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Nr.20 onlineversion

Wir stehen dagegen...
Gegen Nazi-Aufmärsche am 1. Mai

Auch in diesem Jahr gab es schon relativ frühzeitig Hinweise, daß Faschisten am 1. Mai marschieren wollten. Dagegen fand sich ein breites Bündnis aus GewerkschafterInnen, antifaschistischen Gruppen und Mitgliedern von SPD, PDS und Bündnis90/Die Grünen zusammen.

In ihrem Aufruf hieß es: "Die Jungen Nationaldemokraten, das legale Sammelbecken für Neofaschisten, haben einen Aufmarsch in Leipzig angekündigt. Darüber hinaus existiert bereits ein weiterer Aufruf für einen faschistischen Aufmarsch in Berlin. Es steht zu befürchten, daß Faschisten auch an diesem 1. Mai in Berlin einen Aufmarsch durchsetzen wollen. Dies um so mehr, da Innensenator Schönbohm nach der Verhinderung des JN-Aufmarsches durch AntifaschistInnen am 15.2. in Berlin-Hellersdorf schon ankündigte, er würde einen Naziaufmarsch am 1. Mai in Berlin nicht verbieten. Die fortgesetzte Verharmlosung von alten und neuen Faschisten durch Schönbohm, Landowsky und Co., muß auf das rechtsextreme Spektrum wie einen Einladung wirken."

Auch das Berliner Landesamt für Verfassungsschutz nannte Berlin als einen möglichen Ausweichort, sollte die JN-Kundgebung in Leipzig verboten werden. Am 22. April wurde der Aufruf des Bündnisses der Presse vorgestellt. Gleichzeitig schrieb eine Gewerkschaftssekretärin der hbv einen Artikel in der "taz", in dem sie Passagen aus dem Aufruf wiederholte und die Notwendigkeit von breiten Bündnissen gegen Faschisten betonte. Offensichtlich war es Innensenator Schönbohm unangenehm, an seine Äußerungen vom Februar erinnert zu werden. Sein Pressesprecher unterstellte der hbv-Sekretärin, "(...) ihre Behauptungen sind durch nichts belegt, und ich fordere Sie auf, dies öffentlich richtigzustellen und für die Zukunft zu unterlassen. (...) nicht Sie und etwaige ‘breite Bündnisse’ darüber entscheiden, wer wann wo einen Aufzug macht (...)"

In einem offenen Brief an Innensenator Schönbohm antworteten der stellvertretende Landesbezirksvorsitzende der IG Medien, ein Mitglied des Abgeordnetenhauses von Bündnis90/ Die Grünen und die hbv-Sekretärin: "Im Gegensatz zu Ihnen und Ihrem Pressesprecher halten wir breite demokratische Bündnisse durchaus für wichtige Institutionen, wenn es darum geht, deutliche Signale gegen neonazistische Bestrebungen zu setzen. (...) es nicht zuletzt das breite Bündnis demokratischer Kräfte war, das 1994 mit friedlichen Mitteln verhindern konnte, daß Neonazis an einem 1. Mai durch Berlin marschieren."

Daraufhin wandte sich Innensenator Schönbohm an die Presse: Er wolle sich keine Verbote aufzwingen lassen. Gleichzeitig warnte er Teile der SPD und des DGB davor, sich "blauäugig für den antifaschistischen Kampf von Linksextremen" einspannen zu lassen. Schönbohm sagte, er werde sich von niemandem nötigen lassen, Veranstaltungen erlaubter Organisationen und Parteien grundsätzlich zu verbieten, wie es in linken Kreisen gefordert werde. Niemand dürfe einer nicht verbotenen Partei Grundrechte wie die Versammlungsfreiheit entziehen. Wer dies fordere, stehe "selbst in Verdacht des Extremismus".

Damit stößt Innensenator Schönbohm wieder ins gleiche Horn, wie schon zu Anfang des Jahres, als er "etwas ironisch" unter anderem die GewerkschafterInnen gegen Faschismus und Rassismus "crème de la crème der Gewaltbereiten" nannte.

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