Ungarn duldet keine Flüchtlinge. Der rechtsgerichtete
ungarische Regierungschef Orbán hetzt im PEGIDA Stil
gegen Flüchtlinge. Die ungarische Grenze wird mit
Stacheldraht und Militär gegen Flüchtlinge dichtgemacht.
Einige Kommentatoren in der bundesdeutschen
Medienlandschaft kritisieren Ungarn wegen der Behandlung
der Flüchtlinge zurecht. Diese „ humanitäre Kritik“ ist
allerdings oftmals pure Heuchelei.
Es stellt sich die Frage warum nicht, die in der
Vergangenheit errichteten flüchtlingsfeindlichen „
Grenzsicherungsanlagen“ Bulgariens und Spaniens
kritisiert wurden ? Vorgestern hat nun Österreich und
Deutschland die Grenzen geöffnet für Flüchtlinge aus
Syrien, welche sich in Ungarn befanden. Dies ist kein
Ausdruck einer „ multikulturellen Willkommenskultur“
sondern es entspricht den ökonomischen Interessen weiter
Teile der deutschen und österreichischen Industrie.
Altkanzler Schröder hat kürzlich eine „ gesteuerte
Zuwanderungspolitik im Interesse des deutschen
Sozialstaates“ gefordert. Es geht in Wahrheit um „billige
Verwertungsmöglichkeiten der (z. B. auch der
hochqualifizierten)Flüchtlinge auf dem deutschen
Arbeitskräfte- und Menschenmarkt“, wie Reinhold Schramm
schrieb. Aus Syrien flüchtet momentan, die ziemlich
qualifizierte Mittelschicht. Die neue deutsche
Flüchtlingspolitik zielt darauf syrische Apotheker,
Ärzte, Ingenieure, und Facharbeiter für den Arbeitsmarkt
in Deutschland zu rekrutieren. Jedes andere Argument ist
Kokolores und für das Publikum gedacht. Vom Grundsatz her
ist die Politik der konzentrierteste Ausdruck der
Ökonomik. Der BDA und der BDI schreien nach neuen
Facharbeitern und Billigjobren. Deshalb gibt es formal
den guten Syrer, aber auch den bösen Albaner.
Bundesarbeitsministerinn Nahles brachte jetzt jedoch ins
Spiel Menschen aus Kosova, Albanien und Montenegro mittels
einer Quote von 20.000 Personen pro Jahr „ zeitlich
befristete Arbeit in Deutschland“ zu ermöglichen. Sie
propagiert dies um die genannten Länder von Fachkräften
weiter zu entleeren und um Löhne in Deutschland zu drücken.
Um es festzuhalten: Es ist völlig richtig für das Recht auf
Zuwanderung und gegen jeglichen Rassismus einzutreten.
Dennoch sollte erkannt werden wie heuchlerisch und verlogen
die Flüchtlingspolitik Deutschlands ist. In der offiziellen
Propaganda ist viel von „Menschlichkeit“ und „Hilfe“ die
Rede. In Wahrheit werden Flüchtlinge in gut und böse
geteilt. Nützlich sind diejenigen Flüchtlinge welche dem
Zweck der Kapitalverwertung zugeführt werden können.
Negativ sind diejenigen Emigranten welche sich nicht
rechnen. Gegen letztere wird der „ Volkszorn“ mobilisiert.
Viktor Orbán wird in den bundesdeutschen Leitmedien
kritisiert weil er entgegen des Dublin 2 Abkommens die
Flüchtlinge nicht behält. Dies wird vor allem auf nicht-
kapitalverwertungsfähigen Roma und Albaner vom Westbalkan
bezogen. Die Flüchtlinge aus Syrien hingegen werden den
Ungarn abgenommen. In Syrien selbst gehört der Deutschkurs
mittlerweile zum guten Ton in der qualifizierten
Mittelschicht. Die Reise nach Deutschland kostet za. 10.000
Euro. Natürlich haben die Menschen absolut nachvollziehbare
Gründe, um aus der syrischen Hölle zu flüchten. Die Flucht
mit all ihren Risiken können sich aber nur Menschen mit
einer bestimmten Qualifikation leisten. Diese
qualifizierten Arbeitskräfte will sich die deutsche
Industrie einverleiben. Aus rein ökonomischen Gründen wird
deshalb eine scheinbar progressive „
Menschenrechtskampagne“ gefahren. Es geht den deutschen
Eliten darum Menschenmaterial zu haben welches bereits
qualifiziert ist. Damit spart man Ausbildungskosten.
Gleichzeitig fordert der BDA und der BDI eine Verlängerung
der Arbeitszeit in Deutschland. Es liegt auch im Kalkül der
Industrie und Bankwelt dafür „ Emigranten“ zu benützen.
Letzteres soll zu Konflikten zwischen „ Einheimischen“ und
Emigranten führen. Dadurch kann der „Sozialstaat“ weiter
demontiert werden. Dieses perfide Kalkül der „ Eliten“ kann
nur durch eine Verbesserung des Schulsystems in Deutschland
selbst bekämpft werden. Es muss den Angehörigen des
deutschen Prekariats, das Gefühl genommen werden ( das
Gefühl ist da, obwohl es absurd ist) , gegenüber den
Emigranten benachteiligt zu werden. Die Frontstellung muss
wieder die -zwischen Oben und Unten- unabhängig von der
nationalen Herkunft sein. Vor einigen Tagen brachten
Zeitungen eine Liste über die reichsten Deutschen. Die „
hohen Kosten“ für die Flüchtlinge könnte eine
Milliardärsfamilie über Jahre übernehmen und wäre weiterhin
eine Milliardärsfamilie. Solange „ Ausländerdebatten“
geführt werden wird die Bevölkerung gespalten. Wir leben
jedoch in einer Klassengesellschaft.
Die sogenannte „ Flüchtlingsdebatte“ lenkt von dem
entscheidenden Klassenwiderspruch ab. Verantwortlich für
Flucht , Krieg und Armut sind die international
operierenden Banken und Konzerne. Sie müssen zur Kasse
gebeten werden. Antirassismus ist nur dann nachhaltig wenn
er antikapitalistisch ist. Wirklich progressive Menschen
müssen sowohl den „undifferenzierten Rassismus“ eines
Viktor Orbán bekämpfen, aber auch die letztendlich
ebenfalls rassistischen „ Nützlichkeitsdiskurs „ der Eliten
in Deutschland.
Editorische
Hinweise
Wir erhielten den
Kommentar vom der Autor für diese Ausgabe am 30.9.2015
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