Mao Werke


Mao Tse-tung:

DIE REAKTIONÄRE MÜSSEN BESTRAFT WERDEN*

 

(1. August 1939)

 

* Rede des Genossen Mao Tse-tung auf einer Massenkundgebung in Yenan, die zum Gedenken der heldenhaften Opfer des Pingdjianger Gemetzels stattfand.

Heute, am 1. August, sind wir hier zu einer Trauerkundgebung zusammengekommen. Weshalb wurde diese Kundgebung einberufen? Sie wurde einberufen, weil die Reaktionäre revolutionäre Genossen, Kämpfer gegen Japan, ermordet haben. Was für Leute muß man heute vernichten? Man muß die Landesverräter vernichten, man muß die japanischen Imperialisten vernichten. Schon zwei Jahre ist der Krieg zwischen China und den japanischen Imperialisten im Gang, aber der Krieg ist noch nicht entschieden, und die Landesverräter sind nach wie vor sehr aktiv, nur wenige von ihnen wurden vernichtet. Revolutionäre Genossen aber, Kämpfer gegen Japan, wurden getötet. Von wem wurden sie getötet? Sie wurden von den Truppen getötet. Warum töteten aber die Truppen Kämpfer gegen Japan? Die Truppen führten einen Befehl aus, ihnen hatten gewisse Leute den Mord anbefohlen. Welche Leute haben ihnen diesen Befehl gegeben? Diesen Befehl erhielten sie von den Reaktionären.l Genossen ! Wer hat es - logischerweise - nötig, Kämpfer gegen Japan zu töten? Das haben erstens die japanischen Imperialisten, zweitens Wang Djing-we und die anderen Landesverräter und Kollaborateure nötig. Aber der Mord ereignete sich doch weder in Schanghai noch in Peiping, weder in Tientsin noch in Nanking - er ereignete sich nicht auf dem von den japanischen Eindringlingen und Landesverrätern besetzten Territorium, sondern im Hinterland des Widerstandskriegs, in Pingdjiang, und dem Gemetzel fielen die verantwortlichen Genossen der Pingdjianger Verbindungsstelle der Neuen Vierten Armee, die Genossen Tu Dscheng-kun, Luo Dsi-ming und andere, zum Opfer. Es ist völlig klar, daß das Pack chinesischer Reaktionäre dieses Gemetzel auf Befehl der japanischen Imperialisten und Wang Djing-wes angerichtet hat. Diese Reaktionäre sind zur Kapitulation bereit, und deshalb sind sie dem Befehl der Japaner und Wang Djing-wes devot nachgekommen und haben zuerst die standhaftesten Kämpfer gegen Japan hingemordet. Das ist keine Bagatelle, und wir müssen unbedingt dagegen kämpfen, unbedingt dagegen protestieren!

Gegenwärtig kämpft die ganze Nation gegen die japanischen Eindringlinge, und um des Widerstandskriegs willen hat sich das gesamte Volk zu einem großen Zusammenschluß vereinigt. In diesem großen Zusammenschluß gibt es einen Teil Reaktionäre und Kapitulanten. Und womit befassen sie sich? Sie ermorden Kämpfer gegen Japan, unterdrücken alles Fortschrittliche, gehen ein Komplott mit den japanischen Eindringlingen und den Landesverrätern ein und bereiten die Kapitulation vor.

Hat sich irgend jemand um ein so bedeutendes Ereignis wie den Mord an Genossen, die gegen die japanische Aggression kämpften, gekümmert? Heute ist der 1. August: Wen haben wir seit dem 12. Juni, 3 Uhr nachmittags, als die Genossen ermordet wurden, gesehen, der sich um diese Angelegenheit gekümmert hat? Keinen einzigen. Und wer hätte sich damit befassen müssen? Das chinesische Gesetz, das chinesische Gericht hätte auf den Plan treten und eingreifen sollen. Hätte sich ein solcher Vorfall im Grenzgebiet Schensi-Kansu-Ningsia ereignet, dann hätte unser Obergerichtshof schon längst eingegriffen. Seit dem Pingdjianger Gemetzel sind bald zwei Monate vergangen, aber das Gesetz und das Gericht haben sich damit nicht befaßt. Was ist die Ursache? Die Ursache besteht darin, daß es in China keine Einheit gibt 2

China muß die Einheit haben, ohne die Einheit kann man nicht siegen. Aber was ist das - die Einheit? Die Einheit fordert, daß alle gegen die japanische Aggression kämpfen, daß alle sich zusammenschließen, daß alle den Weg des Fortschritts gehen. Die Einheit fordert die jeweilige Belohnung und Bestrafung von Menschen. Und was für Leute soll man belohnen? Belohnen soll man jene, die gegen die japanische Aggression kämpfen, jene, die für den Zusammenschluß und den Fortschritt eintreten. Was für Leute soll man bestrafen? Bestrafen soll man die Landesverräter und Reaktionäre, die den Widerstandskampf gegen die japanische Aggression untergraben, die den Zusammenschluß und den Fortschritt hintertreiben. Besteht bei uns jetzt eine solche Einheit? Nein, und als Beweis dafür dient eben das Pingdjianger Gemetzel. Es zeigt, daß es dort, wo Einheit herrschen sollte, noch keine Einheit gibt. Wir fordern schon lange die Einheit des ganzen Landes. Das ist erstens die Einheit auf der Grundlage des Widerstandskriegs. Aber heute sind Tu Dscheng-kun, Luo Dsi-ming und andere Genossen, die gegen die japanische Aggression kämpften, nicht nur nicht belohnt, sondern bestialisch niedergemetzelt worden, während die Schufte, die gegen den Widerstandskrieg sind, die Kapitulation vorbereiten und Morde verüben, unbestraft umherlaufen. Das zeugt davon, daß die Einheit nicht vorhanden ist. Wir müssen gegen diese Schufte, gegen diese Kapitulanten kämpfen, wir müssen diese Mörder erwischen. Zweitens ist das die Einheit auf der Grundlage des Zusammenschlusses. Wer für den Zusammenschluß eintritt, der muß belohnt, wer ihn untergräbt, der muß bestraft werden. Aber jetzt sind - umgekehrt - Tu Dscheng-kun, Luo Dsi-ming und andere Genossen, die für den Zusammenschluß waren, bestraft, bestialisch hingemordet worden, während die Schufte, die gegen den Zusammenschluß wühlen, nicht die geringste Strafe erhalten. Das zeugt ebenfalls davon, daß es keine Einheit gibt. Drittens geht es um die Einheit auf der Grundlage des Fortschritts. Das ganze Land muß den Weg des Fortschritts gehen, die Rückständigen müssen sich nach den Fortschrittlichen richten, aber man darf die Fortschrittlichen nie und nimmer zurückzerren und zwingen, sich nach den Rückständigen zu richten. Die verbrecherischen Urheber des Pingdjianger Gemetzels haben fortschrittliche Menschen ermordet. Seit Beginn des Widerstandskriegs wurden bereits Dutzende, ja Hunderte von Mitgliedern der Kommunistischen Partei und anderen Patrioten hinterrücks ermordet; das Pingdjianger Gemetzel ist lediglich der jüngste Mord in der Reihe dieser Morde. Wird es so weitergehen, dann wird es katastrophal für China werden: Alle Menschen, die gegen Japan kämpfen, können hingemordet werden. Was bedeuten diese Morde an Kämpfern gegen Japan? Sie bedeuten, daß die chinesischen Reaktionäre an die Ausführung des Befehls der japanischen Imperialisten und Wang Djingwes gegangen sind, daß sie die Kapitulation vorbereiten und deshalb zuerst die gegen Japan kämpfenden Militärangehörigen, die Kommunisten und andere Patrioten ermorden. Und wenn man diesem Treiben keinen Schlußpunkt setzt, kann China durch die Hand der Reaktionäre untergehen. Also sind die Ereignisse in Pingdjiang eine Angelegenheit des ganzen Landes, und zwar eine äußerst wichtige Angelegenheit. Wir müssen fordern, daß die Nationalregierung diese Reaktionäre hart bestraft.

Die Genossen müssen ebenfalls begreifen, daß die Störaktion des japanischen Imperialismus in der letzten Zeit verstärkt und auch die Unterstützung Japans durch den internationalen Imperialismus aktiviert wurde;3 und die Landesverräter in China selbst - die offenen und versteckten Wang Djing-wes - gehen aktiver ans Werk, um die Sache des Widerstandskriegs zu untergraben, den Zusammenschluß zu hintertreiben und die Uhr zurückzudrehen. Sie versuchen den größeren Teil Chinas zur Kapitulation zu zwingen, versuchen im Land innere Spaltung und Bürgerkrieg auszulösen. Gegenwärtig wird überall in unserem Land eine Art geheimer Maßnahmen durchgeführt unter der Bezeichnung "Maßnahmen zur Einschränkung der Tätigkeit fremder Parteien"4. Der Inhalt ist ganz und gar reaktionär, hilft dem japanischen Imperialismus und schadet der Sache des Widerstandskriegs, der Sache des Zusammenschlusses und des Fortschritts. Was sind "fremde Parteien"? Eine fremde Partei ist der japanische Imperialismus, eine fremde Partei ist Wang Djing-we, eine fremde Partei sind die Landesverräter. Die Kommunistische Partei sowie alle politischen Parteien und Gruppen, die für den Widerstand gegen Japan sind, haben sich einmütig zum Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression zusammengeschlossen. Sind das etwa "fremde Parteien"? Ausgerechnet jetzt sind Kapitulanten und Reaktionäre sowie Ultrakonservative am Werk, die unter den Reihen der Kämpfer des Widerstandskriegs Reibungen und Spaltungen provozieren. Sind solche Handlungen richtig? Ganz und gar nicht. (Einhelliger Beifall.) "Einschränken" - was für Leute muß man jetzt einschränken? Man muß die japanischen Imperialisten einschränken, Wang Djing-we einschränken, die Reaktionäre einschränken, die Kapitulanten einschränken. (Einhelliger Beifall.) Wozu aber die am konsequentesten gegen Japan kämpfende, die revolutionärste, die fortschrittlichste Partei - die Kommunistische Partei - einschränken? Das ist völlig falsch, und unsere Yenaner Bevölkerung ist entschieden dagegen, protestiert entschieden dagegen. (Einhelliger Beifall.) Wir müssen gegen die sogenannten Maßnahmen zur Einschränkung der Tätigkeit fremder Parteien kämpfen - Maßnahmen, die die Ursache für alles mögliche verbrecherische Tun und Treiben sind, das unseren Zusammenschluß untergräbt. Heute sind wir eben darum zu dieser Kundgebung zusammengekommen, damit der Widerstandskrieg, der Zusammenschluß und der Fortschritt weitergeführt werden. Dazu muß man die "Maßnahmen zur Einschränkung der Tätigkeit fremder Parteien" aufheben, muß man die Kapitulanten und Reaktionäre an die Kandare nehmen, muß man alle revolutionären Genossen, alle gegen Japan kämpfenden Genossen und das gegen Japan kämpfende Volk schützen. (Begeisterter Beifall, Sprechchöre.)

ANMERKUNGEN

1) Am 12. Juni 1939 umzingelten Truppen, die von der 27. Armee der Kuomintang auf geheimen Befehl Tschiang Kai-scheks entsandt worden waren, die Verbindungsstelle der Neuen Vierten Armee in Pingdjiang (Provinz Hunan) und ermordeten kaltblütig insgesamt sechs Genossen, darunter einen Offizier des Stabes der Neuen Vierten Armee, Genossen Tu Dscheng-kun, und einen Adjutanten der Achten RouteArmee, Genossen Major Luo Dsi-ming. Diese blutigen Ereignisse lösten die Empörung der Bevölkerung der antijapanischen demokratischen Stützpunktgebiete und aller ehrlichen Menschen in den Gebieten unter der Herrschaft der Kuomintang aus. Das Pingdjianger Gemetzel wurde auf Weisung Tschiang Kai-scheks und seiner Spießgesellen verübt. Mit den Reaktionären, die Genosse Mao Tse-tung in seiner Rede anprangert, sind Tschiang Kai-schek und seine Bande gemeint.

2) Indem Genosse Mao Tse-tung hier erläutert, was Einheit ist, führt er einen Schlag gegen die Intrigen der Kuomintang-Reaktion, die unter der Flagge der "Einheit" versuchte, die von der Kommunistischen Partei geschaffenen antijapanischen Streitkräfte und Stützpunktgebiete zu vernichten. Von dem Tag an, da die Kuomintang und die Kommunistische Partei die Zusammenarbeit wieder aufnahmen, um gemeinsam Japan Widerstand zu leisten, war die Losung der "Einheit" die Hauptwaffe, deren sich die Kuomintang in ihren Angriffen gegen die Kommunistische Partei bediente. Die Kuomintang-Reaktionäre beschuldigten verleumderisch die Kommunistische Partei der Eigenbrötelei, der Verhinderung der Einheit und der Schädigung des Kampfes gegen Japan. Nachdem die Kuomintang im Januar 1939 auf dem 5. Plenum des V. Zentralexekutivkomitees die von Tschiang Kai-schek vorgeschlagenen "Maßnahmen zur Einschränkung der Tätigkeit fremder Parteien" bestätigt hatte, stimmte die Reaktion ein noch wütenderes Geheul an. In der vorliegenden Rede entreißt Genosse Mao Tse-tung die Losung der "Einheit" den Händen der Kuomintang-Reaktion, verwandelt sie in eine revolutionäre Losung und bedient sich ihrer im Kampf gegen die volksfeindliche und antinationale Spaltertätigkeit der Kuomintang.

3) Siehe die Analyse des Genossen Mao Tse-tung in seiner Arbeit "Gegen die Kapitulationsumtriebe", vorliegender Band, S. 286 ff. Nach dem Fall von Wuhan im Oktober 1938 verlegten die japanischen Eindringlinge in ihrer Politik gegenüber der Kuomintang das Schwergewicht darauf, die Kuomintang zur Kapitulation zu verlocken; der internationale Imperialismus - wie der englische und der amerikanische Imperialismus - gab Tschiang Kai-schek ebenfalls immer wieder zu verstehen, daß dieser Friedensverhandlungen mit Japan aufnehmen sollte. Englands Premierminister Chamberlain äußerte die Absicht, an den "konstruktiven Maßnahmen im Fernen Osten" teilzunehmen. Im Jahre 1939 verstärkten sich die Umtriebe der japanischen Eindringlinge und des internationalen Imperialismus. Im April dieses Jahres eilte der britische Botschafter in China, Clark-Kerr, zwischen den Japanern und Tschiang Kai-schek hin und her, um Friedensverhandlungen zwischen ihnen zustande zu bringen.

Im Juli wurde zwischen England und Japan ein Übereinkommen erzielt, nach dem die englische Regierung bereit war, die in China durch die japanischen Eindringlinge geschaffene "faktische Lage" voll und ganz anzuerkennen.

4) Im Jahre 1939 erließ das Zentralexekutivkomitee der Kuomintang heimlich "Maßnahmen zur Einschränkung der Tätigkeit fremder Parteien', worin eine äußerst strenge Einschränkung der Propagierung der Ansichten der Kommunistischen Partei und aller fortschrittlichen Kräfte, ihres öffentlichen Auftretens und ihrer praktischen Tätigkeit vorgesehen war; auf diese Weise sollten alle antijapanischen Organisationen des Volkes untergraben werden. Es wurde ferner vorgesehen, daß in den Gegenden, die von den Kuomintang-Leuten für Gebiete der intensivsten Tätigkeit der Kommunisten" gehalten wurden, das Gesetz über solidarische Haftung und Kollektivbestrafung" in Kraft gesetzt und überall in den "Hundert-Hof-Gemeinschaften" und "Zehn-Hof-Gemeinschaften" (das Bao-Djia-System) ein "Informationsnetz" geschaffen werden müsse; mit anderen Worten, es wurde vorgesehen, überall konterrevolutionäre Organisationen des Geheimdienstes aufzubauen, um die Tätigkeit der Volksmassen ständig zu überwachen und einzuschränken.