1917 gilt als Jahr der
Revolution in der Geschichte Rußlands. Je nach
Partei wird dieser weltpolitisch bedeutenden
Ereignisse entsprechend gedacht und die jeweilige
politische Richtung wird gerechtfertigt. In
diesem Artikel soll jedoch dem Proletariat
gedacht werden und dem unsägliche Leiden und
Opfer die den Menschen von den Herrschenden
Klassen aufgezwungen wurden. Die Sichtweise vom
Standpunkt der soziale Basis der Gesellschaft aus
soll außerdem mit den Methoden der
wissenschaftlichen Gesellschaftsanalyse verstärkt
werden. Außerdem ist die historische Forschung
erheblich breiter und umfangreicher geworden und
die zusammengetragenen Ergebnisse sind heute mit
der Vernetzung leicht zugänglich und prüfbar.
Die russische Gesellschaft
war tief in Klassen gespalten. Das Proletariat,
also die unterdrücktesten Klassen und Schichten
der Bevölkerung, bestand in Rußland damals zu
über 90 Prozent aus rechtlosem Landproletariat
das in der Landwirtschaft und mit dieser im
direkten Zusammenhang stehenden Berufen tätig
war. Die Regel war Großgrundbesitz mit meist
Tausenden Landarbeitern sowie unterstützenden
Gewerken wie Schmiede, Müller, Wagner,
Zimmermänner, Köche usw. Dieses Proletariat war
rechtlos und bekam für die Arbeitskraft kaum
genug zum überleben, geschweige denn das etwas
angeschafft werden konnte. Der Arbeitstag hatte
12 bis 16 Stunden und auch die Kinder der
Proletarier wurden bereits als Arbeitskräfte
extrem ausgebeutet. Schulen gab es für die
Proletarierkinder nicht und auch keine Gerichte
die Menschenrechtsverletzungen geahndet hätten.
Die Prügelstrafe und härtere Strafen wurden nach
Klasseninteressen und Gutdünken verhängt. Um
dieses Terrorregime zu erhalten hatten die
herrschenden Klassen Rußlands bereits im Frieden
weit über 2 Millionen Soldaten und Polizisten
unter Waffen die auch jeden Aufstand blutig
nieder schlugen oder flüchtige Proletarier
jagten. Unterkünfte, sanitäre Einrichtungen,
Verpflegung und Versorgung des Proletariates
genügte den einfachsten Anforderungen nicht. Ganz
im Gegensatz zu den Herrschenden Klassen die von
Arbeit freigestellt waren und üppig lebten und
den „schönen Künsten" frönten.
Die Herrschenden Klassen
waren die Besitzer der Produktionsmittel, also
Großgrundbesitzer mit den riesigen Agrarbetrieben
inklusive Nebenbetrieben wie Getreidemühlen,
Schmieden und sonstigen Gewerken. Ein bekanntes
Beispiel wären die Bronstein aus dem Süden des
Zarenreiches, aus dem „Trotzki" entstammte.
Außerdem gab es bereits im Zarenreich in Rußland
eine riesige Bürokratie aus teils geadelten
Staatsbeamten, Offizieren der Armee usw. Beispiel
wäre die geadelte Beamtenfamilie Ulianow, der
„Lenin" entstammte.
Die Kinder der Herrschenden Klassen
brauchten nicht zu arbeiten und wurden in Schulen
geschickt, wo sie mit ihres Gleichen lernen
durften. Kontakte zu Proletarierkindern gab es
keine und praktische Arbeit kannten sie auch
nicht denn dafür hatten die Herrschenden Klassen
das Proletariat.
Über allem Stand der Zar
als Kaiser der diese Klassengesellschaft regierte
und repräsentierte. Rußland war jedoch ein sehr
abgelegenes Land das nur über sehr weite und
teure Transportwege Handel treiben konnte. Auch
das Land selbst war sehr groß und dünn besiedelt
so daß der Austausch von Waren auch auf dem
Binnenmarkt wegen langer Wege sehr teuer und
aufwendig war. Von der Hauptstadt St. Petersburg
bis zur alten Hauptstadt Charkow im Süden wären
es schon 1500 Km gewesen mit Moskau auf halber
Strecke.
Rußland war seit je her
praktisch ein Kolonialland gewesen das den
angeworbenen Neusiedlern vor allem sehr viel Land
und kostenlose Arbeitssklaven zu bieten hatte. Im
Grunde war Rußland sehr lange eine
Sklavenhaltergesellschaft, die jedoch wegen der
weite des Landes und der abgelegenen Lage eine
sehr große Bürokratie aus Offizieren,
Staatsbeamten und Adel gebraucht hatte. Diese
Herrschenden Schichten und Klassen waren wegen
ihrer großen Anzahl und ihrer hohen Ansprüche
jedoch sehr teuer. Außerdem mußte für diese
herrschenden Klassen immer viel importiert
werden.
Das Trotz der Mega Ausbeutung des
Proletariates entstehende Staatsdefizit wurde wie
bei allen Imperialistischen Ländern möglichst
durch Expansion in alle Richtungen ausgeglichen.
So auch bis in das Jahr 2005 wo die Zaren
versuchten große Gebiete in China und Korea unter
Kontrolle zu bringen. Der Krieg mit Japan war
jedoch eine vernichtende Niederlage für die Zaren
mit Hunderttausenden Toten Soldaten und dem
Verlust fast der gesamten Flotte.
Diese Niederlage verschlechterte die Lage
noch mehr und führte Rußland in eine tiefe Krise
mit Aufständen des Proletariates, die jedoch nach
einiger Zeit wie immer Niedergeschlagen wurden.
Allerdings zeigte sich vor allem für die
Jugend in den Schulen der herrschenden Klassen
das diese Gesellschaft und damit Sie selbst in
ihr keine Zukunft hatten. Zudem zeigte sich das
sich der westliche Kapitalismus und eine
bürgerliche Gesellschaft in Rußland so nicht
herausbilden konnte. Es bildeten sich in der
Bürokratie unzählige Zirkel aller politischen
Richtungen. Darunter auch radikale
Sozialrevolutionäre deren Ziel die Abschaffung
der Klassengesellschaft gewesen war. Alexander
Iljitsch Uljanow, der Bruder Lenins, war schon
ganz früh dabei gewesen aber wegen der Planung
eines Aufstandes bereits 1887 hingerichtet
worden. Die Sozialrevolutionäre (Narodniki)
hatten hohes Ansehen beim Proletariat und wurden
bis 1917 stärkste politische Kraft in Rußland.
Diese Partei hatte die Abschaffung der
Klassengesellschaft zum Ziel und war in der 2
Internationale mit Beobachterstatus vertreten.
Sie lebten oft mit und für das Proletariat und
bauten immer wieder Netzwerke von unten gegen die
Herrschenden Klassen auf. Ein Teil davon lebte
jedoch lieber in der Schweiz und anderen
Westeuropäischen Ländern und entwickelte sich zu
Gegnern des Befreiungskampfes des russischen
Proletariates. Sie blickten vor allem auf
Deutschland wo sich zentral in Europa durch
Schaffung eines riesigen Binnenmarktes und guter
Vernetzung des Landes mit den neuen Eisenbahnen
ein kapitalistischer Aufschwung ereignet hatte.
Auch hier gab es noch viel Landproletariat doch
wuchs die Lohnarbeiterschaft sehr stark durch
immer mehr Fabriken die sich in allen Städten
entwickelten. Und gestützt auf diese
Lohnarbeiterschaft entwickelte sich auch die
deutsche Sozialdemokratie zur international
stärksten Massenpartei.
Diese Entwicklung
bestärkte die Herrschenden Klassen Rußlands in
ihrer Verachtung des Landproletariates, daß ihnen
als rückständig, ungebildet, schmutzig, primitiv
usw. galt. Die Adligen Georgi Plechanow, Pawel
Borissowitsch Axelrod, Wera Iwanowna Sassulitsch,
Lew Grigorjewitsch Deitsch und Wassili Ignatow
gründeten in der Schweiz die russische Partei
„Befreiung der Arbeit". Sie war der Kern und der
Vorläufer der „Sozialdemokratischen
Arbeiterpartei Rußlands" (STAPR), die sich 1898
schließlich in Minsk gründete und vollkommen auf
eine sich angeblich auch in Rußland entwickelnde
Lohnarbeiterklasse orientierte. Wladimir Iljitsch
Uljanow, der sich später Lenin nannte, begab sich
ebenfalls zu dieser Gruppe in die Schweiz. Bis in
das Jahr 1917 spielte er jedoch eine
untergeordnete Rolle.
Diese Gruppe wendete sich
vollkommen vom Wissenschaftlichen Sozialismus von
Karl Marx und Friedrich Engels ab. Diese hatten
speziell in Rußland eine soziale Revolution des
Landproletariates erwartet und einen Sozialismus
auf Basis der Landkommunen für möglich gehalten.
Marx und Engels standen der Lohnarbeit und
bürokratischen und herrschenden Klassen
grundsätzlich feindlich und kritisch gegenüber.
Trotz ihres Revisionismus,
ihrer falschen Perspektiven und ihrer Verachtung
für das russische Proletariat und des
Landproletariates allgemein behaupteten die
Vertreter der Sozialdemokratischen
Lohnarbeiterpartei Rußlands jedoch, Marxisten zu
sein. Grundlegende Werke des Marxismus wurden von
ihnen entsprechend abgeändert und als Fälschungen
in Rußland verteilt.
Dem trat die Gruppe Internationale mit
Rosa Luxemburg entgegen. Sie übersetzte die
Schriften von Marx und Engels richtig in das
russische und entlarvte die Fälscher. In den
Teilen Polens und Litauens die zum Zarenreich
gehörten, gründeten sie die Sozialdemokratische
Arbeiterpartei Polens und Litauens (SDKPiL) und
gewannen dort stark an Einfluß. Beim Aufstand
nach der Niederlage des Zaren im russisch /
japanischen Krieg von 2005 organisierte Sie in
vorderster Reihe im Zarenreich und sehr
erfolgreich Demonstrationen und Streiks des
Proletariates.
Auch in Rußland, Deutschland, Frankreich
und international gewann die Gruppe an Einfluß,
wurde aber extrem verfolgt. Die sogenannte
„Unterdrückung" der Bürokraten sah dagegen so aus
das sie nach Sibirien umziehen mußten. Dort
behielten sie jedoch alle Privilegien und ein
staatliches Einkommen, Hausangestellte usw. Auch
konnte man von dort leicht „flüchten" wenn es
ihnen in der Schweiz eben besser gefiel. Das war
mit der blutigen Unterdrückung des Proletariates
und dessen schweren Lebensbedingungen überhaupt
nicht zu vergleichen.
Die Krise des
kapitalistischen Wirtschaftssystems spitzte sich
bis 2014 zu und die imperialistischen Großmächte
wollten diese Krise jeweils auf Kosten der
anderen Mächte lösen. Alles drängte zunächst auf
den „Kranken Mann am Bosporus", wie das einst
mächtige Osmanische Reich damals genannt wurde.
Für das Regime der Zaren ging es um wichtige
Seehäfen zum indischen Ozean, den Zugang zum
Mittelmeer und als Etappe um mehr Einfluß auf dem
Balkan und natürlich darum mehr Proletariat zum
ausbeuten zu bekommen. Für die bürgerlich /
kapitalistischen Regime von England, Frankreich
und später auch den USA um mehr Kolonien und mehr
Einfluß auf die immer wichtiger werdende Ölregion
am Golf, und natürlich auch darum mehr
Proletarier zum Ausbeuten unter Kontrolle zu
bringen.
Dem kapitalistischen Regime in Deutschland
ging es um selbige Regionen um per Eisenbahn
(Bagdadbahn) Rohstoffe aus der Region und dortige
Märkte für sich zu erschließen. Dazu mußten die
Regime des Osmanischen Reiches und von Österreich
/ Ungarn unterstützt werden, damit diese „ihr"
Proletariat unter Kontrolle behalten konnten.
Marxisten mobilisierten alle Kräfte um den
drohenden Weltkrieg zu verhindern, wurden
international aber verfolgt und ermordet oder wie
Rosa Luxemburg eingesperrt. Sie organisierten
1915 die internationale Zimmerwaldkonferenz aus
Kriegsgegnern, die sich gegen jeden Krieg und
jeden Kapitalismus positionierte und damit einen
Kontrast zu den dem Proletariat feindlich
gegenüberstehenden Strömungen bildete, die
Kriegskredite bewilligten und mit verschiedenen
Kriegsparteien paktierten. Der Krieg war bis
dahin Beispiellos, an zahlreichen Fronten
entwickelten sich immer wieder blutige Schlachten
die auf jeder Seite immer wieder Hunderttausende
Tote und ebensoviel Verwundete zum Ergebnis
hatten, ohne das eine der Herrschenden Klassen
wirklich „siegen" konnte.
Auch das Proletariat in allen Ländern
wurde vom Krieg schwer getroffen. Dringend
benötigte Arbeitskräfte sowie Nahrungsmittel,
Pferde und sonstige Güter wurden den Proletariern
und der Produktion entzogen und für den Krieg
verbraucht. Die jeweiligen Herrschenden Klassen
hätten ewig mit diesem sinnlosen Krieg und dieser
menschenfeindlichen Politik weiter gemacht doch
das Proletariat lehnte sich zunehmend auf.
Das Landproletariat war für diesen Krieg
eingezogen worden, verweigerte aber zunehmend die
blutigen Befehle der Herrschenden Klassen. Vor
allem in Österreichungarn, im Osmanische Reich,
in Italien und in Frankreich wankten diese Regime
und hielten nur mit Unterstützung von den Regimen
in Deutschland oder den USA noch.
Das Regime in Rußland
stand im Osten allein, auch die Offensive des
Generals Brussilow geriet am Ende zum blutigen
Pyrrhussieg mit abermals Hunderttausenden Opfern
auf beiden Seiten. Ab Ende 2016 machte das
Proletariat zunehmend nicht mehr mit, auch das
Proletariat das in die Zarenarmee
zwangsrekrutiert worden war nicht. In der
Hauptstadt St. Petersburg kam es im Februar 1917
zunehmend zu Streiks wegen der schlechten
Versorgungslage und der der sich weiter
verschlechternden Arbeitsbedingungen, unter denen
für den Krieg produziert werden mußte.
Die Demonstrationen und
Arbeitsverweigerungen der Zivilgesellschaft
nahmen die zur Zarenarmee zwangsrekrutierten
Proletarier zum Anlaß sich zu solidarisieren. Die
Adligen und die Bürokratie des Zarenregimes
wurden aus den Betrieben gejagt die Soldaten
setzten ihre Offiziere ab und alle wurden durch
Arbeiter und Soldatenräte ersetzt. In Moskau und
anderen Städten geschah selbiges und das
besonders unterdrückte Landproletariat neigte so
oder so zum Aufstand, auch die wo
zwangsrekrutiert waren.
In Rußland schaffte das Proletariat den
Aufstand und wurde damit zur Avantgarde des
internationalen Proletariates, das sich zunehmend
gegen ihre Herrschenden Klassen wendete. Im
bürgerlich / kapitalistischen Deutschland
verweigerten 1918 die Matrosen der Flotte den
Befehl und wurden zum Auslöser zur Gründung von
Arbeiter und Soldatenräten im ganzen Land,
wodurch der 1 Weltkrieg im Westen faktisch
beendet wurde.
In Rußland wurden die
Zaren im Februar 1917 von den Bürokraten zur
Abdankung gezwungen, nur so konnte das
Proletariat und ihre Arbeiter und Soldatenräte
vor weitergehenden Aktionen abgehalten werden.
Die Bürokratie des Zarenreiches geriet in eine
Krise und bildete unter dem Druck des
Proletariates erst einmal eine „provisorische
Regierung". Diese Leute waren „gebildet" und
wußten durch Kenntnisse der großen Französischen
Revolution was in der Luft lag, nämlich eine für
sie sehr nachteilige Diktatur des Proletariates.
Die Debatten in diesen Kreisen über die Zukunft
ihrer Gesellschaft und wie das zu vermeiden sei,
hatten auch schon viele Jahre gedauert. Es gab
unzählige Zirkel in dieser Bürokratie und alle
Richtungen waren in sich noch zerstritten und
gespalten. Bei den Zaristen gab es Hardliner und
„Reformadel", Vergleichbar mit dem reaktionär von
Goethe in Deutschland. Die Sozialdemokratische
Arbeiterpartei Rußlands hatte sich allmählich
gespalten. Bei den Menschewiki gab es Zentristen
die wie in Deutschland Kautsky glaubten das der
Sozialismus irgendwann in 100 Jahren vielleicht
auf der Tagesordnung stünde oder Lassalljaner die
an das funktionieren des Kapitalismus glaubten.
In den Bolschewiki hatte der Marxismus zunehmend
an Einfluß gewonnen, war aber durch
internationale Verfolgung geschwächt. Außerdem
gab es in den Bolschewiki auch Zentristen und
auch dem Lassaljanertum Vergleichbare. Die mit
Abstand stärkste Partei waren jedoch die
Sozialrevolutionäre, sie hatten bei dem
Landproletariat und den daraus rekrutierten
Soldaten das größte Ansehen. Ihre besten Leute
waren allerdings auch unterdrückt und dem Terror
des Regimes und der Bürokraten zum Opfer
gefallen, so wie Alexander Uljanow. Auch die
Partei der Sozialrevolutionäre war inzwischen in
sich über das ganze politische Spektrum gespalten
wie die Splittergruppen der STAPR. Die Parteien
bildeten eher lose Zusammenhänge von lokalen
Zirkeln, in denen meist alle oder viele
Richtungen vertreten waren. Öfter wechselten
ganze Zirkel oder Personen der Bürokratie die
Parteien.
Nun hätten all diese
Zirkel spätestens konkret werden müssen aber die
Mehrheit war am Erhalt der Klassengesellschaft
und ihrer persönlichen Privilegien interessiert.
Die „Übergangsregierung" wurde zunächst
von der Liberaldemokratischen Partei (KD,
Kadetten) geführt, die im zaristischen Rußland
geduldet und gefördert war und deswegen stärkste
Partei der zaristischen Duma war. Der Krieg wurde
von dieser Regierung fortgesetzt, lediglich die
Zaren waren zur Abdankung gezwungen worden,
ansonsten blieb alles beim alten, nur daß die
Räte des Proletariates in Stadt und Land noch
immer großen Einfluß hatten und Druck machten.
Diese Partei verschwand allerdings nach den
Wahlen und den Neuwahlen zur Verfassungsgebenden
Versammlung. Im Mai 1917 wurde in Rußland eine
neue Regierung unter Alexander Kerenski gebildet.
Der war wie Lenin auch adliger Herkunft und
stammte ebenso aus Simbirsk. Ein typischer
Bürokrat jener Zeit und Advokat in eigener Sache,
der immer wieder die Partei wechselte und
zeitweilig den Kadetten, verschiedenen
Splittergruppen der STAPR oder dem Rechten Flügel
der Sozialrevolutionäre zugerechnet wurde. Diese
„gebildeten" Bürokraten konnten vor allem sehr
gut reden und lügen, während sie doch eigentlich
nur sehr primitiv waren und nur ihre eigenen
Interessen und die ihrer Klasse vertraten.
Kerenskis Plan war den Krieg fortzusetzen
und die gegnerischen Imperien zu besiegen und
darauf basierend die Klassengesellschaft Rußlands
zu stabilisieren. Auf der Grundlage sollte es
dann angeblich mit Reformen von oben weitergehen,
genau wie das Zarenregime schon immer versprochen
hatte. Doch die militärischen Offensiven
Kerenskis endeten wieder in einem blutigen Patt,
wieder starben auf beiden Seiten Hunderttausende
Soldaten und die Klassengesellschaft Rußlands
geriet noch tiefer in die Krise.
Zudem war den Herrschenden
in Deutschland die Krise in Rußland nicht
verborgen geblieben und sie versuchten darauf
Einfluß zu nehmen und davon zu profitieren.
Lenin hatte bis Anfang 1917 in Rußland und
international keine große Rolle gespielt. Er war
zusammen mit dem führenden Menschewiken Martow
und Anderen in der Redaktion einer
Sozialdemokratischen Zeitung mit Namen Iskra
gewesen. Er schloß sich allerdings den
Bolschewiki an, hatte dort aber nie großen
Einfluß. Sein Zirkel soll bis 1917 nie mehr als
10 Prozent der Bolschewiki umfaßt haben und er
soll allenfalls einmal als beratendes Mitglied
ohne Stimmrecht im Zentralkomitee
(Parteivorstand) der Bolschewiki gewesen sein.
Politisch war Lenin stets ein Gegenspieler
der Marxisten vom Rechten Flügel gewesen da er in
seinen zentristischen Auffassungen noch weiter
ging als die Menschewiki, die ihn von Links
kritisierten. Er war noch stärker auf die in
Rußland nicht vorhandenen Lohnarbeiter fixiert,
noch stärker von der angeblichen Notwendigkeit
der Gründung von bürgerlichen Nationalstaaten
überzeugt und glaubte noch fester an eine
Etappentheorie, derzufolge in jedem Land extra
eine kapitalistische Ära vor dem Sozialismus sein
müßte. Und auch er verachtete das Proletariat das
in Rußland faßt nur aus Landproletariat bestand,
das angeblich von einer „Avantgarde" regiert und
erzogen werden müßte. Und gerade er gehörte und
stammte aus der privilegierten und geadelten
Bürokratie des Zarenreiches.
In seiner Schrift: „Was Tun" legte er
bereits 1902 seine undemokratischen Pläne vor die
zu einer Partei und Diktatur der privilegierten
Bürokratie unter seiner Führung führen sollte.
Die Partei wäre zentralistisch und bürokratisch
organisiert worden und hätte ausgerechnet nur
noch ihm zu folgen gehabt.
Damit kam er in der STAPR, der
Bolschewistischen Splittergruppe und überhaupt
jedoch gar nicht an. Die Spaltung der STAPR
vollzog sich wegen der Linkswende der Bolschewiki
unter Marxistischem Einfluß. Es entwickelte sich
in dieser Gruppe eine Jahre andauernde
Programmdebatte die in dem Programm der
Bolschewiki von 1918 mündete. Lenin hatte zwar
viele Anträge gestellt, konnte sich aber
Inhaltlich überhaupt nicht durchsetzen.
Federführend waren unter anderem Nikolai
Iwanowitsch Bucharin der zusammen mit Jewgeni
Alexejewitsch Preobraschenski auch das „ABC des
Kommunismus", die populäre Erläuterung des
Parteiprogrammes, schrieb
Auf der Zimmerwalder Konferenz von 1915 in
der Schweiz, in der sich Marxisten und
Kriegsgegner sammelten und die als internationale
Keimzelle der neuen Kommunistischen Parteien
gilt, war Lenin vollkommen isoliert. Nicht einmal
seine von ihm mobilisierten und bezahlten Leute
mochten seiner Linie folgen.
Daher diskutierte Lenin hernach mit
Unterhändlern der Deutschen Herrschenden Klassen
und der Reichswehr. Diese waren am Zusammenbruch
des Regimes in Rußland interessiert und ab
Februar / März 1917 ergab sich die Gelegenheit.
Lenin wurde vom Deutschen Regime samt großem
Gefolge per Eisenbahn und sehr großzügiger
Unterstützung in Rußland eingeschleust. Gut
ausgestattet baute Lenin dort einen
bürokratischen Parteiapparat mit vielen
Parteibüros und vielen bezahlten Angestellten
auf. So veröffentlichte er seine „April Thesen"
die verkürzt in der Parole „Brot !, Friede !
Land" mündete und die das Ziel einer
bürokratischen Diktatur unter seiner Führung
hatten. Die Aprilthesen hatten nichts mit dem
Parteiprogramm der Bolschewiki oder dem Marxismus
zu tun sondern waren reiner Opportunismus und
Lügen, mit denen die Diktatur der Bürokratie
erreicht werden sollte. Brot gab es von Lenin
keines denn seine Politik führte zu noch
schlimmerer Hungersnot. Frieden gab es mit Lenin
nicht sondern allenfalls ein Frontwechsel der zum
noch schlimmeren Krieg mit anderen Mächten und
zum Bürgerkrieg führte. Mit der Forderung nach
Land war die Privatisierung und Verteilung des
Landes an Kleinbauern gemeint. Mit dieser
Forderung wollte Lenin die Unterstützung der
Sozialrevolutionären Partei durch das
Landproletariat untergraben. Allerdings war auch
diese rechte „Landreform" eine Lüge denn den
Bauern wurde die Ernte später komplett und ohne
Gegenleistung abgenommen. Nachdem die Räte als
Machtorgan des Proletariates von den Bürokraten
zerschlagen wurden. Zudem forderten die
Bürokraten um Lenin „Alle Macht den Räten",
allerdings nur um sie unter eigene Kontrolle zu
bringen und die eigene Machtergreifung wenigstens
zum Schein zu legitimieren. Die Räte wurden von
Lenin nie akzeptiert sondern umgehend von allen
Kritikern gesäubert. Der Verrat und das scheitern
Kerenskis und anderer Bürokraten und Advokaten
der „Übergangsregierung" einerseits und der
Rechtsschwenk der Bolschewiki mit Unterwanderung
durch Lenin und seiner Bürokratie andererseits
führten zum erstarken der Bolschewiki, die zum
Sammelbecken der privilegierten Schichten des
Zarenreiches wurden.
1917 und 1918 brachte die Bürokratie noch
Lenins Schrift „Staat und Revolution" heraus.
Hier verfälschte Lenin Marx und Engels erneut
indem er die Machtergreifung des Proletariates
mit seiner angeblichen Avantgarde und seiner
Bürokratendiktatur ersetzte.
Das Proletariat ist in
Rußland 1917 durch die verschiedenen Manöver der
Bürokratie mehrfach verraten und getäuscht
worden. Zuerst von den provisorischen Regierungen
und dann auch von Lenins Bürokratie. Zudem wurde
der Krieg noch schlimmer da sich der erste
Weltkrieg auf russischem Boden weiter fortsetzte
und noch Jahre andauerte. Deutschland und
Verbündete zerschlugen für Lenin die weiße
provisorische Regierung die sich im Süden des
Zarenreiches gebildet hatte und besetzten dort
große Gebiete die dann auch komplett
ausgeplündert wurden. Die anderen Mächte
unterstützten und bewaffneten die Gegner des
leninschen Regimes so daß der Krieg auf dem
Rücken des Proletariates noch Jahre andauerte.
Die Bolschewiki nahmen unter Lenin jeden
Bürokraten in ihre Reihen auf. Auch Schlächter
wie die zaristischen Generale und Offiziere wie
Brussilow und Tuchatschewski. Mit der
berüchtigten „Schlageter Rede" des leninistischen
Bürokraten Karl Radek wurde deutlich, daß die
Leninisten nunmehr auch mit Nationalisten und
Nazis Bündnisse machten. Wichtig war nur „die
Partei", womit das bürokratische Regime gemeint
war. Diese Politik wurde mit dem Hitler-Stalin
Pakt später fortgesetzt.
Langsam wurden die Räte des Proletariates
im Bereich Militär, in der Produktion und auf dem
Land durch willfährige Bürokraten ersetzt.
Militärische Ränge wurden wieder eingeführt und
selbstverständlich gab es für alle Bürokraten
Privilegien wie sie im Zarenreich schon üblich
waren. Der sogenannte „Bürgerkrieg" war ein Krieg
gegen das Proletariat, daß sich auch gegen die
Ausbeutung gegen die Bolschewiki mit Aufständen
über Jahre zur Wehr setzte.
Lenin selbst fühlte sich
Ende 1917 „vom Keller an die Spitze gekommen, ihm
drehte sich der Kopf", wie er von Zeitgenossen
zitiert wurde. Damit dies auch so blieb
veranlaßte er die Gründung des Geheimdienstes
Tscheka, um politische Gegner zu unterdrücken.
Dieses Hochgefühl dauerte allerdings nicht lange
denn schon im September 1918 lag er endgültig im
Keller.
Im August 1918 hielt Lenin in einer Fabrik
eine seiner Propagandareden, in der er seine
Politik rechtfertigte. Diskussionen, Aussprachen
oder Kritik des Proletariates wurden wie üblich
nicht zugelassen.
Beim Verlassen der Fabrik wurde er jedoch
von mehreren Kugeln getroffen und schwer
Verletzt. Als angebliche Attentäterin nahm der
bolschewistische Geheimdienst Fanja Kaplan fest,
die ihn kritisierte. Auf Basis eines angeblichen
„Geständnisses" das die Tscheka bei ihrem Verhör
aufgenommen hatte und ohne Gerichtsverfahren
wurde die Sozialrevolutionärin hingerichtet.
Danach wurde ihr Leichnam komplett vernichtet,
vermutlich um Folterspuren zu vernichten. 1922
wurde die Tscheka in GPU umbenannt und angeblich
sämtliche Unterlagen über diesen und zahllose
andere Morde vernichtet.
Ein Motiv Lenin zu ermorden hatte
allerdings faßt Jeder nicht nur Kaplan die eben
Opposition war.
Lenin war ab da jedenfalls stark
eingeschränkt doch gab es in den Bolschewiki
genügend War Lords wie Trotzki, Swerdlow, Stalin
und Tuchatschewski, die zahlreiche Aufstände des
Proletariates und des konkurrierenden weißen
Flügels der Bürokratie nieder schlugen. Lenins
schlechter Zustand wurde von den Bolschewiki
jedoch herunter gespielt und als er an den Folgen
des Angriffes starb wurde er ausgestopft und
weiterhin als Ikone verwendet.
Wie Kerenski setzte auch
der rote Flügel der Bürokratie seine
militärischen Offensiven gen Westen fort und
scheiterte damit genau wie dieser in der Schlacht
bei Warschau und wieder mit Hunderttausenden
Toten.
Unter dem Strich war die
angebliche „russische Revolution" ein Kampf der
Bürokratie mit dem Proletariat. Die Bürokratie
konnte sich in einem Jahre andauernden Kampf
durchsetzen und einen Kapitalismus unter
Kontrolle der Bürokratie etablieren und den
Sozialismus des Proletariates verhindern. Der
Klassenkampf hatte sich als blutiger Motor der
Geschichte erwiesen und war und ist bis heute
nicht beendet. Dem Terror der Bürokratie vielen
in Rußland noch Millionen zum Opfer.
Natürlich gab es unter dem
bürokratischen Regime auch Fortschritte, mit
denen das Regime teils noch heute gerechtfertigt
wird. Eine sogenannte „Bildungsreform" doch ist
Bildung kein Wert an sich. Nicht immer aber oft
sind die „Gebildeten" sogar eigentlich die
rückständigen die nur angepaßte Winkeladvokaten
in eigener Sache sind. Schon Marx kritisierte
diese angebliche „Bildung" in seinem Kommentar
zum Gothaer Programm und stellte klar, das eben
der Staat der rauhen Erziehung durch das
Proletariat unterzogen werden muß und nicht
umgekehrt.
Solche „Reformen" wie sie die Bolschewiki
durchzogen waren auch gar nicht links und eine
breite gesellschaftliche Debatte unter Führung
des Proletariates hätte in Rußland sicher
besseres ergeben. Lenins Landprivatisierung war
schon grober Unfug und blanker Opportunismus
gewesen und total gescheitert, so wie auch die
folgende „Neue Ökonomische Politik" (NÖP)
reinster Kapitalismus war und immer wieder
scheiterte. Aber die Macht der Bürokratie ist
eben für Leninisten das wichtigste, nicht das
Proletariat oder die Gesellschaft die sich selbst
organisiert.
Mit der heutigen
Vernetzung und den heutigen Produktivkräften sind
die Chancen auf Überwindung der
Klassengesellschaft erheblich besser. Herrschende
Klassen und herrschende Bürokratien müssen
abgeschafft werden. Zukunft gibt es nur mit
Demokratie und sozialer Gleichheit.
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