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Nr.3 onlineversion

Buchbesprechung:

"Auferstanden aus Ruinen..."

von Bernd Siegler beleuchtet sehr lesenswert und materialreich die Entwicklung der rechten Szene in der ehemaligen DDR.

Er beschreibt die heutige Situation der Angriffe und Morde gegen anders denkende und anders aussehende Menschen, und hat davon ausgehend die Entstehung des Neonazismus in der alten DDR recherschiert. So wurde zum Beispiel zwischen November 1987 und 88 der jüdische Friedhof an der Schönhauser Allee im Stadtteil Prenzlauer Berg fünfmal geschändet. Die Polizei griff kein einziges Mal ein. Obwohl sich der Friedhof auf der Rückseite der Volkspolizei-Inspektion, von fast jedem Fenster aus gut einzusehen, befindet. So engagiert und effizient die DDR- Staatsorgane gegen Linke, wie z.B. aus der Umweltbibliothek oder gegen Punks, die allein durch ihr Aussehen die öffentliche Ruhe und Ordnung störten, ermittelten, so nachlässig und ergebnislos blieb in der Regel das Vorgehen gegen Rechtsextreme. 1988 wurde z.B. die Sonderabteilung der Stasi zur Aufklärung neofaschistischer Umtriebe aufgelöst. Dabei waren Ende der 80er Jahre in der DDR etwa zweitausend rechtsextreme Skinheads aktiv.

Auch massive Übergriffe auf Ausländer gab es schon zu alten DDR Zeiten: So wurden im Mai 1988 zwei Afrikaner im Personenzug von Riesa nach Elsterwalde im Bezirk Dresden angepöbelt. Einer der Mosambikaner wurde aus dem fahrenden Zug geworfen und schwer verletzt. Bernd Siegler berichtet auch davon, daß viele Rechte sich in den FDJ-Ordnungsgruppen oder in der "Gesellschaft für Sport und Technik" (GST) organisierten. Das "Handbuch der gesellschaftlichen Organisationen der DDR" (Ausgabe 1985) gibt Auskunft, warum sich Rechtsextremisten in solchen Truppen wohlfühlten: "Aktiv setzt sich die FDJ dafür ein, das durch Generationen Geschaffene zu erhalten und zu mehren, überall Ordnung, Disziplin und Sicherheit zu gewährleisten. Eine herausragende Rolle spielen dabei die 55.700 Mitglieder in den FDJ-Ordnungsgruppen. Sie treten überall dort, wo die Jugend ihre Freizeit verbringt oder sich zu jugendpolitischen Höhepunkten versammelt, für eine saubere Atmosphäre, für Ordnung und Disziplin ein."

In ihrem preußisch-deutschen Ruhe- und Ordnungswahn konnten sich Rechtsextremisten und staatssozialistische Betonköpfe offensichtlich recht gut verstehen. Insofern liefert Siegler auch eine Menge Material gegen die These von der angeblichen Systemopposition der Nazis, die aus Tätern Opfer machen will.
Bernd Siegler: "Auferstanden aus Ruinen..." - Rechtsextremismus in der DDR, Edition Tiamat, Berlin 1991, 192 Seiten, 26 DM

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