Leseauszug S.28f
Die Ergebnisse dieses Kurzgutachtens lassen
sich in vier Punkten
zusammenfassen:
- Die
Mietsteigerungen von 1993 bis 2014 sind
sowohl in Ost- als auch in
Westdeutschland stärker als die
Einkommenssteigerung der Mehrheit in
Deutschland. Besonders betroffen sind
Haushalte mit niedrigem Einkommen mit
Mietbelastungsquoten bei knapp 40 Prozent
(bruttokalt, Großstädte). Die Miete macht
über eine Million Haushalte in Großstädten so
arm, dass ihr Einkommen nach Miete
unter dem Regelsatz von Hartz IV
liegt. Die Miete verstärkt so die
soziale Ungleichheit. Dies wird auch an
ungleichen Wohnflächen und
Verfügungsrechten über den Wohnraum
deutlich
(Miete/Eigentum). Armutsgefährdete und
einkommensschwache
Haushalte werden durch die Miete stark
belastet, leben in kleineren Wohnungen und in
unsicheren Verhältnissen wie zur
Untermiete.
- Trägt man
die Ergebnisse verschiedener Studien
zusammen, dann ergibt
sich eine komplexe Problemlage, die
vermutlich noch drastischer ist als
angenommen. Denn werden soziale
Segregation (Helbig/Jähnen 2018)
und Überbelegung bei von mehr als zwei
Personen bewohnten Wohnungen hinzugenommen
(Abbildung 10), dann wird deutlich, dass noch
mehr erschwingliche
Wohnungen in den Großstädten fehlen als die
von Holm et al. 2018
geschätzten 1,9 Millionen. Das liegt daran,
dass es das Phä- nomen
der sozialen Segregation auch in Städten mit
insgesamt ausreichend bezahlbaren Wohnungen
gibt und anscheinend nicht nur kleine,
sondern auch große Wohnungen fehlen.
Letzteres wird erst beim Blick
auf die zur Verfügung stehende
Wohnfläche und nicht mit Blick auf die
Mietbelastungsquote deutlich. Es
fehlen demnach mehr als die von Holm
et al. 2018a berechneten 1,9 Millionen
erschwingliche Wohnungen.
- Nicht nur
kleine Haushalte sind von steigender Miete
und mangelndem
bezahlbarem Wohnraum betroffen, sondern auch
große Haushalte, wenn
nicht eine Mietbelastungsquote von 30
Prozent, sondern die Mindestwohnfläche nach
Meyer-Ehler als Indikator gewählt wird.
Demnach fehlen
erschwingliche Wohnungen auch für größere
Haushalte.
- Neben den
Gruppen mit geringem Einkommen zeigen sich
auch andere Gruppen,
die eine hohe mittlere Mietbelastung
aufweisen. Diese sind
oft Gruppen, die auch sonst gesellschaftlich
benachteiligt sind: Alleinerziehende,
Haushalte mit Migrationshintergrund und/oder
Personen im
Rentenalter, Menschen, die Transferleistungen
beziehen, und Haushalte
mit Menschen mit geringem
Bildungsgrad. Ebenso haben Singlehaushalte
allgemein eine hohe Mietbelastung. Unklar ist
allerdings, wie stark
sich diese Gruppen mit den niedrigen
Einkommensgruppen überschneiden. So bleibt
ebenfalls unklar, ob die hohe Mietbelastung
allein über das
niedrige Einkommen zu erklären ist oder ob
auch Diskriminierung oder
besondere Bedürfnisse (barrierefreie
Wohnungen) dafür verantwortlich
sind. Diskriminierung auf dem
Wohnungsmarkt selbst wurde bisher nur
für Migrant*innen untersucht und
nachgewiesen. Festzustellen ist
grundsätzlich, dass sich die Diskriminierung
in der Gesellschaft auch in der
Mietbelastung der Haushalte
niederschlägt.
Aus diesen
vier Ergebnissen ergeben sich komplexe
politische Herausforderungen, die prinzipiell
in zwei Richtungen angegangen werden können:
starke Markteingriffe
oder hohe Subventionen für Privatpersonen und
Unternehmen. Es entstehen aber auch viele
anschließende Fragen, denen weitere
Forschungsprojekte auf den Grund gehen
sollten.
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