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Nr.17 onlineversion

Solidaritätsstreik der Mütter

Besuch bei hungerstreikenden Angehörigen in Izmir

Im Büro der HADEP (Demokratische Volkspartei) in Izmir (Westtürkei) waren zur Zeit unseres Aufenthalts rund 50 Familienangehörige von kurdischen Gefangenen seit 12 Tagen im Solidaritätshungerstreik. Eine Gruppe machte sich auf, um sie zu besuchen, unsere S olidarität zu zeigen und ihnen ein paar Fragen zu ihrer Situation als Angehörige von Gefangenen und in der Westtürkei lebenden KurdInnen zu stellen.

Als wir den Raum betraten, wo überwiegend kurdische Frauen auf einem Teppich saßen und wir vom Vorsitzenden des Büros vorgestellt wurden, ertönte lauter Beifall und viele Frauen trillerten laut. Das Gespräch wurde dreisprachig (deutsch-türkisch-kurdisch) ü bersetzt.

Ein Bauarbeiter erzählte, daß er als Kurde sehr schwer Arbeit bekommt und wenn er eingestellt wird, dann nur für Arbeiten, die niemand anders machen will. Wenn wenig Arbeit da ist, ist er immer der erste, der entlassen wird. Ein anderer berichtete, daß die Nachbarn mit dem Finger auf ihn zeigen und ihn als Kurden beschimpfen: "Wo sind deine Söhne? Sie sind bestimmt in den Bergen, kämpfen." Er findet: "Was kann ich dafür?" In Kurdistan werden ihre Dörfer niedergebrannt und wenn sie dann in den Westen der Türkei flüchten, sind sie unerwünscht und das Leben wird ihnen schwer gemacht.

Eine Frau erzählte, daß sie ihren Neffen im Gefängnis besuchen wollte und Zucker für ihn dabei hatte. Die Wärter kippten Zucker und Seife zusammen, als sie die Sachen durchsuchten. Ein anderer Mann berichtete, daß er ein Teehaus betreibt. In der Straße gibt es viele Teehäuser, aber nur bei ihm finden ständig Razzien statt.

Eine ganze Gruppe von Jungen trägt T-Shirts mit dem Bild eines verschwundenen Angehörigen und wir erfahren, daß es zur Zeit rund 200 Menschen gibt, die einfach eines Tages verschwanden und von denen es keine Lebenszeichen gibt.

Nach all diesen Berichten verabschiedeten wir uns und bekamen die Bitte angetragen, zu Hause in der demokratischen Öffentlichkeit darüber zu berichten, was wir bei ihnen gesehen und gehört haben.

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