In der
kurdischen Stadt Agri in der Osttürkei wurde die Kommunalwahl
am Sonntag (29.3.09 - red. trend) von staatlichen Kräften zu
Gunsten der regierenden islamisch-konservativen AK-Partei
beeinflusst. Wie die Wahlbeobachter der Partei für eine
Demokratische Gesellschaft DTP beim Abgleich der
Auszählungsergebnisse aus den einzelnen Wahllokalen mit dem
Endergebnis der zentralen Wahlbehörde von Agri feststellen,
wurden 3000 bis 4000 Wählerstimmen geklaut. Mehrere Wahlurnen
sind verschollen.
Als die
Wahlfälschung offenkundig wurde, protestierte zuerst der
Kandidat der DTP bei dem für die Wahlaufsicht
zuständigen Richter. Als dies erfolglos blieb, gingen am
Montag Nachmittag 20.000 Bürgerinnen und Bürger auf die Straße
und forderten Neuwahlen. Die Polizei griff die Demonstranten
mit Tränengas und Wasserwerfern an. Dann wurde scharf
geschossen. Dabei wurden zahlreiche Menschen zum Teil schwer
verletzt. Über Agri wurde inzwischen der Ausnahmezustand
verhängt. Panzer sind in der Stadt aufgefahren und haben die
Straßen gesperrt. Eine dreiköpfige französische
Wahlbeobachterdelegation sitzt in Agri fest. Auch in
ihrer Umgebung wurde geschossen.
Die DTP hat die Proteste nach den Polizeiangriffen deeskaliert
und der Wahlbehörde bis Dienstag 9 Uhr Zeit gegeben,
Neuwahlen anzusetzen. Als deutsche Wahlbeobachterdelegation
haben wir in der Provinz Agri die Kommunalwahlen in der
Stadt Patnos beobachtet. Dort konnten wir ebenfalls zahlreiche
Manipulationsversuche feststellen. Säcke mit Stimmzetteln
waren nicht versiegelt und wurden vor den Augen der Polizei
vor der endgültigen Stimmauszählung von Mitgliedern der
Wahlkommissionen durchsucht. DTP-Wahlbeobachter konnten den
Raub einer Wahlurne gerade noch verhindern.
Als Beobachterdelegation schließen wir uns der Forderung der
Einwohner von Agri nach Neuwahlen an. Wir fordern die
internationale Presse, die Ereignisse in Agri nach zu
verfolgen und bekannt zu machen. Internationale Öffentlichkeit
ist der beste Schutz für die um ihre demokratischen Rechte
kämpfenden Bürgerinnen und Bürger von Agri.
Unsere
Delegation hält sich weiterhin in der Provinz Agri auf. Für
weitere Informationen stehen wir gerne zur Verfügung.
Dr. Nikolaus Brauns
Kontakt zur Delegation: 0090- 534 295 37 51
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