Am 20. Februar ging die
diesjährige Berlinale mit einer Gala zu Ende.
Aber nicht allen war zum Feiern zumute. Zeitgleich startete
eine Demonstration, auf der über 600 Personen für
Gewerkschaftsfreiheit und gegen prekäre Arbeitsbedingungen in
der Kinobranche eintraten. Sie startet um 18 Uhr am Potsdamer
Platz und endet am Kino Babylon in Berlin-Mitte.
Dort haben sich die Beschäftigten
seit Monaten für den Abschluss eines Haustarifvertrages
eingesetzt und wurden dabei von der anarchosyndikalistischen
Freien Arbeiterunion (FAU) unterstützt. Ihr wurden im Rahmen
einer einstweiligen Verfügung untersagt, sich als Gewerkschaft
zu bezeichnen. Mittlerweile drohen FAU-Sekretären Ordnungsgelder
und sogar Haft, weil sie nach Ansicht der
Babylon-Geschäftsführung gegen die Einstweilige Verfügung
verstoßen habe. Diese direkte Drohung ist nach einem aktuellen
richterlichen Beschluss nicht mehr akut.
FAU-Sekretär Lars Röhm sieht die
in internationalen Konventionen festgelegte Koalitionsfreiheit
der Beschäftigten verletzt. Deshalb gehörte die Forderung nach
der Gewerkschaftsfreiheit zu den zentralen Forderungen der
Demonstration.
Ein mittlerweile von der
Dienstleistungsgewerkschaft ver.di mit der
Babylon-Geschäftsführung abgeschlossener Haustarifvertrag wird
von Röhm kritisiert. Gerade die Teilzeitbeschäftigten, die sich
in den letzten Monaten besonders für den Abschluss eines
Haustarifvertrags im Kino eingesetzt hatten, drohen leer
auszugehen. Sie sollen einen neuen Arbeitsvertrag
unterschreiben, in dem die Arbeitszeit auf 10 Stunden die Woche
begrenzt wäre und Nebentätigkeiten trotzdem
genehmigungspflichtig sind, moniert Röhm. Bisher verweigert
ein Großteil der Kinomitarbeiter die Unterschrift unter den
neuen Vertrag. Die Berlinale bedeutete für die
Babylon-Beschäftigten zusätzliche Einbußen. Dann verrichten
speziell eingestellte Service-Kräfte die Arbeiten im Kino.
Blick hinter die Kulissen
Für Röhm steht das Kino Babylon
nur stellvertretend für die prekären Arbeitsbedingungen in der
Kinobranche, die auf der Demonstration zum Gegenstand der Kritik
werden sollen.
„Während Stars und Sternchen sich
im Glanze und Glamour der Berlinale feiern lassen, herrschen
hinter den Kulissen trübe Zustände“, meint der Gewerkschafter.
Schon in den vergangenen Jahren wurden die Arbeitsbedingungen
der Beschäftigten im Rahmen der Berlinale angesprochen. Unter
dem Motto „verdi goes Berlinale“ hatte die
Dienstleistungsgewerkschaft im Jahr 2003 gemeinsam mit den
Verbänden der Filmschaffenden und dem gewerkschaftlichen Projekt
connexx.av auf dem Potsdamer Platz das Cafe verdinale
eingerichtet, in dem sich Mitarbeiter über ihre Rechte
informieren konnten. Im Jahr 2008 organisierte das Berliner
Mayday-Bündnis, in dem sozialpolitische Gruppen Gegenwehr gegen
prekäre Arbeits- und Lebensverhältnisse organisieren,
Kundgebungen vor dem Sitz der Berlinale-Leitung sowie zum
Abschluss eine Gala der prekären Kulturarbeiter. Das Resümee
der Organisatoren war durchwachsen. Das Medieninteresse an der
Aktion sei enorm gewesen, auch viele Beschäftigte hätten sich
positiv geäußert. Doch mit einer Organisierung hätte es
gehapert. „Viele äußerten die Unzufriedenheit mit ihren
Arbeitsbedingungen, aber auch die Hoffnung, in einigen Jahren
einen besser bezahlten Job zu bekommen“, so Mayday-Sprecherin
Hannah Schuster. Auf diese Hoffnung wollen sich die
Organisatoren der Demonstration nicht verlassen. Sei setzten auf
die Selbstorganisation der Beschäftigten in der Kinobranche.
Editorische
Anmerkungen
Wir erhielten
den Artikel vom Autor für diese Ausgabe.
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