AGIT 883, Nr. 22 vom 10. juli 1969 S. 5,
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KONTERREVOLUTIONÄR
FASCHISTOID
BZ-SCHREIBE
Am vergangenen Sonntag dreute '883" ein Schicksal wie
weiland der "konkret". Seither leben wir unter der Befürchtung, daß
man uns in die Betten pinkelt. Die Gefahr kommt aus Kreuzberg, wo
Genossen der dortigen Basisgruppe ein go-in er-wo.(ä)gen. Ihr Zorn
hatte sich an der Darstellung von Aktionen gegen die Polizei durch
den "Zentralrat der. umherschweifenden Haschrebellen auf der letzten
Seite der Nr. 21 von "883" entzündet.
Am Sonntag auf der wöchentlichen Redaktionssitzung im
Republikenischen Club fielen sie über uns her: der Bericht sei
konterrevolutionär, faschistoid bis faschistisch, könnte direkt aus
der BZ-Redaktion stammen, politisch völlig unmotiviert und nicht
vermittelt, kein Wort von Unterdrückung. Aufstellen eines neuen
obskuren Klassenbewußtseins (Haschraucher aller Länder vereinigt
euch!) die Verknüpfung der Steinwürfe gegen Bullenwagen vor dem
"Obdach" mit den Molotow-Cocktails an der Lietzenburger Str. sei
unverschämt und nur billiger Vorwand, einen Reklameartikel für
Haschkonsum und Haschhandel zu schreiben.
Kapitalistische Kleinausbeuter versuchten auf diese üble Weise,
ihren Umsatz zu vermehren alles nur Wasser
auf die Mühlen der Springer-Presse in der Art: Es stimmt, dass die
Linken alle Hasch rauchen, sinnlos militant sind usw. Schaden des
Artikels sei unübersehbar verheerend mache die ganze Baaisarbeit
zunichte und schließlich:
Da eine solche Scheiße in "883" abgedruckt wird, gelten die gleichen
Vorwürfe der Zeitung, die mit dem Abdruck gleichsam den Inhalt auch
propagiere. Man verlange eine Erklärung!
Wir haben das versucht. Wir haben darauf hingewiesen, daß wir die
halbe Seite besser als einen ausserredaktioneilen Beitrag der
Haschrebellen hätten kennzeichnen müssen.
Aber: Wir betrachten den Bericht als den Teil einer
Selbstdarstellung einer großen Gruppe junger Leute, die sich selbst
als Linke verstehen. Der Zentralrat der umherschweifenden
Haschrebellen als selbsternannter Repräsentant vieler Hascher
versucht unserer Meinung nach klarzumachen: Wir rauchen Hasch, weil
es uns Spaß macht. Wir werden von der Polizei verfolgt. Die Molotowe
in der Lietzenburger Str. werden uns angelastet. Die Antwort der
Polizei war Terror, Razzia, illegale Praxis mit polizeilichem
Erkennungsdienst, laufende Kontrollen. Unsere Antwort - wir"schlagen
zurück. Wir bekämpfen die Polizei und den Staat weiter. Wir schaffen
uns befreite Gebiete. Das alles ist garniert mit Verbalradikalismen,
die Assoziationen schaffen zur Black Power-Bewegung, den Zengakuren
in Japan oder dem chinesischen Befreiungskrieg.
Das Kollektiv "883" sah sich ausserstande hier mit der Sonde der
reinen Lehre des wahrhaften Sozialismus zu messen und den Bericht
abzulehnen.
Wer soll denn die Position der vielen Haschisch-Konsumenten besser
schildern als sie selbst?
Warum sollen wir eine derartige Darstellung durch Kommentare oder
Distanzierungen verwässern oder kastrieren in ihrer unmittelbaren
Wirkung? Wie kann die längst fällige Diskussion über das Problem
besser begonnen werden. als durch die genaue und authentische
Klarstellung von Meinung und Adressat?
Und an die Basisgruppe Kreuzberg: Wo bleibt Eure Auseinandersetzung
mit den "Rebellen" direkt? Wo ist die Einsicht, daß das ihnen
vorgeworfene mangelnde politische Bewußtsein auch eine Folge nicht
geleisteter Basisarbeit ist? Wo sind die Beiträge von Euch in "883"
(oder anderswo), die Euren Standpunkt präzisieren? Wieweit seid Ihr
selbstkritisch gegenüber elitären und majorisierenden Tendenzen?
Die Art der Diskussion in der letzten Redaktionssitzung von "883"
durch die Basisgruppe Kreuzberg war nahezu erschreckend. Geschrei.
Wortabschneiden, dauerndes Unterbrechen, mangelnde Sachlichkeit,
Agressivität, Unduldsamkeit. Das Ende war ein lautstarker Auszug aus
der Sitzung und die Verkündigung des Boykotts. "883" wird in der
"Schwarzen Rose" (das Kneipenkollektiv ist teilweise identisch mit
der BG Kreuzberg) nicht mehr verkauft.
Ein schönes Beispiel konstruktiver Kritik l
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