zurück
 
  KOMMUNISTISCHE STREITPUNKTE - Zirkularblätter - Extra zum Krieg - 16.10.1999 - Onlineversion

Zwi Schritkopcher 

Kontinuität und Bruch 

Reflexionen aus der Ohnmacht -------------------------------------- 1999 

   
Ich versuche nach 70 Tagen NATO-Krieg zur Besinnung zu kommen: was ist mit uns in dieser Zeit passiert? 
Hat dieser Krieg im wesentlichen den Karakter eines NATO-Krieges oder eines deutschen Krieges oder beider zugleich? Jedenfalls ist es nicht der sprachlich verordnete "Kosovo-Krieg", dieser Fokus ist von vornherein Verengung, Ablenkung, Lüge - auch und gerade als längst alltäglich gewordene Sprachregelung bis tief in "die Linke". Es ist auch kein bloßer "Krieg gegen die Bundesrepublik Jugoslawien", noch ein "Krieg auf dem Balkan", sondern für uns hier in der Bundesrepublik Deutschland ist es unmittelbar und allererst der neue deutsche Krieg, der Krieg, den "unsere" Berliner Republik führt. Den sie mit uns hier führen möchte. "Wir" - als "Deutsche", Staats-Bürger, und sonst nichts - führen diesen Krieg tatsächlich, solange wir - als Menschen und als Produzent/inn/en seiner ökonomischen und gesellschaftlichen Basis und Möglichkeit - ihn nicht verhindern bzw. beenden. Solange bleiben wir in der Rolle von treudeutschen Mittäter/innen, Dulder/innen und Gaffer/innen. 
Wir werden pausenlos bombardiert. Wir? Ja: unseresgleichen auf dem Balkan mit den Waffen, die unseresgleichen hier und in den anderen NATO-Ländern produziert haben. Auch die Söldner, die diese Waffen gegen die dort arbeitenden Menschen und ihre Lebensgrundlagen Tag und Nacht einsetzen, sind Lohnarbeiter, pervertierte Facharbeiter/innen der Destruktionsmittel, Spezialist/inn/en der Menschenabschlachtungsindustrie. Wir bombardieren uns selber. 

Ja durchaus: die wir hier arbeiten bzw. gerade "Arbeit suchen" müssen, um zu überleben, werden ebenfalls massiv bombardiert - mit Bildern, mit "Informationen". Die Kriegspropaganda ist totaler und radikaler, als wir uns das seit Goebbels Zeiten überhaupt erst vorstellen konnten, wir Kinder eines halben Jahrhunderts freiheitlicher Demokratie der bundesdeutschen Kapitalherrschaft. Jetzt zeigt sie uns endgültig, zu welcher professionalisierten und flächendeckenden Lügenfabrikation ihre erwachsen gewordenen Kreaturen imstande sind. Diejenigen von Goebbels' Enkeln, die sich für Antifaschisten halten liessen, die ihre Jugend verraten haben (Walter Benjamin) und mit der "antifaschistischen" Frase ihre imperialistische Karriere und den deutsch-bürgerlichen Muff von 100 Jahren bemänteln, tun genau das, was jene "Kunst der Propaganda" heute erfordert, um eine Masse von Leuten in Deutschland für den erneuten deutschen Aggressionskrieg, eine Masse von lohnabhängigen Zivilisierten hier für das barbarische Kriegsabenteuer des Kapitals doch noch einmal erpressen und überrumpeln zu können: die einzigartige deutsche Schuld an der Vernichtung der Juden, Sinti und Roma, die Verbrechen der Deutschen Wehrmacht usw. einfach umzudrehen, zur "Auschwitz-Keule" und zur "zivilgesellschaftlich" erledigten historischen Abwicklungsmasse zu erklären, die nunmehr auf beliebige andere "Hitler" projiziert werden, an deren Staatsvölkern abgestraft werden kann. Durch diesen sofistischen Entlastungstrick die Täternation als Opfernation hinzustellen und die so fabrizierte "Keule" umgehend gegen das Opfer der nächsten deutschen Aggression einzusetzen sowie gegen alle, die sich in Deutschland weigern, diese Aggression mitzumachen! Durch diese auf allen Ebenen gewaltsame Umkehrung, Abwälzung der unvergleichlichen, unauslöschlichen deutschen Schuld das kapitalistische, imperialistische Deutschland wiederum zum Täter "guten Gewissens" zu machen und das Opfer, als jugoslawischer Staat - sogar in der direkten historischen Kontinuität Opfer Deutschlands - als "den" faschistischen Täter zu bezeichnen, als den Weltfeind, dem "die internationale Gemeinschaft nicht tatenlos zusehen" könne! 
Den hemmungslos vom Zaun gebrochenen, schwarz auf weiss provozierten und gewollten Krieg als Krieg zugleich zu zeigen, zu rühmen und zu leugnen, indem er "humanitäre Intervention" genannt wird! Die elementarsten Kriterien der Demokratie, der Zivilisation, des bürgerlichen Rechts auf internationalem Maßstab über den Haufen zu werfen unterm Firmenschild und im Interesse einer imperialistischen, kapitalistischen Räuberbande, die sich "Weltbürgergesellschaft" und "Zivilgesellschaft" schimpft: die NATO setzt das Recht wie es vormals der Führer tat! Die ins Auge springende Kontinuität mit der faschistischen "Neuordnung Europas" ausgerechnet mit dem Projekt "Neue Weltordnung" zur Diskontinuität, zur erneuerten "Anti-Hitler-Koalition" zu erklären! Also Täter zu Opfern, Opfer zu Tätern, Aggression zu Humanität, Barbarei zu Zivilität, rechts zu links, Extremismus zur "Mitte der Gesellschaft", die Abenteuerpolitik der herrschenden Kapitalfraktionen zur Weltfriedenspolitik für uns alle umzudefinieren - das zeigt, wie diejenigen, die vor 1984 beschlossen "Realpolitiker" zu werden, seit 15 Jahren ihren Orwell weiterentwickelt haben, um sich heute diese Definitionsmacht über die Realität anmaßen zu können. Ihr Dauer-Flächenbombardement mit zivilgesellschaftlichem new-speak und informationsgesellschaftlichem icon-think war und ist die erste ideologische Bedingung für die Entfesselung ihres Materialkriegs. Ihre Bomben wären ohne ihre Bilder nicht möglich. Ihre willfährigen Spezialist/inn/en in "den Medien" fälschen und lügen mittels Bildern und Informationen, die für sich genommen Fragmente und Partikel der Wahrheit sind, Realität. Indem sie diese Bilder "praktisch verwerten", wie sie das nennen, für ihren brainwash, den eigenen und unseren: für die Billigung der "gerechten" imperialistischen "Operation", werden die Begriffe beschossen, Bedeutungen zerstört, der Gesamtzusammenhang eliminiert, die Realität manipuliert. Die Basisbanalität, dass das erste Opfer ihres Krieges die Wahrheit ist, banalisiert noch durch ihre abstrakte Richtigkeit die Wirklichkeit: dass Menschen wie wir, Arbeiter/innen, Kinder, Rentner/innen usw. vernichtet, verstrahlt, verseucht und gemetzelt werden unter dem Deckmantel dieser Wortbildungen wie "Restrisiko", "Kollateralschaden", "chirurgischer Eingriff", "humanitäre Operation", "sauberer Luftkrieg", "Krieg gegen M.", der aber gar kein Krieg sei sondern eine zivilgesellschaftliche Aktion ... Dieser totale Kriegseinsatz der Bilder, Wörter und Detailinformationen, diese Mobilmachung der Selektion der Informationen - das heisst schon der elementaren Logik, ja dem einfachen Menschenverstand und der Sprache selbst den Krieg erklären; Semantik, Kommunikation und Denken gezielt zerstören. Eine permanente Aggression in der Tat gegen uns im Hinterland! Ihr erstes Kriegsziel hat sie bereits erreicht: sie hat gewirkt. Das ideologische, politische Bombardement durch "unsere" demokratisch sich gleichschaltenden "Massenmedien" hat die Masse von uns Einzelnen hier einschliesslich "der Linken" gelähmt und zur hilflosen Manövriermasse, zum ruhigen Hinterland für den Bombenkrieg gegen unseresgleichen dort gemacht (Unterschied noch zum zweiten Golfkrieg!)... 
 

Vernichtende Trennungen der Proletarität 

So sind wir hier unmittelbar getrennt von unserer Sprache, sie haben uns sprachlos machen können. Getrennt von unserer Kommunikation mit unseresgleichen auf dem Balkan, sind wir entsolidarisiert. Getrennt von der Verfügung über die Informationen und die Bilder der ganzen Realität, sind wir verwirrt und von der Realität abgeschnitten. Im manipulierten, selektiven Realitätsbild "der Medien", "der Öffentlichkeit", der statements der "Realpolitiker/innen" kommen wir und unseresgleichen auf dem Balkan als Realität entweder überhaupt nicht vor oder nur als hilflose Opfer oder als Hilfstruppen und Manövriermasse der verschiedenen kriegführenden Seiten. Das reale Wir der Objekte der überall herrschenden Ausbeutungsordnung und ihres neuen Kriegs ist momentan unsichtbar, im Spektakel des überall hin übertragenen Bildes vom war theater beherrscht uns das falsche "Wir": die verordnete Staatsvolks-Gemeinschaft, im Reigen der imperialistischen "internationalen Staatengemeinschaft" in Gestalt konkurrierender Kapitalgruppen und -"Standorte", also in bester "Welt-Bürgergesellschaft". Es gibt überhaupt nur noch "Bürger" und "Bürgerinnen", wie uns die totalitäre Sprachregelung der kapitalistischen Konkurrenzgesellschaft seit langem weismachen will. 

Hinter dieser lächerlichen Kulisse dieser angeblich besten aller möglichen Welten sind wir real mehr denn je proletarisiert: so oder so der übelsten Lohnsklaverei unterworfen, und in diesem Kampf ums Überleben, mit oder ohne vergoldete Ketten, produzieren wir in zunehmender globaler Vernetzung den immensen gesellschaftlichen Reichtum - nicht für uns, die Produzent/inn/en, sondern für Firmen, Staat und sonstige Verwertungskörperschaften, fremdes Eigentum, als uns gegenüberstehende wachsende fremde, feindliche Macht, abstrakte, lebenzerstörende Verwertung von Wert als Selbstzweck in "globalisierter" Konkurrenz. Diese Konkurrenz ist aber auch alles, was uns mit "Bürgern" deckungsgleich erscheinen lässt - im rat race von Job und Karriere wie in der "Suche nach einem Arbeitsplatz". Die optische Täuschung, die das Wir unserer Proletarität=Lohnarbeit mit dem jeweils überlebensnotwendigen, frei gewählten Konkurrenz-Standort Firma/Behörde/Nation zusammenfallen lässt im falschen "Wir" einer corporate identity bis zu irgendeiner staatlich-völkisch-rassistischen Konkurrenz- und Überlebens-Identität, dieser reale verkehrte Schein hält uns im Normalzustand als Bürger/innen, d.h. Konkurrenten der Ware Arbeitskraft und sonst nicht viel mehr, eingefroren. Wie sollte uns der periodisch auftretende, immer wieder notwendig werdende Eskalationszustand der bürgerlichen Konkurrenz, ihre gewaltsame Austragung zwischen den Kapitalgruppen mittels Staatsmacht, also der moderne Krieg, aus diesem tiefgefrorenen Konkurrenzzustand auftauen lassen?! Im Gegenteil: spontan bestätigt und erhärtet jeder kapitalistische Krieg zunächst das falsche "Wir" - und sei es in der Bewusstseinsform "Wir sollten uns da raushalten!" ... Die Interessen werden eben auf der Ebene des Überlebens warenbesitzender Konkurrenten wahrgenommen. Auf der Ebene der "vitalen Interessen" des "eigenen" Kapitals geht es höchst realistisch um Ausbeutungsquellen welcher menschlichen und natürlichen Art auch immer: um erreichbaren und realpolitisch umstrittenen "Lebensraum" - der Ressourcen, der Verwertungsbedingungen, der Kontroll- und Handlungsterrains. Wer dieser "Realpolitik" gegenüber ein anderes Wir, andere Interessen geltend macht als die der realen Konkurrenz des bestehenden Kapitals, gilt folgerichtig als "nicht von dieser Welt". Für die olivgrünen "Realpolitiker", die sich unter Schmerzen fürs deutsche und europäische Geschäft professionalisiert haben, gibt es deshalb auch nur noch "naive Pazifisten" - und das sind sie auch: alle, die gegen den Krieg kämpfen wollen, ohne gegen die bürgerliche Gesellschaft der Konkurrenz und der Kapital-Verwertung zu sein. Gegen das verkehrte "Wir", aber ohne das wirkliche, reale Wir, das allein das erstere aufheben kann. Dieses tieferliegende, im Untergrund der Gesellschaft der Waren-Konkurrenz liegende Wir aber ist tatsächlich zunächst unsichtbar.
Das Proletariat ist revolutionär oder es ist nichts. (Karl Marx
 

ImperialistischerKriegAnalogie1 

Diese Spannung ist es, die im tiefsten Grunde unsere Ohnmachtserfahrung, unsere Stummheit und Lähmung angesichts des ersten deutschen NATO-Kriegs bedingt. 

Im Innern, in der Kontinuität der deutschen Misere, die sich darin manifestiert: 

1914 bestand unser Schock in der Erkenntnis: die revolutionäre Sozialdemokratie (II.Internationale) ist seit ihrer Bewilligung der Kriegskredite usw. unwiderruflich ein stinkender Leichnam. Die Möglichkeit einer Neuorganisierung des Proletariats zur selbständigen, revolutionären Partei im imperialistischen Krieg gegen den imperialistischen Krieg durch seine Umwandlung in den Revolutionskrieg gegen die jeweilige Bourgeoisie im "eigenen" Land und damit gegen die Weltbourgeoisie, den imperialistischen Kapitalismus insgesamt - diese Möglichkeit schien aber damals realiter gegeben (dialektisch: realer Schein!), d.h. auch wenn die objektive und subjektive Reife oder Unreife des damaligen (Welt-) Proletariats und erst recht der großen Mehrheit der (Welt-) Bevölkerung für den Übergang zu "Sozialismus" bis heute strittig bleiben muss: für den Aufbruch zur vermeintlichen oder wirklichen proletarisch-communistischen Revolution war damals noch subjektiv, organisatorisch und damit auch objektiv ein "Kader"=Rahmen und eine wenn auch zunächst zusammengeschmolzene rudimentäre Basis da, aus der heraus der Bruch mit dem organisierten Opportunismus wiederum organisiert werden konnte, von der Zimmerwalder Linken, den Bolsheviki, Spartakus-Leuten und anderen revolutionären Gruppen bis zu den Massenstreik- und späteren Räte-Strukturen hin. Wie und warum dieser weltrevolutionäre Aufbruch, der in der Tat den imperialistisch-kapitalistischen Krieg beendete, ihn aber unglücklicherweise nicht richtig in den vollentfalteten Weltbürgerkrieg gegen die Weltbourgeoisie weitertreiben konnte, sondern stattdessen durch direkte Konterrevolution abgeblockt wurde (Noske/Ebert), in bloßen bürgerlich-revolutionären Akkumulationsregimes hie und da steckenblieb (Lenin) oder direkt konterrevolutionär staatskapitalistisch verpfuscht wurde (Stalin), ist hier nicht entscheidend; sondern dass für den weltrevolutionären Bruch und Aufbruch seinerzeit die Masse und Qualität an Bewusstsein trotz allem mobilisierbar, organisierbar war. Das Proletariat sah sich zwischen 1914-17 ins zermalmende Nichts zurückgeschleudert, aber es war, blieb und wurde daraufhin erst recht revolutionär. Das ist im deutschen NATO-Krieg 1999 genau gegenteilig: das Proletariat ist bereits "mit friedlichen Mitteln" so vollständig "vernichtet" als Gesellschaftsklasse-für-sich, als gesellschaftliches Lager und Partei im genuin Marxschen, wissenschaftlichen Sinn (d.h. nicht i.S.v. von "KP" oder sonstwelcher Repräsentation) und erst recht als internationale Assoziation, dass dieser erste imperialistische Krieg für eine "Neue Weltordnung", d.h. neuartige Neuaufteilung der Einflusszonen unter die Kapitalgruppen, überhaupt möglich geworden ist. Subjektiv und organisatorisch, also an der theoretischen, politischen und ökonomischen Front des Gesellschaftsklassen-Kriegs, ist das Proletariat heute überall so restlos entwaffnet, zurückgeworfen, verwirrt, desorientiert, demoralisiert, atomisiert und "aufgelöst", dass es mit der ganzen Humangattung in eine fast tierische Stummheit zurückgedrängt worden ist, in der im großen und ganzen die Worte "Geld!", "Job" bzw. "Karriere", "meine Familie", "mein Auto" etc., "meine Firma", "mein Gott!" etc. bzw. deren Ikonen sowie die Korrelate "Scheisse" und "geil" oder "mega" usw., vor allem aber das statistisch häufigste Wortsurrogat im Weltmaßstab: "O.K.", den Horizont seiner bewussten Interessen artikulieren. Diese Beobachtung hat mit einem kulturpessimistisch-wertkonservativen Lamento per se nichts zu tun. Denn in der Spannweite, im Rahmen dieses binären Codes zwischen "OK" (= Geld) und "Scheisse" (= kein Geld) spielt sich durchaus der historisch elaborierteste Nuancenreichtum unserer Kommunikation ab! Aber er überschreitet den Horizont von Wert- und Warenform, Geld, Kapital und den ihnen entsprechenden Fetischformen normalerweise nicht: dieser Denk- und Sprachrahmen des Common Sense ist mehr denn je anakronistisch geworden gegenüber dem inhaltlich-dynamischen Reichtum der Gegenstände unserer Arbeiten, Bedürfnisse, Kommunikationsmöglichkeiten und Widersprüchlichkeiten des Erlebten heute, so dass er diesen Gehalt immer brutaler einebnet und erdrückt. Im Prokrustesbett von Waren-,Geld-, Kapital-Form können sich unsere Sprache, unser Denken, unsere Kommunikation und unser gesellschaftlicher wie individueller Reichtum unmöglich entfalten, sondern all das wird permanent zugleich wieder abgetötet. Die entscheidende Erkenntnis, dass wir als Proletarisierte nicht natur-schicksalhaft in dieser zerstückelten und binär konditionierten Lage überleben müssen, sondern als Gesellschaftsklasse alles in den Händen und Köpfen haben, um uns den gesellschaftlichen Reichtum unmittelbar durch gesellschaftliche Kommunikation, sprich: planende Verständigung als selbst-bewusste Produzent/inn/en, produktiv anzueignen, d.h. uns als Proletariat nicht auflösen, sondern nur aufheben können - diese Erkenntnis würde den Horizont der Warenfetischformen überschreiten und ist durch ebendiesen Horizont zunächst verstellt. Es handelt sich dabei nicht um einen "geschlossenen" Verblendungszusammenhang oder Teufelskreis, sondern um eine epochale historische Niederlage und Defensivsituation im sozialen Krieg der Gesellschaftsklassen nach dem vergangenen "kurzen Jahrhundert" der bürgerlichen, der faschistischen und stalinistischen Konterrevolution, der Übergänge der "fordistisch"-"tayloristischen", "postindustriellen", "postmodernen" usw. Entwicklungsetappen dieser kapitalistischen Formation. Die kronisch gewordene Krise der kapitalistischen Verwertung und Akkumulation (historisch spezifische Verlaufsform des tendenziellen Fallens der Profitrate) seit den 1970ern, die ihr entspringende Katastrofenkette in sämtlichen Sfären der Reproduktionstotalität, nicht zuletzt in der Subjektivität des gesellschaftlichen Individuums, haben das kapitalistisch-revolutionierte neuzusammengesetzte Gesamtproletariat ebenso explosiv ausdifferenziert wie implosiv überfordert. Deshalb - und keineswegs etwa aufgrund eines geschichtsfilosofisch-mythisch "einst versäumten" Augenblicks unwiederbringlicher Revolutions-, "Erlösungs"-Chance -- sind wir Proletarisierten in diese fatale, komplizierte, verzweifelt scheinende historische Lage abgedrängt worden. 
Von allen Produktionsinstrumenten ist die größte Produktivkraft die revolutionäre Klasse selbst. (MEW4,181) Solange wir aber im Status von bloßen Produktionsinstrumenten des Kapitals, nämlich im Status der Lohnarbeit verbleiben, solange produzieren wir allen unseren gesellschaftlichen Reichtum, alle unsere individuellen Potenzen und kooperative power nur weiter gesteigert als uns fremde, feindliche Macht; die größte Produktivkraft wird jeden Augenblick zur größten Destruktivkraft gegen uns selbst, gegeneinander, zur gegenseitigen Vernichtung wie in diesem neuerlichen Krieg. Als RMA (Revolution of Military Affairs), Fortsetzung von warenproduzierender Technologie, Ökonomie, Politik, Kultur als Selbstverwertungskonkurrenz an sich - anstatt als praktische Kritik der politischen Ökonomie und des entfremdeten Alltagslebens für uns: als Revolution of Our Own Affairs. 
 

ImperialistischerKriegAnalogie2 

In dieser historischen Defensivlage konnte auch die Analogie zum 2.imperialistischen Weltkrieg so geschickt und dreist von der heutigen Bourgeoisie gegen uns missbraucht werden und hat viele von uns überrumpelt - bis tief in die radikale Linke hinein greifend: die angebliche Analogie zur Anti-Hitler-Koalition. Die wirkliche historische Analogie (richtiger: Homologie) besteht in der Tat im imperialistischen Karakter der Teilnehmer - einschliesslich der Sovjetunion (welche ihren imperialistischen Karakter zuerst in der Kollaboration mit Deutschland und nach dessen "treubrüchigem" Überfall in der imperialen Färbung des "Großen Vaterländischen Krieges" sowie ihrer imperialistischen Rolle in der Nachkriegsordnung offenbarte) - bei gleichzeitiger antifaschistischer Bestimmtheit des Krieges insgesamt - spätestens seit Bildung der Anti-Hitler-Koalition - aufgrund des Zusammenfallens des inter-imperialistischen Widerspruchs Achsenmächte/Anti-Hitler-Koalition einerseits mit dem Krieg der unterdrückten Bevölkerungen, d.h. wesentlich proletarischen und kleinbürgerlichen Gesellschaftsklassen, gegen die deutsche Okkupation und "Neuordnung Europas" sowie gegen Deutschlands Faschisierungsgriff nach der Weltherrschaft (einschliesslich des innerdeutschen Widerstands gegen das NS-Regime) andererseits. Dieser Widerspruch - als "kleinster gemeinsamer Nenner" aller Widersprüche des 2.Weltkriegs - reduzierte sich tatsächlich auf den welthistorischen Entscheidungskampf von Demokratie gegen Faschismus: mögen auch die imperialistischen Teilnehmer des Kriegs gegen die faschistischen Achsenmächte ebenso viel oder wenig mit proletarischer, revolutionär über den Kapitalismus hinaustreibender Demokratie im Sinn gehabt haben wie die US-amerikanische "Reaktion-auf-der-ganzen-Linie" oder gar die stalinistische Staatssklaverei -, so repräsentierten sie doch zugleich nolens volens auch das welthistorische Interesse der bürgerlichen Revolution, deren Errungenschaften sie im Munde führten, und der proletarisierten und noch nicht proletarisierten Bevölkerungen, welche diese bürgerlich-demokratischen Positionen und Werte für ihre weitergehenden Klassenkämpfe unbedingt brauchten und unter keinen Umständen der faschistischen Vernichtungsreaktion preisgeben wollten. Fraglos bildete in diesem titanischen welthistorischen Entscheidungskampf um "Demokratie oder Nichtsein" genau das Proletariat - und zwar umgeben von einer ungeheuren Bevölkerungsmasse gerade-noch-nicht-Proletarisierter! - den treibenden harten Kern der ganzen äusserst heroischen Bewegung. Das Weltproletariat war revolutionär, indem es tatsächlich noch militant bürgerlich-demokratisch agierte, d.h. gewissermaßen in der "demokratischen Revolution" verschwand: nicht von ungefähr ging der Sieg über die faschistischen Okkupanten allenthalben in den Anspruch, Versuch des Übergangs zum "Sozialismus", zur Farce immerhin sogenannter "Diktatur des Proletariats" aus der "antifaschistisch-demokratischen Ordnung", "Volksdemokratie" heraus weiter. Da war es nur folgerichtig, dass allein im Hort, der Brutstätte des preussisch-deutschen Faschismus, nämlich auf dem Territorium des von der am meisten imperialistischen Macht USA geschützten und gepäppelten Westdeutschland, wo die Abrechnung und das Aufräumen mit den alten deutschen "Eliten" gerade verhindert werden konnte, keinerlei Übergang zu irgendeinem Sozialismus "realistisch" schien und das Proletariat bis heute in nahezu perfekter postfaschistischer Kontinuität der politischen Nichtigkeit, theoretischen Kopflosigkeit und ökonomischen Knechtseligkeit gehalten werden konnte/musste. 
 

Analogieschlüsse sind falsch 

Auf diese Kontinuität ist der falsche Analogieschluss genau berechnet, mit dem die nachgewachsene deutsche Bourgeoisie 1999 uns Proletarisierten eine Diskontinuität zur deutschen Aggression von ...1939... weismachen will. Die deutsche imperialistische Aggression im Rahmen des NATO-Kriegs von 1999 sei ja diesmal das Gegenteil, weil angeblich dieser Krieg wieder den Karakter einer Anti-"Hitler"-Koalition, nämlich "der internationalen Staatengemeinschaft" (dieser Räuberhorde, die sich über UNO und alles demokratische Völkerrecht hinwegsetzt) besitze, die gegen die quasi-faschistische Bedrohung durch einen "Hitler" M. (gestern war es S., morgen wird es ein anderer austauschbarer Name sein) antreten müsse - im Namen von Humanität, Zivilisation und Demokratie. Weil die deutsche Gesellschaft ja mittlerweile demokratisiert, "normalisiert" sei, stünden wir jetzt also alle schön im Lager der Weltdemokratie - so der Analogieschluss, der geradezu der Konstruktion eines "Hitler" bedarf, um als solcher zu funktionieren. Das serbo-jugoslawische Regime nun angesichts seiner fraglos faschistoiden und völkisch-rassistischen Züge als rundweg "faschistisch" zu bezeichnen - wie es demokratisch-oppositionelle und radikaldemokratische widerständige Jugoslaw/inn/en heute teilweise mit Gründen tun -, stellt allerdings noch lange keine Wesensgleichheit mit dem Hitlerfaschismus und dem deutschen rassistischen Vernichtungssystem her, sondern bagatellisiert diese bzw. ersetzt sie - deren Wurzeln in der deutschen Gesellschaft nie beseitigt worden sind - durch ein billiges Zerrbild (wie es bekanntlich von der Agentur Ruder Finn die ganzen 1990er Jahre hindurch auf Bestellung fabriziert worden ist): eine deutsche NS-Projektion. Gibt es für diese immerhin gewisse Anhaltspunkte in der Realität des großserbischen Chauvinismus mit seinen "ethnischen Säuberungen" und seinem "allein gegen die ganze Welt", so kann der vom serbischen Regime und seinen direkt und indirekt eingesetzten Formationen geführte Krieg gegen nichtserbische jugoslawische Bevölkerungsteile in keinem Fall als Projektionsfläche für Deutschlands faschistischen Griff nach der Weltmacht herhalten: die deutschen Verbrechen der Wehrmacht sowie der Zwangsarbeits-, Massenerschiessungs- und Gas-Vernichtungsindustrie, mit denen der deutsche Imperialismus in dem von ihm langfristig geplanten und vom Zaun gebrochenen Welteroberungskrieg die "Neuordnung Europas" und des Mittelmeerraums durchzuführen begann, sind und bleiben bis heute historisch einzigartig in Ausmaß/Zeitintensität und Qualität, und jede/r Deutsche, der/die das historisch-mentalitätshistorisch unauslöschliche Kainsmal dieser NS-Prägung der deutschen Geschichte, ja der Deutschen seitdem, nun auf andere, seien sie wer sie seien, zu heften versucht, indem er/sie diesen anderen die Chiffren "Hitler", "Auschwitz" usw. anzuhängen wagt - und das, während wiegesagt nach wie vor in Deutschland die ungebrochene Herrschaft derselben "Eliten", die unabgegoltene Kontinuität der Täter, die ungebrochene Dumpfheit der Gaffer und bystanders, die unbestrittene Zweite Schuld der Bundesdeutschen vor der ganzen Menschheitszivilisation zum Himmel schreit, ja noch nichtmal von sowas wie einem finanziellen Schmerzensgeld für die überlebenden Zwangsarbeiter/innen die Rede sein kann -- richtet sich angesichts dieser Grundtatsache des heutigen Deutschlands jede/r solche/r deutsche Schwätzer/in selbst und reiht sich durch derartige Attributierung anderer selbst noch ein für allemal in die kontinuierliche Volksgemeinschaft der Richter und Henker ein: "Haltet den Hitler!" Das serbo-jugoslawische Ausbeuterregime führt gewiss einen chauvinistisch-ethnorassistischen "Säuberungs"-Krieg gegen die eigene Bevölkerung, wobei es den serbischen Bevölkerungsteil selber verheizt -- einen imperialistisch-faschistischen Eroberungskrieg gegen Europa und die Welt, sei diese mehr oder weniger demokratisch verfasst oder garnicht, führt "Miloševic" nicht, und noch nicht einmal die Kriegspropaganda der NATO hat das jemals behauptet. Dass Restjugoslawien und die es beherrschende Klasse Angegriffene sind und nicht die Angreifer und Entfesseler dieses Kriegs, sieht und weiss jedes Kind: das gleichgeschaltete TV zeigt uns ja diese Tatsache, während es sie gleichzeitig im Kommentar, in den permanenten Verlautbarungen vergeblich zu dementieren versucht. So wird die Analogie von antifaschistisch-demokratischem Weltkrieg gegen faschistische Achsenmächte und Krieg der demokratischen NATO-Staaten gegens ethnorassistische Säuberungsregime in Jugoslawien - eine gewisse, historisch gegebene und zulässige Analogie (Homologie)! - für einen völlig verkehrten Analogieschluss missbraucht: der imperialistische Aggressionskrieg gegen das nicht-imperialistische, nicht-faschistische, mit dem Rücken an der Wand für seine schiere staatlich-ökonomische Integrität und "völkisch"-ethnizistische Identität kämpfende großserbische Regime, das weiter keine Ambitionen hat als diese anakronistisch-verrückten -- das sei genau derselbe Kriegstyp wie der gegen die imperialistische Hitler-Mussolini-Tenno-Weltaggression seinerzeit oder, im Vorfeld, gegen die francistische Erdrosselung des demokratisch-republikanischen Spanien (1936-38). Aber gerade in Spanien, im direkten Revolutionskrieg 1936 dort, in den Internationalen Brigaden dann in wenn auch stalinistisch gebrochener Form, aber in der Klassenbasis eindeutig als vom Proletariat und der Dorfarmut sowie bedeutenden Teilen der progressiven, revolutionär gesonnenen Intelligenz getragener Revolutionskrieg mindestens bürgerlich-radikaler, vielfach schon communistisch-libertärer Motivation tritt der Unterschied ums Ganze im Vergleich zu dem imperialistischen Konkurrenz- und Antiproletariatskrieg der NATO überdeutlich hervor: damals hatte das Proletariat die Initiative, war treibende Kraft der Weltdemokratie -- heute dient die demokratische Frase und zivilgesellschaftlich-parlamentarische Hülle, Fassade dem nackten, neu-entfesselten Imperialismus einiger übermächtiger, die "globalisierten" Produktions-, Währungszonen, Bevölkerungs- und sonstigen Ressourcen einer Neuen Weltausbeutungsordnung unter sich neuaufteilenmüssenden Kapitalgruppen und ihrer zunehmend trans-, supranationalen geschäftsführenden Ausschüsse als bloße Chiffre für ungehinderten, alle rechtlichen, moralischen und menschlichen Schranken niederreissenden Anspruch auf Kontrolle, Verfügung, Diktat, Eingriff, Regulierung und Deregulierung eines jeden Terrains, einer jeden Region, "Nation", Ethnie oder Zone, die für die "vitalen Interessen" der jeweiligen Kapitalgruppe positiv oder negativ auf dem Wege liegt. Unterm Strich geht es um die Verfügung, Kontrolle, Disponibilität der ungeheuren Masse infragekommender lebendiger, vor allem ebenso qualifizierbarer wie billiger lebendiger Arbeitskraft, ohne welche die komplizierten Mehrwertketten in der Konkurrenz nicht reissfest sind, sowie das Auswechselnkönnen, Ausschöpfenkönnen und Inschachhalten - nicht zuletzt auch das sich-gegenseitig-Ausrottenlassen - der noch ungeheureren kapitalistischen (d.h. relativen) Übervölkerung. 
Mit einem Wort: dieser imperialistische Auftaktkrieg geht gegen ein zwar völlig unterworfenes, völlig bewusstloses, weitgehend segmentiertes und zerstückeltes und vor allem historisch mental restlos enteignetes, in die Atomisierung und Passivität zurückgeworfenes Weltproletariat -- das in seiner Unsichtbarkeit als Gesellschaftsklasse-an-sich, in seiner Spannweite von höchster Qualifikation bis Pauperisierung in dramatischer Breite und Tiefe, in seiner Latenz als kaotisch subversive populäre und subpopuläre "Kultur" .... mehr und mehr die unbekannte Größe für die Manager der Steigerung der Profitmasse darstellt, ohne die das (einzelne) Kapital seine eigene (allgemein-gegenseitige) Konkurrenz nicht überleben kann. 
 

Faschismus und Demokratie als verschwindende Größen 

Die politökonomische Motivation, die treibenden Interessen der antagonistischen Gesellschaftsklassen in den beiden in diesem Jahrhundert von Deutschland angezettelten Kriegen lassen also einzig die Analogie ihres kapital-imperialistischen Karakters zu, den wir in der Tat als den sozialen Inhalt, den Klassenkarakter des jetzt dritten deutschen Kriegs an der Schwelle zum proklamierten Jahrhundert der Neuen Weltausbeutungsordnung und der Neuordnung Eurolands erleben und der nur ein demonstrativer Auftakt zur neuen Runde des Konkurrenzkriegs zwischen den imperialistischen Kapitalgruppen ist. Der Analogieschluss, in dieser kapitalistischen Motivierung sei auch das proletarische Interesse, ja überhaupt noch das menschliche Gattungsinteresse am Kampf gegen antidemokratische, faschistische Barbarei und äusserste Reaktion "aufgehoben", mit-repräsentiert oder sogar humanistischer Inhalt -- dieser Analogieschluss ist allein schon aufgrund der Vorbedingung dieses Krieges absurd: der Tatsache, dass das Proletariat als eigenständige bewusstseinsmäßige und politisch-organisatorische Kraft gegenwärtig ausgeschaltet ist. Das imperialistische Kapital braucht gar keinen "Faschismus" heute, weder gegen einen revolutionären Ansturm des Proletariats-als-Klasse-für-sich (wie in den 1920er und 30er Jahren) noch als Bündnis- und Manövriermasse gegen den Ansturm mächtiger faschistisch-imperialistischer Konkurrenten. Heute konzentriert das Kapital in seiner "Weltbürgergesellschaft" und "Zivilität" selbst und ausschliesslich alle Barbarei seiner katastrofischen Produktionsweise, deren Folgelasten es auf seine nur scheinbar von ihm unabhängig operierenden geschäftsführenden Ausschüsse und militärischen Formationen in "Metropolen" und "Periferie" verteilt und zwischen warlords und non-governmental organisations, zwischen "Deregulierung" und "Regulations"-Regimes ausbalanciert und gegeneinander ausspielen lässt. Konkurrenz und Kontrolle sind alles, Demokratie und Humanität nichts - denn die "Bürgergesellschaft" braucht sie nicht mehr. Sie ist sich selbst genug: sie hebt den historischen Faschismus in sich auf. Für dieses heutige Weltbürgertum wie für seine "nationalen" Sektionen ist die demokratische politische Form nur noch nötig als Droh-Fassade zur Disziplinierung und Staatsverinnerlichung der atomisierten proletarisierten "Monaden", als regulationsreformistischer Popanz einer utopisch-marktwirtschaftssozialistischen "Demokratisierung der Wirtschaft" des endgültig enthemmten Kapitals. Die demokratische Herrschaftsform ist nur noch als Übergangsform zur klassen- und staatenlosen Gesellschaft selbst realistisch und echt: d.h. als Auftakt zur Diktatur des Proletariats gegen alle Formen (auch staatskapitalistische) der Ausbeutung von Menschen. Nur in diesem Übergang ist das endgültige Verteidigen und Entfalten von Demokratie bis ans Ende historisch heute noch möglich, also einzig noch im Rahmen des revolutionär-proletarischen Bürgerkriegs als Commune, als Assoziation gegen die jeweils eigenen Ausbeuter-Bürger, die ihr gegenüberstehen. 
 

Reaktion auf der ganzen Linie 

In dieser Ausgangskonstellation für den 1999 begonnenen imperialistischen Krieg ist es also keine Marginalie und keine Vignette gewesen, sondern führt auf den Wesenskern, ja den Keim dieses rein-bürgerlichen Kriegs in seinem künftigen Fortgang und verdeckten Sinn, was gerade auch in "der Linken" noch immer nicht registriert geschweige denn in seinem Gewicht für die Klassenkämpfe in Europa erfasst und begriffen worden ist: die Tatsache, dass im Frühjahr 1997 in Albanien ein großer bewaffneter Aufstand stattgefunden hat, dessen proletarisch-revolutionärer Karakter in der herrschenden Medienhetze von Anfang bis Ende erfolgreich entstellt und verdeckt werden konnte ("Chaos", "Anarchie", "Mafiastrukturen" etc.). Gerade die Ansätze zu einer direkten Rätedemokratie sind darin ebenso bemerkenswert, wie sie systematisch verdunkelt worden sind. Eine verdienstvolle Darstellung der wirklichen Vor- und Verlaufsgeschichte sowie des Klassenkarakters dieses bedeutenden autonomen Aufstandes gaben schon damals die Beiträge einer Veranstaltung, nachzulesen im Wildcat-Zirkular 36/37 vom April 1997. Wir zitieren aus dieser Einschätzung: 

"Am 12. März 1997 konstituieren Vertreter aus acht befreiten Städten das 'Nationale Komitee zur Rettung des Volkes', nachdem zuvor schon das militärische Oberkommando in Tepelene eingerichtet worden war. So ab Mitte März tritt so etwas wie der 'Alltag im Aufstand' ein, das Gebiet der Rebellen umfasst jetzt gut ein Viertel des Landes. (...) Derweil setzt hektische internationale Aktivität ein. So gut wie alle Parteien in Tirana, Griechenland und Italien fordern sofortige militärische Intervention. Aber gegen ein Volk, das bis unter die Stirn bewaffnet ist? Vor allem Großbritannien und Deutschland sind dagegen. Als Kompromiss beschliesst die EU, eine bewaffnete Sicherungstruppe zu schicken, um humanitäre Maßnahmen und den Wiederaufbau staatlicher Strukturen zu sichern. Am 17. März treffen sich EU-Vertreter mit Berisha, während die USA ihn auffordern zurückzutreten. (...) Am 28. März 1997 hat der Weltsicherheitsrat der OSZE das Mandat für eine bis zu 3000 Mann starke Sicherheitstruppe erteilt. (...) dass die kapitalistischen Mächte Europas eine Politik der direkten und militärischen Bereinigung der Situation durchzuziehen bereit sind oder wenigstens bereit sind, eine solche Lösung in Kauf zu nehmen. Anders kann weder die weiterhin volle Rückendeckung für Berisha noch die Beibehaltung eines italienischen Oberbefehls über die Truppe verstanden werden. Das ist keine Politik, die sich um Ausgleich in Albanien bemüht, sondern eine Politik, die die Konfrontation geradezu sucht. Dies ist keine Politik, die von den realen Machtverhältnissen ausgeht. Dazu müssten die Interventionstruppen die Existenz der Komitees und die Entscheidungsgewalt der Versammlungen im Süden respektieren. Darauf deutet wenig hin. Es scheint sich eher um eine Politik zu handeln, die die bestehenden Verhältnisse (re)stabilisieren will. Es geht offensichtlich nicht um die 'Wiederherstellung von Recht und Demokratie', sondern (...) es geht um die Installation einer Entwicklungsdemokratur und um die Beseitigung der Macht einer aufständischen Bevölkerung. (...) Was ist das in Albanien? Aufstand, Revolte, Rebellion, Revolution. Man wird hinterher eine Schublade finden, das ist jetzt nicht wichtig, die Entwicklung ist offen. Hinter dem Aufstand steht nicht nur die Erfahrung der Unterdrückung und des Betrugs. ' Albanien muss klein anfangen, wie es die asiatischen Tiger gemacht haben', hat der Vertreter der Weltbank in Tirana gesagt. Das haben sie erfahren in der alltäglichen sozialen Situation in Albanien, aber auch auf ihren miesen und prekären Jobs in Griechenland und Italien. Der Aufstand richtet sich gegen die ihnen zugedachte Rolle von europäischen asiatischen Billiglöhnern. Das ist ein Aufstand gegen einen Kapitalismus, der seine Versprechen nicht erfüllt." Und die Einschätzung schloss damals: "Was mich zur Zeit am meisten entsetzt, ist nicht die Vorbereitung der militärischen Niederschlagung eines Aufstandes. Das ist nichts Neues. Vielmehr entsetzt mich, dass es den Herrschenden so weitgehend gelingt, die Menschen hier gegen die Aufständischen einzunehmen. Ich glaube nicht, dass es jemals einen - sogar erstmal erfolgreichen - Aufstand der Verdammten dieser Erde gegeben hat, der so allein war." 

Seit zwei Jahren ist Albanien de facto Protektorat. Das Berisha-Regime, das aus dem Schoße des Anfang 1991 gestürzten ultrastalinistischen Enver-Hoxha-Staates gekrochen war und sich voll und ganz auf dessen alten Kern, die Geheimpolizei, stützte, und gegen das sich der albanische Aufstand unmittelbar richtete, musste von den europäischen Imperialisten in die Kulissen zurückgezogen werden und sitzt seitdem als das UÇK-Organisationszentrum an der Grenze zum Kosovo. 
Um die Stelle der kosovo-albanischen Widerständigkeit für die Klassenkämpfe in Europa ins Licht zu rücken, zitieren wir aus einem Aufsatz von Martin Rheinländer in der Zeitschrift Die Aktion (Heft 191/194, Mai 1999) "Krise, Klassenkampf und sozialer Krieg in Jugoslawien-Kosovo" (S.32ff): 

"Im März 1981 entlud sich ein bis dahin kaum geahntes Ausmaß an sozialem Hass auf die kosovo-albanische Parteiführung und die Regierung in Belgrad. (...) aber erst die drakonische Repression mobilisierte andere soziale Kräfte. Eine Allianz von Intellektuellen und Arbeitern entstand in diesem neuen Zusammenhang von politischem Protest und Streikbewegungen, eine Allianz, die bis Anfang der neunziger Jahre für die Aufstandsbewegungen bestimmend werden sollte. Die Eskalation im Kosovo traf zusammen mit der offenen sozialen Krise in Gesamtjugoslawien, aber nirgendwo sonst im Land nahmen die sozialen Bewegungen eine derartige politische Kontinuität an wie im Kosovo - bis hin zu einer weitgehenden gesellschaftlichen Selbstorganisierung. (...) 
Der zweite Zyklus von Aufstandsbewegungen und Repression begann dann als Reaktion auf die nationalistische Mobilisierung durch Milosevic seit dem Frühjahr 1987. (...) Ausbruch einer neuen Welle von Protestaktionen und Streikbewegungen im Kosovo. Die Allianz von nationalistisch orientierter Intelligenz und Arbeitern - allen voran die Bergarbeiter des Kosovo - trat wieder auf den Plan. (...) Seit Ende der achtziger Jahre befand sich der Kosovo in einem permanenten Ausnahmezustand. (...) Seit Sommer 1990 existierten im Kosovo keine politischen Institutionen mehr, die auch nur formal eine Integration der Kosovo-Albaner vorspiegelten. Die Republik Serbien befand sich damit zeitgleich mit der Loslösung Sloweniens und Kroatiens in einem regional eingegrenzten, aber von Staats wegen intensiv betriebenen sozialen Bürgerkriegszustand. (...) 
Während das serbische Regime im Kosovo Zug um Zug erst zu einer Serbisierung der Institutionen, dann zur reinen Herrschaft der Belgrader Exekutive überging, organisierte sich im Untergrund eine breite Selbstverwaltung: ein 'Staat im Werden' - mit eigenem Schulwesen, illegalem Universitätsbetrieb und vor allem mit einem eigenen Steuerwesen, das diese Institutionalisierung des Untergrundes finanzieren half. Man kennt die gesellschaftliche Macht, die derartige Selbstorganisierungsprozesse ausüben können. (...) Diese soziale Macht im politischen Untergrund konnte mit der normalen, polizeilichen Repression weder eingedämmt noch kontrolliert werden - ausser in den Formen und mit der Gewalt eines sozialen Krieges. (...) BRD wie USA haben seit Ende der achtziger Jahre ihren ganzen Einfluss im Kosovo dahingehend geltend gemacht, dass von dort allein ein symbolischer Widerstand ausgehen sollte. Die 'Republik Kosova' blieb aussenpolitisch ein Märchenland, mit Ausnahme von Albanien so gut wie nirgends anerkannt. (...) Ob in Paris, Bonn, London oder Washington - überall bekam Rugova, als im Westen gerühmter 'Gandhi des Kosovo', nur zu hören, er solle ruhig so weiter machen, dabei aber die serbische Souveränität bitteschön nicht in Frage stellen. Was Rugova wie andere Dissidenten in Wahrheit zu spüren bekamen, das war die der kosovo-albanischen Opposition zugeschriebene Rolle eines nützlichen Idioten, für dessen Überleben man freilich keinen einzigen Dollar opfern wollte. (...) Aber der nach 1997 steigende Einfluss der UÇK diente mindestens zwei Zwecken: zum einen destabilisierte sie das Kräfteverhältnis innerhalb der kosovo-albanischen Opposition nachhaltig. Zum anderen operierte sie wie ein idealer 'agent provocateur' - als Eskalationsfaktor in der Militarisierung der sozialen Konfrontation. (...) Noch als Antwort auf die Repressionswelle im Frühjahr 1998 nahmen Albaner im Kosovo massenhaft an den Wahlen im Untergrund teil und unterstützten die Partei Rugovas, während die UÇK - politisch erfolglos - zum Wahlboykott aufgerufen hatte. Danach, nach dem März 1998, setzte eine militärische Offensive der UÇK ein, und mit den Gegenangriffen seitens der serbischen Streitkräfte wurde der Kosovo zu einem rein militärischen Operationsfeld. (...) Mit dem Eingriff der NATO und den dadurch noch verschärften Vertreibungsmaßnahmen ist das soziale Terrain im Kosovo buchstäblich zu Staub geworden. In dieser sozialen Wüste können sich nur noch diejenigen bewegen, die diese Verwüstung angerichtet haben, nämlich die drei Armeeverbände - die serbischen Streitkräfte, die NATO und die UÇK. Im sozialen Sinne ist dies ein totaler Vernichtungskrieg, und nichts sieht danach aus, dass er aus sich heraus etwas anderes als weitere Kriegszustände hervorbringen kann. (...) Mit der sozialen Vernichtung des Kosovo ist die Logik sowohl des serbischen Regimes als auch der imperialistischen Politik aufgegangen. Kosovo-Albanien hat im März 1999 zu existieren aufgehört." 

Es ist also der besonders hohe Grad von Widerständigkeit, von proletarischer und gegengesellschaftlicher Selbstorganisationsfähigkeit in dieser Region, welche dem NATO-Krieg im tiefsten Grunde den Karakter einer reaktiven und präventiven Konterrevolution verliehen haben. Unbewusst spricht diese Grundtatsache auch das schärfer analysierende bürgerliche Organ LeMondeDiplomatique aus, wenn es - zunächst auf das widerständige Jugoslawien bezogen - bilanziert: 

"In Wirklichkeit handelt es sich um eine Strafaktion - eine Bestrafung, wie sie mit Ausnahme des Irak noch kein Land zu spüren bekam." 

Im Rahmen dieser imperialistischen Strafaktion, so wird in LeMondeDiplomatique an verschiedenen Stellen (S.2, S.5) nachgewiesen, hatte gerade auch das Anheizen der ethnorassistischen genozidären Massaker und "Säuberungs"-Vertreibungen, das wissentliche Setzen aufs ethnorassistische Regime und zugleich auf die sezessionistisch-nationalistischen Reaktionsformationen, seine konsequente Funktion gehabt, die Bevölkerung zur Räson zu bringen und ihren hochentwickelten Widerstand kleinzukriegen. 
Und im NATO-Krieg selber ist dieser Doppelkarakter auf die Spitze getrieben worden: 

"Indes haben wir es in Wirklichkeit mit zwei Kriegen zu tun: In dem einen Krieg - der, wie gesagt, eher eine Strafaktion ist - tritt der Starke gegen den Schwachen an, die NATO gegen Jugoslawien, in dem anderen der Schwache gegen den Schwächsten, Serbien gegen die Kosovaren, die Streitkräfte Belgrads gegen die 'Befreiungsarmee des Kosovo', UÇK. Auf der einen Seite also ein mit allen elektronischen und technologischen Raffinessen geführter High-Tech-Krieg, auf der anderen Seite Massaker mit der Motorsäge, Massendeportationen, Vergewaltigungen, Hinrichtungen." 

Beide Seiten dieser Doppelstrategie sind einzig und allein gegen die proletarisierte und endgültig zu proletarisierende Bevölkerung der ganzen widerständigen Region gerichtet, was in dem bürgerlichen Blatt unmissverständlich durchschimmert: 

"Die Europäische Union und die Vereinigten Staaten verfolgen mit diesem Krieg je unterschiedliche Ziele, Zwecke und Absichten, die sie der Öffentlichkeit allerdings vorenthalten. Die Europäische Union führt diesen Krieg aus strategischen Erwägungen. (...) Worin also besteht für einen opulenten Staatenzusammenschluss wie die Europäische Union die strategische Bedeutung eines Territoriums? Im wesentlichen in seiner Eigenschaft als Exporteur von Problemen: politischem Chaos, chronischer Armut, illegalen Einwanderern, Kriminalität, Drogenmafia und dergleichen mehr. Unter diesem Blickwinkel sind seit dem Fall der Berliner Mauer zwei Regionen von allergrößter strategischer Bedeutung für Europa: der Maghreb und der Balkan. 
Die Kosovokrise spitzte sich erst nach der Implosion Albaniens 1997 zu, als das Land im Chaos versank. (...) Konnte es sich die Europäische Union leisten, fünf bis zehn Jahre lang mit einem solchen Konflikt vor ihrer Haustür zu leben? Und erst die vorhersehbaren Folgewirkungen in Makedonien und im übrigen Balkan! (...) Die Antwort auf diese Fragen sind die Bombenangriffe der NATO."
LeMondeDiplomatique,dt.Übers.inTaz4.6.1999,S.5 

Wir können hier zusammenfassen: Analogie des deutschen NATO-Kriegs zum Ersten und zum Zweiten Weltkrieg? Ja und nein: 

Alle diese vom deutschen Staat betriebenen Kriege sind kapital-imperialistisch im Klassenkarakter, aber 1999 ist dieser Imperialismus verändert, weiterentwickelt, bedient sich einer anderen Strategie. Auf welchen Feind ist sie jeweils gerichtet? 
Entscheidender Unterschied: Stellung, Verfasstheit, Latenzzustand des Proletariats. 
1914 Resultat der SPD-"Realpolitik", 1999 der Grünen-"Real(o)politik": stinkender Leichnam (Rosa Luxemburg) traditionelle alte und Neue Linke. Ihr jeweiliger "Abschied vom Proletariat" ist besiegelt durch Preisgabe an die kriegführende Bourgeoisie. 
Aber nach 1914 beginnt die proletarische internationale revolutionäre Reorganisierung aus den alten Organisationsstrukturen heraus. 1999 kann sich die "radikale Linke" nur noch ihren Totenschein abholen, während die Proletarisierten überhaupt erst wieder vor der Aufgabe stehen, sich als solche, d.h. als Gesellschaftsklasse-an-und-für-sich in völlig veränderter historischer Form selbst zu erkennen und in völlig neuer Form selbst zur transnationalen direkten communistischen Revolution zu organisieren. 
 

ImperialistischerKriegAnalogie3 

1999 findet sich die vom Proletariat und damit von der überhaupt möglichen Revolution endgültig verabschiedete "radikale Linke" zurückgeworfen auf die Rudimente immer schon bürgerlicher (=jakobinistischer, anarchistischer, idealistischer) "linker Moral". An diese klammert sie sich wie an einen Strohhalm, um überhaupt noch gegenüber der "verantwortungs-ethischen" moralistischen Erpressung der Kriegstreiber argumentieren zu können: mit hilfloser "Gesinnungs-Ethik" statt mit revolutionär-humanistischer Kampfmoral. 
Die Proletarisierten und ihr communistisch-revolutionäres Element aber stehen einstweilen ohne unmittelbare Perspektive auf die Möglichkeit der Umkehrung des Bürger-Kriegs in den revolutionären Krieg gegen die Bürgergesellschaft da. Dieses Dilemma wurde klassisch für die zweite Jahrhunderthälfte des überentwickelten westlichen Kapitalismus schon von der Situationistischen Internationalen angesichts der Kriege des Imperialismus im Jahr 1967, angesichts des eskalierten Vietnamkriegs formuliert: 

"Ebenso hat die Abwesenheit des politischen Lebens des Proletariats als Klasse-für-sich (und für uns ist das Proletariat revolutionär oder es ist nichts) es dieser Linken ermöglicht, in einer Welt ohne Tugend zum Ritter der Tugend zu werden. Wenn sie aber darüber klagt und jammert, dass 'die Weltordnung' ihren guten Absichten widerstreitet, und wenn sie ihr armseliges Streben gegenüber dieser Ordnung aufrechterhält, ist sie praktisch doch mit ihr als ihrem eigenen Wesen verbunden - wird sie ihrer beraubt bzw. schliesst sie sich selbst aus ihr aus, so verliert sie alles. Die europäische Linke ist so arm, dass sie sich scheinbar nach dem bloßen dürftigen Gefühl einer abstrakten Entgegnung wie nach einem Trost sehnt wie der durch die Wüste Reisende nach einem bloßen Wassertropfen. Der Umfang ihrer Not kann durch die Leichtigkeit ermessen werden, mit der sie sich zufriedengibt. Sie ist der Geschichte fremd, genau so wie das Proletariat dieser Welt entfremdet ist; das falsche Bewusstsein ist ihr natürlicher Zustand, das Spektakel ihr Element und der scheinbare Zusammenstoß der Systeme ihr universeller Bezug: immer wenn und überall dort, wo es einen Konflikt gibt, kämpft das Gute gegen das Böse, die 'absolute Revolution' gegen die 'absolute Reaktion'. Die Zustimmung des zuschauenden Gewissens zu fremden Dingen bleibt irrational, und sein tugendhafter Protest versumpft in den Windungen des Schuldgefühls. (...) In Wirklichkeit bekämpfen alle diese guten Leute das nicht, was sie verurteilen, und kennen das nicht, was sie billigen. Ihre Opposition gegen den US-amerikanischen Krieg verschmilzt fast immer mit einer bedingungslosen Unterstützung des Vietcong - auf jeden Fall bleibt sie aber für alle spektakulärer Art. Diejenigen, die sich wirklich dem spanischen Faschismus widersetzten, gingen an Ort und Stelle, um ihn zu bekämpfen. Keiner machte sich aber bisher auf, um den 'Yankee-Imperialismus' zu bekämpfen. Eine ganze Auslage fliegender Teppiche bietet sich den Konsumenten der illusorischen Beteiligung an (...) Der Widerstand gegen den Krieg in den USA selbst ist auf Anhieb ernsthafter, da der wirkliche Feind ihm gegenübersteht. Für einen Teil der Jugend bedeutet er jedoch, dass sie sich mechanisch mit den scheinbaren Feinden ihrer wirklichen Feinde identifizieren - was die Konfusion in einer Arbeiterklasse noch verstärkt, die schon der schlimmsten Verdummung und Mystifizierung unterworfen wird, und dazu beiträgt, sie in diesem 'reaktionären' Geisteszustand zu erhalten, der wiederum als Argument gegen sie benutzt wird. (...) 
Weder das manichäische Gewissen der tugendhaften Linken noch die Bürokratie [der "sozialistischen" bzw. befreiungsnationalistischen Staaten und Organisationen] sind fähig, die tiefe Einheit der heutigen Welt zu verstehen. Die Dialektik ist ihr gemeinsamer Feind. Was die revolutionäre Kritik betrifft, so setzt sie jenseits von Gut und Böse an - sie hat ihre Wurzeln in der Geschichte, und ihr Feld ist die Totalität der bestehenden Welt. Auf keinen Fall kann sie einem kriegführenden Staat zustimmen oder die Bürokratie eines im Entstehen begriffenen ausbeutenden Staates unterstützen. Vor allem muss sie die Wahrheit der aktuellen Konflikte enthüllen, indem sie sie mit ihrer Geschichte verknüpft, und die uneingestandenen Ziele der offiziell kämpfenden Kräfte entlarven. Die Waffe der Kritik wird als Einleitung für die Kritik der Waffen gebraucht. (...) 
Seit der großen Krise im Jahr 1929 wird die Intervention des Staats in die Marktmechanismen immer sichtbarer; die Wirtschaft kann ohne die massiven Ausgaben des Staats, des Haupt'konsumenten' der ganzen nichtkommerziellen Produktion (hauptsächlich durch die Rüstungsindustrie) nicht mehr regelmäßig funktionieren. (...) Durch eine unerbittliche Logik wird das System zu einem immer mehr staatlich kontrollierten Kapitalismus getrieben, der ernste soziale Konflikte entstehen lässt. Die Unfähigkeit des US-amerikanischen Systems, auf sozialer Ebene genügend Profit zu erzeugen, macht seine tiefe Krise aus. Es muss also aussen das schaffen, was es zuhause nicht zustandebringen kann - und zwar die Profitmasse im Verhältnis zu der des vorhandenen Kapitals zu vergrößern. Die besitzende Klasse, die auch den Staat mehr oder weniger besitzt, verlässt sich auf seine imperialistischen Eingriffe, um diesen wahnsinnigen Traum zu verwirklichen. (...) Das künstliche Funktionieren der monopolistischen Wirtschaft als 'Kriegswirtschaft' sorgt vorläufig dafür, dass die Politik der führenden Klasse die wohlwollende Unterstützung der Arbeiter geniessen kann, denen die 'Vollbeschäftigung' und ein spektakulärer Überfluss zugutekommen (...) Nach Rostow, dem 'Wirtschaftsaufschwungsexperten' im State Department, ist Vietnam vorläufig nur das Übungsfeld einer breitangelegten Strategie - die sich in der Zukunft vervielfachen soll -, die mit einem zerstörerischen Krieg (der keine große Aussicht auf Erfolg hat) beginnen muss, um ihren Ausbeutungsfrieden zu sichern. Die Aggressivität des US-Imperialismus entsteht also nicht aus der Verirrung einer schlechten Regierung, sondern sie ist für die Klassenbeziehungen des Privatkapitalismus notwendig, der sich unaufhaltsam zu einem technokratischen Staatskapitalismus entwickeln wird, wenn keine revolutionäre Bewegung ihm ein Ende setzt. In diesen allgemeinen Rahmen der unbewältigt gebliebenen Weltwirtschaft muss die Geschichte der entfremdeten Kämpfe unserer Epoche eingefügt werden. (...) 
Wie immer kann der Krieg - wenn es kein Bürgerkrieg ist - den Prozess der sozialen Revolution nur einfrieren. In Nordvietnam bewirkt er, dass die Bauernmassen der sie ausbeutenden Bürokratie zustimmen - was diese bisher nie erreicht hatte. (...) Keineswegs können sich die revolutionären Strömungen darin erkennen. Ihre Aufgabe liegt am anderen Ende der gegenwärtigen Bewegung, deren absolute Negation sie sein müssen.
Offensichtlich ist es unmöglich, heute eine revolutionäre Lösung zum Vietnamkrieg zu suchen. Es kommt vor allem darauf an, der US-amerikanischen Aggression ein Ende zu setzen, damit der wirkliche soziale Kampf in Vietnam sich dann auf naturwüchsige Weise entwickelt - d.h. also, es für die vietnamesischen Arbeiter möglich zu machen, ihre inneren Feinde wiederzufinden: die Bürokratie im Norden und alle besitzenden und herrschenden Schichten im Süden. Der Rückzug der USA bedeutet die unmittelbare Übernahme des ganzen Landes durch die stalinistische Führung - das ist eine unvermeidliche Lösung. (...) Es kommt also nicht darauf an, den Vietcong bedingungslos (oder auch kritisch) zu unterstützen, sondern konsequent und kompromisslos gegen den US-Imperialismus zu kämpfen. Heute spielen die amerikanischen Revolutionäre dabei die wirksamste Rolle, die die Kriegsdienstverweigerung in sehr breitem Maße (...) befürworten und praktizieren. Die Wurzel des Vietnamkriegs befindet sich in den USA selbst - dort muss sie ausgerottet werden." Situationistische Internationale No.11,1967, dt.1977 Bd.II,S.258-261,267 
Auch hier springen die Analogien, oder vielmehr: die historische Homologie, zu unserer heutigen Situation ins Auge, aber zugleich das Dilemma, dass auch zum Vietnamkrieg und der westlichen Opposition kein Analogieschluss auf 1999 zu ziehen ist. Gerade weil die damalige klarsichtige Einschätzung der imperialistischen Entwicklung des Kapitalismus und seiner Linken sich weit über die tatsächliche Verlaufsgeschichte des Vietnamkriegs hinaus - wie wir heute sofort sehen - bestätigt hat, kann sie für uns heute keine Handlungsanweisung sein sondern nur ein Dokument, aus dem wir lernen können, die alten Fehler des links-radikalen Flügels der bürgerlichen Gesellschaft nicht abermals zu wiederholen und fortzuschleppen, an denen dieser Flügel schon damals auf den Tod erkrankt war und im gegenwärtigen Krieg (als staatsgrünes wie als "ausserparlamentarisches" linkes Lager) endlich ein für allemal zerbrochen ist. 
 

Bruch als Aufbruch 

Fazit: Die Linke ist endgültig tot, ein revolutionäres Proletariat muss sich erst noch aus dem politisch-organisatorischen Nichts heraus wiederfinden, dazwischen ist fürs revolutionäre, negatorische Element der heutigen globalkapitalistischen Gesellschaft nur eines fällig: in aller rückhaltlosen Klarheit der Bruch. 
Bruch mit der Linken, Abnabelung von dieser verwesenden Mutter, aus der wir alle gekommen sind. Bruch mit der dümpelnden spektakulären Oberflächlichkeit vorfabrizierter Analogieschlüsse. Bruch mit der aktionistischen Pseudopraxis, die sich um die theoretisch-analytischen Analogien und Homologien der wirklichen Geschichte entlang der Kette von Kriegen des Kapitalismus nie gekümmert hat, um dann den Analogieschlüssen ins Messer zu laufen, die Wiederkehr des Immergleichen zu ritualisieren. Bruch mit den überkommenen Organisationsformen, die dem heutigen, zu sich gekommenen und sich katastrofisch über sich hinausentwickelnden imperialistischen Kapitalismus nur noch gemäß sind, indem sie dessen funktionale Anhängsel bilden. Dieser Bruch, die revolutionäre Diskontinuität ist also erst durch den Aufweis der Kontinuität des kriegstreibenden Kapital-Imperialismus möglich: als Aufweis des historischen Kontinuums des imperialistischen Welt-Klassenkriegs, dessen perennierender sozialer Grundlage. Dieser Aufweis ist aber kein bloßer "Historikerstreit", sondern allererst Bloßlegen des Klassengegensatzes, Entfachen des vor sich gehenden Klassenkriegs hier, im Hinterland, für uns (= die Proletarisierten international). 
Es ist auch nicht mit dem abstrakten Appell und der angeklebten Beschwörungsformel "Für den Kommunismus!" getan - wie in den wenigen linksradikalen Aufrufen (z.B. zur "linksradikalen Demo" in Köln während der 1.Fase des Krieges), als Hinzufügen einer leeren Sprechblase - ebensowenig wie mit dem billigen Abschwören von der linken Vergangenheit auf neu-linksradikal, womöglich generationistisch festgemacht an "den 68ern" (die schliesslich nicht nur aus den Kriegsgewinnlern der APO bestanden, die heute sozial und politisch im spektakulären Lichte stehen, sondern wesentlich aus denen, die im Dunkeln stehen und die man - in der Glotze und auf den Publizistenforen - nicht sieht), eine falsche, verlogene Diskontinuität der Verdrängung und Projektion, die derzeit den hinterbliebenen Szenespiessern von den Lippen springt (Die Linke ist tot, es lebe die Linke!). 
Der Aufweis von Kontinuität und Diskontinuität bleibt bloß abstrakt, wenn wir ihn nicht als die Härte der objektiven Dialektik (Lukács) zeigen können, in der wir uns passiv oder aktiv bewegen. Das ist historisch-analytische Arbeit, mit der die Rekonstruktion von revolutionärer Theorie und Organisation beginnt. Das können wir nicht individuell, sondern nur in Kooperation. In ihr findet die Arbeit am revolutionären Bruch statt, oder es findet nichts mehr statt. 
Allein mit der Arbeit am Aufweis von Kontinuität und Diskontinuität des imperialistischen Kriegs des Kapitals gegen die Proletarisierten wäre ein radikaler Neubeginn zu machen.
 

LinkeExpertokratie bleibt blind

In den Anstrengungen zur Konkretisierung dieses Aufweises (theoretisch und praktisch, nicht als die laufende Pseudotheorie und Pseudopraxis, Aktionismus, Abspaltung von den Leuten) besteht eine besondere Gefahr. Besonders nochmal "in der Linken", darin, uns vom Heer der Experten vollsülzen zu lassen, deren kleinster gemeinsamer Nenner schon jetzt in dem blinden Fleck besteht: alle möglichen Analysen von allen möglichen Erscheinungen der Kriegstotalität zu liefern, nur nicht von deren struktivem Zentrum: der auf dem Tauschwert beruhenden Produktionsweise, d.h. der Wert- und Warenform der heutigen Welt in ihren verschiedenen Fetischformen (Geld - Kapital - trinitarische Form - spektakuläre Form etc.); dem Klasseneigentum = Privateigentum (Firmen, Staat) an den gesellschaftlichen Produktions- und Lebensbedingungen, das dieser totalitären Warenproduktion, dem System der Lohnarbeit zugrundeliegt; dem Proletariat, das mit diesem privaten Klasseneigentum gesetzt ist und dieses unfreiwillig selber setzt und das wir selber sind; das einzig mögliches Subjekt des Handelns bleibt und Produktivkräfte wie Destruktivkräfte, kapitalistischen Frieden und kapitalistischen Krieg ermöglicht oder aufkündigen kann. Kaum eine der uns überflutenden linken wichtigen und wichtigtuerischen Analysen und Expertisen zum gegenwärtigen Krieg, die diese Kernfrage nicht übergeht. Zwischen der dritten Person plural und singular, von der uns die professionellen Bescheidwisser erzählen, und der ersten Person singular, die von dieser Flut ersäuft wird, bleibt die entscheidende Realität, die ebenso global wie unsichtbar gewordene erste Person pluralis  ausgeblendet.

Der Abschied "der Linken" vom Proletariat, von dessen Begriff und neuer Wirklichkeit, seit dessen bisher erstem und letztem Ansturm in der westlichen Welt: in der "Bewegung  der Besetzungen" Frankreich 1968, und seit dessen spektakulärer Rekuperation, Fälschung und oberflächlichen Eliminierung aus dem Massenbewusstsein in den 1970ern und '80ern, die einhergingen mit dem politischen und ideologischen roll-back durch Kapital&Staat im Weltmaßstab und mit der Verschmelzung des diffusen Spektakels (westlichen Typs) mit dem konzentrierten Spektakel (östlichen Typs) zum integrierten Spektakulären (Guy Debord:  Kommentare zur"Gesellschaft des Spektakels"1988,IV), d.h. zur vollends totalitär gewordenen spektakulären Warenproduktion des katastrofischen Stadiums des Kapitalismus - dieser linke ideologische "Abschied vom Proletariat", während dieses sich dermaßen extensiv und intensiv totalisiert und ausdifferenziert hat, dass man tatsächlich den Wald vor Bäumen nicht mehr sieht - ist mit diesem Krieg endgültig und schockartig in die offenbare Notwendigkeit des Abschieds von "der Linken" umgeschlagen. Ihr endgültiges Versagen vor der traditionell ihr zugewiesenen Aufgabe einer Organisierung wenigstens der Unterstützung von Desertionen und Totalverweigerung  - in dem Maße, mit der Bewusstheit in Richtung eines revolutionären Defätismus, wie es hierzulande heute schon möglich wäre bei der breiten, aber konfusen, diffus-pazifistischen Ablehnung des Kriegs und des Militarisierungsschubs - ebenso wie ihr Versagen bei der Organisierung effektiver, ernstgemeinter symbolischer Aktionen, Nadelstiche usw. gegen die NATO-Logistik etwa im Raum Frankfurt am Main ... - dieser unmissverständliche Offenbarungseid, gerade in der Fixierung auf den Grünen-Kriegsparteitag, in der bleibenden Negativfixierung auf das Regierungslager "der 68er", drängt jetzt allen lebendigen antikapitalistischen Elementen angesichts der Restlinken die Devise auf: lasst die Toten ihre Toten begraben.
 
 

: untergehen und  abwenden,  kein Zurück

Heute gibt es noch nicht einmal eine "Zimmerwalder Linke", es gibt allenfalls die spektakuläre Farce von reformistisch-pazifistischen "Zimmerwalder Konferenzen" für die weltstaatlich orientierten, weltbourgeoisen "Eliten"-in-spe (siehe z.B. jetzt Friedensblättchen der Weltwirtschaftsgipfel-"Stürmer/innen"). War ab Sommer 1914 die Sozialdemokratie nur noch ein stinkender Leichnam, so ist es ab Frühjahr 1999 "die Linke". Revolutionäre, communistische Bestrebungen können nur noch den Bruch mit "der Linken", aus der sie kommen, ins Auge fassen, wollen sie nicht mit dieser ihrer toten Mutter zusammen ins Grab. Denn ein für allemal: "die Linke" war und ist nie etwas anderes als der linke politisch-ideologische Flügel der bürgerlichen Gesellschaft selbst, ihr "ewiges" Jakobinertum, und sie konnte auch nie mehr als das sein. Die Jakobiner, die Linken, waren seit ihrer Geburt in der Französischen Revolution ("Konstituierende Versammlung" 1789-1791, dann Konvent und Wohlfahrtsausschuss bis 1794) patriarchalistisch und bleiben es - trotz permanenter politisch-korrekter Gleichheitsfraseologie. Sie standen von Anbeginn dem plebejischen "Vierten Stand" bald ambivalent bald offen feindlich gegenüber, trotz permanenter überanstrengter Sozial-Sansculotterie. "Die Revolte", für die ihre Politikanten, Militanten, Tribune und Publizisten das proletarisierte Element von Anfang an idealistisch unbewusst oder demagogisch bewusst vereinnahmten, parlamentarisch ausnutzten und immer wieder gegen die proletarische Revolution, gegen Strategie und Klassenkrieg spontaneistisch auszuspielen verstanden (dieser Vulgärspontaneismus hat nichts mit dem proletarisch-revolutionären Spontaneismus etwa einer Rosa Luxemburg zu tun, die theoretisch und strategisch argumentierte), war und ist die Revolte des karrieristischen bürgerlichen Parvenü als "Citoyen/ne", die Revolte des Möchtegern-Bürgers nach oben hinein, der Ersten Person Singularis als junger Mann (oder Karrierefrau) ins großbürgerliche "Erwachsensein" der Akkommodation; der "realpolitische" triviale Roman der Revolte des antiproletarischen Ego gegen seine Proletarisierung. Hätte die spontaneistische und dann aktionistische "radikale" Linke der letzten zwei Jahrzehnte ihre eigene Geschichte der letzten zwei Jahrhunderte einigermaßen reflektiert, statt immer nur im Hier&Jetzt des nächsten Kalendertermins, der nächstbesten "Aktion" in den Tag hinein zu leben, dann wäre sie nicht in der Fixierung und jetzt noch Negativfixierung auf diese "einer von uns"-Figuren wie "Dany" und "Joschka" usw. klebengeblieben, mit denen sie - linksradikal und autonom - nun auch als deren dazugehöriges spiegelverkehrtes Gegenstück untergehen muss.
Der Abschied vom Proletariat, das nie verschwunden ist, sondern sich entwickelt und mannigfaltig verändert hat - verborgen in den verkehrt-realen, warenfetischistischen Erscheinungsformen der Zirkulationsgleichheit (Geldfetisch) und der freien Wahl der individuellen Bedingungen der Lohnarbeit (Lohnfetisch) sowie der spektakulären, d.h. passiv-kontemplativen Wahlfreiheit seiner fabrizierten Bilder und Träume vom eigenen eigentlichen Leben, in denen ihm dasselbe, seine eigene Aktivität, lebendige  Arbeit und individuelle Gesellschaftlichkeit zur feindlichen Macht entfremdet ist (die  Gesellschaft des Spektakels) - dieser ideologische Abschied vom Bezug aufs Proletariat-das-sich-selbst-aufhebt oder unsichtbar zerstückelt bleibt, das revolutionär ist oder nichts ist, erweist sich jetzt als jahrzehntelanger Selbstbetrug "der Linken", als ihre vergebliche Verdrängungsleistung, woran "die Linke" in Wirklichkeit ihren langsamen Abschied von sich selbst genommen hat. Mit dem - wenigstens traditionell linksbürgerlichen =jakobinistischen Bezug aufs Proletariat - ob als Jakobiner gegens Volk (Daniel Cohn-Bendit 1984 im "Pflasterstrand": "Wir sind Danton."), als "Jakobiner mit dem Volk" (Lenin, ML=Stalinismus, Trotskismus und Neo-MLismus) oder als  "autonome" Enragé(e)s - haben sie alle, wir alle!, die historische Funktion verloren bzw. selbst aufgegeben, so etwas wie progressive Mittlerin zwischen bürgerlich-revolutionärer Tradition, bürgerlich-substanziellem Emanzipationsversprechen (Demokratismus-Anspruch "bis ans Ende") einerseits und proletarischem Emanzipationsvermögen zur Klasse-an-und-für-sich, zur Aufhebung der Dualität der beiden gesellschaftlichen Menschenklassen-Lager  überhaupt zu sein. Mit diesem letzten westlichen Krieg des kapital-imperialistischen Jahrhunderts, der zugleich als Auftakt zur Kriegsära bloßen imperialistischen Katastrofen-Managements in der totalen Verwertungskrise des globalisierten Kapitals gelten soll, hat es sich endgültig ausgemittelt. Wenn die winners und wannabe-winners der sixties-people der imperialistischen Metropolen, d.h. der halbe Tross der klassischen "Neuen Linken", generationsweise auf die Seite der offenen Reaktion, der als "Neue Mitte" deklarierten Rechten, der als Klasse soziologisch praktisch ja schon abgetretenen Bourgeoisie nun als Parvenu(e)s-"Elite", Schicht neuer Führungskräfte übergeht, bleibt den "Restlinken" nichts übrig als sich diesem Tross klammheimlich anzuschliessen (Indikatoren z.B.: JungleWorld goes taz, wir konnten es jede Woche beobachten; oder das Straucheln von Figuren wie Mark Terkessidis vor den Oktoberwahlen ...) - oder als losers ihren politisch-sozialen Untergang zu überhöhen (z.B. die "Glücklichen Arbeitslosen" u.ä.), neo-proudhonistisch und/oder apokalyptisch wieder mal einen "Ausstieg aus der Arbeitsgesellschaft" zu stilisieren (mit Sprüchen wie z.B. vom Schwätzer&Hetzer Franz Schandl: "Das Proletariat als Feind des Kommunismus" usw.; die Wiederkehr der "Tunix"-Laller nach exakt 20 Jahren in einem letzten Großangriff auf die Reste etwa noch irgendwo vorhandener Marxscher kritischer Kategorien:  ihr Zentrum der emanzipatorisch-materialistische Arbeitsbegriff), bzw. gleich mehr oder weniger offen, mehr oder weniger schamlos nach rechts unten zu gehen zur "nationalen und sozialen Revolution" (der arrivierte Professor Rabehl e tutti quanti) -- oder sich für den Übergang zu entscheiden, sich auf die historische Option zu besinnen, die den radikalen Linken seit jeher sozial allerdings am nächsten liegt: die neu zu bestimmende communistische Revolution des Proletariats-das-sich-selbst-aufhebt.
 

Aus der Defensive in die Offensive: das strategische Zentrum  ins  Auge   fassen

Die Vermittlung kann nämlich einzig noch in der von Theorie und Praxis dieses Bewusstwerdungsprozesses als Klasse bestehen, nachdem alle blinde, bewusstlose, theoriefeindliche Praxis der zurückliegenden drei Jahrzehnte sich als Pseudopraxis fruchtlosen Reformismus und ohnmächtiger Scheinrevolten erwiesen hat, mit diesem Krieg gescheitert ist. Der neue, umfassendere und die Proletarisierten hierzulande erstmals wieder direkt erfassende Barbarisierungs-Schub, den die Herrschenden (gemanaged durch ihre nachgerückten rechten Neue-Mitte-Linken) mit diesem Krieg eingeleitet haben, lässt  keine revolutionäre Vermittlung mehr zu als die direkt selbstbewusst-proletarische; keine radikale Aktion mehr als die jeweils direkt und "maximalistisch" auf die realen Möglichkeiten des modernsten Communismus weisenden: d.h. nichts anderes als theoretische und praktische Aneignungsvorstöße auf den ungeheuren Reichtum der ungeheuren Warensammlung und der gesellschaftlichen Produktions- und Lebensbedingungen selber - als nützlichen Gebrauchsdingen für unsere (der Proletarisierten und Pauperisierten) enormen Bedürfnisse - für die es keine "nationalen" und gesellschaftlichen Grenzen gibt! Alles darunter mag zwar noch das schattenhafte Zombie-Nachleben traditioneller "linker Politik" und "Utopie" vorführen, wird jedoch lediglich den wohlbekannten Leichenduft von der Art welkender Rosen im Schauhaus des integrierten politischen Spektakels stiften: "Die Linke ist die Linke ist die Linke ..."  im abgeschlossenen Raum ihrer Szene. Nicht dieser restlinke selbstreferentielle Wiedergänger "unserer Utopie", unserer  Rituale, sondern nur eine neu zum Bewusstsein ihrer materiellen und kreativen Möglichkeiten erwachende Aktivität selbstbestimmt assoziierter proletarisierter und pauperisierter Individuen mit dem neuen, direkt communistisch orientierten selbstbewusst- proletarischen  Element als nicht mehr von der Klasse abtrennbarer Kraft kann eine gezielte und motivierte Aneignungspraxis auslösen, die von keiner rechten und keiner linken politischen Partei mehr "repräsentiert" und in die bürgerliche Gesellschaft zurückgelenkt werden kann, sondern den hier und dort wieder beginnenden Aufbruch verkörpert zur Emanzipation der Proletarisierten von ihrer Proletarisierung, der menschlichen gesellschaftlichen Individuen von ihrer Klassifizierung, den gesellschaftlichen Produktions-Möglichkeiten von der Lohnarbeit/Kapital-Form und allen ihr subsumierten Ausbeutungsformen, Emanzipation der kombinierten und individuellen kreativen Arbeit von ihrer Versklavung und Entfremdung in der Ware/Geld/Lohn-Form, gegen den "Standort"- und Welt-Staat, gegen Familienform (Patriarchat), Rassismus und das Elend der Religion.
Erst wer auf eine solche zielgerichtete. ergebnisorientierte Aneignungsbewegung jetzt hinarbeitet - als Teil, aktives Element des heutigen Proletariatsprozesses in und ausserhalb dem unmittelbaren Produktionsprozess des Kapitals - , arbeitet auf die reelle Möglichkeit des Umschlagens des kapital-imperialistischen Krieges in den offen entbrennenden Klassenkrieg gegen "unsere" Abteilung des Weltbürgertums hin, das ja so oder so auf uns schiessen und uns zu vernichten versuchen wird, das aber stückweise auch  taktisch in die Defensive und seinen Untergang gezwungen werden kann, sobald wir - die global Proletarisierten und Pauperisierten - in die strategische Offensive gelangen können.
Gerade in Jugoslawien musste das Kapital (als westlich-imperialistisches IWF- wie als bürokratisch-nationalistisches Staats-kapital) die widerständigen Rudimente exemplarisch und exterministisch schleifen, gegen die ihnen schon zu weit gehenden und unkontrollierbar scheinenden Positionen der Proletarisierten dort ein Exempel statuieren. Die oben zitierte Einschätzung in "Die Aktion" hält hinsichtlich der Klassenkämpfe im Jugoslawien nach Tito zutreffend fest (S.39): 
"Aber das bedeutet gerade in Bezug auf diese Bewegungen, nach der Aneignungsperspektive solcher Kämpfe zu  fragen. Die Arbeiterbewegungen der Achtziger Jahre haben in Jugoslawien die existierenden Institutionen lediglich für sich instrumentalisiert, sie haben die Ausbeutungsstrategien auf ökonomischem Terrain blockiert und damit eine Macht bewiesen, die eine Zeitlang stark genug war, um sich nicht selbst zur gesellschaftlichen Alternative konstituieren zu müssen. Eben das beschreibt das Dilemma, das hier zu einer regelrechten Tragödie wurde, in sozialistischer Perspektive (...)"

Das Exempel, das hier von der internationalen Brüderschaft des Kapitals (Karl Marx) statuiert wurde, heisst: nirgendwo darf es das Proletariat in der Neuen Weltordnung wagen, aus der strategischen Defensive, aus dem Nichts, sich herauszubewegen, in welche das Kapital seit den 1970ern es zurückdrängen konnte.  Unser Dilemma - ob auf dem Balkan, ob in einer der imperialistischen "Metropolen" - heisst: nicht unbewusst-spontan in taktische Offensiven hineinstolpern, weil diese allein in der strategischen Defensive  bleibend zu derartigen "Strafaktionen" des Feindes führen, wie wir sie 1999 aufs blutigste und demoralisierendste erleben.  Sondern unser Dilemma lässt sich nur in der klarsichtigen, illusionslosen und historisch belehrten Orientierung auf die Aneignung der Produktions- und Lebensmittel der heutigen Gesellschaft lösen: im langfristig-offensiv angelegten Zugriff aufs strategische Zentrum des Feindes, viel eher in anfänglich scheinbar nur taktisch-defensiven hit-and-run Nadelstichen, aber in der Wendung zur strategischen Offensive. Diese Wendung aus dem Krieg, der Katastrofe heraus - der allererst als verdeckter Klassenkrieg begriffen werden muss  (und kata–stréfein = altgriechisch: ab-wenden, die Schicksalswende einleiten, den Boden umwälzen, das Unterste nach oben kehren)  - ist nur kooperativ, nur organisiert als theoretisch-systematische und praktisch-experimentelle Aneignungsbewegung möglich. Wir können diesen neuen Anfang-aus-der-Katastrofe  wagen, weil in ihr, d.h. in diesem Krieg, trotz unserer Niederlage schon jetzt erkennbar ist: 
Dieser Krieg gegen die Menschen in Jugoslawien - d.h. gegen uns dort -, die gegen ihre Ausbeuter "drinnen" wie "draussen" widerständig waren und sind, - und derselbe Krieg gegen die Menschen, die im Kosovo besonders zähen Widerstand gegen ihre Unterdrücker gezeigt haben und die in Albanien 1997 in einem bewaffneten Aufstand die unmittelbare Macht und Versorgung regional für einige Wochen selbst in die Hand genommen haben -- dieser Krieg gegen unseresgleichen heute dort sieht nach einer Strafaktion fürs Proletariat auf dem Balkan aus und erweist sich damit schon als imperialistische Flucht-nach-vorn, als defensive Reaktion. Die täglich schärfer und komplizierter sich entwickelnde Konkurrenz im NATO-Raubtierrudel selbst, seine schnell lädierte "Zivilität" und "Humanität" trotz angestrengtester, gigantischer psychologisch-propagandistischer Kriegführung auf allen Kanälen gegen die "eigene" Bevölkerung - lassen eine historisch-ökonomisch irreversible strategische Defensivlage der neu in den Sattel gelangten  Abenteurer/innen der kapitalistischen "Zivilgesellschafts"-Barbarei langsam aber sicher als solche erkennbar werden. Wenn wir diese - unsere einzige realistische - Möglichkeit zur Interventionsvorbereitung in diese Widersprüche hinein, d.h. zur Vorbereitung der strategischen Offensive unsererseits im heutigen Proletariatsprozess, dessen Teil wir längst sind, nicht wahrnehmen und zu nutzen beginnen wollen, dann können wir uns allerdings gleich selber als die Opfer des nächsten oder übernächsten Kriegs des Kapitals proskribieren.

"Wie kritisch die Situation und die Verhältnisse, in denen ihr euch befindet, auch sein mögen, verzweifelt an nichts; unter den Umständen, wo alles zu fürchten ist, darf man nichts fürchten; wenn man von allen Gefahren umgeben ist, darf man keine von ihnen fürchten; wenn man ohne irgendwelche Mittel ist, muss man auf alle zählen; wenn man überrascht wird, muss man den Feind selber überraschen."
SUN-ZI : DIE KUNST DES KRIEGES - hier zit. als nicht naiv zu lesendes Motto für KOMMENTARE (1988) ZUR GESELLSCHAFT DES SPEKTAKELS von GUY DEBORD

 
nach oben