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Nr.3 onlineversion

Rechtsextreme Organisationen: Nationalistische Front (NF)

In loser Folge wollen wir in dieser Rubrik im RAG wichtige faschistische Gruppen und Organisationen vorstellen. Nach dem Motto, daß wir nur das wirkungsvoll bekämpfen können, was wir auch kennen. In unserer letzten Ausgabe beschäftigten wir uns mit der FAP, diesmal nehmen wir die NF aufs Korn.

Die Nationalistische Front wurde 1985 in Bielefeld als Partei gegründet. Zwei Jahre später wurde sie als Partei anerkannt und damit zu Wahlen zugelassen. Ihr bundesweites Zentrum befindet sich nach wie vor im Raum Bielefeld/Detmold. Das Anwesen der NF in der Bielefelder Bleichstraße, das als Nazizentrum auch überregional Schlagzeilen machte, ist im letzten Jahr verkauft worden. Stattdessen haben sie sich in einem Dorf bei Detmold (Pivitsheide) ein neues Haus als Schulungszentrum gekauft. Gerüchten zufolge sind sie auch dabei in der Nähe von Berlin, bzw. in Brandenburg, Gebäude zu suchen. Die NF, vor Jahren z. B. in Berlin noch hauptsächlich eine Skinheadgruppe, hat sich zu einer der gefährlichsten NS-Parteien entwickelt. Unter anderen Nazis hat die NF den Ruf, die am besten organisierte Gruppe zu sein. Sie begreifen sich - anders als etwa die FAP - in erster Linie als Kaderpartei. Entsprechend legen sie viel Wert auf die Schulung ihrer Mitglieder. Auch lehnen sie Interviews oder spektakuläre Medienauftritte a la Michael Kühnen ab. Jedes Mitglied muß unterschreiben, daß es sich "zum absoluten Stillschweigen gegenüber ... den Medien" verpflichtet.

Ideologisch geben sich die NFler nicht als plumpe Hitleristen, sondern mehr als "Nationalrevolutionäre". Sie beziehen sich auf die SA, vor allem auf den sogenannten Strasser-Flügel der damaligen NSDAP. Die Brüder Gregor und Otto Strasser gehörten zu den Männern der ersten Stunde der NSDAP. Sie bildeten den "antikapitalistischen" Flügel der Partei. In ihren Reden bezeichneten sich als "antiimperialistisch", und wollten den "völkischen Sozialismus". Die Brüder Strasser und Teile der SA konzentrierten ihre Agitation ausschließlich auf die Arbeiterklasse. Sie hatten damit die wichtige Funktion mit ihren antikapitalistischen Phrasen viele Arbeiter für die NSDAP zu gewinnen. Gregor Strasser wurde noch 1932 von Hitler zum Organisationsleiter, also zum zweitmächtigsten Mann in der Partei ernannt. 1934 wurde er zusammen mit nahezu der gesamten SA-Führung erschossen, nach einem Machtkampf mit Göring und Himmler, bzw. Der Reichswehrgeneralität. Otto Strasser konnte flüchten und versuchte nach 1945 wieder neonazistisch aktiv zu werden. Er tat dies zunächst aus seinem kanadischen Exil heraus, da er bis 1955 Einreiseverbot in die BRD hatte.

NF: Faschisten mit "revolutionärer" Phrase

Die NF versucht die Methode der damaligen NSDAP auf die heutige Zeit zu übertragen: Aussagen und Parolen der Linken hemmungslos zu kopieren und als Phrase für sich umzudrehen. Sie treten gegen das Waldsterben auf, reden von "Mc Donald-Imperialismus", oder bringen Sprüche wie "Den Imperialismus durch revolutionären Nationalismus besiegen". In ihren Selbstdarstrellungen schreiben sie "Wir sind jung, wir sind revolutionär, wir sind radikal" oder "Die Grenzen verlaufen nicht zwischen links und rechts, sondern zwischen Oben und Unten".

In einem der wichtigsten Theorieorgane der "Neuen Rechten", der Zeitschrift "Nation Europa", wurde dieses Prinzip so formuliert: "Mit Mitteln der Linken müssen wir die linke Unruhe nach rechts umfunktionieren. Rechts, das muß in Zukunft heißen: Nicht reaktionär, sondern fortschrittlich, nicht bürgerlich, sondern im Sinne eines modernen europäischen Nationalismus".

Chef der NF ist Meinolf Schönborn, der vorher auch schon mal Landesvorsitzender der "Jungen Nationaldemokraten" (Jugendorganisation der NPD) in NRW war. Stellvertretender Bundesvorsitzender ist Andreas Pohl (genannt "Pole") aus Berlin. Seit 1991 ist auch Jürgen Rieger aus Hamburg im Vorstand der NF. Rieger ist seit Jahren eine der zentralen Figuren der bundesdeutschen Naziszene. Als Rechtsanwalt hat er so ziemlich alle militanten Nazigrößen verteidigt. Darüber hinaus fungierte er in Kriegsverbrecherprozessen als Verteidiger von ehemaligen SS- und Polizeiführern. Selber betreibt er seit Jahren eine "Gesellschaft für biologische Anthropologie, Eugenik und Verhaltensforschung", die pseudowissenschaftliche Schriften zur Nazi-Rassenideologie herausbringt. Er hat sehr gute Kontakte zu den sogenannten Denkzirkeln der "Neuen Rechten", wie z. B. dem "Thule-Seminar" in Kassel, in deren Publikationen er auch veröffentlicht. Die Zeitungen der NF heißen "Aufbruch", "Nachrichten aus der Szene" und "Klartext", eine in teurem Vierfarbdruck hergestellte Schrift, die bisher vor allem vor Schulen verteilt wurde.

Ihre Aktivitäten...

Auf dem Gebiet der ehemaligen DDR operiert die NF vor allem mit der Methode schon bestehende faschistische Gruppen zu beeinflussen, indem Führungspersonen dieser Gruppen intensive Schulungen im Westen erhalten. So z. B. die "Deutsche Volkspartei" (DVP) in Arnstadt bei Erfurt. Der Chef dieser Gruppe erklärte die Gründung der DVP im September 90 damit, daß man als "offizielle" NF viel mehr dem Verfassungsschutz ausgesetzt sei. Oder ein anderes Beispiel: Der "Deutschnationale Bund/Völkischer Bund" in Eberswalde-Finow. Ein gewisser Tristan Drewitz ist Anführer dieser Gruppe. Eben jener verschwand nach der Grenzöffnung für 3 Monate nach Bielefeld und gründete nach seiner Rückkehr den "DNB/VB", der hauptsächlich Propaganda für die NF macht. Drewitz ist angeklagt, an der Ermordung des Angolaners Antonio Amadeu im November 1990 beteiligt zu sein. Ein anderes Mitglied der NF, Josef Saller, ist 1990 zu vierzehn Jahren Haft verurteilt worden, weil er zwei Jahre zuvor in Schwandorf (Bayern) ein vor allem von türkischen Familien bewohntes Haus angezündet hatte. Vier Menschen starben damals in den Flammen. Die NF ist hier in Berlin vor allem in Vororten bzw. im angrenzenden Brandenburg aktiv. So sind z. B. in Johannisthal, Oranienburg und Königs- Wusterhausen Flugblätter verteilt und Parolen gesprüht worden. InKönigs-Wusterhausen soll angeblich die erste "offizielle" NF-Gruppe auf dem Gebiet der ehemaligen DDR existieren. Als im letzten Sommer die Auseinandersetzungen um den Bau eines Supermarktes auf dem Gelände des früheren KZ Ravensbrück stattfanden, verteilten Berliner NFler im Ort und in der KZ-Gedenkstätte massiv Flugblätter. In diesen wurde der millionenfache Massenmord an den Juden als "Holokaust-Lüge" bezeichnet.

Meinolf Schönborn gründet Terrorkommando

Ende 1991 wurde ein internes Rundschreiben des NF-Anführers Meinolf Schönborn bekannt, in dem die Gründung eines "Nationalen Einsatzkommandos" (NEK) verkündet wird.

In dem Aufruf heißt es:

"Die Erfolge der Nationalisten werden immer größer, aber auch die Gegenreaktionen von Ausländerverbrecherbanden und von kriminellen Linken nehmen stark zu. (...) Um unseren Kampf für ein völkisches Deutschland besser, zielgerichteter, sicherer und noch erfolgreicher durchführen zu können, haben wir beschlossen, ein Nationales Einsatzkommando (NEK) aufzustellen. Die Aufgaben des NEKs werden sein:

- Aufstellung kadermäßig gegliederter hochmobiler Verbände;

- Ausbildung von sportlichen und gesunden Kameraden für den politischen Kampf auf der Straße (...);

- Planung und Durchführung von überraschend durchgeführten zentralen Aktionen."

Als Vorbilder werden unter anderem angeführt: Schlageter ("...organisierte Sabotageakte gegen die Besatzungsmacht. ...Handeln wir, wie er heute auch handeln würde") , die Freikorps und die Waffen-SS ("Ihr Kampf soll unser Beispiel sein..."). Als Kontaktadresse in diesem Schreiben dient das NF Postfach in Gütersloh.

Daß die meisten Angriffe auf Flüchtlings unterkünfte usw. in den Orten und Regionen stattfinden, wo Organisierte Faschisten aktiv sind, ist bekannt. Und auch, daß NF-Mitglieder maßgeblich an Überfällen auf zumeist wehrlose Menschen beteiligt waren. Aber daß hier im Rahmen einer (leider immer noch) legalen Partei, der NF, mehr oder weniger offen ein Terrorkommando entsteht, das bundesweit operieren soll, ist schon dreist. Es bleibt abzuwarten, ob und wie die auf dem rechten Auge an Sehschwäche leidenden staatlichen Stellen darauf reagieren.

Nichtsdestotrotz sollten wir auch auf die eigenen Kräfte vertrauen. Das kann z. B. auch heißen, falls ihr irgendwo mitbekommt, daß Neonazis Flugblätter usw. verteilen oder sonstwie aktiv sind, schickt uns das und berichtet uns davon. Oder informiert das Antifa-Info-Telefon: (Westberlin) 692 15 99, jeden Samstag von 16 bis 22 Uhr.

Denn es ist anzunehmen, daß die NF in nächster Zeit offener auftritt. Sie wollen an den Berliner Kommunalwahlen am 24. Mai teilnehmen.

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