Osaren Igbinoba (O.I.) ist
Coordination Bureau - The VOICE Refugee Forum Jena, die seit
ihrer Gründung gegen ddie Residenzpflicht kämpft Peter Nowak
sprach mit ihm über die scheinbaren Lockerungen der
Residenzpflicht in Brandenburg, seine Kritik an linken
Politikern über die Pläne seiner Organisation.
1.) The Voice kämpft seit 20
Jahren gegen die Residenzpflicht. Jetzt gibt es in einigen
Bundesländern erste Lockerungen. Sehen Sie darin einen ersten
Schritt in die richtige Richtung?
O.I.: The VOICE ist gegründet worden in 1994 in Mühlhausen in
einer alten Kaserne im Wald. Wir hatten unsere
deutschlandweite Kampagne gegen die Residenzpflicht in 1998
and 1999 getragen von dem Karawanenetzwerk für die Rechte der
Flüchtlinge und MigrantInnen in Form einer Tour durch 40
Städte, gefolgt von dem internationalen Flüchtlingskongress
von The VOICE und Karawane im Jahr 2000. Der Kern all dieser
Ereignisse war der Mut der Flüchtlinge, die staatlich
verordnete Isolation und das Schweigen durch die Unterbringung
in geografisch abgelegenen Heimen verbunden mit der
Residenzpflicht zu brechen. Dies geschah durch unsere
politischen Aktionen. Unser Ziel war damals wie auch heute,
die Abschaffung der ungerechten, gesetzlichen Regelungen der
Residenzpflicht. Und weil wir damals wie heute davon zutiefst
überzeugt waren, dass die Residenzpflicht ein ungerechtes
Gesetz ist, halten wir es für unsere menschliche Pflicht, mit
allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln dagegen vorzugehen,
bis hin zu den Mitteln des zivilen Ungehorsams. Dies geschieht
in Form von Aktionen, Protesten in Gerichtssälen, etc.
Menschen haben sich bewusst in Gefängnissen einsperren lassen,
wegen Verstößen gegen die Residenzpflicht. Es ist schön, dass
nun 16 Jahre danach, eine Generation von jungen Politikern
herangewachsen ist, die nun eine schüchterne parlamentarische
Initiative angestoßen haben und sie endlich diesem Thema im
Landtag Platz schaffen. Es bleibt die Fragen, wieso gerade
jetzt und wieso nicht schon früher. Und warum geht man den Weg
nicht jetzt schon zu Ende?
2. In einer Presseerklärung
kritisieren auch einige linke Aktivisten wegen deren
Stellungnahme zur Lockerung der Residenzpflicht. Wen meinen
Sie damit und was ist der Gegenstand ihrer Kritik?
O.I.: Es ist jedenfalls nicht
das, was wir von der Politik erwarten, deswegen ist es kein
Schritt in die richtige Richtung, sondern eher ein verlegener
Schritt seitwärts. Jetzt kann man versuchen, denjenigen, die
sich nur oberflächlich mit dem Thema befassen, zu erzählen,
man hätte einen Schritt in die richtige Richtung getan und es
wird als Erfolg gefeiert, was kein Erfolg ist. Dieses Gesetz
ist kein Grund zu feiern. Dieses Gesetz bestätigt die
generelle Residenzpflicht und ist auch dazu da, um den
Flüchtlingen erneut und auch auf diesem Weg zu bestätigen,
dass sie immer nach wie vor unterdrückt werden. Mit einer Hand
wird etwas gegeben, und die andere Hand wird dazu benutzt,
zuzuschlagen. Heuchelei des reformistischen Systems. Das ist
der Gegenstand unserer Kritik an die Politik.
3.. Die Lockerungen in
Brandenburg gelten nicht für alle Flüchtlinge. Fürchten Sie
dadurch eine Spaltung der Flüchtlinge, in die, die von der
Lockerung profitieren und den anderen, die davon nicht
profitieren?
O.I.: Wir glauben, dass dies
als ein weiterer Versuch angesehen werden könnte, dies zu
erreichen und voranzutreiben. Es ist klar, dass die Gesetze,
die die Flüchtlinge betreffen, Gesetze sind, die gegen
Flüchtlinge gemacht sind und nicht für Flüchtlinge. Der
Versuch zu spalten, um besser beherrschen zu können, ist schon
seit der Antike bekannt. Ebenso ist dies für die Flüchtlinge
erkennbar und sie geben ihre eigene Antwort darauf.
4 Wie will The Voice in Zukunft
gegen die Residenzpflicht kämpfen?
O.I.: Unsere Zukunft war
gestern und heute. Wir verstärken unsere Bemühungen, wir
hatten das Festival, was darauf fokussiert war, die Isolation
der Flüchtlinge in den Heimen, zum Thema zu machen. Es wird
ein „Karawane International Tribunal für die Rechte der
Migrantinnen und Flüchtlinge“ die Residenzpflicht untersuchen.
Wir werden weiter alle Formen und Mittel des Protests
benutzen, einschließlich das des zivilen Ungehorsams gegen die
menschenfeindlichen Gesetze, die die Flüchtlinge unterdrücken.
Wir werden unseren täglichen Kampf gegen die Unterdrückung der
Flüchtlinge dokumentieren, künstlerisch durch Ausstellungen
und Medienprojekte stärker präsent sein und das Problem weiter
in das Bewusstsein der Öffentlichkeit bringen. Die Politik
wird unweigerlich in den Zugzwang geraten, die richtigen
Schritte endlich einzuleiten.
Die prekäre rechtliche Lage der Flüchtlinge, kann nur deswegen
aufrechterhalten werden, weil von Seiten der Politik der
Mantel des Schweigens darüber ausgebreitet wird und das
Problem vor der eigenen Bevölkerung versteckt wird.
5. Wird es von Ihrer Seite auch
weiterhin eine Zusammenarbeit mit den von Ihnen kritisierten
deutschen Linken geben?
O.I.: Wir sind weiterhin offen
für Zusammenarbeit und Austausch mit denjenigen, die sich
vorgenommen haben, die Stellen auszubessern, wo unser System
immer noch versagt. Wir erwarten von unseren Mitstreitern,
dass sie eine klarere Position einnehmen bezüglich der
Unterdrückung der Flüchtlinge in dem Land, das diese
eigentlich von Unterdrückung befreien sollte.
6.
Halten Sie in dieser Frage eine Politik der kleinen Schritte
für denkbar?
O.I.: Menschenrechte sind nicht
nur nicht verhandelbar. Aber was wir heute erleben ist, dass
sie auf zynische und menschenverachtende Weise zum Kauf
angeboten werden, wenn deren Ausübung durch Menschen ohne
finanzielles Einkommen, durch die Verwaltung mit Gebühren
belegt wird. Das ist nur ein weiteres Beispiel dafür, wie das
Geld, das von staatlicher Seite für die Betreuung der
Flüchtlinge bereitgestellt wird, am Ende dafür benutzt wird,
um eine Kollektivbestrafung an ihnen vorzunehmen. Und zur
Änderung dieses Missstandes wird eine Politik der kleinen
Schritte vorgeschlagen. Sie fragen mich ernsthaft, ob ich das
für den richtigen Weg halte?
Editorische
Anmerkungen
Der Autor
stellte uns das Interview für diese Ausgabe zur Verfügung.
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