Mehr als 25 Jahr hatte Richard
Kaczorowski bei Opel in Bochum gearbeitet, davon 18 Jahre am
Montageband. Jetzt ist er arbeitslos. Die Adam Opel AG warf den
45jährigen Arbeiter seine aktive Rolle im vergangenen Herbst vor.
Er habe Streikwillige bedroht und von der Arbeit abgehalten, so
die Version des Unternehmens, das Kaczorowski die fristlose
Kündigung geschickt hatte. Dagegen hatte der Betroffene vor dem
Arbeitsgericht geklagt. Vor der 1.Kamer des Bochumer
Arbeitsgerichts bezeichnete Kaczorowski die Vorwürfe der
Betriebsleitung aus haltlos und aus der Luft gegriffen. Er sei
wegen seines aktiven Eintretens für den Streik gemaßregelt worden,
betonte er
Das Gericht hörte fünf Arbeitskollegen des Klägers als Zeugen an.
Nach den Vorwürfen des Unternehmens sollen sie von Kaczorowski
unter Druck gesetzt worden sein. Vier Montagearbeiter bestritten
vehement, dass sie sich während der Gespräche über die
Arbeitsniederlegung von dem Beschuldigten bedroht gefühlt hätten.
Der fünfte Zeuge, ein leitender Angestellter, blieb zwar bei
seinen Beschuldigungen gegen K., fügte aber hinzu: „Ich hatte aber
keine Angst vor dem Kläger."
Das Gericht wertete denn auch die fristlose Kündigung als
unverhältnismäßig und wandelte sie in eine fristgerechte Kündigung
um. Der zuständige Richter van der Leeden erklärte in der
Urteilsbegründung, es spiele keine Rolle, ob Kaczorowski
tatsächlich Kollegen beleidigt oder bedroht habe. Wörtlich
erklärte der Richter: "Der wilde Streik im Herbst letzten Jahres,
wie immer man ihn bezeichnet, war rechtwidrig. Der Kläger hat sich
nicht nur daran beteiligt - das würde vielleicht eine Kündigung
noch nicht rechtfertigen -, sondern er hat andere nachdrücklich
aufgefordert, an dieser Arbeitsniederlegung teilzunehmen. Das war
eine Aufforderung zum Vertragsbruch und damit eine schwere
Verletzung des Betriebsfriedens." Der Richter beeilte sich zwar
hinzuzufügen, dass er mit dem Urteil kein Exempel statuieren
wolle. Doch bei vielen der Streikaktivisten vom letzten Herbst
wird es so empfunden. „Während es legal ist, wenn Konzerne
Tausende Arbeitsplätze vernichten, werden Arbeiter wie
Kriminelle behandelt, wenn sie sich dagegen wehren«, heißt
es in der einstimmig beschlossenen Resolution von Kaczorowsks
Kollegen aus Endmontage. Auch der Betriebsrat und die
Vertrauenskörperleitung der Opel AG haben die sofortige
Wiedereinstellung von Kaczorowski und die Einstellung aller noch
laufenden Verfahren wegen des Streiks vom letzten Herbst
gefordert. Denn auch der Opel-Betriebsrat Turhan Ersin soll
entlassen werden, weil er nach Ansicht des Unternehmens
Arbeitswillige als Streikbrecher bezeichnet und so genötigt habe.
Sein Verfahren ist noch nicht abgeschlossen.
In der Kritik ist allerdings auch die Bochumer IG-Metal geraten.
Sie habe es versäumt, nach Ende des Streiks auf eine Schutzklausel
zu bestehen, mit der Repressalien gegen die am Streik Beteiligten
ausgeschlossen gewesen wäre. Der Bochumer
IG-Metall-Bevollmächtigte Ludger Hinse wies diese Vorwürfe
gegenüber ND zurück. Man habe Kaczorowski Rechtsschutz gewährt,
doch der habe während des Verfahrens einen anderen Rechtsanwalt
genommen und so auf die Unterstützung verzichtet. Eine
Schutzklausel gegenüber Repressalien gebe es nur bei
Tarifverhandlungen und um eine solche habe es sich bei den
Konflikt bei Opel im letzten Herbst nicht gehandelt.
Editorische
Anmerkungen
Der Artikel wurde
uns vom Autor zur Veröffentlichung am 26.8.2005 überlassen.
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