Leseauszug aus Siegfried Heimann:
Die Deutsche Kommunistische Partei
....
Die Vorgeschichte der DKP beginnt im Jahre
1956. Der 20. Parteitag der KPdSU, der im Februar
1956 in Moskau stattfand, hatte für alle
westeuropäischen kommunistischen Parteien und
damit auch für die vom Verbot bedrohte KPD
theoretische und praktische Konsequenzen(1).
Auf dem Moskauer Parteitag hatte Chruschtschow
ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die
kommunistischen Parteien in Westeuropa auch auf dem
parlamentarischen Weg politische Macht erreichen
könnten. Bereits am 18. März 1956 erörterte der
Parteivorstand der KPD die daraus zu ziehenden
Schlußfolgerungen und erklärte: „Es muß und kann
anders werden!" In dieser Erklärung widerrief die
KPD aus dem „Programm der nationalen
Wiedervereinigung Deutschlands" von 1952
„Losungen, wie revolutionärer Sturz des
Adenauer-Regimes, weil sie der Lage und den
Bedingungen in Westdeutschland nicht entsprechen
und die Herstellung der Einheitsfront der
Arbeiterklasse sowie die Sammlung der
fortschrittlichen und nationalgesinnten Kräfte
behindern"(2).
Als bloße
Schutzbehauptung aber wurde angesichts der
bevorstehenden Urteilsverkündung die Versicherung
des Parteivorstandes interpretiert: „Die KPD kämpft
vom Boden der Demokratie aus. Sie steht von Anfang
an auf dem Boden der verfassungsmäßigen Grundrechte
und Freiheiten, die sie entschlossen gegen
Verfassungsbruch und autoritäre Willkür verteidigt"(3).
Am 17. August 1956 sprach das
Bundesverfassungsgericht nach fünfjährigem
Verfahren das Urteil(4)
und verbot damit eine Partei, die es im Sinne der
Anklage gar nicht mehr gab(5).
Gerade weil der KPD zu Recht eine enge Anlehnung
ihrer Strategie und Taktik an die Politik der KPdSU
und der SED unterstellt werden durfte, waren ihre
letzten legalen programmatischen Verlautbarungen
nicht prozeßtaktisch motiviert, sondern entsprachen
dem bereitwilligen Nachvollzug einer strategischen
Neuorientierung in der kommunistischen
Weltbewegung, die auch für die Politik der 1968
konstituierten DKP Richtschnur blieb.
Obwohl die Partei
sich seit längerem auf die Illegalität vorbereitet
hatte, die führenden und am meisten gefährdeten
KPD-Mitglieder in die DDR gingen und die
Organisationsstruktur den Bedingungen der
Illegalität angepaßt wurde, konnten Justiz und
Polizei den organisatorischen Zusammenhalt der
Partei zerschlagen(6).
Nur mühsam gelang es der in der DDR residierenden
Parteiführung, die anfängliche Desorientierung und
die daraus resultierende Resignation vieler
Mitglieder rückgängig zu machen(7).
Dennoch war allein der Mitgliederschwund so groß,
daß zumindest in den ersten Jahren nach dem Verbot
die politische Arbeit fast völlig zum Erliegen kam(8).
Sie erschöpfte sich meist in der Publizierung und
Verbreitung von Stellungnahmen der Parteiführung
zu politischen Ereignissen in der Bundesrepublik.
Im Mittelpunkt dieser Erklärungen standen Aufrufe
gegen die Wiederbewaffnung, besonders gegen die
drohende Atombewaffnung und Appelle zur
Unterstützung gewerkschaftspolitischer Forderungen
und gewerkschaftlicher Kämpfe. Ein weiterer
Schwerpunkt der KPD-Agitation war die Forderung
nach Anerkennung der DDR und nach einer Politik der
Verständigung zwischen der Bundesrepublik und der
DDR. Von Anfang an aber forderte sie immer wieder,
das KPD-Verbot aufzuheben(9).
In der
Programmatischen Erklärung: „Der Weg zur Rettung
des Friedens, zum Schutz der demokratischen Rechte,
zu sozialer Sicherheit", beschlossen auf dem
KPD-Parteitag 1963, faßte die Partei ihre
bisherigen politischen Stellungnahmen seit 1956
zusammen. Die Erklärung sollte den seit 1961
verstärkten Bemühungen, in der Öffentlichkeit für
die Wiederzulassung der KPD zu werben, zusätzlichen
Nachdruck verleihen. Die KPD trat darin „für eine
Politik der friedlichen Koexistenz" ein und rief
„zum Schutz der Grundgesetze" auf. Gleichzeitig
erschwerte sie ihre eigene Argumentation, indem sie
mit dem Hinweis: „Die DDR verkörpert Deutschlands
Zukunft", erneut den Vorbildcharakter der DDR für
die Bundesrepublik hervorhob(10).
Die Politische Justiz nahm dieses Bekenntnis zum
willkommenen Anlaß, um die ihrer Meinung nach
unveränderte verfassungswidrige Zielsetzung der
illegalen KPD zu behaupten(11).
Die Verfolgungen von KPD-Mitgliedern, die
Verhaftungen und — in geringerer Anzahl — die
Verurteilungen hielten unvermindert an. Jedes
eröffnete Verfahren gegen ein ehemaliges Mitglied
der KPD war, selbst wenn oft aus Beweisnot keine
Verurteilung erfolgte, meist mit Entlassung und
längerer Arbeitslosigkeit verbunden. Bei vielen
Mitgliedern entstand aus der Not des Über-winterns
in der Illegalität ein „Diaspora-Denken", aus dem
heraus die DDR als „Heimat" angesehen wurde und das
nicht selten blind machte für die reale
gesellschaftliche Entwicklung in Ost und West(12).
Die politische Arbeit der illegal arbeitenden
Kommunisten blieb daher, obwohl sie unter großem
persönlichen Einsatz erfolgte, auch aus diesem
Grunde erfolglos.
Nur bei der seit 1961
im Mittelpunkt der Aktivitäten stehenden Kampagne
um die Wiederzulassung der Partei gelang es der
Partei, die Öffentlichkeit in größerem Maße auf
ihre Forderungen aufmerksam zu machen. Während
zunächst vor allem Rechtsanwälte und
Verfassungsrechtler, Publizisten und einige
Politiker die dem Verbot folgende „politische
Justiz" gegen Kommunisten zum Anlaß nahmen, um vor
der damit verbundenen Einschränkung der
demokratischen Rechte in der Bundesrepublik zu
warnen und besonders während und nach Prozessen
gegen einzelne Kommunisten die Praxis der
Rechtsprechung kritisierten(13),
erhielt die Kampagne gegen das Verbot Mitte der
sechziger Jahre einen neuen Akzent, und die
politischen politischen Instanzen der
Bundesrepublik mußten darauf reagieren.
Die beginnende
weltpolitische Entspannung in der „Kennedy-Ära"
hatte auch für die westdeutsche Außenpolitik
Folgen, spätestens aber seit der Großen Koalition
mit Willy Brandt als Außenminister stand eine neue
Ostpolitik auf der Tagesordnung. Die illegale KPD
nutzte die veränderte politische Großwetterlage, um
darauf aufmerksam zu machen, daß das Verbot der KPD
einer Verständigung mit der Sowjetunion und der DDR
hinderlich sei(14).
Die Reaktion der
Bundesregierung auf diese verstärkten und mit neuen
Akzenten versehenen Bemühungen der KPD um
Wiederzulassung war zunächst nicht einheitlich.
Während die CDU betonte, daß sich die Ziele der KPD
nicht geändert hätten, die „Gründe für das Verbot"
daher weiterhin gelten würden, nahm die SPD die
möglichen Auswirkungen des weiterbestehenden
Verbots der KPD auf eine neue Ostpolitik ernst. Um
aus dem Dilemma herauszukommen, machte sie die
Kommunisten in der Bundesrepublik darauf
aufmerksam, daß sie doch jederzeit eine neue Partei
gründen könnten(15).
Für die illegale KPD
war dieser Wink mit dem Zaunpfahl zunächst nichts
weiter als ein „fauler Trick". Um in der
Öffentlichkeit besser für die nicht aufgegebene
Forderung nach Wiederzulassung werben zu können,
gründeten fünf ehemalige Mitglieder der KPD als
Unabhängige am 13. März 1967 einen
„Initiativausschuß für die Wiederzulassung der
KPD", der sofort eine rege Aktivität entwickelte.
In einem am selben Tag veröffentlichten Brief an
die Bundesregierung zählten sie die Gründe auf, die
für eine Wiederzulassung und gegen eine
Neugründung sprachen. Vor allem bestünde
aufgrund der Praxis der Politischen Justiz die
Gefahr eines erneuten Verbots als
Ersatzorganisation. Darüber hinaus gebe es ohne
Amnestie für die zur Neugründung aufgeforderten
Kommunisten keine Sicherheit, unbehelligt politisch
zu arbeiten, da viele von ihnen auf
Fahndungslisten stünden. Vor allem aber verstoße
der Versuch, einer neuzugründenden Partei Auflagen
zu erteilen, gegen den Artikel 21 des
Grundgesetzes. Da es also offenbar nicht gehe, wie
die Bundesregierung es plane, erklärte sich der
„Initiativausschuß" bereit, mit Vertretern der
Bundesregierung und mit den Fraktionen des
Bundestages „konsultative Gespräche" zu führen(16).
Angesichts der regen
Aktivitäten des „Initiativausschusses" — bis Ende
1967 führte er 96 öffentliche Veranstaltungen und
17 Foren an Universitäten durch — sahen sich die
Bundesregierung und die Länderregierungen
gezwungen, ihre Haltung gegenüber der Forderung
nach Wiederzulassung zu vereinheitlichen. Auf einer
Konferenz der Innenminister der Länder unter
Vorsitz von Bundesinnenminister Lücke am 12.
Oktober 1967 wurde die folgende Sprachregelung
beschlossen: „Die Gründung einer neuen KPD
in der Bundesrepublik, die sich in ihrer
Zielsetzung und in ihrer Tätigkeit deutlich
von den verfassungswidrigen Umtrieben der alten KPD
unterscheidet, ist . . . nach Art. 21 Abs. 1 GG
ohne Zulassung möglich. Auf den Namen einer solchen
Partei kommt es nicht an . . . Eine Wiederzulassung
der früheren KPD mit ihrem alten Programm ist ohne
Verfassungsänderung nicht möglich".(17)
Die KPD wies zwar die
Erklärung der Innenminister sofort zurück, da eine
solche an Auflagen gebundene Partei keine
Kommunistische Partei mehr sei, sie kündigte aber
zugleich den Entwurf eines neuen Programms an, der
den politischen Veränderungen in den sechziger
Jahren Rechnung tragen sollte(18).
Am 8. Februar 1968 machte sie schließlich mit der
Veröffentlichung des Programmentwurfs einen
direkten Versuch, die Wiederzulassung zu
erzwingen. Drei ZK-Mitglieder waren aus Ost-Berlin
angereist, um den Entwurf der Presse vorzustellen.
Der Versuch schlug fehl, obwohl das Programm in der
Tat Formulierungen, die im Verbotsurteil
beanstandet worden waren, nicht mehr enthielt,
dafür aber ein weiteres Mal das Bekenntnis zum
Grundgesetz. Die Veranstaltung wurde wegen
„Fortführung einer verbotenen Partei" untersagt;
ein Gericht in Neumünster ordnete die Beschlagnahme
der dort gedruckten Programmentwürfe und der
Druckplatten an(19).
Die lautstarke Kritik
an dieser Entscheidung in fast allen Medien ließ
die KPD-Führung noch einmal Mut schöpfen(20).
Sie verstärkte erneut ihre Versuche, durch
Veranstaltungen, Pressekonferenzen und
Demonstrationen die öffentliche Meinung zu
beeinflussen und mit ihrer Hilfe Druck auf die
Bundesregierung auszuüben. Ein Gespräch von zwei
KPD-Funktionären mit Justizminister Heinemann im
Juli 1968, in dem dieser die Gründung einer neuen
Partei als den einzigen Weg für die legale
politische Arbeit von Kommunisten bezeichnete,
machte aber der Parteiführung klar, daß alle Mühe
vergeblich gewesen war. Sie entschloß sich zur
Neugründung(21).
Der Entschluß kam für
viele, auch für viele Parteimitglieder,
überraschend. Einer der Gründe für den plötzlichen
Sinneswandel — noch Anfang 1968 war die
Neugründung als „unzumutbar und irreal" abgelehnt
worden(22)
- war sicherlich der, daß die KPD-Führung
angesichts der politischen Situation 1967/68
offenbar glaubte, nicht mehr auf die durch legale
Arbeit besseren politischen Einflußmöglichkeiten
verzichten zu können. Während der Studentenrevolte
und bei den Bemühungen um eine Sammlung der Linken
im „Sozialistischen Zentrum" hatte sich der Zwang
zur illegalen Arbeit für die KPD als Fessel
erwiesen. Als nach dem 21. August 1968 die
Sammlungsbemühungen scheiterten, fürchtete die
KPD-Führung auch um das geplante Wahlbündnis zur
Bundestagswahl 1969(23).
Darüber hinaus waren aber mit der Veränderung des
politischen Strafrechts und mit dem Erlaß einer
Amnestie auch große Hindernisse, die noch 1966 als
entscheidend für die Ablehnung einer Neugründung
von der KPD-Führung genannt worden waren,
weggefallen. Dies erleichterte der KPD-Führung
sicherlich die Entscheidung über eine
„Neukonstituierung", sah sie doch darin einen
Erfolg ihrer Bemühungen um eine Wiederzulassung(24).
Den Erfolg hatte die KPD allerdings nicht dem
Einfluß ihrer politischen Arbeit als Partei zu
verdanken. Sie war während der ganzen Zeit der
Illegalität eine kleine politisch einflußlose und
isolierte Partei, die erst seit 1967/68 wieder mehr
in der Öffentlichkeit wahrgenommen wurde(25).
Die Verfolgung der
Kommunisten durch Polizei und Justiz hatte der
illegalen KPD sicherlich wenig Spielraum für
politische Einflußnahme gelassen. In den Jahren
seit dem Verbot hatte die Parteiführung aber auch
alle Versuche in der Partei, die
selbstverschuldeten Ursachen für die bereits vor
1956 erkennbaren Isolation zu diskutieren, im Keim
erstickt. Sie ließ nie — und konnte es wohl auch
nicht — einen Zweifel darüber zu, daß für eine
erwünschte gesellschaftliche Veränderung in der
Bundesrepublik die DDR Vorbild sein sollte.
Gerade dadurch aber konnte sie in der
Öffentlichkeit, besonders auch bei Arbeitern und
Angestellten niemals das Bild einer abhängigen und
nicht selbständig handelnden Partei verwischen. Die
deutsch-land- und außenpolitische Konstellation der
sechziger Jahre war somit für die Rele-galisierung
der Kommunistischen Partei entscheidender als der
letztlich erfolglose illegale Kampf der KPD von
1956 bis 1968(26).
Anmerkungen
1)
Zur Reaktion der KPD auf den 20. Parteitag vgl. die
Stellungnahme des KPD-Parteivorstandes an das ZK
der KPdSU, in: Die KPD lebt und kämpft. Dokumente
der Kommunistischen Partei Deutschlands 1956-1962,
Berlin (DDR) 1963, S. 551 ff.; Bericht Max
Reimanns über den Parteitag, in: Freies Volk v.
16.3.1956.
2) Der Text des „Programms
der nationalen Wiedervereinigung Deutschlands" ist
mit den in der Erklärung des Parteivorstands
zitierten Passagen abgedruckt bei: Hermann Weber
(Hrsg.), Der deutsche Kommunismus. Dokumente, Köln
und Berlin 1963, S. 527ff.. In der
Dokumentensammlung: Die KPD lebt und kämpft (Anm.
1), sind nur Auszüge des Programms abgedruckt, in
denen diese Passagen fehlen. Auf dieses Programm
berief sich auch das Bundesverfassungsgericht in
seinem Verbotsurteil. Vgl. dazu Alexander v.
Brünneck, Politische Justiz gegen
Kommunisten in der Bundesrepublik Deutschland
1949-1968, Frankfurt a.Main 1978, S.124f
3) Der Parteivorstand bekräftigte auf seiner
25. Tagung am 4 /5.8.1956, kurz vor dem Verbot,
diese Erklärung noch einmal. Vgl.: Die KPD lebt und
kämpft (Anm. 1), S. 362f. Die Verteidigung im
Verbotsprozeß gegen die KPD versuchte die Erklärung
der KPD vom März 1956 noch in den Prozeß
einzuführen. Das Bundesverfassungsgericht wies die
Anträge zurück. Vgl. „Schriftsatz der KPD vom
14.3.1956 und vom 5.4.1956", in: Der KPD-Prozeß,
hrsg. von Gerd Pfeiffer und Hans-Georg Stricken,
Karlsruhe 1956, Bd. 3, S. 562ff., 568.
4) Zum Wortlaut des Urteils:
Der KPD-Prozeß (Anm. 3), Bd. 3, S. 581-746.
5) Vgl. die
Einschätzung v. Brünnecks (Anm. 2), S. 125: „So
wurde die KPD . . . auch wegen einer Politik
verboten, die sie zu diesem Zeitpunkt gar nicht
mehr vertrat."
6) Vgl. Geschichte der
deutschen Arbeiterbewegung, hrsg. v. IML beim ZK
der SED, Berlin (DDR) 1966, Bd. 8, S. 119, 445,
vgl. auch unten, Abschnitt F.
7) Vgl. dazu den Bericht des
ZK der KPD an den Parteitag der KPD, in dem
festgestellt wird, daß „nach wie vor ... ein
erheblicher Teil der Mitglieder nicht in
Grundorganisationen erfaßt (ist) ... es entsteht
die Gefahr, daß Genossen mit ihrer einseitigen
persönlichen Auffassung in Widerspruch zur Linie
der Partei . . . geraten". In; Parteitag 1963 der
KPD. Pfo tokoll, Berlin (DDR) 1963. S. 93.
8) Zur
Mitgliederentwicklung vgl. Ossip K. Flechtheim, Die
KPD nach 1945, in: Der Politologe 21, 1966, S.
6;S. auch unten, Abschnitt G.
9) Zur Praxis der
KPD-Politik: Die KPD lebt und kämpft (Anm. 1) und
v. Brunneck (Anm. 2), S. 43f. *
10) Protokoll Parteitag 1963
(Anm. 7), S. 419ff.
11) Vgl. z.B. „Zehn Jahre
KPD-Verbot" in: Innere Sicherheit, 8/1966, S. 8;
dort heißt es: „Ein Wandel in der Zielsetzung der
KPD ist seit dem Verbot nicht eingetreten."
12) Zu der Vielfalt der
Verfolgungsmaßnahmen von der „Kriminalisierung der
kommunistischen Organisationsarbeit" über die
„Verfolgung der kommunistischen Meinungsäußerung"
bis hin zur „Kriminalisierung politischer Kontakte
mit der DDR" vgl. v. Brünneck (Anm. 2), S. 141-213.
Zu den Auswirkungen vgl. Dietrich Staritz (in
Zusammenarbeit mit Siegfried Heimann), Der
„Eurokommunismus" und die DKP, in: Die Linke im
Rechtsstaat, Bd. 2, Berlin 1979, S. 146.
13) Im Juni 1961 forderten
fünf Rechtsanwälte in einem Brief an die
Bundesregierung, die KPD wieder zuzulassen, da es
„nicht möglich sei, die geheime Tätigkeit der KPD
zu unterbinden oder auch nur einzuschränken". Vgl.
Frankfurter Rundschau v. 2.6.1961. Seit 1955
existierte bereits ein „Initiativausschuß für die
Amnestie und der Verteidiger in politischen
Strafsachen", der in den Jahren von 1957 bis 1968
auf insgesamt 15 Tagungen die Realität der
Rechtsprechung und möglichen Widerstand gegen eine
Einschränkung der demokratischen Rechte diskutierte
und in der Presse publik machte. Vgl. v. Brünneck
(Anm. 2), S. 314f.
14) Schon 1964 forderte
Hermann Gautier in einem „Offenen Brief" an den
damaligen Bremer SPD-Innensenator Koschnick, daß
die Legalität der KPD wieder hergestellt werden
müsse, weil ohne sie eine weitere politische
Entspannung, wie sie mit dem Moskauer
Teststoppabkommen und mit dem Berliner
Passierscheinabkommen begonnen habe, schwer
vorstellbar sei. Im Mai des Jahres erläuterte Max
Reimann seinen Brief, den er an Bundeskanzler
Erhard in dieser Frage geschrieben hatte. Auch
Reimann betonte den Zusammenhang von
Relega-lisierung der KPD und
Wiedervereinigungspolitik. Vgl. den Wortlaut des
Briefes und der Pressekonferenz in: Ossip K.
Flechtheim (Hrsg.) Dokumente zur parteipolitischen
Entwicklung in Deutschland seit 1945, Berlin 1966,
Bd. 5 2. Teil, S. 342ff.
15) Vgl. zur Haltung der CDU
das dpa-Interview mit Innenminister Lücke am
17.8.1966, dem 16. Jahrestag des KPD-Verbots, zit.
nach: Bulletin der Bundesregierung Nr. 109. 19.8.
1966, S. 863. Das Interview hatte den Titel:
„Verbot der KPD bleibt erhalten. Ziel der
Kommunisten ist weiterhin die .Diktatur des
Proletariats'". Zur Haltung der SPD vgl. das
ZDF-Interview mit Herbert Wehner am 26.12.1966.
Wehnersah zwei Möglichkeiten: „die eine nämlich,
daß im Zuge eines erkennbaren Prozesses zur
Wiedervereinigung die Kommunistische Partei ebenso
wie andere Parteien in allen Teilen Deutschlands
die Möglichkeit des politischen Wirkens bekommen
muß und bekommen kann, und die andere ist die . . .
daß Leute, die eine Partei — kommunistische oder
entsprechende Partei — bilden wollen, weil sie es
für nötig halten, dies tun können, wenn sie es im
Rahmen unseres Grundgesetzes tun." Wehner wies
darauf hin, daß das Verbotsurteil von 1956 beide
Möglichkeiten offen lasse. Zit. nach: Studien von
Zeitfragen - links (künftig zit.: SvZ), 1/1967, S.
12.
16) Dem Initiativausschuß
gehörten die bekannten ehemaligen Funktionäre der
KPD Karl Schabrod, Franz Ahrens, Manfred Kapluck,
Kurt Erlebach und Richard Scheringer an. Vgl. die
Einladung zur Pressekonferenz des
„Initiativausschusses" am 14.3.1967 und den
Wortlaut des Briefes, in: PAZI 6, Akte DKP. Vgl.
auch den Wortlaut des Referats von Franz Ahrens auf
der „Konferenz über die Problematik des
KPD-Verbots" im Mai 1967 in Düsseldorf, in:
KPD-Verbot oder Mit Kommunisten leben, hrsg. v.
Wolfgang Abendroth u.a. Reinbek b. Hamburg 1968, S.
72-76.
17) Vgl. die Erläuterungen
zur Erklärung der Innenminister in: Innere
Sicherheit, 9/1967, S. 5 f.
18) Vgl. das Interview Max
Reimanns in der katholischen Wochenzeitung „Echo
der Zeit" v. 29.10.1967.
19) Vgl. den Bericht über
den Verlauf der Pressekonferenz in der kurzen
Beschreibung „Zwischenbilanz" von Otto Schönfeldt,
in: KPD-Verbot (Anm 15), S. 19ff. Der
Programmentwurf ist abgedruckt in: Ossip K.
Flechtheim, Dokumente (Anm. 13), Bd. 7, Berlin
1966, S. 523 ff. Das zuständige Gericht in
Flensburg bescheinigte in seinem Urteil vom
24.6.1971 der formal noch weiterbestehenden und
beim Prozeß durch seinen 1. Vorsitzenden Max
Reimann vertretenen KPD, daß das Programm keine
verfassungsfeindlichen Inhalte habe. Die Aufhebung
des Urteils durch den BGH erfolgte aus anderen
Gründen, so daß der verbotenen KPD weiterhin seit
1971 bescheinigt bleibt, daß sie auf dem Boden des
Grundgesetzes stehe, was die KPD bereits seit
Frühjahr 1956 immer wieder beteuert hatte. Vgl. zur
Würdigung des Urteils sowie seinen Wortlaut in:
Alexander v. Brünneck, Anmerkungen zum Urteil des
LG Flensburg vom 24.6.1971, in: Kritische Justiz,
4/1971, S. 431-441.
20) Zum Presseecho
vgl. „Eine Welle der Schande für die
Bundesrepublik", in: Frankfurter Rundschau v.
4.4.1968.
21) Vgl. Helmut Bilstein
u.a., Organisierter Kommunismus in der
Bundesrepublik Deutschland, Opladen 1977, S. 16.
22) So Manfred Kapluck in:
Sozialistische Hefte, 2/1968.
23) Vgl. die Darstellung
über das Zustandekommen der ADF unten, Abschnitt C.
24) Zur Einschätzung der
Strafrechtsreform und der darauffolgenden Amnestie
vgl. v. Brünneck (Anm. 2), S. 324ff.
25) An der Richtigkeit der
Feststellung Wolfgang Abendroths aus dem Jahre
1957, daß die KPD „zu den Arbeitermassen keinerlei
Verbindung mehr hatte und im großen und ganzen nur
noch fiktiv bestand", hatte sich in der Zeit der
Illegalität wenig geändert. Vgl. Wolfgang
Abendrotb, Antagonistische Gesellschaft und
politische Demokratie, Neuwied/Berlin 1968, S. 385.
26) Vgl. v.
Brünneck (Anm. 2), S. 45.
Quelle:
Siegfried Heimann: Die Deutsche
Kommunistische Partei, in: Richard Stöss (Hrsg),
Parteienhandbuch, Die Parteien der Bundessrepublik
Deutschland 1945-1980, Band 2, Opladen 1983,
S.901-907
|