Für die Entwicklung der Israelischen Wirtschaft zwischen den
beiden Parteitagen sind die zunehmende Abhängigkeit vom Kapital
ausländischer Monopole, die Militarisierung der Wirtschaft und des
Staatshaushalts, die Fortsetzung der Konzentration und
Zentralisierung des Kapitals, vor allem der ausländischen
Unternehmen, charakteristisch. Die Juni-Aggression und die
fortwährende Okkupation des Territoriums unserer Nachbarländer haben
die Militarisierung der Wirtschaft und des Staatshaushalts ungeheuer
verstärkt.
Allein die Ausgaben für den Juni-Feldzug überstiegen, laut
Minister Pinhas Sapir, 3,5 Milliarden israelische Pfund. Im Zeitraum
von kurz vor Beginn des Krieges bis nach seiner Beendigung sind die
Rüstungsausgaben rapide gestiegen. Betrugen ipi Staatshaushalt für
1967/68 die veranschlagten Ausgaben für die Rüstung 1,8 Mrd. isr.
Pfund, so erreichten sie im Budget für 1968/69 (einschließlich eines
Zusatzhaushalts) 2,7 Milliarden israelische Pfund. Im kommenden
Haushaltsplan für 1969/70 werden diese Ausgaben bereits dann, wenn
dieses Budget vorgeschlagen wird, 3,1 Milliarden israelische Pfund
erreichen und noch weiter steigen.
Die wachsenden Rüstungsausgaben führten auch zu einer Steigerung
der Produktion für militärische Zwecke. Die Aufträge an Unternehmen
des zivilen Sektors stiegen im Jahre 1968 um das Dreifache. Dadurch
werden der Charakter der israelischen Wirtschaft verzerrt und
materielle sowie menschliche Ressourcen in zunehmendem Maße der
Rüstungsproduktion zugeführt. Der Staat Israel hat sich'in einen
Militärstaat verwandelt, aber nicht nur deshalb, weil seine Söhne
drei Jahre lang zur Armee eingezogen werden und viele Monate als
Reservisten dienen müssen, weil seine Töchter zweieinhalb Jahre lang
obligatorischen Militärdienst leisten, sondern auch deshalb, weil
ein ständig wachsender Teil seiner Arbeiter und Techniker in der
Produktion für militärische Zwecke eingesetzt wird. Es ist nunmehr
eine Situation entstanden, in der die Regierung nahezu nichts mehr
besitzt, was sie den ausländischen Millionären verkaufen könnte. Der
größere Teil der staatlichen Unternehmen und Gesellschaften ist
bereits ganz oder teilweise in die Hände ausländischer Kapitalisten
übergegangen. Während der letzten Monate hat
die Regierung die Versicherungsgesellschaft „Yuvol" und die
Investitionsgesellschaft „Meniv" an ausländische Firmen
verschleudert. Jetzt steht der Verkauf der Elektrizitätsgesellschaft
und der staatlichen Ländereien auf der Tagesordnung.
Nach dem Juni-Krieg wurden die Privilegien für ausländische
Kapitalisten in unwahrscheinlicher Weise erweitert. Die staatlichen
Subventionen und Kredite für ausländische Unternehmer betragen heute
80 Prozent des Wertes aller Investitionen. Der größte Teil der
Kapitalanlagen in unserem Lande befindet sich in amerikanischem
Besitz. Wie Dr. Forder, Präsident der Nationalbank, erklärte,
investierte das USA-Privatkapital während der vergangenen 20 Jahre 1
Milliarde Dollar in unser Land. Kein Wunder also, daß ein großer
Teil der Banken, der Investitionsgesellschaften,
der Industriebetriebe und der Hotels amerikanischen Kapitalisten
gehört. Im Gegensatz zur Politik des Lohnstopps, die seit zwei
Jahren von den Führern der Histadrut und den Unternehmern verfolgt
wird, gab es bei den Unternehmerprofiten keinerlei Einschränkungen.
Laut Angaben des Amtes für Industrielle Planung beim Ministerium für
Handel und Industrie stiegen die Profite der Industriellen im Jahr
nach dem Juni-Krieg (Juli 1967 bis Juni 1968) auf 650 Millionen
israelische Pfund und mehr. In Ihrer Ausgabe vom 10. September 1968
stellt die Tageszeitung .AI Hamishmar" fest, daß es sich bei dieser
Profitrate .um eine der höchsten, wenn nicht gar um die höchste In
der Geschichte Israels" handelt.
Eine der Hauptursachen für diese ungeheure Profitexplosion Ist In
der höheren Arbeitsproduktivität zu sehen: Sie stieg 1968 um 9
Prozent pro Arbeitsstunde. Doch trotz dieser Steigerung der
Arbeitsproduktivität und dieser Hochkonjunktur der Profite bekamen
die Arbeiter keinen höheren Lohn. Im Gegenteil, ihre
durchschnittlichen Reallöhne wurden vielmehr um 1 Prozent gesenkt.
In einer besonders schwierigen Situation befinden' sich die seit
einigen Jahren notleidenden Familien. Die mittellose Bevölkerung in
Israel umfaßte (laut amtlichen Angaben) im Jahre 1966 rund 300000
Menschen; das waren 11 Prozent der Gesamtbevölkerung. Die
notleidenden Familien haben einen Lebensstandard, der weit unter dem
Existenzminimum liegt.
Die Lage der arabischen Arbeiter
Selbst amtliche Angaben besagen, daß Im Jahre 1967 18 Prozent der
arabischen Arbeitskräfte keine Beschäftigung fanden. Dagegen waren
von den jüdischen Arbeitern nur 10 Prozent arbeitslos. Die höhere
Zahl der Arbeitslosen unter den arabischen Arbeitern ist darauf
zurückzuführen, daß die Bauindustrie, die einen großen Teil der
arabischen Arbeitskräfte absorbierte, unter der Wirtschaftskrise
besonders zu leiden hatte.
Die schwierige Lage der arabischen Bevölkerung ist das Ergebnis
einer Politik, die nur darauf gerichtet ist, die Betroffenen zu
unterdrücken und sie von ihrem Land zu vertreiben. Seit Gründung des
Staates Israel wurden den arabischen Fellachen 700000 Dunam
(arabisches Flächenmaß, etwa 0,4 ha —die Red.) Boden geraubt. Die
arabischen Dorfbewohner sahen sich deshalb gezwungen, auf
Wanderschaft zu gehen und in den jüdischen Städten und ländlichen
Siedlungen nach Arbeit zu suchen. Bei Ausbruch der Wirtschaftskrise
kehrten die arabischen Arbeiter in ihre • Dörfer zurück, konnten
dort aber nicht Fuß fassen, weil der Boden ihrer Familien zum
größten Teil enteignet worden war. Recht instruktiv ist die
Tatsache, daß 20 Jahre nach Gründung des Staates Israel In der
jüdischen Landwirtschaft 50 Prozent, in der arabischen
Landwirtschaft hingegen nur 5 Prozent des bebauten Landes mit
künstlichen Bewässerungssystemen ausgestattet sind.
Merkmale des Klassenkampfes
Charakteristische Merkmale des in den letzten Jahren in Israel
geführten Klassenkampfes sind:
1. Die Streikaktionen werden nicht nur in den Betrieben geführt,
sondern auch auf regionaler Ebene (z. B. Im
Don-Gebiet) oder sogar im Landesmaßstab.
2. Die Führung der Kämpfe lag in den Händen echter
Vertreter der Arbeiterklasse, in den Händen von Arbeiter-
und Aktionskomitees.
3. Die Kämpfe wurden nicht allein von ökonomischen Forderungen
wie Zahlung des Lebenshaltungszuschusses, Lohnerhöhungen usw.
bestimmt. Sie trugen auch politischen Charakter, weil sie gegen die
Beschäftigungs-, Lohn- und Antistreikpolitik der Regierung gerichtet
waren. Das kam insbesondere bei den Streiks im Landesmaßstab zum
Ausdruck.
4. An den Kämpfen, die sich über das ganze Land erstreckten,
beteiligten sich auch Landarbeiter. So wurde die Einheit von
Arbeitern in Stadt und Land geschmiedet.
5. Die wachsende Arbeitslosigkeit und die weitere Verelendung
gaben Anlaß zu gemeinsamen Kämpfen von jüdischen und arabischen
Arbeitern. Die Arbeiter von Nazareth und anderen arabischen Städten
und Dörfern nahmen an dem das ganze Land umspannenden Streik vom
Juni 1966 sowie an der Demonstration der Arbeiterkomitees vor dem
Parlamentsgebäude im Januar 1967 teil.