Inhaltsverzeichnis
1.
Grundprinzip der solidarischen Warenproduktion,
Gründung von
Mitarbeitergesellschaften MAG (sozialistische
Genossenschaften).
2.
Brutto und Nettolohn
3.
Erfolgsmaß der sozialistischen Genossenschaft
4.
Solidarischer Beistand für Betriebe die Einkommen
unter dem Mindestlohn produzieren
5. Preisbildung
6. Produktionsplanung
7.
Regelung von Gesamtangebot und Gesamtnachfrage
8. Überwindung von
Massenarbeitslosigkeit
9. Blasenbildung
durch exponentiell wachsende Verschuldung
10.
Allgemeiner Schuldenerlaß für den Staat und die
sozialistischen Unternehmen.
11.
Verstaatlichung der Banken. Aufhebung der Börsen
12.
Wirtschaftswachstum und Umweltschutz
13.
Ausblick
1.
Grundprinzip der solidarischen Warenproduktion,
Gründung von Mitarbeitergesellschaften MAG
(sozialistische Genossenschaften)
Die Suche nach
einer Alternative zur kapitalistischen
Produktionsweise nach dem Scheitern des
Sozialismusversuchs in den ehemaligen
Ostblockstaaten hat sich nicht erübrigt, die
Probleme in der kapitalistischen Weltwirtschaft
spitzen sich vielmehr dramatisch zu. Bürgerkriege,
Hungersnöte, Flüchtlingsströme, Wirtschaftskrisen,
Schulden- und Finanzblasen, Umweltschädigungen
durch Überwachstum der Weltproduktion sind
Kennzeichen der Fäulnis des heutigen
kapitalistischen Weltsystems. Der
Sozialismusversuch in den ehemaligen
Ostblockstaaten ist gescheitert, die Versuche die
Warenproduktion aufzuheben
haben nicht zum Erfolg geführt, aber auch die
Wiedereinführung der kapitalistischen
Warenproduktion
in diesen Staaten hat enttäuschende Resultate mit
sich gebracht. Anstatt den versprochenen blühenden
Landschaften haben sich heute in den meisten
Ländern des Ostens Massenarbeitslosigkeit und
Krisensituationen eingestellt und soziales
Chaos hat sich in großen Teilen der Welt
ausgebreitet. Es fragt sich daher, ob es außer der
vollständigen Aufhebung der
Warenproduktion
(Kommunismus) und außer der
kapitalistischen
Warenproduktion
noch einen „Dritten Weg“ der
ökonomischen Grundordnungen gibt.
In letzter Zeit bin ich zu der Überzeugung
gekommen, daß der vollständigen Aufhebung der
Warenproduktion, so wie ich sie in meinem Buch
„Modell einer sozialistischen Marktwirtschaft“
beschrieben habe, eine solidarische Form der
Warenproduktion vorhergehen muß. Die vollständige
Aufhebung der Warenwirtschaft mit der Verteilung
der produzierten Güter nach den Bedürfnissen
(Kommunismus) gehört in eine spätere auf die
solidarische Warenproduktion folgende
Entwicklungsetappe.
Im System der
solidarischen (sozialistischen) Warenproduktion
nach dem vorliegenden Konzept soll das gesamte
produzierte Einkommen der Unternehmen die
Lohnform, also die Form des Arbeitseinkommens
annehmen (produziertes Einkommen gleich Neuwert
nach Marxens Begriff, bzw. Nettowertschöpfung im
bürgerlichen Begriffssystem).
Unternehmen die Güter für den
Austausch, also Waren produzieren, und die nur noch
Einkommen in Lohnform und damit keinen Gewinn als
Kapitaleinkommen produzieren, können
Mitarbeitergesellschaften MAG (sozialistische
Genossenschaften) genannt werden.
Würde das Einkommen der sozialistischen
Genossenschaft (MAG) in Lohn und Gewinn aufgeteilt
werden, dann würde sich folgendes Problem ergeben.
Steigt der Lohn, dann sinkt, unter sonst gleichen
Umständen, der Gewinn. Und umgekehrt, sinkt der
Lohn, dann steigt der Gewinn. Was an Gewinn durch
Lohnsenkungen gewonnen wird, würde dem
Betriebskollektiv an Lohn verloren gehen. Und
umgekehrt, was an Gewinn durch Lohnerhöhungen
verloren geht, würde an Lohn gewonnen werden. Das
Gesamteinkommen der MAG würde sich dadurch nicht
ändern. Zur Vermeidung dieser gegenseitigen
Abhängigkeit von Lohn und Gewinn gibt es in der
sozialistischen Genossenschaft nur einen
widerspruchsfreien Ausweg, nämlich die Verwandlung
des „Gewinns“ in eine spezifische Form des Lohns.
Es stehen
sich damit also nicht mehr die beiden
Einkommensformen Lohn und Gewinn gegenüber, sondern
das
gesamte produzierte Einkommen erhält die Form des
Bruttolohns. Damit
stehen sich auch nicht mehr die beiden Klassen
Lohnarbeiter und Kapitalisten in den Unternehmen
gegenüber.
Das
kapitalistische ökonomische System wird damit
aufgehoben.
Steigt in der
sozialistischen Genossenschaft das produzierte
Einkommen, dann steigt der Bruttolohn (produziertes
Einkommen=Bruttolohn).
Anstelle der Gewinnmaximierung wird in der
sozialistischen Genossenschaft die
Bruttolohnmaximierung angestrebt.
Der Bruttolohn wird maximiert, indem die
Produktionsmittelkosten minimiert werden.
Das wichtigste Erfolgsmaß des
sozialistischen Betriebskollektivs ist der
realisierte Bruttolohn pro Stunde.
Bei gleichen Abzügen vom
Bruttolohn wird damit auch der Nettolohn maximiert
(hierzu
mehr im 3. Abschnitt).
Auch das
staatliche Eigentum an den Produktionsmitteln und
damit das oberste Entscheidungsrecht des Staates in
betrieblichen Angelegenheiten wird durch Gründung
sozialistischer Genossenschaften aufgehoben und
durch das betriebskollektive Entscheidungsrecht
ersetzt. Dem Entscheidungsrecht des
Betriebskollektivs ist damit also nicht mehr das
Entscheidungsrecht der Partei- und
Staatsfunktionäre übergeordnet wie z.B. in den
staatlichen Betrieben in der ehemaligen DDR.
Die
autonomen Genossenschaften der solidarischen
(sozialistischen) Warenproduktion hätten ähnliche
Entscheidungsfreiheit wie die
privatkapitalistischen Warenproduzenten, sie würden
aber nicht im Interesse von privaten
Kapitalbesitzern oder im Interesse von Partei- und
Staatsfunktionären entscheiden, sondern im
Interesse der Mehrheit des Betriebskollektivs. Der
Staat würde eine wirklich demokratische Basis
erhalten.
Hält
das Betriebskollektiv im sozialistischen System
einen Teil des produzierten Einkommens zeitweilig
in einem Prämienfonds zurück, dann handelt es sich,
wie gesagt, nicht um einen Gewinn oder Profit,
sondern nur um eine spezifische Form des Lohns.
Ein gewisser Eigentumswechsel findet allerdings
mit der Prämienauszahlung statt, d.h. ein Teil des
betriebskollektiven Eigentums (die Mittel im
Prämienfonds) verwandelt sich damit in
individuelles Eigentum der einzelnen Mitarbeiter.
Letztlich wird damit nur der Lohn in zwei
verschiedenen Formen angeeignet (Grundlohn und
Prämienlohn), das Gesamteinkommen der MAG ändert
sich dadurch nicht. Wichtiger als ein hoher
Prämienfonds ist daher für das sozialistische
Betriebskollektiv ein möglichst hohes produziertes
Gesamteinkommen also ein möglichst hoher
Bruttolohn.
Wenn die
Kapitalbesitzer enteignet werden und das
produzierte Einkommen vollständig auf das
Betriebskollektiv als Lohn aufgeteilt wird, dann
wird das produzierte Einkommen sofort sehr viel
gleichmäßiger verteilt als im Kapitalismus.
Die sozialistischen
Genossenschaften verteilen das Einkommen also sehr
viel gleichmäßiger als die kapitalistischen
Unternehmen - für Multimillionäre und Milliardäre
ist kein Platz in der sozialistischen
Genossenschaft.
Die
MAG’s nach dem vorliegenden Konzept sind manchen
heute bereits bestehenden Genossenschaften ähnlich.
Genossenschaften im allgemeinen gibt es schon lange
im Kapitalismus, dies aber unter der Herrschaft des
Kapitals in der Volkswirtschaft und zum Teil ohne
konsequente Abschaffung des Gewinns als
Kapitaleinkommen.
Marx hat für die sozialistische Wirtschaft
ebenfalls die Gründung von Genossenschaften
gefordert. Hierin stimmt das vorliegende
Konzept also mit der Marx’schen Vorgabe überein.
Marx forderte allerdings darüber hinaus einen
gemeinsamen nationalen Plan der Gesamtheit der
Genossenschaften. Er schrieb in „Der Bürgerkrieg in
Frankreich“:
“Wenn
aber die genossenschaftliche Produktion nicht eitel
Schein und Schwindel bleiben, wenn sie das
kapitalistische System verdrängen, wenn die
Gesamtheit der Genossenschaften die nationale
Produktion nach einem gemeinsamen Plan regeln, sie
damit unter ihre eigne Leitung nehmen und der
beständigen Anarchie und der beständig
wiederkehrenden Konvulsionen, welche das
unvermeidliche Schicksal der kapitalistischen
Produktion sind, ein Ende machen soll – was wäre
das andres, meine Herren, als der Kommunismus, der
„mögliche“ Kommunismus?“ MEW
Band 17, Seite 343.
Der „gemeinsame
nationale Plan der Gesamtheit der Genossenschaften“
war in der realen Welt (in den ehemaligen
Ostblockstaaten) der staatliche Produktionsplan,
der letztlich zu nicht zufriedenstellenden
Resultaten geführt hat.
Zur Abhilfe in der Zukunft sollen die MAG’s im
neuen ökonomischen System ihre Produktion
konsequent entsprechend der Nachfrage auf dem Markt
planen – der Staat soll sich aus der
Produktionsplanung nach Menge und Sortiment
prinzipiell heraushalten.
Nur bei dauerhaften
gesamtwirtschaftlichen Überangeboten oder
Übernachfragen, soll der Staat durch geeignete
Regelmaßnahmen in die volkswirtschaftlichen
Zirkulationsprozesse eingreifen. Ein nationaler
Naturalplan wie in einer einzigen großen
volkswirtschaftlichen Fabrik wäre zu kompliziert
und zu komplex, und er ist zur Überwindung von
gesamtwirtschaftlichen Überangeboten oder
Übernachfragen gar nicht erforderlich. Vergleiche
Abschnitt 7. Regelung von Gesamtangebot und
Gesamtnachfrage.
Die MAG’s sollen
im neuen ökonomischen System die nationale
Produktion dominieren. Erst damit wird der
Kapitalismus als volkswirtschaftliches System
aufgehoben. Einige wenige MAG’s reichen als
volkswirtschaftliche Systemalternative natürlich
nicht aus.
Das
betriebskollektive Eigentum (genossenschaftliche
Eigentum) an den Produktionsmitteln der MAG
ist einzelnen Personen gegenüber
neutral, d.h. es gehört dem gesamten
Betriebskollektiv oder gleichsam sich selbst. Es
gibt keinerlei Anteilsscheine. Wer Mitarbeiter der
MAG wird, ist automatisch Miteigentümer, wer sie
verläßt, verliert alle Eigentümerrechte und
Pflichten.
Das
grundsätzliche Verfügungs- und Entscheidungsrecht
gebührt in der MAG dem Betriebskollektiv. Die
Mitglieder der MAG wählen die Betriebsleitung und
können diese jederzeit abwählen. Auch der oberste
Betriebsleiter kann durch das Betriebskollektiv
jederzeit eingesetzt oder abgesetzt werden.
Übermächtige Manager die sich über den Willen der
Mehrheit des Betriebskollektivs hinwegsetzen
können, sollten nicht zugelassen werden.
MAG’s die
auf Grund ungünstiger Bedingungen nur mit Verlust
produzieren können, sollen im System der
solidarischen (sozialistischen) Warenproduktion
prinzipiell durch den Staat durch Umverteilungen
gestützt werden.
Der Vorwurf, daß
zu niedrige Einkommen oder Verluste der Betriebe
durch Faulenzerei oder durch Mißmanagement
verursacht werden, ist nicht hilfreich.
Hauptsächlich bzw. in der großen Mehrheit werden
die großen Existenzprobleme der rückständigen
Warenproduzenten durch ungünstigere ökonomische
Bedingungen im Vergleich zur Konkurrenz verursacht.
Eine ökonomische Rückständigkeit kann sich in einem
überaus komplizierten Prozeß über Jahrzehnte und
Jahrhunderte herausgebildet haben. Oder z.B. in der
Landwirtschaft können sehr unterschiedliche
natürliche Bedingungen für Ackerbau und Viehzucht
gegeben sein. Die unterschiedlichen Bedingungen
für die Warenproduktion lassen sich zum größten
Teil nicht aus der Welt schaffen. Es müssen
demnach Lösungen gefunden werden die die Existenz
auch der rückständigen aber erhaltenswerten MAG’s
sicherstellen.
2. Brutto- und
Nettolohn
Für den
Bruttolohn (produziertes
Einkommen) gilt allgemein folgende Formel:
N=W-Cc=V+dH-Cc Bruttolohn
W=V+dH
Warenproduktion
V
=Umsatz
dH=Warenvorratsänderung
Cc=Ca+Cu
Produktionsmittelverbrauch
(Produktionsmittelkosten)
Ca=
Anlageproduktionsmittelverbrauch (Abschreibungen)
Cu=
Umlaufproduktionsmittelverbrauch (Vorleistungen)
Materialkosten, Brennstoffe,
Hilfsstoffe, Elektroenergie, Transportkosten,
Gewerbemieten,
Telekommunikation,
betriebliche Sozialleistungen und dgl.
Zur Bestimmung des
Nettolohns sind folgende Kostenpositionen vom
Bruttolohn abzuziehen:
1.
Cst Lohnsteuer
2.
Csoz Sozialabgaben
2.1
Abgabe für Rentenkasse
2.2
Abgabe für Krankenkasse
2.3
Abgabe für Pflegefälle
2.4
Abgabe für Arbeitslosigkeit
2.5
Abgabe für Kindergeld
2.6
Abgabe für Stützung rückständiger Unternehmen
3.
Cerw Mittel für die erweiterte Reproduktion
(Mittel für Zuwachs der Bauten und
Ausrüstungen)
Der Nettolohn ist
demnach durch folgende Beziehung bestimmt:
Nnetto=N-Cst-Csoz-Cerw Nettolohn
Der Nettolohn ist um
so größer, um so kleiner die Abzüge vom Bruttolohn
Cst, Csoz, Cerw ausgefallen sind.
Andererseits sollten die Steuern, die Sozialabgaben
und die Mittel für die erweiterte Reproduktion
zufriedenstellend groß gehalten werden.
3. Erfolgsmaß der
sozialistischen Genossenschaft
Auf den ersten
Blick ist es erstaunlich, daß in der echten
warenproduzierenden sozialistischen Genossenschaft
prinzipiell kein Gewinn anfällt, sondern nur noch
Einkommen in Lohnform
produziert
wird. Wird ein Prämienfonds angelegt, dann handelt
es sich nicht um einen Gewinnfonds, sondern um eine
spezielle Form des Lohnfonds. Als allgemeines
Erfolgsmaß kann in der sozialistischen
Genossenschaft konsequenterweise die
Einkommensmaximierung dienen, und da das gesamte
Einkommen nur noch in Lohnform auftritt, kann als
Erfolgsmaß die Lohnmaximierung dienen. Die
Lohnmaximierung ist allen anderen Stimuli für das
Betriebskollektiv überlegen. Die
Gewinnmaximierung als Ziel würde die
Lohnminimierung voraussetzen (sinkt der Lohn,
dann steigt unter sonst gleichen Umständen der
Gewinn). Eine anschließende vollständige
Ausschüttung einer Gewinnprämie würde den Lohn nur
wieder auf den Betrag des
produzierten
Einkommens erhöhen. Es kann daher gleich die
Lohnmaximierung als Ziel gesetzt werden, so daß die
Probleme des Prämienlohns nicht mehr auftreten
(insbesondere das Problem der Bestimmung eines
festen Grundlohns, der kleiner sein muß als das
produzierte
Einkommen, so daß überhaupt Gewinn realisiert
werden kann, würde nicht mehr auftreten).
4.
Solidarischer Beistand für Betriebe die Einkommen
unter dem Mindestlohn produzieren.
Im Verlauf der
Höherentwicklung der
Warenproduktion
sind weltweit, national
und regional
Produzenten mit großen
Entwicklungsunterschieden und zum Teil sehr
unterschiedlichen Bedingungen für die
Warenproduktion
auf gemeinsamen Märkten zusammengeführt worden, und
infolge dessen wurde es für viele
Produzenten
immer schwerer Gewinne oder überhaupt Einkommen zu
produzieren.
Die unterschiedlichen
Bedingungen für die
Warenproduzenten
lassen sich, wie gesagt, zum
großen Teil
nicht aus der Welt schaffen. Ohne Subventionen sind
Bankrotte großen Teils nicht zu verhindern.
MAG’s die auf Grund ungünstiger Bedingungen nur mit
Einkommen unter dem Mindestlohn bzw. mit Verlusten
produzieren, sollten prinzipiell durch
Umverteilungen durch den Staat gestützt werden.
Die Gesamtheit
aller MAG’s soll im System der solidarischen
Warenwirtschaft nach allgemeiner Übereinkunft eine
große Gemeinschaft bilden die zu gegenseitigem
Bestand in der Not verpflichtet ist. Lohnstützungen
zur Erhaltung von Unternehmen und Arbeitsplätzen
und zur Armutsbekämpfung sind in diesem System nur
recht und billig, und nichts Absurdes.
Aber nach
welchen Regeln sollen die MAG’s die unter dem
Mindestlohn
produzieren
gestützt werden?
Im
Illustrationsbeispiel A soll die MAG Einkommen
weit über dem Mindestlohn
produziert
haben. Sie ist daher zu Abgaben in den staatlichen
Solidaritätsfonds verpflichtet. Folgende Beträge
sollen im Beispiel A im Betrieb mit 5000
Beschäftigten realisiert worden sein:
N=W-Cc=300Mill.€
produziertes
Einkommen (Bruttolohn) pro Jahr
N=30€/h
produziertes
Einkommen (Bruttolohn) pro Stunde
Für die gesamte
Volkswirtschaft soll der Mindestlohn Nmin=10€/h
festgelegt worden sein. Das
produzierte
Einkommen im Beispiel A ist größer als der
Mindestlohn, und die MAG muß daher eine Abgabe in
den Solidaritätsfonds entrichten. Eine Abgabe von
10% des
produzierten Einkommens soll
festgelegt worden sein. Die Soli-Abgabe der MAG
beträgt damit Nabg=0,1* 300Mill.€=30Mill.€. pro
Jahr.
Im Beispiel B
hat die MAG ein sehr viel kleineres Einkommen pro
Stunde realisiert, und zwar:
N=6€/h
produziertes
Einkommen (Bruttolohn) pro Stunde und
N=W-Cc=60Mill.€ produziertes
Einkommen (Bruttolohn) pro Jahr
Das realisierte
Einkommen im Beispiel B ist kleiner als der
Mindestlohn, und damit hat die MAG-B einen Anspruch
auf eine Subvention, die den Lohn auf den
Mindestlohn (oder etwas mehr) anheben soll.
Folgende Beziehung kann für die Subvention
verwendet werden:
Nsub=Nmin-N=10€/h-6€/h=4€/h
Subvention pro Stunde Beispiel B
Bei 7,5Mill. Stunden
geleisteter Arbeitzeit pro Jahr der MAG-B hat die
Jahressubvention den Betrag
Nsub=4€/h *
7,5Mill.h=30Mill.€.
Da durch die reine
Subvention Nsub=Nmin-N gerade die Finanzierung des
Mindestlohns sichergestellt ist, wäre ein gewisser
Aufschlag auf die reine Subvention angebracht um
noch differenzierte Leistungslöhne über dem
Mindestlohn finanzieren zu können.
Die Formel für die
Lohnsubvention Nsub=Nmin-N ist auch dann
noch gültig, wenn die Produktionsmittelkosten
größer ausgefallen sind als die Warenproduktion des
betreffenden Unternehmens, womit ein negatives
Einkommen (Verlust) produziert
wurde. Ist z.B. das negative Einkommen N=W-Cc= -
4€/h
realisiert worden, dann
beträgt die zustehende Subvention, beim Mindestlohn
Nmin=10€/h,
Nsub=Nmin-N=10€/h-(-4Mill.€/h)=14€/h.
Wenn
Kleinunternehmen gestützt werden sollen die keine
oder nur wenige Lohnarbeiter beschäftigen und in
denen mithelfende Familienmitglieder einen
wesentlichen Teil des Einkommens
produzieren,
dann kann die
Arbeitszeit
aller Beschäftigten angerechnet werden. Hat das
Kleinunternehmen z.B. das Einkommen N=6€/h
realisiert, und beträgt der nationale Mindestlohn
Nmin=10€/h, dann kann ebenfalls die Beziehung für
die Subvention Nsub=Nmin-N angewandt werden. Im
Beispiel würde dann die Subvention
Nsub=Nmin-N=10€/h-6€/h=4€/h gewährt werden. Eine
allgemeine Regel würde damit auch diesen
Subventionen zugrundegelegt werden. Und die
Unternehmen könnten mit dem Mindestlohn als
Einkommen auch in schlechten Zeiten (z.B. für die
Landwirtschaft) ökonomisch existieren.
5. Preisbildung
Im Gegensatz
zur Preisfestlegung durch den Staat in den
ehemaligen Ostblockländern sollten im
Zukunftssozialismus die Preise, ebenso wie in der
Warenwirtschaft üblich, gebildet werden
(Marktpreise). Die Anbieter sind bestrebt ihre
Produkte zu einem möglichst hohen Preis über ihren
Kosten (über den Stückkosten) zu verkaufen, die
Nachfrager hingegen möchten die Ware zu einem
möglichst niedrigen Preis kaufen. Im Spiel von
Angebot und Nachfrage und im Konkurrenzkampf auf
dem Markt stellt sich schließlich der Marktpreis
ein. Überangebote drücken die Preise, und
Übernachfragen wirken preissteigernd.
Schwankungen des Marktpreises um den Wert der Ware,
der durch die gesellschaftlich durchschnittlich
notwendige
Arbeitszeit
bestimmt ist, sind der Normalfall. Wesentliche
Unterschiede zur Preisbildung in der
kapitalistischen Warenwirtschaft liegen damit also
noch nicht vor. Wird eine Ware (z.B. eine
60-Watt-Wolframwendel-Allgebrauchslampe) vom
Produzenten an den Händler verkauft, dann liegen
normalerweise Erfahrungen über das Käuferverhalten
vor. Verlangt der
Produzent einen zu
hohen Preis vom Handel, oder der Handel einen zu
hohen Preis von seinen Kunden, dann versuchen die
Kunden von der Konkurrenz billiger zu kaufen, so
daß die Ware des zu hohen Preises nicht, oder nicht
vollständig verkauft werden kann. Der Preis der
Ware des zu hohen Preises muß normalerweise gesenkt
werden. Auch die Ware der besseren Qualität und dem
gleichen Preis ist im Konkurrenzkampf auf dem Markt
im Vorteil.
Die praktische
Erfahrung in den ehemaligen Ostblockländern hat
gezeigt, daß die zur Herstellung einer Ware pro
Stück im gesellschaftlichen Durchschnitt
aufgewandete Arbeitszeit nicht ermittelt werden
kann. Die Versuche in der Praxis der DDR zum
Beispiel haben zu einem Preisbildungschaos geführt,
so daß letztlich der Staat die Preise festlegen
mußte. Die Regelmechanismen des Marktes konnten
auch durch die staatlichen Preisfestlegungen nicht
zufriedenstellend ersetzt werden.
Marx
schrieb in „Kritik des Gothaer Programms“:
„Womit wir es hier zu tun haben, ist eine
kommunistische Gesellschaft, … wie sie eben aus der
kapitalistischen Gesellschaft hervorgeht, ….
Demgemäß erhält der einzelne Produzent …. exakt
zurück was er ihr gibt. Was er ihr gegeben hat, ist
sein individuelles Arbeitsquantum. … Er erhält von
der Gesellschaft einen Schein, daß er soundso viel
Arbeit geliefert …. und zieht mit diesem Schein aus
dem gesellschaftlichen Vorrat von
Konsumtionsmitteln soviel heraus, als gleich viel
Arbeit kostet“ MEW Bd. 19, Seite 20
Anstelle des
Begriffs „herausziehen“ könnte man den praktischen
Begriff „kaufen“ verwenden, d.h. es geht hier um
das kaufen von Konsumtionsmitteln mit
Arbeitszeitzertifikaten. Die Konsumgüterpreise
müßten hierfür in Arbeitszeitmaßen ausgewiesen
werden. Aber es hat sich
in der Praxis gezeigt, daß die Preise nicht in
Arbeitszeitmaßen bestimmt werden können.
Diese Schwäche der Theorie der Preisbildung im
Sozialismus (erste Phase der kommunistischen
Gesellschaft nach Marxens Begriff) hatte in der
realen Welt grundsätzliche negative Folgen. Zum
Beispiel die Preisbildung der Warenmärkte in
Westdeutschland (BRD) war der Preisbestimmung durch
den Staat in der DDR klar überlegen. Die
Preisbildung der Warenmärkte hätte auch in der DDR
beibehalten werden müssen.
Die durch den
einzelnen Arbeiter im Betrieb z.B. im Monat
geleistete Arbeitszeit kann in der Praxis zwar
ermittelt werden und könnte durch den Betrieb
sicherlich jedem Arbeiter bescheinigt werden.
Aber diese Maßnahme erübrigt sich, wenn die
Preise nicht in Arbeitszeitmaßen bestimmt werden
können. Die Lohnauszahlungen in Geldbeträgen wurden
daher in den ehemaligen Ostblockländern nicht durch
Auszahlungen in Arbeitszeitzertifikaten ersetzt.
Nach
der klassischen Sozialismustheorie soll der Ersatz
des Geldes durch Arbeitszeitzertifikate nötig sein
um die Zersetzung der sozialistischen
Genossenschaften durch das Finanzkapital zu
verhindern (vgl. z.B. Friedrich Engels, MEW Bd. 20,
Seite 283/284). Die praktische Erfahrung in den
ehemaligen Ostblockländern hat aber gezeigt, daß
die Abschaffung des Geldes im Sozialismus unnötig
ist. Der Staat konnte in diesen Ländern das
Finanzkapital mühelos niederhalten, wenn er es
wollte. Die Wirren und Probleme, die die
Abschaffung des Geldes in der Praxis mit sich
bringen würden, können also von vorn herein
vermieden werden. Die Beibehaltung des Geldes im
Sozialismus (in der niederen Phase des Kommunismus)
ist kein Übel, sondern vielmehr eine positive
Errungenschaft. Erst dann, wenn alle
produzierten Güter nach den Bedürfnissen verteilt
werden (nach der Ablösung des Sozialismus durch den
Kommunismus) wird das Geld überflüssig.
Einfluß auf die
Preise in der Warenwirtschaft, also auch im
Sozialismus, hat auch das Wachstum der für
Warenkäufe insgesamt in der Volkswirtschaft
aufgewandten (zirkulierenden) Geldmenge.
Das Wachstum der zirkulierenden Geldmenge sollte in
der solidarischen Warenwirtschaft, abgesehen von
einigen Ausnahmen (insbesondere Regelung von
Gesamtangebot und Gesamtnachfrage in der
Volkswirtschaft, vgl. hierzu Abschnitt 7.) nicht
größer werden als das Wachstum der in der
Volkswirtschaft neu aufgewandten
Arbeitszeit.
Wächst die
Gesamtarbeitszeit in der Volkswirtschaft z.B. um 1%
jährlich, dann sollte im Normalfall auch die
insgesamt zirkulierende Geldmenge nur um 1%
anwachsen. Damit
werden Inflationen weitgehend ausgeschaltet.
Der Geldwert
ist durch die neu aufgewandte Gesamtarbeitszeit der
Volkswirtschaft und das
produzierte
Nationaleinkommen festgelegt. Wenn in der
Volkswirtschaft im Unternehmenssektor im Jahr z.B.
tnges=48Mrd.
Stunden Arbeitszeit neu aufgewandt wurden, und
wenn damit das Nationaleinkommen Nges=1600Mrd.
€
produziert wurde, dann liegt
den Warenverkäufen in der Volkswirtschaft der
Geldwert wG=tnges/Nges=48Mrd.h/1600Mrd.€=0,03
h/€ zu Grunde. Ein € hat
damit den Wert im Zeitmaß von 0,03 h. Und eine
Stunde Arbeitszeit erzeugt dann im Durchschnitt ein
Einkommen (Neuwert) im Geldmaß von 1/0,03 h/€=33,33€/h.
Wird das durchschnittliche Stundennationaleinkommen
durch Geldzufluß (oder Geldabfluß) zum Gesamtsystem
nicht verändert, dann bleibt der Geldwert in der
Volkswirtschaft konstant.
6.
Produktionsplanung
Im System der
zukünftigen sozialistischen Warenproduktion sollte
die Einmischung des Staates in die Planung der
Betriebe nach Menge und Sortiment ihrer Produkte
vollständig aufgegeben werden. Die
sozialistischen Betriebe (MAG’s) sollten ihre
Produktion konsequent nach der Nachfrage auf dem
Markt planen. Die Produktion für die Nachfrage
in einer heutigen hochkomplexen Volkswirtschaft hat
enorme kaum zu überschätzende ökonomische Vorteile
im Vergleich zur staatlichen
Naturalproduktionsplanung in den ehemaligen
Ostblockstaaten. Die staatliche
Naturalproduktionsplanung (in der DDR gab es
einen zentralen Artikelkatalog von etwa 100Mill.
Erzeugnistypen) überfordert den Zentralstaat bzw.
führt zu keiner zufriedenstellenden
Nachfragebefriedigung im einzelnen bzw. in der
Mehrheit der Einzelfälle.
Eventuellen
Überproduktionskrisen im Sozialismus kann durch
geeignete Regelmaßnahmen des Staates entgegen
gewirkt werden. Eine aufwendige gesamtstaatliche
Naturalproduktionsplanung ist hierzu nicht
erforderlich. Vgl. folgenden Abschnitt.
7.
Regelung von Gesamtangebot und Gesamtnachfrage
7.1 Abbau eines volkswirtschaftlichen Überangebots
Bei einem Überangebot ist die Nachfrage kleiner als
das Angebot, durch welche Umstände auch immer das
Überangebot verursacht wurde. Die an sich
naheliegende Gegenmaßnahme bei einem
volkswirtschaftlichen Überangebot (Überproduktion),
nämlich die Erhöhungen der Löhne und
Sozialeinkommen aus der Geldschöpfung scheitert im
kapitalistischen System an der Preisbildung der
Warenmärkte, d.h. allgemein steigende Löhne und
Sozialeinkommen führen in diesem ökonomischen
System zu allgemein steigenden Preisen, was der
Erhöhung der Nachfrage real entgegen wirkt.
Wenn hingegen in der Volkswirtschaft die
solidarische Warenproduktion dominiert, dann kann
der Staat vorübergehend Preisänderungen untersagen,
und er kann die Löhne und die Sozialeinkommen aus
der Geldschöpfung erhöhen. Und bei allgemein
steigenden Einkommen und konstanten Preisen steigt
die Nachfrage real.
Wenn sich also
in der sozialistischen Volkswirtschaft eine schwere
und dauerhafte Überproduktion eingestellt
haben sollte, gekennzeichnet durch massenhaft
überfüllte Erzeugnislager und hohe
Nichtauslastungen der Produktionsanlagen sowie
durch ständige Massenarbeitslosigkeit, dann können
erstens, die Preise vorübergehend
eingefroren werden, d.h. Preisänderungen können bis
auf Widerruf untersagt werden, und zweitens,
kann der sozialistische Staat den Betrieben
zusätzlichen Lohn
aus der Geldschöpfung zuteilen.
Der Lohn soll für diesen Zweck
also erhöht werden, bei konstanten Preisen.
Auch die Renten und anderen Sozialeinkommen können
aus der Geldschöpfung erhöht werden. Im
sozialistischen Staat könnte die Zentralbank
geschöpftes Geld in die Lohnfonds der Betriebe
einzahlen mit der Verpflichtung der Betriebe die
Löhne um einen bestimmten Prozentsatz zu erhöhen.
Und die Zentralbank könnte ferner geschöpftes Geld
an die Sozialversicherungen auszahlen mit der
Verpflichtung die Sozialeinkommen zu erhöhen. Alle
Verkaufpreise aller Unternehmen, einschließlich
aller Handelsunternehmen, könnten hingegen bis auf
Widerruf konstant gehalten werden.
In Folge der
Lohnerhöhungen bzw. der Einkommenserhöhungen bei
konstanten Preisen steigt in der
Volkswirtschaft zunächst die Nachfrage der
Haushalte nach Konsumgütern in den Naturalmengen.
Damit steigt schließlich auch die
Konsumgüterproduktion real, und damit steigt auch
die Nachfrage der Konsumgüterproduzenten nach
Produktionsmitteln.
Es steigt
schließlich die Gesamtnachfrage real nach
Produktionsmitteln und Konsumtionsmitteln in der
Volkswirtschaft. Und wenn die Nachfrage real
allgemein steigt, dann wird eine gegebene
Überproduktion abgebaut.
Falls
die Steigerung der Nachfrage real in Folge der
Einkommenserhöhungen bei konstanten Preisen auch zu
einer Steigerung der Produktion real, also zu einer
Steigerung auch des gesamtwirtschaftlichen Angebots
real führen sollte, kann der sozialistische Staat
auch zeitweilig Produktionssteigerungen untersagen.
Sobald die Überproduktion im großen und ganzen
abgebaut ist, können die Preisfixierungen
aufgehoben und die Einkommenserhöhungen gestoppt
werden.
In der DDR
z.B. gab es das Problem des permanenten allgemeinen
gesamtwirtschaftlichen Überangebots nicht. Der
Staat hielt die Preise in der Masse konstant bzw.
die staatliche Preisbildung war aufwendig und
träge. (Bei der Riesenzahl der Erzeugnistypen
(in der DDR gab es einen zentralen Artikelkatalog
mit etwa 100 Millionen Typen) und damit bei der
Riesenzahl der Preise wäre eine ständige Änderung
der Preise durch den Staat mit viel zu großem
bürokratischen Aufwand verbunden gewesen.
Weitgehend konstante Preise waren daher in der DDR
unvermeidlich, solange der Staat für die
Preisbildung zuständig war.) Und die Einkommen,
insbesondere Löhne und Renten, wurden in der DDR in
der Tendenz moderat gesteigert. Die Gesamtnachfrage
wurde auf diese Weise großenteils über dem
Gesamtangebot gehalten,
so daß sich in der DDR eher massenhafte
Übernachfragen (Kaufkraftüberhänge) einstellten.
Schwere mittel- und langfristige
Überproduktionskrisen gab es in der DDR nicht.
Die staatliche Produktionsplanung in den einzelnen
Naturalmengen war nicht der entscheidende Grund für
die Überwindung der Überproduktionskrisen, sondern
vielmehr das weitgehende Konstanthalten der Preise
bei steigenden Einkommen.
Im
Privatkapitalismus hingegen gehen die mittel- und
langfristigen Überproduktionskrisen naturwüchsig
ihren Gang, d.h. im kapitalistischen System können
die Überproduktionskrisen nicht verhindert werden.
Das zeigt die Erfahrung über zwei Jahrhunderte.
In den Krisenzeiten kann der privatkapitalistische
Staat auch keine allgemeinen Lohnerhöhungen bei
konstanten Preisen durchsetzen. Der
privatkapitalistische Staat ist insbesondere
gegenüber der Großbourgeoisie und ihre Lobby
schwach. Wäre hingegen die sozialistische
genossenschaftliche Produktion Grundlage des
Wirtschaftssystems dann könnte der Staat
zeitweilige allgemeine Preisstopps, sowie
Lohnerhöhungen anweisen und kontrollieren (die
Käufer, die Preiserhöhungen weitermelden würden,
wären gewissermaßen die Kontrolleure). Die
Marktregulationen würden nur bis auf Widerruf, also
nur zeitweilig außer Kraft gesetzt werden, und auch
nur dann, wenn sich schwere Überangebote oder
Übernachfragen in der Gesamtheit einstellen würden.
Die Gründung einer
einzigen großen volkswirtschaftlichen Fabrik zur
Überwindung der zyklischen Krisen nach Marx’ens
Vorgabe hat sich in der Praxis nicht bewährt. An
die Stelle immer wiederkehrender zyklischer
Überproduktionskrisen wie z.B. in der BRD ist im
vermeintlichen Sozialismus der DDR eine permanente
Übernachfrage getreten, die als Mangelwirtschaft
empfunden wurde.
7.2.
Abbau
einer volkswirtschaftlichen Übernachfrage
Falls sich in
der solidarischen Warenwirtschaft eine permanente
Gesamtübernachfrage einstellen
sollte,
gekennzeichnet durch massenhafte Engpässe,
„Käuferschlangen“ bzw. allgemein durch
Kaufkraftüberhänge,
dann können,
bei konstant gehaltenen Löhnen und
Sozialeinkommen, alle
Marktpreise
durch eine Vorschrift des Staates um einen
bestimmten Prozentsatz erhöht werden. Das
gleiche Einkommen kauft bei höheren Preisen eine
kleinere Gütermenge, womit die Nachfrage
real sinkt. Durch die sinkende Nachfrage real wird,
bei gegebener Produktion real (Angebot) ein Teil
der Übernachfrage abgebaut. Die Preise könnten
solange erhöht werden, bis Gesamtnachfrage und
Gesamtangebot annähernd übereinstimmen.
Wenn
die Kaufkraftüberhänge weitgehend abgebaut worden
sind, dann können weitere Preisaufschläge
unterlassen werden und es kann den
Marktregulationen wieder freien Lauf gelassen
werden.
Ein
Widerstand gegen die Preiserhöhungen bei gleichen
Löhnen und Sozialeinkommen ist ungerechtfertigt,
wenn durch die staatlichen Regelmaßnahmen
massenhaft unbefriedigte Nachfragen
(Kaufkraftüberhänge) verhindert werden.
Denkbar ist auch, daß
in der solidarischen (sozialistischen)
Warenwirtschaft allgemeine permanente
Übernachfragen gar nicht erst entstehen.
8. Überwindung von
Massenarbeitslosigkeit
Falls sich in
der sozialistischen Volkswirtschaft (solidarische
Warenproduktion) eine hohe
permanente Massenarbeitslosigkeit einstellen sollte
die sich nicht kurzfristig von selbst behebt, dann
kann als Gegenmaßnahme die Arbeitszeit pro
Arbeitskraft gesenkt werden. Zum Beispiel eine
Verkürzung der Arbeitszeit pro Arbeitskraft um 10%
würde, unter sonst gleichen Umständen, zu einem um
11,11% größerem Arbeitskräftebedarf führen (der
Arbeitskräftebedarf steigt, unter sonst gleichen
Umständen, umgekehrt proportional zur sinkenden
Arbeitszeit
pro Arbeitskraft). Die Sache ist formal an sich
recht einfach, aber bei gleichem Lohn pro
Arbeitskraft würde die Lohnsumme für die größere
Zahl der beschäftigten Arbeitskräfte steigen, was
im Kapitalismus den Profit senken würde. Die
geballte Macht der Kapitalistenklasse steht diesem
Vorhaben daher im Weg. Die Arbeitszeitverkürzung
läßt sich in dieser Situation im
privatkapitalistischen System nicht allgemein
durchsetzen. Im System der solidarischen
Warenproduktion
hingegen könnte der Staat die Arbeitszeitverkürzung
(z.B. eine Wochenarbeitszeitverkürzung) allgemein
anweisen.
Nur dann wenn eine
andauernde gravierende Überproduktion in der
Volkswirtschaft besteht kann ein Großteil der
vorhandenen Arbeitskräfte, trotz bestmöglicher
nachholender Qualifikation und Berufsausbildung,
nicht beschäftigt werden. Gelingt es hingegen das
gesamtwirtschaftliche Angebot mit der
Gesamtnachfrage annähernd in Übereinstimung zu
bringen, oder wird eine Gesamtübernachfrage
realisiert, dann dürfte es möglich sein eine
Massenarbeitslosigkeit schnell abzubauen.
Zum Beispiel
im System der Warenproduktion der DDR gab es das
Problem der Massenarbeitslosigkeit nicht, es war
vielmehr ein permanenter Arbeitskräftemangel zu
verzeichnen. Aber die staatliche
Naturalproduktionsplanung, anstelle der Planung
nach der Nachfrage auf dem Markt durch autonome
Betriebe, senkte die volkswirtschaftliche
Arbeitsproduktivität in der DDR im Vergleich zur
privatkapitalistischen
Warenproduktion
in der BRD. Das Problem der Massenarbeitslosigkeit
wurde in der DDR also gelöst, aber auf Kosten einer
sinkenden volkswirtschaftlichen
Arbeitsproduktivität. Die Produktion für die
Nachfrage auf dem Markt hätte nicht durchgängig
aufgegeben werden dürfen.
Gelingt es durch
zeitweilige Preisfixierung und expansive
Lohnpolitik ein gesamtwirtschaftliches Überangebot
zu überwinden, dann kann auch eine
Massenarbeitslosigkeit im allgemeinen Prinzip
überwunden werden. Sobald die expansive Lohnpolitik
bei konstanten Preisen erfolgreich ist, können die
Preisfixierungen aufgehoben werden. Die Preise
können dann wieder durch das freie Spiel von
Angebot und Nachfrage und den Konkurrenzkampf auf
dem Markt bestimmt werden.
9. Blasenbildung
durch exponentiell wachsende Verschuldung
Im kapitalistischen
Wirtschaftssystem wächst die Staatsverschuldung in
der langen Frist exponentiell (siehe z.B.
Schuldenwachstum der USA nach Abb 1.)
Weltweit hat
sich der Schuldenstand der öffentlichen Hand seit
Ende 2007 auf mehr als 60 Billionen Dollar
verdoppelt (bis 2016).
Eine riesige Finanzblase ist
„aufgepumpt“ worden.
Es gibt bereits
etliche Autoren die ein platzen der rezenten
Anleiheblase, der „Mutter aller Blasen“, in der
nahen Zukunft vorhersagen.
„Absurderweise muß die Anleiheblase weiter
aufgeblasen werden, weil sie ansonsten platzt. Zum
Platzen wird es dennoch kommen, allerdings weiß
niemand, ob schon bald, in wenigen Monaten oder
erst in Jahren.“ (Robert Halver).
Abb
1
Eine
Geldschwemme aus der Notenpresse wurde in letzter
Zeit weltweit ausgelöst, aber das zusätzliche Geld
ist nicht bei den Warenkäufern angekommen, riesige
Finanzblasen im spekulativen Bereich wurden statt
dessen aufgepumpt. Würde diese zusätzliche riesige
Geldmenge jedoch ganz oder zum großen Teil für
Warenkäufe verwendet werden, dann würden in der
kapitalistischen Warenwirtschaft die Preise rapide
steigen - eine Hyperinflation wäre die Folge.
Ein Ausweg aus der Schuldenfalle ohne schwere
Krisenerscheinungen ist im kapitalistischen System,
bei objektiver Betrachtung, nicht in Sicht.
Die
durch die Banken gepriesene Staatsverschuldung hält
nicht das was sie verspricht. Nur kurzfristig kann
der Staat durch Schuldenaufnahmen an Finanzkraft
gewinnen, langfristig hingegen verliert er Geld
durch das Schuldenmachen. Der Staat muß, wie
alle
Schuldner, das geliehene Geld mit Zinsen
zurückzahlen, d.h. er muß langfristig mehr Geld
zurückzahlen als er erhalten hat. Zum Beispiel der
deutsche Staat (BRD, alle öffentliche Haushalte)
hat in der Zeit von 1962 bis 2009 nur kurzzeitig
durch das Schuldenmachen an Finanzkraft gewonnen
(vgl. Abb2, gefüllte Flächen über der
Nullinie). Der Schuldendienst (Kredittilgungen und
Zinsausgaben) war aber letztlich von 1962 bis 2009
in der Summe um 284 Mrd. Euro größer als die
Kreditaufnahmen.
Abb2 Deutschland, Differenz
zwischen Schuldenaufnahmen und Schuldendienst
Ohne
Kreditsystem bzw. ohne Schuldenmachen wäre die
Finanzkraft des Staates um eben diese 284 Mrd. Euro
größer gewesen. Der Staat gewinnt durch das
Schuldenmachen langfristig also nicht nur kein
Geld, sondern er verliert Geld, und er läßt darüber
hinaus Blasenbildungen zu die langfristig das
Finanzsystem mit dem Zusammenbruch bedrohen.
Nullzinsen oder Negativzinsen sind
Verzweiflungsmaßnahmen – sie können die Probleme
nicht lösen.
Nicht nur die USA
sind in die Schuldenfalle getappt, das
Problem der Überschuldung greift auch global.
Besonders hart trifft es die rückständigen Länder.
Über die angeblichen Hilfsinstitutionen IWF
und Weltbank treiben die Industrienationen die
dritte Welt immer weiter in die Schuldenfalle – um
sie dann hemmungslos auszubeuten und zu
kontrollieren.
10. Allgemeiner Schuldenerlaß für den Staat und die
sozialistischen Unternehmen.
Im Zuge der
Einführung der solidarischen Warenproduktion wie
sie oben skizziert wurde sollen alle Schulden des
Staates vollständig erlassen werden. Und
neue Schuldenaufnahmen sollen untersagt
werden. Sowohl der Zentralstaat als auch die
Kommunen sollen prinzipiell keine Kredite aufnehmen
dürfen. Die Geldversorgung der öffentlichen
Haushalte sollte, abgesehen von einigen Ausnahmen,
generell nur durch Steuern und Abgaben
sichergestellt werden.
Und auch
Schuldenaufnahmen
der
sozialistischen Betriebe
sollen prinzipiell untersagt werden. Die
Geldversorgung der sozialistischen Betriebe sollte
prinzipiell nur aus Einnahmen aus Produktverkäufen
(Umsatz) und durch Einkommensumverteilungen
bewerkstelligt werden.
Der Staat und die
sozialistischen Unternehmen würden damit von der
Schuldabhängigkeit befreit werden.
Erpressungen
eines Staates und seiner Wirtschaft (wie z.B. die
gegenwärtige Erpressung des griechischen Staates)
könnten damit dauerhaft unterbunden bzw.
prinzipiell ausgeschlossen werden.
Auch die
Investitionen der sozialistischen Betriebe sollten
prinzipiell nicht durch Schuldenaufnahmen
finanziert werden. Es sollten also nicht
zunächst Schulden aufgenommen werden die später
Stück für Stück oder auf einen Schlag (letztlich
durch Rückgaben an die Gläubiger in Höhe der Summe
der Abschreibungen zuzüglich Zinsen) zurückgezahlt
werden müßten, sondern es sollten, wie gesagt,
zunächst Abschreibungen durch den Betrieb
angesammelt werden bis zum vollen Betrag der
Ersatz-Investition in der aktuellen Periode.
Werden die
Abschreibungssätze des Betriebes erhöht, dann
können veraltete Produktionsanlagen durch die
Betriebe in kürzerer Zeit aus eigener Kraft
erneuert werden. Kreditaufnahmen für den
Produktionsmittelersatz sind nicht erforderlich.
Auch
Erweiterungsinvestitionen sollten normalerweise
durch Ansammlung von Rücklagen der Betriebe
finanziert werden. Kredite sollten, wie gesagt,
prinzipiell nicht aufgenommen werden. Damit würde
das Wachstum der Produktion solide finanziert
werden. Rückzahlungsstörungen würden ausgeschlossen
werden.
In einem langen
historischen Prozeß haben die Großgeldbesitzer
Nutzen aus dem Kreditsystem gezogen, und aus
Gewohnheit sieht es heute so aus als ob es für alle
Zeiten kein Auskommen ohne Kreditsystem in der
Volkswirtschaft geben würde. Die Erfahrungen in
den ehemaligen Ostblockstaaten haben aber gezeigt,
daß die Macht der Großgeldbesitzer gebrochen werden
kann, ohne daß die Geldwirtschaft aufgegeben wird.
Aber die Versuche die privatkapitalistische
Warenproduktion durch die
staatliche
Warenproduktion bzw.
durch eine staatliche Naturalproduktionsplanung zu
ersetzen haben zum Mißerfolg geführt. Die
Produktionsplanung für die Nachfrage auf dem Markt
durch autonome Unternehmen hätte beibehalten werden
müssen.
11. Verstaatlichung der Banken. Aufhebung der
Börsen.
Im Zuge des Übergangs
zur solidarischen Warenwirtschaft sollten die
Banken zum größten Teil verstaatlicht werden.
Allgemeine Aufgabe der staatlichen Banken wäre die
Geldverwaltung der sozialistischen Betriebe und der
Kleinsparer bzw. die allgemeine Organisation des
Zahlungsverkehrs.
Die Kosten der
staatlichen Banken für die eigenen Dienstleistungen
sollten nicht durch Zinseinnahmen gedeckt werden,
sondern durch Zuteilungen aus dem Staatshaushalt.
Als Teil des Staatssektors sollten die Kosten der
staatlichen Banken also aus dem Staatshaushalt
gedeckt werden.
Wenn dem
sozialistischen Staat nach einem allgemeinen
Schuldenerlaß prinzipiell keine Schuldenaufnahmen
erlaubt sind, dann kann er nicht durch
Überschuldung in die Zahlungsunfähigkeit getrieben
werden. Durch den Verzicht auf Schuldenaufnahmen
verliert der Staat, wie gesagt, kein Geld, sondern
er gewinnt im langfristigen Mittel, wie man oben
gesehen hat, Kaufkraft hinzu (vgl.
Abb2 Deutschland, Differenz zwischen
Schuldenaufnahmen und Schuldendienst).
Zum Ausgleich von
kurz- und mittelfristigen Differenzen zwischen
Geldeinnahmen und Geldausgaben kann der Staat
einen Geldreservefonds unterhalten. Überwiegen
zeitweilig die Ausgaben die Steuereinnahmen, dann
kann der Staat auf seinen eigenen Geldreservefonds
zurückgreifen. In Zeiten mit relativ niedrigen
Ausgaben und Überwiegen der Steuereinnahmen kann er
seinen Geldreservefonds wieder auffüllen (Sparen
des Staates in der eigenen Kasse).
Schuldenmachen ist nicht notwendig. Staatsbankrotte
durch Überschuldung sind damit von vornherein
ausgeschlossen. Wie solide private Haushalte kann
auch der Staatshaushalt ohne Schuldenmachen solide
finanziert werden.
Ferner sollten die
Börsen geschlossen werden.
Finanzblasenbildungen auf Grund von
Börsenspekulationen würde es damit nicht mehr
geben, und das Finanzsystem würde radikal
vereinfacht werden. (In der DDR gab es übrigens
keine Börsen – es ging auch ohne sie)
12.
Wirtschaftswachstum und Umweltschutz
Die Kurve des
exponentiellen Wachstums steigt allgemein im Zuge
des zeitlichen Fortschritts immer schneller an, der
jährliche Zuwachs wird, bei gleicher Wachstumsrate,
immer größer und damit steigt die Wachstumskurve in
der langen Frist immer steiler in Richtung
unendlich an. In der realen Welt ist daher
allgemein ein unbegrenztes exponentielles Wachstum
z.B. mit der Rate 2% unmöglich. Das gilt auch für
die Weltbevölkerung und die Weltproduktion.
Wenn die
Weltbevölkerung unbegrenzt exponentiell wachsen
könnte, dann würde nach einer bestimmten Zahl von
Jahren kein Stehplatz auf der Erde für jeden
Erdenbürger mehr zur Verfügung stehen. Wenn die
heutige Weltbevölkerung von etwa 7,6 Milliarden
Menschen, noch 500 Jahre um 2% jährlich wachsen
könnte, dann würde nach dieser Zeit die Bevölkerung
auf Menschen
anwachsen. Die Landoberfläche der Erde
beträgt , d.h. es würde dann für jeden Menschen
nur noch etwa
Land zur Verfügung stehen.
Richtig, das ist nur eine Abstraktion, aber sie
zeigt bereits, daß ein unbegrenztes exponentielles
Wachstum der Weltbevölkerung unmöglich ist bzw. in
die Katastrophe führen würde, wenn es nicht
rechtzeitig beendet werden würde.
In der realen Welt
leben heute, wie gesagt, etwa 7,6 Milliarden
Menschen auf der Erde. Und nach Prognosen der
Vereinten Nationen werden es Ende des 21.
Jahrhunderts ungefähr 11 Milliarden sein. Jedes
Jahr kommen heute etwa 82Millionen Menschen hinzu,
also etwa eben soviel wie die Einwohner
Deutschlands. Jedes Jahr wird die Menschheit heute
also um die Zahl eines großen Landes größer.
Diese Zahlen der realen Welt lassen erahnen,
daß bereits im 21. Jahrhundert die Probleme des
Bevölkerungswachstums überhand nehmen, und alles
getan werden muß um das Bevölkerungswachstum zu
begrenzen.
Auch die
Weltproduktion kann langfristig nicht
unbegrenzt exponentiell wachsen. Das gilt auch für
bestimmte Teile (Sektoren) der Weltproduktion. Zum
Beispiel allein die unablässige Fortsetzung des
exponentiellen Wachstums der Welt-Bauproduktion
würde, abgesehen von vielen anderen Prozessen des
Produktionswachstums, in historisch relativ kurzer
Zeit in die Katastrophe führen. Im Jahr 1926
betrug die Welt-Zementproduktion 62,4 Mill.
Tonnen und sie ist bis zum Jahr 2009
auf 3060 Mill. Tonnen angewachsen. Die
Welt-Zementproduktion ist demnach zwischen 1926 und
2009 im Jahresdurchschnitt um etwa
gewachsen (vgl.
Abb3).
Abb3
Wurden im
Durchschnitt aus 1 Tonne Zement 8 Tonnen Beton
gefertigt, dann wurde im Jahr 2009 die
Betonmasse von ungefähr
gleich
hergestellt. Würde
die Betonproduktion, ausgehend von der Anfangsmasse
im Jahr 2009, mit der Rate von 4,8% noch 250 Jahre
lang weiter wachsen, dann würde sie auf
anwachsen.
Wenn diese Betonmenge lücken- und hohlraumlos
über der gesamten Landoberfläche der Erde
gleichmäßig verteilt wäre (Landoberfläche der Erde
), dann hätte sie, bei der Dichte des Betons von
(durchschnittliche Trockendichte), nach 250 Jahren
eine Höhe von etwa
erreicht. Damit ist klar,
daß eine 250-jährige Fortsetzung des Wachstums der
Bauproduktion wie bisher in der realen Welt
unmöglich ist.
Würde die heute (im
Jahr 2009) produzierte Betonmenge im Betrag von
gleichmäßig über der Landoberfläche der Erde
verteilt werden, dann ergäbe sich eine Betonschicht
in der Höhe von
.
Diese Schicht wäre
so dünn, daß sie mit bloßem Auge kaum sichtbar
wäre. Für die Gegenwart
zeichnet sich in dieser Abstraktion also noch
nichts Bedenkliches ab. Aber lange vor 250
Jahren wäre die verheerende Wirkung des
„grenzenlosen“ Wachstums der
Bau-Produktion
nicht mehr zu übersehen und würde viel früher auf
diese oder jene Art und Weise beendet werden.
Rohstoffmangel, insbesondere Sandmangel könnte eine
Rolle spielen. Es ist aber zu befürchten, daß
heute die Grenze der Beschaffung von Sand und Kies
noch lange nicht erreicht ist. Sand könnte aus
immer größeren Entfernungen zu den
Produktionsstätten transportiert werden. Der
Transport der Baustoffe würde wachsen, zusätzlich
zum ohnehin wachsenden Güterverkehr bei
exponentiell wachsender Produktion der Güter
insgesamt, aber Sand als Baurohstoff würde zunächst
noch ausreichend zur Verfügung stehen. Es ist
ferner zu befürchten, daß Ersatzrohstoffe für Sand
und Kies gefunden werden können, wenn sich diese
Rohstoffe immer mehr verknappen.
Zum Beispiel im Zuge
der Müllverbrennung fällt in immer größeren Mengen
Asche an, die heute schon zum großen Teil im
Straßenbau genutzt wird.
Wird der Sand als Baurohstoff immer knapper,
dann ist es denkbar, daß Müllasche so bearbeitet
werden kann, daß sie auch als Rohstoff für den
Häuserbau verwendet werden kann.
Der Verknappung des
Sandes stünde dann das Wachstum der Müllache als
Baurohstoff gegenüber.
Oder andere Ersatzrohstoffe für die Bauproduktion
könnten gefunden werden.
Die
Beendigung des exponentiellen Wachstums der
Bauproduktion aus Rohstoffmangel ist offenbar noch
lange nicht in Sicht.
Damit besteht die
Gefahr, daß die Landfläche der Erde unablässig
weiter bebaut wird, und daß damit die
landwirtschaftliche Nutzfläche immer kleiner wird.
Wenn die
Weltproduktion exponentiell wächst, dann wachsen
auch die Abfälle der Produktion und Konsumtion
exponentiell. Ab einem bestimmten Höhegrad des
Wirtschaftswachstums
werden schließlich auch die Müllprobleme unlösbar.
Durch die Müllverbrennung entsteht neuer Müll der
zum Teil noch giftiger ist als der Ausgangsmüll
(z.B. Dioxin). Durch Verbrennung wird die
Gesamtmenge an neuem Müll nicht kleiner, sondern
sogar noch größer (in der Summe aller festen und
gasförmigen Abprodukte). Die vollständige
Entgiftung aller Rückstände der Müllverbrennung ist
auch in modernen Großanlagen schon deshalb
illusorisch, weil bei der Verbrennung des Mülls
nicht bekannt ist welche Inhaltsstoffe in welchen
Mengen zu einem bestimmten Zeitpunkt verbrannt
werden. Schon die Entgiftungsmethoden bei bekanntem
Inhaltsstoff sind großenteils problematisch,
abgesehen von den Kosten der Entgiftung und der
Herausfilterung der Schadstoffpartikel aus den
Rauchgasen. Auch das bei der Müllverbrennung
entstehende CO2
belastet die Umwelt.
Ein weiteres
Beispiel von verheerenden Wirkungen des
exponentiellen Wachstums in der langen Sicht ist
das Wachstum des Weltenergieverbrauchs und davon
abhängig das Wachstum der CO2- Emissionen. Wie
dramatisch der Welt-Energieverbrauch in der langen
Sicht gewachsen ist zeigt die nachfolgende Grafik:
Abb4
Weltenergieverbrauch im Industriezeitalter
Die Grafik nach Abb4 zeigt,
daß nach dem zweiten Weltkrieg das naturwüchsige
Wachstum des
Weltenergieverbrauchs durch das Wachstum der
Erdöl-, Erdgas- Kohleproduktion dominiert wurde.
Die Grafik nach Abb4 zeigt ferner, daß Anfang der
1980er Jahre der Öl-, Gas- und Kohleverbrauch und
der Weltenergieverbrauch insgesamt zeitweilig sogar
negativ gewachsen sind. Zeitweiliges
Negativwachstum des Weltenergieverbrauchs ist also
möglich. Was aber mit Hinsicht auf den Umweltschutz
Rettung verspricht stellt im kapitalistischen
System eine Krisenerscheinung dar.
Die Wirkungen des exponentiellen Wachstums der
CO2-Emissionen sind langfristig verheerend. Das
Klima droht zu kippen, was für die ganze Menschheit
lebensbedrohlich ist. Aber alle Bemühungen zur
Senkung der CO2-Emissionen in der Weltgesamtheit
wurden durch das exponentielle Wachstum
kompensiert.
Wie alle
gesellschaftlichen Grundordnungen – Urgesellschaft,
Sklavenhaltergesellschaft, Feudalismus – ist auch
der Kapitalismus keine ewige Ordnung. Aber im
Unterschied zum Untergang der älteren
Wirtschaftsordnungen besteht heute die Gefahr, daß
der Untergang der kapitalistischen Ordnung die
ganze menschliche Gesellschaft mit in den Abgrund
reißt. Die Gefahr ist real. Nicht nur
ein Klimakippen durch Überwachstum der fossilen
Energieproduktion ist existenzbedrohend für die
ganze menschliche Gesellschaft.
13. Ausblick
Der
Sozialismusversuch in den ehemaligen
Ostblockstaaten ist gescheitert, die Versuche die
Warenproduktion aufzuheben
haben nicht zum Erfolg geführt, aber auf der
Grundlage der kapitalistischen
Warenproduktion
sind die heutigen großen Wirtschafts- und sozialen
Probleme offenbar ebenfalls nicht lösbar. Die
kapitalistische
Warenproduktion
wurde im Osten wieder eingeführt, aber statt den
versprochenen blühenden Landschaften haben sich
gravierende wirtschaftliche Probleme eingestellt.
Der Osten Deutschlands z.B. ist in der Entwicklung
nach wie vor hinter der des Westens
zurückgeblieben. In China haben sich die regionalen
wirtschaftlichen Unterschiede und die
Einkommensunterschiede, trotz oder gerade wegen des
beispiellosen Wirtschaftswachstums in den letzten
Jahrzehnten, vergrößert (zur Zeit gibt es in China
600 Milliardäre, mehr als in jedem anderen Land der
Welt), das Problem der Arbeitslosigkeit ist auch in
China nicht gelöst, und die großen
Umweltschutzprobleme sind ungelöst. Rußland
befindet sich zur Zeit in einer schweren Rezession,
und in den meisten Ländern Osteuropas haben sich
ebenfalls Krisenerscheinungen eingestellt. Weltweit
verschärft sich das Flüchtlingsproblem. Auch in der
Europäischen Union breitet sich politisches und
soziales Chaos aus. Die „neue US-Weltordnung“ hat,
nach der Aufgabe des Sozialismusversuchs in den
ehemaligen Ostblockstaaten, das soziale Chaos und
die blutigen Aufstände und den Terrorismus in der
Welt nicht beseitigt sondern vielmehr verstärkt
oder heraufbeschworen. Der US-Imperialismus löst
die heutigen Weltprobleme offenkundig nicht. Eine
neue solidarische Wirtschaftsordnung ist
erforderlich, was im Interesse der großen Mehrheit
der Weltbevölkerung liegen würde.
Editorische Hinweise
Wir
erhielten diesen Text für die Augustausgabe vom
Autor.
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