proklamierung die griechische Seite darauf abzielt, die Türkei „auszuschließen“ und auch ihre eigene Vorherrschaft über Ionien (in Konfrontation mit Albanien) und natürlich über das Ägäische Meer bis zum südlichen Mittelmeer auszudehnen. Doch die AWZs bilden ein Instrument in den Händen der Imperialisten, damit ihre multinationalen Konzerne die Energiequellen der Region plündern können. Aber vor allem geht es darum, Bündnisse mit den Kräften vor Ort zur Unterstützung ihrer eigenen Ziele zu bilden (wie die USA mit den sogenannten Achsen Griechenlands) als auch in Sachen der Souveränität der Länder der Region maßgebliche Fähigkeiten zu erlangen.

Zypern wird auch in den Strudel dieser Entwicklung gezogen, dessen Bevölkerung, griechische und türkische Zyprer, unter den Bedingungen der Besetzung und Teilung, unter der Belastung und Einmischung britischer, amerikanischer, europäischer und russischer Imperialisten und unter der zunehmenden Absicht der westlichen Imperialisten leben, ein Protektorat/nicht versenkbarer Flugzeugträger für ihre Kriegspläne zu werden. Ein Ziel, das einerseits die türkische Besetzung einsetzt und andererseits die griechischen Ziele nutzt, eine führende Rolle in der Region zu übernehmen, um der viel geschundenen Insel den neuen „Annan-Plan“ aufzuerlegen und die südliche Energie-Pipeline zu bauen, die ein Gegenstück zur Blockade von russischer Energie nach Europa sein wird.

Das ist der reaktionäre Zusammenhang, in dem alle Vorfälle von Spannungen in der letzten Zeit im Ägäischen Meer, im Gebiet von Zypern und an der Grenze des Flusses Evros stattfnden. Es ist dieser Zusammenhang, der ständig von den aggressiven Schritten des amerikanischen Imperialismus überall in der Region befeuert wird, aber auch von den unterjochten und aufgelösten bürgerlichen Klassen beider Länder und ihren nationalistischen Schreien angeheizt wird, dass die Gefahr eines ungerechten Kriegs zunimmt. Eine Gefahr, die bereits zur Beeinträchtigung der Rechte und des Kampfes der Arbeiter und der Volksmassen beider Länder benutzt wird. Ein Krieg, der unter den gegebenen Umständen einen weiteren Ausbruch überall in der Region vom Mittelmeer bis zum Balkan verursachen kann!

Zwischen unseren Völkern gibt es nichts Trennendes! Der Weg, der bürgerlichen Klasse jedes Landes zu folgen, wird in eine offensichtliche Sackgasse und zur Gefährdung ihrer Interessen führen. Ob es dieser oder jener Umstand ist, dass Projekte und Interessen der USA/NATO die Bestrebungen der einen oder anderen herrschenden Klasse bevorzugt, betrifft nicht die Interessen der Massen. Wenn unsere Völker Anhänger der Bourgeoisie sind und sich dem Imperialismus unterwerfen, so sind sie es bei jeder Entwicklung, die sogar mit ihrem eigenen Blut für die imperialistischen und reaktionären Kriegspläne bezahlen werden.

Unsere Völker müssen ihren Kampf für ihre gemeinsame Zukunft vereinen! Denn es gibt in den Herzen unserer Völker keine nationalistischen Ideen von „verlorenen Reichen“ und „historischen Territorien“. In den Herzen unserer Völker lebt der Wunsch nach Brot – Arbeit – Frieden – Unabhängigkeit! Die Vision unserer Völker kann die revolutionäre sozialistische Perspektive und das Streben nach Frieden, Freundschaft und Solidarität mit allen Völkern der Region sein. Deshalb ist es heute notwendig und zwingend, für eine breite und massive Antikriegsbewegung auf beiden Seiten des Ägäischen Meers zu kämpfen. Das ist der einzige Weg, der die imperialistischen Pläne blockieren und den Weg zur Konfrontation mit den wirklichen Feinden unserer Völker öffnen kann.

  • Nein zum Krieg – unsere Völker sind kein Kanonenfutter
  • Freundschaft – Solidarität – gemeinsamer Kampf aller Völker und Nationen der Region
  • Nein zu Nationalismus und Faschismus!
  • Die Imperialisten sind die Brandstifter der Kriege! Amerikanische, Europäische und Russische Imperialisten, raus aus der Region
  • Raus mit den USA-NATO-Stützpunkten in Griechenland, Türkei und Zypern. Raus mit der 6. Flotte aus dem Mittelmeer
  • Nieder mit der Politik der Ausbeutung und Verarmung der Arbeiterklasse und der Volksmassen
  • Stoppt den Rüstungswettlauf! Lasst nicht zu, dass der Schweiß und die Rechte der Massen zu Waffen ihrer Schlächter werden!
  • Nieder mit der Politik der imperialistischen Abhängigkeit – gemeinsamer Kampf unserer Völker für Frieden und Unabhängigkeit!

KKE(μ-λ) Kommunistische Partei Griechenlands (marxistisch-leninistisch)
TKP/ML Kommunistische Partei der Türkei/MarxistenLeninisten

April 2018