Stadtumbau & Stadtteilkämpfe
Gießen braucht eine andere Wohnungspolitik


von
M. Berger

04/2019

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Wohnraum zu erschwinglichen Preisen ist in Gießen knapp. Über 1.200 Wohnungssuchende sind registriert. Die bürgerlichen Politiker in Land und Stadt haben jahrzehntelang tatenlos zugeschaut, wie immer mehr Sozialwohnungen aus der Mietpreisbindung gefallen sind. Sie haben desinteressiert zur Kenntnis genommen, dass immer weniger Sozialwohnungen gebaut wurden. Der soziale Wohnungsbau verfällt und Wohnungen verkommen, solange Vermieter mit Modernisierungen keinen Profit herausquetschen können. Zwangsräumungen nehmen zu. Mit dem Wohnungsmangel steigen die Mietpreise ins Unbezahlbare. Die Gießener Stadtpolitik ist nicht auf die Bedürfnisse der Menschen ausgerichtet, sondern folgt den Profitinteressen der Investoren und Baugesellschaften.

Seit 2007 wird in Gießen häufig das „beschleunigte Bauverfahren“ von allen Stadtregierungen durchgeführt. Dabei bleiben Bürgerbeteiligung und ökologische Aspekte auf der Strecke.
An der Brüder-Grimm-Schule in KleinLinden soll ein Investor eine Streuobstwiese angrenzend an die Schule mit Reihenhäusern bebauen. In der Interessengemeinschaft „Erhalt Freifläche Grundschule“ wehren sich die Betroffenen lautstark.

Sie haben sicher das Beispiel der Garbenteicher Grundschule vor Augen, deren Sportplatz vor der Haustür zum Wohngebiet für Einzelhäuser gemacht wurde. Seitdem müssen die Kinder zum „neuen“ Sportplatz wandern und der Platz ist beengt. Besonders betreibt die Ex-Bürgermeisterin Weigel-Greilich (Grüne) eine Politik der Auslieferung an Investoren. In Gießen-Allendorf will sie ein Hochwassergebiet versiegeln lassen und an Investoren verhökern.

Und nun sucht sie Investoren für das Motorpool-Gelände, auf dem 200 Wohneinheiten in bis zu 80 Gebäuden errichtet werden sollen, darunter Reihenhäuser – warum keine Hochhäuser? Eine riesige Platzverschwendung. Und die geplanten 107 Sozialwohnungen sind ein Tropfen auf den heißen Stein. Die 3300 Wohnungen, die bis zum Jahr 2020 in Gießen fehlen, können so nicht erreicht werden.

Gießen braucht eine andere Wohnungspolitik. Die Gießener Politik füttert die Investoren und verhökert öffentliche Flächen. Der Wohnungsbau dagegen muss in öffentlicher Hand durchgeführt werden. Dafür gibt es am 6. April einen bundesweiten Aktionstag. Eine starke Mieterbewegung ist nötig.

Quelle: Gießener Echo, Zeitung der DKP Gießen, Nr. 4/2019, S. 3


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