Kommentar

Entschuldigen für Mocambique

von Klaus Hart

09/01
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Jetzt, wo das Entschuldigen bei Papst und PDS so gut in Gang gekommen ist, das Stasi-Thema den Leuten aus dem Halse hängt, wäre eigentlich mal der BND dran, Abbitte für kapitale Sünden zu tun. Der Anlaß könnte nicht passender sein – noch im Sommer zieht eine Pullacher Geheimdienst-Vorausabteilung ins Staatsratsgebäude. Da könnte doch der jetzige Chef, oder Joseph Fischer, vor der Presse erklären – also das mit Mocambique ist uns wirklich peinlich, wir wollen sowas auch nie, nie wieder tun. Deutschland, die USA und andere NATO-Staaten  hatten immerhin mittels ihrer Geheimdienste -  ganz vorne dabei der BND - Mocambique mit Milliardenaufwand in die größte Katastrophe seiner Geschichte gestürzt, etwa zwei Millionen Schwarze wurden massakriert, ermordet, verhungerten. Belege, Beweise gibts überreichlich,  Mischa Wolfs vielgescholtener MfS kann mit Vergleichbarem nun wirklich nicht aufwarten. Weil dem Westen die in langen Kämpfen gegen die portugiesische Kolonialherrschaft  errungene Unabhängigkeit nicht paßt, wird im benachbarten Südafrika mit BND-Hilfe die Terrororganisation Renamo aus dem Boden gestampft, hochgerüstet, guttrainiert und in Methoden unterwiesen wie zuvor die lateinamerikanischen Todesschwadronen.

Schon 1978 überschreiten die Renamo-Killer die Grenze, zwangsrekrutieren auch zehntausende Kinder, die sogar Nachbarn und Verwandte überfallen und ermorden müssen. „Mein Vater wurde bei unserem Abschlußtest als lebendiges Ziel benutzt“, berichtet ein traumatisierter  Kindersoldat. Rot-Kreuz-Mitarbeitern wurden von Renamo-Terroristen bei lebendigem Leib die Augen herausgerissen. Selbst das US-State-Department bringt schließlich die  Renamo-Methoden auf den Punkt:“Erschlagen, Ersticken, Verhungernlassen, lebendig verbrennen, Ertränken, Exekutieren mit Äxten und Messern.“ Fast jedes sechste Mädchen, so Amnesty International, wird vergewaltigt, ungezählte werden auf den Renamo-Basen jahrelang sexuell mißhandelt. In der Ortschaft Massinga, heißt es im Jahresbericht für 1989,  hätten Renamo-Rebellen sieben Männern die Hoden abgeschnitten, drei Frauen vergewaltigt und getötet, fünfzig weitere Bewohner entführt.  Terror, der an Ruanda erinnert, nur daß dort weit weniger umkommen.

 Auch die DDR-Entwicklungshelfer, darunter Eisenbahn-Reparaturkolonnen, werden  unter Feuer genommen, und wann immer möglich, massakriert: Im Dezember 1984 überfallen Renamo-Killer im Norden Mocambiques einen vollbesetzten  Bus, ermorden sieben Landwirtschaftsexperten der DDR, deren  Kollegen aus Italien, Schweden, Portugal und Jugoslawien sowie zwei ausländische Priester gleich mit, Mosambikaner sowieso. Die DDR und andere Länder ziehen notgedrungen ihre Fachkräfte ab, die soziale und wirtschaftliche Infrastruktur des Landes wird weitgehend vernichtet – wie von der Renamo und ihren Hintermännern beabsichtigt. Der Ex-Bundeswehroffizier Erich Schmidt-Eenbohm beschreibt in seinem Buch „Der BND – die unheimliche Macht im Staate“, erschienen 1993  im angesehenen Econ-Verlag, eine makabre Szene: Im September 1991 drückt der damalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker  bei einem Abendessen in Bonn dem mosambikanischen Präsidenten Joaquim Alberto Chissano „Anteilnahme am Schicksal Mocambiques“ aus. „Diese Worte“, so Eenbohm, „galten dem Staatsoberhaupt eines Landes, dessen staatliche Existenz durch die Außenpolitik der Bundesrepublik Deutschland im Zusammenwirken mit der CIA und der Republik Südafrika gezielt zunichtegemacht werden sollte. “ Die deutsche Hilfe für die Terroristen habe bereits Mitte der 70er Jahre begonnen, als Renamo-Leute in einer Augsburger Polizeischule trainiert wurden.  Zu diesem Zeitpunkt war Richard von Weizsäcker  noch Vize-Chef der CDU-CSU-Bundestagsfraktion.

Auch der Frankfurter TV-Journalist Jürgen Roth schildert in einem Buch die westdeutsche Renamo-Hilfe ausführlich ebenso wie die der CIA: „1988 fuhren die Verbrecher aus Mozambique – wieder einmal – in die Bayrische Staatskanzlei zu Franz-Josef Strauß. Alles ging top-secret vor sich, zu anrüchig waren die Repräsentanten der Renamo.“

Die Kommandanten der Killertruppen tagen öfters auch in Kiel, treffen  laut Roth dort sogar mit dem ehemaligen NATO-Generalsekretär Bernard Rogers, oder dem Staatsekretär im Bundesverteidigungsministerium, Oberstleutnant a.D. Kurt Würzbach, zusammen. Der Steuerzahler darf diese „Seminare“ auch noch fördern.

 Roth zitiert den übergelaufenen Renamo-Westeuropa-Sprecher Paulo Oliveira:“Bei einer Sache, von der ich weiß, waren etwa eine Million Dollar im Spiel, die vom BND bereitgestellt worden waren, um Waffen zu kaufen.“ Wolfgang Richter, ab 1989 BND-Agent in Südamerika, wird als zuständiger Mann für logistische und finanzielle Hilfe genannt. Laut Eenbohm begann die Destabilisierung Mocambiques bereits unter Bundeskanzler Helmut Schmidt, wurde unter Kohl weiter  forciert - vier BND-Präsidenten waren beteiligt: Gerhard Wessel, Klaus Kinkel, Eberhard Blum, Hans-Georg Wieck.

Das BND-Engagement wurde selbst literarisch verarbeitet – der mehrfach preisgekrönte Berliner Schriftsteller Hartmut Mechtel läßt im Roman „Das Netz der Schatten“(Argument-Verlag Hamburg, 1996) einen westdeutschen Agenten aus der Schule plaudern:“Wir haben ihnen Geld geschickt, Waffen, sogar Söldner. Wenn sie ungestört tagen wollten, haben wir ihnen Quartiere besorgt, hier in Deutschland. Und wir haben ihnen Berater zur Seite gestellt. Ich war einer davon. Ich habe gesehen, worum es wirklich ging. Klar, wenn sie Regierungstruppen trafen, haben sie auch auf die geschossen. Aber das kam selten vor. Meist überfielen sie Dörfer und haben Zivilisten umgelegt. Bauern, ihre Frauen und Kinder. Das war eine so blutrünstige Bande, daß ich es nicht aushielt..Ob sie wirklich eine Million Menschen umgebracht haben, weiß ich nicht. Vielleicht waren es mehr, vielleicht auch bloß die Hälfte. Das ist nicht wichtig. Wichtig ist, daß wir sie unterstützt haben.“

 In einem Dossier über Renamo-Förderer stehen  Unternehmen, reichlich US-Senatoren wie Jesse Helms und Robert Dole, selbstredend die deutsche Rechte inclusive BND, Verfassungschutz und Konrad-Adenauer-Stiftung, Gerhard Löwenthal, Hans Graf Huyn und  Hartmut Perschau. (http://www.geocities.com/TheTropics/3206/dossier.htm )

Folgt man den genannten Argumenten, wäre neben der Entschuldigung eigentlich auch  reichlich Wiedergutmachung an Mocambique fällig. Vielleicht merkt das, just beim BND-Einzug ins Staatsratsgebäude, ja doch noch irgendjemand in Parteien oder Menschenrechtsorganisationen.



kh