(27.Dezember 1935)
Diese Version aus: Mao Tse-tung, Ausgewählte Werke Band I, Verlag für fremdsprachige Literatur, Peking 1968, S.177-208)
Wenn unsere frühere Regierung auf einem Bündnis der Arbeiter,
der Bauern und des städtischen Kleinbürgertums beruhte, müssen
wir sie so umbilden, daß von nun an neben den Arbeitern, den Bauern
und dem städtischen Kleinbürgertum auch jene Leute aus allen
anderen Klassen in sie einbezogen werden, die an der nationalen Revolution
teilzunehmen wünschen.
Gegenwärtig besteht die grundlegende Aufgabe
dieser Regierung darin, gegen eine Annexion Chinas durch den japanischen
Imperialismus zu kämpfen. Hinsichtlich ihrer Zusammensetzung wird
der Rahmen dieser Regierung sehr weit gespannt sein; zur Teilnahme an der
Regierung können nicht nur Leute zugelassen werden, die lediglich
an der nationalen Revolution und nicht an der Agrarrevolution interessiert
sind, sondern - wenn sie es wünschen - sogar Leute, die mit dem europäischen
und amerikanischen Imperialismus verbunden sind und ihn nicht bekämpfen
können, dafür aber imstande sind, den Kampf gegen den japanischen
Imperialismus und seine Lakaien zu führen. Und deshalb muß das
Programm einer solchen Regierung im Prinzip der grundlegenden Aufgabe entsprechen
- dem Kampf gegen den japanischen Imperialismus und seine Lakaien. Auf
dieser Grundlage wird dann auch unsere frühere Politik entsprechend
geändert.
Die Besonderheit des revolutionären Lagers besteht
jetzt darin, daß es eine gestählte Kommunistische Partei, daß
es eine gestählte Rote Armee gibt. Das ist außerordentlich wichtig.
Hätten wir jetzt keine gestählte Kommunistische Partei und keine
gestählte Rote Armee, würden gewaltige Schwierigkeiten auftreten.
Weshalb? Nun, weil es in China viele Kollaborateure und Landesverräter
gibt und weil sie stark sind ; sie werden unweigerlich alles anstellen,
um die Einheitsfront zu sprengen, um durch Drohungen und Bestechungen,
durch gerissene Manöver Zwietracht zu stiften ; sie setzen ihre Truppen
ein, um jene Kräfte, die schwächer sind als sie, die aber mit
den Landesverrätern brechen und sich mit uns zum Kampf gegen Japan
vereinigen wollen, zu unterdrücken und einzeln zu schlagen. Das wird
unweigerlich geschehen, wenn in der antijapanischen Regierung und in der
antijapanischen Armee so wichtige Faktoren wie die Kommunistische Partei
und die Rote Armee fehlen werden. Die Hauptursache für die Niederlage
der Revolution im Jahre 1927
|194| bestand darin, daß infolge des Vorhandenseins
einer opportunistisch weichen Linie in der Kommunistischen Partei keine
Anstrengungen gemacht wurden, um die eigenen Reihen (das heißt die
Arbeiter- und Bauernbewegung und die von der Kommunistischen Partei
geführte Armee) zu entfalten, sondern daß man sich nur auf den
zeitweiligen Verbündeten, auf die Kuomintang, stützte. Das Ergebnis
war, daß die Lakaien der Imperialisten - die Klassen der Feudalherren
und der Kompradoren - auf Befehl ihrer Herren alle Hebel in Bewegung setzten,
zunächst Tschiang Kai-schek und später auch Wang Djing-we auf
ihre Seite hinüberzogen, und die Revolution erlitt eine Niederlage.
Zu jener Zeit hatte die revolutionäre Einheitsfront keine Hauptstütze,
hatte keine starken revolutionären bewaffneten Kräfte, und als
überall der Verrat begann, mußte die Kommunistische Partei allein
auf sich gestellt kämpfen. Sie vermochte die Taktik der Imperialisten
und der chinesischen Konterrevolution, die Kräfte der Revolution einzeln
zu schlagen, nicht zu vereiteln. Obwohl damals bereits die Truppen Ho Lungs
und Yä Tings existierten, waren sie noch keine politisch feste Armee,
und außerdem verstand es die Partei nicht, sie führen; so erlitten
sie letzten Endes eine Niederlage. Das ist eine blutige Lehre; sie zeigt,
daß die Revolution eine Niederlage erleidet, wenn ihr die Zentralkraft
fehlt. Jetzt hat sich die Lage in dieser Hinsicht geändert: Es gibt
nun sowohl eine mächtige Kommunistische Partei als auch eine mächtige
Rote Armee, es gibt auch die Stützpunktgebiete der Roten Armee. Nicht
nur heute treten die Kommunistische Partei und die Rote Armee als die Initiatoren
der antijapanischen nationalen Einheitsfront auf, sondern auch in Zukunft
werden zweifelsohne der feste Stützpfeiler der antijapanischen Regierung
der antijapanischen Armee sein: Sie werden imstande sein, die - die Zersetzung
der antijapanischen nationalen Einheitsfront gerichtete Politik der japanischen
Imperialisten und Tschiang Kai- scheks zum Scheitern zu bringen. Zweifellos
werden die japanischen Imperialisten und Tschiang Kai-schek zu allerlei
Drohungen und Bestechungen, zu allen möglichen gerissenen Manövern
ihre zuflucht nehmen, und wir müssen sehr auf der Hut sein.
Natürlich
können wir nicht damit rechnen, daß jeder Teil der breiten antijapanischen
nationalen Einheitsfront genauso fest sein wie die Kommunistische
Partei und die Rote Armee. Es kann geschehen, daß im Verlauf ihrer
Tätigkeit gewisse schlechte Elemente er dem Einfluß des Feindes
diese Einheitsfront verlassen werden. Aber wir fürchten uns nicht
davor. Unter dem Einfluß des Feindes
|195| werden gewisse schlechte Leute
fortgehen, und unter unserem Einfluß werden andere, gute Leute kommen.
Solange die Kommunistische Partei und die Rote Armee existieren und sich
entwickeln, wird zweifelsohne auch die antijapanische nationale Einheitsfront
existieren und sich entwickeln. Hierin zeigt sich die führende Rolle
der Kommunistischen Partei und der Roten Armee in der nationalen Einheitsfront.
Jetzt sind die Kommunisten schon keine Kinder mehr, sie wissen sich zu
verhalten und wissen, wie mit Verbündeten umzugehen ist. Die japanischen
Imperialisten und Tschiang Kai-schek können schlaue Manöver gegen
die revolutionären Kräfte durchführen, aber auch die Kommunisten
können mit den gleichen Manövern gegen die konterrevolutionären
Kräfte vorgehen. Die japanischen Imperialisten und Tschiang Kai-schek
können schlechte Elemente aus unseren Reihen zu sich hinüberziehen,
aber auch wir können selbstverständlich "schlechte Elemente"
(von unserem Standpunkt aus gute Leute) aus ihren Reihen zu uns herüberziehen.
Wenn wir es verstehen, aus den Reihen der Feinde möglichst viele Leute
herüberzuziehen, werden sich ihre Reihen lichten, unsere aber werden
sich verstärken. Kurzum, jetzt ist ein Kampf zwischen den beiden grundlegenden
Kräften im Gange, und alle Zwischenkräfte müssen sich entweder
der einen oder der anderen Seite anschließen. Das ist ein unumstößliches
Gesetz. Dabei muß die auf Unterjochung beziehungsweise Verschacherung
Chinas gerichtete Politik der japanischen Imperialisten und Tschiang Kai-scheks
zwangsläufig dazu führen, daß viele Kräfte zu uns
stoßen. Sie werden entweder unmittelbar in die Reihen der Kommunistischen
Partei Chinas und der Roten Armee eintreten oder mit ihnen eine vereinigte
Front bilden. Wenn unsere Taktik nicht eine Taktik der verschlossenen Tür
ist, kann dieses Ziel erreicht werden.
Warum muß man die Arbeiter-
und Bauernrepublik in eine Volksrepublik umbilden?
Unsere Regierung repräsentiert
nicht nur die Arbeiter und die Bauern, sondern die ganze Nation. Das war
schon in der Losung der demokratischen Arbeiter- und Bauernrepublik enthalten,
denn die Arbeiter und Bauern machen 80 bis 90 Prozent der gesamten Nation
aus. Das Zehn-Punkte-Programm [29], das vom 4. Parteitag unserer
Partei ausgearbeitet wurde, vertritt nicht allein die Interessen der Arbeiter
und Bauern, sondern auch die der ganzen Nation. Die gegenwärtige Lage
fordert jedoch von uns eine Änderung dieser Losung, und zwar ihre
Ersetzung durch die Losung der Volksrepublik. Denn die japanische Aggression
hat die Beziehungen zwischen den
|196| Klassen in China verändert und es
möglich gemacht, daß nicht nur das Kleinbürgertum, sondern
auch die nationale Bourgeoisie am antijapanischen Kampf teilnimmt.
Selbstverständlich
wird die Volksrepublik nicht die Interessen der feindlichen Klassen vertreten.
Im Gegenteil, sie steht in direktem Gegensatz zu den Lakaien des Imperialismus
- der Feudalherren- der Kompradorenklasse - und bezieht diese Elemente
Nicht in ¨ Reihen des Volkes ein. Genauso vertritt Tschiang Kai-scheks
Nationalregierung der Republik China" nur die Reichsten, keineswegs- aber
das einfache Volk, bezieht das einfache Volk nicht in die Nation" ein.
80 bis 90 Prozent der Bevölkerung Chinas sind Arbeiter und Bauern,
und deshalb muß die Volksrepublik in erster Linie die Interessen
der Arbeiter und der Bauern vertreten. Die Volksrepublik wird das imperialistische
Joch abwerfen und damit China Freiheit und Unabhängigkeit führen,
sie wird das Joch der Grundherren abwerfen und China von den halbfeudalen
Zuständen freien; die Volksrepublik wird nicht nur den Arbeitern und
Bauern, sondern auch dem übrigen Teil des Volkes Nutzen bringen. Aus
der Gesamtheit der Interessen der Arbeiter und der Bauern sowie des übrigen
Teils des Volkes setzen sich die Interessen der chinesischen Nation zusammen.
Obwohl die Klassen der Kompradoren und der Grundherren ebenfalls auf chinesischem
Boden leben, nehmen sie noch auf die Interessen der Nation keine Rücksicht,
ihre Interessen stoßen mit den Interessen der Mehrheit zusammen.
Nur von dieser kleinen Minderheit sagen wir uns los, nur mit dieser kleinen
Minderheit geraten wir in Kollision, und deshalb haben wir das Recht zu
sagen, daß wir die ganze Nation vertreten.
Die Interessen der Arbeiterklasse
stoßen auch mit den Interessen der nationalen Bourgeoisie zusammen.
Es ist unmöglich, die nationale Revolution erfolgreich zu entfalten,
ohne der Vorhut der nationalen Revolution politische und ökonomische
Rechte zu gewähren, ohne der Arbeiterklasse die Möglichkeit zu
geben, ihre Anstrengungen auf den impf gegen den Imperialismus und seine
Lakaien, die Landesverräter-, zu richten. Wenn sich jedoch die nationale
Bourgeoisie der antiimperialistischen Einheitsfront anschließt, werden
die Arbeiterklasse und die nationale Bourgeoisie gemeinsame Interessen
haben. In der Periode der bürgerlich-demokratischen Revolution schafft
die Volksrepublik das Privateigentum nicht ab, sofern es kein imperialististisches
oder feudales ist, sie beschlagnahmt nicht die Industrie- und Handelsunternehmen
der nationalen Bourgeoisie, sondern fördert die
|197| Entwicklung solcher
Unternehmen. Wir nehmen jeden nationalen Kapitalisten in unseren Schutz,
vorausgesetzt, daß er die Imperialisten und die chinesischen Landesverräter
nicht unterstützt. Im Stadium der demokratischen Revolution hat der
Kampf zwischen Arbeit und Kapital seine Grenzen. Die Arbeitsgesetze der
Volksrepublik schützen die Interessen der Arbeiter, aber sie verhindern
nicht, daß die nationale Bourgeoisie Profite macht, daß sich
die nationale Industrie und der nationale Handel entwickeln; denn eine
solche Entwicklung liegt nicht im Interesse des Imperialismus, sondern
im Interesse des chinesischen Volkes. Hieraus folgt, daß die Volksrepublik
die Interessen aller Schichten des Volkes vertritt, die zu den antiimperialistischen,
antifeudalen Kräften zählen. Die Regierung der Volksrepublik
wird sich hauptsächlich auf die Arbeiter und die Bauern stützen,
aber gleichzeitig werden auch die Vertreter der anderen antiimperialistischen,
antifeudalen Klassen zur Teilnahme an der Regierung zugelassen.
Ist es
nicht gefährlich, diese Leute zur Teilnahme an der Regierung der Volksrepublik
zuzulassen? Nein, es ist nicht gefährlich. Die Arbeiter und Bauern
bilden die Hauptmasse der Bevölkerung dieser Republik. Wenn man dem
städtischen Kleinbürgertum, den Intellektuellen und anderen Leuten,
die das Programm des Kampfes gegen Imperialismus und Feudalismus unterstützen,
das Recht einräumt, in der Regierung der Volksrepublik mitzusprechen
und mitzuarbeiten, wenn man ihnen das Recht zu wählen und gewählt
zu werden zugesteht, so kann das nicht den Interessen der Arbeiter und
Bauern, der Hauptmasse der Bevölkerung, zuwiderlaufen. Der wesentliche
Teil unseres Programms muß die Wahrung der Interessen der Hauptmasse,
der Arbeiter und Bauern, sein. Durch die Tatsache, daß die Vertreter
der Arbeiter und Bauern in der Regierung der Volksrepublik die große
Mehrheit bilden, und durch die führende Stellung und die Tätigkeit
der Kommunistischen Partei in dieser Regierung ist gewährleistet,
daß die Teilnahme dieser Leute nicht gefährlich werden kann.
Im gegenwärtigen Stadium ist die chinesische Revolution ihrem Charakter
nach immer noch eine bürgerlich-demokratische Revolution und keine
proletarisch-sozialistische Revolution. Das ist völlig klar. Nur konterrevolutionäre
Trotzkisten [30] können einen solchen Unsinn schwätzen,
daß die bürgerlich-demokratische Revolution in China bereits
vollendet sei und die weitere Entwicklung der Revolution nur eine sozialistische
Revolution bedeuten könne. Die Revolution von 1924-1927 war eine bürgerlich-demokratische
Revolution, aber diese
|198| Revolution wurde nicht vollendet, sondern erlitt
eine Niederlage. Die Agrarrevolution, die unter unserer Führung seit
1927 bis heute durchgeführt wird, ist ebenfalls eine bürgerlich-demokratische
Revolution, wenn die Aufgabe dieser Revolution ist der Kampf gegen den
Imperialismus und den Feudalismus, nicht aber gegen den Kapitalismus. Einen
solchen Charakter wird die Revolution noch ziemlich inne tragen.
Die Triebkräfte der Revolution bleiben nach wie vor im wesentlichen
die Arbeiter, die Bauern und das städtische Kleinbürgertum, wobei
jetzt auch noch die nationale Bourgeoisie hinzukommen kann.
Eine Wendung
in der Revolution ist eine Sache der Zukunft.
In der Zukunft wird die demokratische Revolution unweigerlich in eine sozialistische
Revolution hinüberwachsen. Wann sich dieser Übergang vollziehen
wird, hängt davon ab, inwieweit die Voraussetzungen dafür herangereift
sein werden, und dazu kann eine ziemlich lange Zeit benötigt werden.
Solange nicht alle notwendigen politischen und ökonomischen Voraussetzungen
gegeben sind, solange eine solche Wendung für die überwiegende
Mehrheit unseres Volkes nicht von nutzen, sondern von Schaden sein kann,
soll man nicht leichtfertig darüber reden. Es ist falsch, daran zu
zweifeln und zu erwarten, der Übergang würde in der nächsten
Zeit vollzogen werden, wie es bei manchen Genossen der Fall war, als sie
erklärten, der Tag er ersten Erfolge der demokratischen Revolution
in den wichtigsten Provinzen des Landes werde jener Tag sein, an dem das
Hinüberwachsen beginnt. Diese Genossen urteilten so, weil sie nicht
erkannt hatten, was für ein Land China in politischer und ökonomischer
Hinsicht ist, weil sie nicht begriffen hatten, daß die Vollendung
der demokratischen Revolution auf politischem und ökonomischem Gebiet
in China eine bedeutend schwierigere Sache sein wird als in Rußland,
aß sie mehr Zeit und größere Anstrengungen erfordern wird.
ANMERKUNGEN
* Referat des Genossen Mao Tse-tung auf der Beratung der Parteiaktivisten in Wayaobao, Nordschensi, gehalten nach der Tagung des Politbüros des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas in Wayaobao im Dezember 1935. Auf dieser Tagung des Politbüros - einer vom Zentralkomitee einberufenen außerordentlich wichtigen Tagung - wurde an der in der Partei bestehenden falschen Ansicht Kritik geübt, die chinesische nationale Bourgeoisie könne nicht Verbündeter der Arbeiter und Bauern im gemeinsamen Kampf gegen den japanischen Imperialismus sein; gleichzeitig wurde die Tabak der nationalen Einheitsfront gebilligt. Auf Grund des Beschlusses des Zentralkomitees erklärte Genosse Mao Tse-tung in seinem Referat ins einzelne gehend, daß es möglich und wichtig ist, unter den Bedingungen des Widerstands gegen die japanische Aggression erneut eine Einheitsfront mit der nationalen Bourgeoisie herzustellen. Er unterstrich die entscheidende Bedeutung der führenden Rolle der Kommunistischen Partei und der Roten Armee in dieser Einheitsfront, wies auf den langwierigen Charakter der chinesischen Revolution hin, verurteilte die engstirnige Politik der verschlossenen Tür und die revolutionäre Fiebigkeit, die lange Zeit in der Partei bestanden hatten und die Hauptursache für die ernsten Rückschläge der Partei und der Roten Armee in der Periode des Zweiten Revolutionären Bürgerkrieges gewesen waren. Gleichzeitig machte Genosse Mao Tse-tung die Partei auf die historische Lehre aus der Niederlage der Revolution im Jahre 1927, die der rechte Opportunismus Tschen Du-hsius verursacht hatte, aufmerksam. Ferner wies er darauf hin, daß Tschiang Kai-schek unbedingt versuchen werde, die Kräfte der Revolution zu untergraben; auf diese Weise machte es Genosse Mao Tse-tung unserer Partei möglich, in der neuen Lage einen klaren Kopf zu behalten und die revolutionären Kräfte trotz Tschiang Kai-scheks endloser Betrugsmanöver und zahlreicher bewaffneter Überfälle vor möglichen Verlusten zu bewahren. Die erweiterte Tagung des Politbüros des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas im Januar 1935 in Dsunyi, Provinz Kueitschou, hatte eine neue Führung des Zentralkomitees mit Genossen Mao Tse-tung an der Spitze gebildet und die frühere "links" opportunistische Führung abgesetzt. Aber diese Tagung fand während des Langen Marsches der Roten Armee statt, und deshalb konnte sie nur zu den damals aktuellsten militärischen Fragen und zu organisatorischen Fragen des Sekretariats und des Revolutionären Militärausschusses des Zentralkomitees Beschlüsse fassen. Erst nachdem die Rote Armee nach dem Langen Marsch Nordschensi erreicht hatte, erhielt das Zentralkomitee die Möglichkeit, die verschiedenen Fragen der Taktik auf politischem Gebiet systematisch zu erläutern. Diese Fragen werden von Genossen Mao Tse-tung in diesem Referat am umfassendsten analysiert.
1 Am 18. Januar 1915 legten die japanischen Imperialisten der chinesischen Regierung unter Yüan Schikai 21 Forderungen vor, und am 7. Mai verlangten sie in einem Ultimatum eine Antwort auf diese Forderungen innerhalb von 48 Stunden. Die Forderungen Japans gliederten sich in fünf Gruppen. Die ersten vier Gruppen enthielten folgende Forderungen: Die Rechte, die sich Deutschland in der Provinz Schantung angeeignet hatte, sind an Japan zu übertragen, darüber hinaus sind Japan neue Rechte in Schantung einzuräumen; in der Südmandschurei und in der Ostmongolei soll Japan das Recht auf Pacht oder Besitz von Ländereien, das Niederlassungsrecht, das Recht auf industrielle und kommerzielle Tätigkeit, das ausschließliche Recht auf den Bau von Eisenbahnlinien und die Erschließung von Bodenschätzen erhalten; das Hanyäping-Hüttenkombinat soll in den gemeinsamen Besitz Chinas und Japans übergehen; Häfen, Buchten und Inseln an der chinesischen Küste dürfen nicht an einen dritten Staat abgetreten werden. In der fünften Gruppe wird gefordert: Japan soll die politischen, Finanziellen, polizeilichen und militärischen Angelegenheiten Chinas kontrollieren und das Recht auf den Bau von wichtigen Eisenbahnstrecken erhalten, die die Provinzen Hupeh, Kiangsi und Kuangtung miteinander verbinden. Mit Ausnahme der fünften Gruppe, für die Yüan Schikai "sich eine spätere Vereinbarung ausbat" nahm er alle diese Forderungen an. Dank dem einmütigen Protest des chinesischen Volkes war es Japan jedoch nicht gelungen, seine Forderungen zu realisieren.
2 Yüan Schikai war in den letzten Jahren der Tjing-Dynastie das Oberhaupt der Militärmachthaber des Nordens. Nachdem die Tjing-Dynastie durch die Revolution von 1911 gestürzt worden war, usurpierte Yüan Schikai den Präsidentenposten der Republik, gestützt auf die konter-revolutionären bewaffneten Kräfte und unterstützt vom Imperialismus unter Ausnutzung der Kompromißbereitschaft der Bourgeoisie, die damals die Führung in der Revolution innehatte. Er bildete die erste Regierung der Militärmachthaber des Nordens, die die Interessen der Klassen der Großgrundherren und der Großkompradoren vertrat. In seinem Bestreben, sich zum Kaiser zu machen, nahm er im Jahre 1915, um die Unterstützung der japanischen Imperialisten zu erhalten, die 21 Forderungen Japans an, die darauf abzielten, die Alleinherrschaft Japans über China aufzurichten. Im Dezember des gleichen Jahres brach in der Provinz Hünnan ein Aufstand aus, der sich gegen die Ausrufung Yüan Schikais zum Kaiser richtete. Dieser Aufstand fand sogleich Widerhall im ganzen Land. Yüan Schikai starb im Juni 1916 in Peking.
3 Im November 1921 berief die USA-Regierung in Washington
die Neunmächtekonferenz ein, auf der außer den USA China, England,
Frankreich, Italien, Belgien, Holland, Portugal und Japan vertreten waren.
Das war eine Konferenz, auf der die USA und Japan miteinander um die Vorherrschaft
im Fernen Osten kämpften. Am 6. Februar 1922 wurde auf der Grundlage
des von den USA vorgeschlagenen Prinzips der "gleichen Chance für
alle Länder in China" und der "offenen Tür" ein Neunmächtevertrag
abgeschlossen. Dieser Vertrag diente dazu, eine Lage zu schaffen, den imperialistischen
Mächten die gemeinsame Herrschaft über China zu ermöglichen,
|201| im
Grunde aber die Bedingungen für eine Alleinherrschaft des amerikanischen
Imperialismus über China vorzubereiten und damit den Plan Japans für
dessen Alleinherrschaft über China zu durchkreuzen.
4 Am 18. September 1931 hatte die in Nordostchina stationierte japanische "Guandung-Armee" überraschend die Stadt Schenyang besetzt. Die chinesischen Truppen in Schenyang und anderen Orten Nordostchinas (die Nordostarmee) fügten sich dem Befehl Tschiang Kai-scheks, "absolut keinen Widerstand zu leisten", und zogen sich bis südlich des Passes von Schanhaiguan zurück, so daß die japanischen Truppen rasch die Provinzen Liaoning, Kirin und Heilungkiang besetzen konnten. Das chinesische Volk nannte diesen aggressiven Akt der japanischen Eindringlinge gewöhnlich die Ereignisse des 18. September.
5 Die vier nordöstlichen Provinzen waren Liaoning, Kirin, Heilungkiang und Jehol. (Diese Provinzen entsprechen heute den Provinzen Liaoning, Kirin, Heilung kiang, dem nordöstlichen Teil der Provinz Hopeh nördlich der Großen Mauer und , dem Ostteil des Autonomen Gebiets der Inneren Mongolei - der Übers.) Nach den Ereignissen des 18. September besetzten die japanischen Aggressionstruppen zunächst die Provinzen Liaoning, Kirin und Heilungkiang und dann im Jahre 1933 die Provinz Jehol.
6 Am 25. November 1935 bildete Yin Ju-geng, ein der Kuomintang angehörender Landesverräter, auf Anstiftung der Japaner eine Marionettenregierung, der 22 Kreise in Osthopeh unterstanden und die sich "Autonome Regierung von Osthopeh zum Schutz gegen den Kommunismus" nannte. Das nannte man die Ereignisse von Osthopeh.
7 Mit den diplomatischen Verhandlungen sind die Verhandlungen zwischen der , Tschiangkaischek-Regierung und der japanischen Regierung über die sogenannten "Drei Prinzipien Hirotas" gemeint. Die "Drei Prinzipien Hirotas" waren von dem ' damaligen japanischen Außenminister Hirota aufgestellt und als die "Drei Prinzipien für die Beziehungen zu China" bezeichnet worden. Sie bestanden in folgendem: 1. die Unterbindung aller antijapanischen Bewegungen durch China; 2. die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen China, Japan und "Mandschuguo"; 3. die gemeinsame Verteidigung Chinas und Japans gegen den Kommunismus. Am 21. Januar 1936 erklärte Hirota vor dem japanischen Parlament: "Die chinesische Regierung hat die drei vom Kaiserreich vorgeschlagenen Prinzipien bereits angenommen."
8 1939 begann in der das ganze Land umfassenden patriotischen Bewegung des Volkes ein neuen Aufschwung. Unter Führung der Kommunistischen Partei Chinas veranstalteten die Studenten Pekings am g. Dezember als erste eine patriotische Demonstration und stellten dabei Losungen auf wie "Stellt den Bürgerkrieg ein, kämpft gemeinsam gegen die fremde Aggression!", "Nieder mit dem japanischen Imperialismus!" Diese Bewegung durchbrach die langwierige Terrorherrschaft, die die Kuomintang-Regierung im Bunde mit den japanischen Eindringlingen ausgeübt hatte, und fand gleich beim ganzen Volk Widerhall. Sie wurde Bewegung des 9. Dezember genannt. Folglich sind in den Beziehungen zwischen den verschiedenen Klassen des Landes augenscheinlich neue Änderungen eingetreten, und die antijapanische nationale Einheitsfront, die die Kommunistische Partei vorgeschlagen hatte, wurde zu einer Politik, für die alle vaterlandsliebenden Menschen gemeinsam und offen eintraten. Die Tschiangkaischek-Regierung war wegen ihrer landesverräterischen Politik beträchtlich isoliert.
9 Dieses Referat wurde von Genossen Mao Tse-tung in einer Zeit gehalten,
als Tschiang Kai-schek - nachdem er Nordostchina verkauft hatte - gerade
dabei war, Rotchina zu verschachern, und die aktiven Kriegshandlungen gegen
die Rote Armee
|202| fortsetzte. Darum war es für die Kommunistische Partei
Chinas notwendig, diesen Landesverräter Tschiang Kai-schek vollends
zu demaskieren; ebenso würde die antijapanische nationale Einheitsfront,
die zu dieser Zeit von der Kommunistischen Partei Chinas vorgeschlagen
worden war, Tschiang Kai-schek noch nicht einbeziehen. Genosse Mao Tse-tung
erwähnt jedoch bereits in diesem Referat die Differenzierung, die
im Lager der chinesischen Grundherren- und Kompradorenklassen infolge der
Widersprüche zwischen den verschiedenen imperialistischen Mächten
eintreten könnte. Da das Vordringen des japanischen Imperialismus
in Nordchina die Interessen des englischen und des amerikanischen Imperialismus
ernstlich bedrohte, kam die Kommunistische Partei Chinas zu dem Schluß,
daß die mit diesen Interessen eng verbundene Tschiangkaischek-Clique
auf Befehl ihrer Herren ihre Einstellung zu Japan :ändern könnte,
und befolgte deshalb die Politik, Tschiang Kai-schek zum Widerstand gegen
Japan zu zwingen. Im Mai 1936 kehrte die Rote Armee aus der Provinz Schansi
nach Nordschensi zurück und wandte sich unmittelbar an die Kuomintang-Regierung
in Nanking mit der Forderung, den Bürgerkrieg um des gemeinsamen Kampfes
gegen Japan willen einzustellen. Im August desselben Jahres richtete das
Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Chinas an das Zentralexekutivkomitee
der Kuomintang erneut ein Schreiben, worin es forderte, eine Einheitsfront
beider Parteien zum gemeinsamen Widerstand gegen die japanische Aggression
zu bilden und für Verhandlungen Vertreter zu benennen. Aber Tschiang
Kai-schek lehnte auch dieses Mal den Vorschlag der Kommunistischen Partei
ab. Erst im Dezember 193G, als Tschiang Kai-schek von Kuomintang-Offizieren,
die für die Vereinigung mit der Kommunistischen Partei zum Widerstand
gegen die japanische Aggression waren, in Sian festgenommen wurde, sah
er sich gezwungen, die Forderung der Kommunistischen Partei Chinas nach
Einstellung des Bürgerkriegs und nach Vorbereitung des Widerstands
gegen die japanische Aggression anzunehmen.
10 Tsai Ting-kai war zu jener Zeit Kommandeur eines Korps der 13. Route-Armee der Kuomintang und stellvertretender Befehlshaber dieser Armee. Zusammen mit Tschen Ming-schu und Djiang Guang-nai stand er an der Spitze der 19. Route-Armee. Die 19. Route-Armee, die Operationen gegen die Rote Armee in Kiangsi durchgeführt hatte, wurde nach den Ereignissen des 18. September nach Schanghai verlegt. Der Aufschwung in der antijapanischen Bewegung der Bevölkerung Shanghais wie auch des ganzen Landes übte einen starken Einfluß auf die 19. Route-Armee aus. In der Nacht des 28. Januar 1932, als japanische Marine-Infanteristen einen Überfall auf Schanghai verübten, leistete die 19. Route-Armee zusammen mit der Schanghaier Bevölkerung Widerstand. Durch den Verrat Tschiang Kai-scheks und Wang Djing-wes endete jedoch dieser Widerstandskampf mit einer Niederlage. Danach wurde die 19. Route-Armee von Tschiang Kai-schek nach Fukien geworfen, um den Kampf gegen die Rote Armee fortzusetzen. Zu dieser Zeit kam die Führung der 18. Route-Armee allmählich zu der Einsicht, daß der Krieg gegen die Rote Armee aussichtslos war. Im November 1933 erklärte die Führung der 19. Route-Armee, die mit einem Teil der Kuomintang-Kräfte, an dessen Spitze Li Dji-schen u. a. standen, verbündet war, öffentlich den Bruch mit Tschiang Kai-schek. Sie bildeten in der Provinz Fukien die "Revolutionäre Volksregierung der Chinesischen Republik" und trafen mit der Roten Armee eine Vereinbarung über den gemeinsamen Widerstand gegen Japan und über den Kampf gegen Tschiang Kai-schek. Unter den Schlägen der Streitkräfte Tschiang Kai-scheks brachen die 19. Route-Armee und die Fukiener Volksregierung zusammen. Danach gingen Tsai Ting-kai und andere allmählich auf die Position der Zusammenarbeit mit der Kommunistischen Partei Chinas über.
11 Im September 1926, als die Revolutionäre Armee
auf dem Nordfeldzug Wuhan erreichte, erklärte Feng Yü-hsiang,
der die Armee in der Provinz Suiyüan (im Westteil
|203| des heutigen Autonomen
Gebiets der Inneren Mongolei gelegen - der Übers.) befehligte, daß
er sich von der Clique der Militärmachthaber des Nordens lossage,
und schloß sich der Revolution an. Anfang 1927 brachen seine Truppen
aus der Provinz Schensi auf und unternahmen gemeinsam mit der Armee des
Nordfeldzugs einen Angriff auf die Provinz Honan. Nach dem Verrat Tschiang
Kai-scheks und Wang Djing-wes im Jahre 1927 beteiligte sich auch Feng Yü-hsiang
am Kampf gegen die Kommunisten, aber es bestand stets ein Konflikt zwischen
seinen Interessen und denen der Tschiangkaischek-Clique. Nach den Ereignissen
des 18. September setzte sich Feng Yü-hsiang für den Widerstand
gegen Japan ein, und im Mai 1933 begann er mit der Kommunistischen Partei
Chinas zusammenzuarbeiten, es wurde in Dschangdjiakou die Verbündete
Antijapanische Volksarmee geschaffen. Unter den von zwei Seiten geführten
Schlägen der Kräfte Tschiang Kai-scheks und der japanischen Aggressionstruppen
scheiterten im August seine Anstrengungen. In den letzten Jahren seines
Lebens vertrat Feng Yü-hsiang weiterhin den Standpunkt der Zusammenarbeit
mit der Kommunistischen Partei Chinas.
12 Die 26. Route-Armee der Kuomintang wurde von Tschiang Kai-schek nach der Provinz Kiangsi zum Angriff gegen die Rote Armee verlegt. Als Antwort auf den Aufruf der Kommunistischen Partei Chinas zum Widerstand gegen die japanische Aggression erhoben sich im Dezember 1931 über 10 000 Mann dieser Armee unter Führung der Genossen Dschao Bo-scheng, Dung Dschen-tang und anderer in der Stadt Ningdu, Provinz Kiangsi, zum Aufstand und schlossen sich der Roten Armee an.
13 Ma Dschan-schan war ein Offizier der Nordostarmee der Kuomintang. Seine Truppen standen in der Provinz Heilungkiang. Als die japanischen Aggressionstruppen nach den Ereignissen des 18. September aus der Provinz Liaoning nach Heilungkiang vorrückten, leisteten ihnen die Truppen Ma Dschan-schans Widerstand.
14 Hu Han-min, ein bekannter Kuomintang-Politiker, trat seinerzeit gegen die von Sun Yat-sen verkündete Politik der Zusammenarbeit mit der Kommunistischen Partei Chinas auf und war Tschiang Kai-scheks Komplice beim konterrevolutionären Staatsstreich vom 12. April 19z7. Später wurde er von Tschiang Kai-schek in Haft genommen, weil er diesem die Macht streitig gemacht hatte. Nach den Ereignissen des 18. September wurde er freigelassen und begab sich von Nanking nach Kanton, wo er die Militärmachthaber der Kuangtung- und Kuangsi-Clique gegen die Nanking-Regierung Tschiang Kai-scheks ausspielte, so daß sie lange Zeit hindurch im Gegensatz zu ihr standen.
15 Das "Sechs-Punkte-Programm für den Widerstand gegen Japan zur Rettung des Vaterlands" oder das "Grundsatzprogramm des chinesischen Volkes für den Krieg gegen Japan" wurde von der Kommunistischen Partei Chinas im Jahre 1934 aufgestellt und mit den Unterschriften Sung Tjing-lings und anderer veröffentlicht. Dieses Programm bestand aus folgenden Punkten: (1) allgemeine Mobilisierung der See-, Land- und Luftstreitkräfte für den Krieg gegen Japan; (2) Mobilisierung des ganzen Volkes; (3) allgemeine Volksbewaffnung; (4) Beschlagnahme des Vermögens der japanischen Imperialisten in China und des Vermögens der Landesverräter zur Deckung der Ausgaben für den Widerstandskrieg; (5) Bildung eines gesamtchinesischen Komitees für bewaffnete nationale Selbstverteidigung, das durch Vertreter der Arbeiter, Bauern, Soldaten, Intellektuellen und Kaufleute zu wählen ist; (6) Bündnis mit allen Gegnern des japanischen Imperialismus und Aufnahme freundschaftlicher Beziehungen zu allen Ländern, die eine wohlwollende Neutralität wahren.
16 Gemeint sind der Kuangtung-Militärmachthaber Tschen
Dji-tang und die Kuangsi-Militärmachthaber Li Dsung-jen, Bai Tschung-hsi
und andere.
|204|
17 Die Tschiangkaischek-Bande nannte das revolutionäre
Volk "Banditen" und bezeichnete die Angriffe ihrer Truppen gegen das revolutionäre
Volk und die Massengemetzel als "Ausrottung der Banditen".
18 Genosse Jen Bi-schi war eines der ältesten Mitglieder der Kommunistischen Partei Chinas und einer ihrer ersten Organisatoren. Seit dem V. Parteitag der Kommunistischen Partei Chinas im Jahre 1927 war er Mitglied des Zentralkomitees. Auf dem 4. Plenum des VI. Zentralkomitees im Jahre 1930 wurde er zum Mitglied des Politbüros gewählt. Im Jahre 1933 war er Sekretär des Provinzparteikomitees im Grenzgebiet Hunan-Kiangsi und gleichzeitig Politkommissar der 6. Armeegruppe der Roten Armee. Nach der Vereinigung der 6. Armeegruppe mit der 2. Armeegruppe wurde er zum Politkommissar der aus diesen zwei Armeegruppen gebildeten 2. Frontarmee ernannt. In den ersten Jahren des Widerstandskriegs gegen die japanische Aggression war er Leiter der Politischen Hauptabteilung der Achten Route-Armee. Seit 1940 arbeitete er im Sekretariat des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas. Auf dem i. Plenum des VII. Zentralkomitees im Jahre 1941 wurde er zum Mitglied des Politbüros und des Sekretariats des Zentralkomitees gewählt. Er starb am 27. Oktober 1950 in Peking.
19 Die 6. Armeegruppe der Roten Arbeiter- und Bauernarmee Chinas stand zunächst im Stützpunktgebiet an der Grenze Hunan-Kiangsi. Im August 1934 durchbrach sie auf Befehl des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas die Einkreisung und begann ihren Standort zu ändern; im Oktober des gleichen Jahres vereinigte sie sich im Ostteil der Provinz Kueitschou mit der 2. Armeegruppe der Roten Armee unter dem Befehl des Genossen Ho Lung. Aus diesen zwei Armeegruppen wurde die 2. Frontarmee der Roten Armee gebildet, die ein revolutionäres Stützpunktgebiet an den Grenzen zwischen den Provinzen Hunan, Hupeh, Szetschuan und Kueitschou schuf.
20 Im Oktober 1934 begannen die 1., 3. und 5. Armeegruppe der Roten Arbeiter und Bauernarmee Chinas (d. h. die 5. Frontarmee der Roten Armee, auch die Zentrale Rote Armee genannt) von Tschangting und Ninghua im Westteil der Provinz Fukien sowie von Juidjin und Yüdu und anderen Orten im Südteil der Provinz Kiangsi aus eine große strategische Standortverlegung. Die Rote Armee durchquerte elf Provinzen - Fukien, Kiangsi, Kuangtung, Hunan, Kiangsi, Kueitschou, Szetschuan, Yenan, Sikang (Sikang entspricht heute dem Westteil der Provinz Szetschuan und dem Ostteil des Autonomen Gebiets Tibet - der Übers.), Kansu und Schensi -, überwand hohe, mit ewigem Schnee bedeckte Gebirge und zog durch versumpfte Ebenen, die kaum jemals von eines Menschen Fuß betreten worden waren. Unter Schwierigkeiten und Entbehrungen legte die Rote Armee, obwohl sie wiederholt vom Feind eingekreist, verfolgt, aufgehalten oder abgeriegelt wurde, 25000 (500 km) zu Fuß zurück und erreichte endlich im Oktober 1935 siegreich das revolutionäre Stützpunktgebiet im Norden der Provinz Schensi.
21 Die Rote Armee des Grenzgebiets Szetschuan-Schensi
war nämlich die 4. Frontarmee der Roten Arbeiter- und Bauernarmee
Chinas. Im März 1935 verließ die 4. Frontarmee das Stützpunktgebiet
an der Grenze der Provinzen Szetschuan und Schensi und begann ihre Standortverlegung
nach den Grenzen der Provinzen Szetschuan und Sikang. Im Juni des gleichen
Jahres vereinigte sie sich im Gebiet Maogung im Westen der Provinz Szetschuan
mit der 1. Frontarmee der Roten Armee. wonach beide Frontarmeen in zwei
Kolonnen - eine rechte und eine linke - nach dem Norden marschierten. Als
sie im September das Gebiet Maoörlgai unweit von Sungpan erreicht
hatten, führte der in der 4. Frontarmee tätige Dschang Guo-tao
entgegen dem Befehl des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas
die
|205| Truppen der linken Kolonne eigenmächtig nach dem Süden und
spaltete auf diese Weise die Rote Armee. Im Juni 1936 vereinigte sich die
2. Frontarmee der Roten Armee, die vom Grenzgebiet Hunan-Hupeh-Szetschuan-Kueitschou
aus die feindliche Einkreisung durchbrochen und die Provinzen Hunan, Kueitschou
und Yünnan durchquert hatte, mit der 4. Frontarmee in Gandsi, Provinz
Sikang. Nun wandten sich die Genossen aus der 4. Frontarmee gegen den Willen
Dschang Guo-taos gemeinsam mit der 2. Frontarmee nach dem Norden. Im Oktober
desselben Jahres trafen alle Truppen der 2. Frontarmee und ein Teil der
4. Frontarmee in Nordschensi ein, wo es ihnen gelang, sich mit der 1. Frontarmee
zu vereinigen.
22 Dschang Guo-tao war ein Verräter an der chinesischen Revolution. In seiner Jugend spekulierte er darauf, in der Revolution Karriere zu machen, und trat in die Kommunistische Partei ein. In der Partei beging er sehr viele Fehler, die zu schweren Verbrechen führten. Sein hervorstechendster Fehler war folgender: 1935 trat er gegen den Marsch der Roten Armee nach dem Norden auf, trat für einen defätistischen und liquidatorischen Rückzug in die Gebiete der nationalen Minderheiten an der Grenze der Provinzen Szetschuan und Sikang ein, betrieb offen eine gegen die Partei und das Zentralkomitee gerichtete verräterische Tätigkeit, bildete sein eigenes Pseudozentralkomitee, untergrub die Einheit der Partei und der Roten Armee und fügte der 4. Frontarmee schweren Schaden zu. Dank der geduldigen Erziehung durch Genossen Mao Tse-tung und das Zentralkomitee unterstellten sich die 4. Frontarmee und ihre zahlreichen Kader bald wieder der richtigen Führung des Zentralkomitees und spielten in den späteren Kämpfen eine ruhmreiche Rolle. Dschang Guo-tao selbst aber war schließlich nicht mehr zu retten; er flüchtete im Frühling 1938 allein aus dem Grenzgebiet Schensi-Kansu-Ningsia und trat in den Dienst der Geheimpolizei der Kuomintang.
23 Gemeint ist die Rote Armee oder die 1. Frontarmee der Roten Armee, die im Gebiet Kiangsi-Fukien aufgestellt worden war und unter der unmittelbaren Führung des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas stand.
24 Im Juli 1935 begannen die Kuomintang-Truppen den dritten
"Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzug" gegen das revolutionäre Stützpunktgebiet
Schensi-Kansu. Zunächst schlug das 26. Korps der Roten Armee von Nordschensi
an der Ostfront zwei Brigaden der feindlichen Truppen in die Flucht und
warf den Feind auf das Ostufer des Gelben Flusses zurück. Im September
des gleichen Jahres vereinigte sich das 25. Korps der Roten Armee, das
ursprünglich im Stützpunktgebiet Hupeh-Honan-Anhui gestanden
hatte, mit den Einheiten der Roten Armee von Nordschensi, nachdem es über
Südschensi und Ostkansu den Norden von Schensi erreicht hatte. So
wurde die 15. Armeegruppe der Roten Armee gebildet. Die 15. Armeegruppe
vernichtete in der Gantjüan-Laoschan-Schlacht den Großteil der
no. Division des Feindes; der Divisionskommandeur wurde getötet. Bald
darauf rieb sie in Yülintjiao, Kreis Gantjüan, vier Bataillone
der 107. Division des Feindes auf. Daraufhin begann der Feind mit der Vorbereitung
einer neuen Offensive. Unter dem Befehl von Dung Ying-bin (Kommandeur eines
Armeekorps der Nordostarmee) traten fünf Divisionen des Feindes in
zwei Kolonnen zum Angriff an. Im Osten rückte eine Division auf der
Straße Luotschuan-Fuhsiän in nördliche Richtung vor, während
im Westen vier Divisionen von den Kreisen Tjingyang und Hoschui, Provinz
Kansu, aus den Hulu-Fluß entlang in Richtung Fuhsiän, Nordschensi,
vorstießen. Im Oktober des gleichen Jahres traf die Zentrale Rote
Armee in Nordschensi ein. Im November vernichtete diese Armee gemeinsam
mit der 65. Armeegruppe bei Dschiluodschen südwestlich von Fuhsiän
die 109. Division des Feindes und rieb im Zuge der Verfolgung in Heschuisi
ein Regiment der 106. Division auf. Damit war der dritte "Einkreisungs-
und Aus-
|206| rottungsfeldzug" des Feindes gegen das Stützpunktgebiet Schensi-Kansu
vollkommen zerschlagen.
25 Als in den Jahren 1934/35 die Hauptkräfte der Roten Armee aus Südchina abmarschierten, um ihren Standort zu verlegen, ließen sie dort Partisanenabteilungen zurück. Diese Partisanenabteilungen führten in 14 Gebieten auf dem Territorium von acht Provinzen einen hartnäckigen Partisanenkrieg. Es handelt sich um Südtschekiang, Nordfukien, Ostfukien, Südfukien, Westfukien, Nordostkiangsi, um die Grenzgebiete Fukien-Kiangsi und Kuangtung-Kiangsi, um Südhunan, um die Grenzgebiete HunanKiangsi, Hunan-Hupeh-Kiangsi und Hupeh-Honan-Anhui, um das Tungbai-Gebirge in Südhonan und um die Insel Hainan in Kuangtung.
26 Nachdem die japanischen Imperialisten im Jahre 1931 in die Provinzen Nordostchinas eingefallen waten, rief die Kommunistische Partei Chinas das Volk zum bewaffneten Widerstand auf, organisierte antijapanische Partisanenabteilungen und die Revolutionäre Nordost-Volksarmee und unterstützte die verschiedenen antijapanischen Freiwilligenabteilungen. Nach 1934 wurden unter der Führung der Kommunistischen Partei Chinas alle antijapanischen Einheiten im Nordosten zu der Vereinigten Antijapanischen Nordostarmee unter dem Oberbefehl des hervorragenden Kommunisten Yang Djing-yü zusammengefaßt. Diese Armee führte lange Zeit im Nordosten einen zähen Partisanenkrieg gegen die japanischen Aggressoren. Mit dem antijapanischen Partisanenkrieg in Osthopeh ist der antijapanische Bauernaufstand gemeint, der im Mai 1935 im Osten der Provinz Hopeh ausbrach.
27 Mit dem revolutionären Krieg, der unter der Führung der Kommunistischen Partei der Sowjetunion stand, ist jener Krieg gemeint, den das sowjetische Volk in den Jahren 1918-192o gegen die bewaffneten Interventionen Großbritanniens, der USA, Frankreichs, Japans, Polens und anderer imperialistischer Staaten sowie zur Niederwerfung des Aufruhrs der Weißgardisten führte.
28 Die politische Macht und die verschiedenen politischen Richtlinien einer Volksrepublik, von denen Genosse Mao Tse-tung hier spricht, wurden zur Zeit des Widerstandskriegs gegen die japanische Aggression in den unter der Führung der Kommunistischen Partei Chinas stehenden befreiten Gebieten des Volkes errichtet bzw. restlos verwirklicht. Deshalb konnte die Kommunistische Partei das Volk hinter den feindlichen Frontlinien in einem siegreichen Krieg gegen die japanischen Eindringlinge führen. Im Verlauf des nach der Kapitulation Japans ausgebrochenen Dritten Revolutionären Bürgerkriegs dehnten sich die befreiten Gebiete des Volkes allmählich auf ganz China aus, und auf diese Weise entstand die einheitliche Volksrepublik China. So wurde das Ideal des Genossen Mao Tse-tung von einer Volksrepublik in ganz China verwirklicht.
29 Der VI. Parteitag der Kommunistischen Partei Chinas, der im Juli 1928 stattfand, nahm ein Programm an, das aus folgenden zehn Punkten bestand: 1. Sturz der Herrschaft des Imperialismus; 2. Beschlagnahme der Betriebe und Banken, die dem ausländischen Kapital gehören; 3. Vereinigung Chinas und Anerkennung des nationalen Selbstbestimmungsrechts; 4. Sturz der Regierung der KuomintangMilitärmachthaber; 5. Bildung einer Regierung der Deputiertenräte der Arbeiter, Bauern und Soldaten; 6. Einführung des Achtstundentags, Erhöhung der Löhne, Unterstützung der Arbeitslosen, Sozialversicherung usw.; 7. Beschlagnahme des Grund und Bodens aller Grundherren, Übergabe des Ackerlands an die Bauernschaft; 8. Verbesserung der Lebensbedingungen der Soldaten, Zuweisung von Boden und Arbeitsplätzen an die Soldaten; 9. Abschaffung sämtlicher drückender Abgaben und verschiedenartiger Steuern und Einführung einer einheitlichen progressiven Steuer; 10. Bündnis mit dem Weltproletariat und mit der Sowjetunion.
30 Trotzkisten - ursprünglich eine antileninistische
Fraktion in der russischen Arbeiterbewegung die später zu einer durch
und durch konterrevolutionären Bande herabsank.
Über die Wandlung dieser verräterischen Fraktion hat Genosse
Stalin in seinem Referat auf dem Plenum des ZK der KPdSU (B) im Jahre 1937
folgendes erklärt: "Der Trotzkismus war in der Vergangenheit, vor
sieben oder acht Jahren, eine solche politische Strömung in der Arbeiterklasse,
allerdings eine antileninistische und daher grundfalsche, aber immerhin
eine politische Strömung . . . Der gegenwärtige Trotzkismus ist
keine politische Strömung in der Arbeiterklasse, sondern eine prinzipien-
und ideenlose Bande von Schädlingen, Diversanten, Kundschaftern, Spionen,
Mördern, eine Bande geschworener Feinde der Arbeiterklasse, die im
Solde der Spionageorgane ausländischer Staaten tätig sind." Nach
der Niederlage der chinesischen Revolution im Jahre 1927 traten in China
ebenfalls
eine kleine Anzahl von Trotzkisten auf, die sich mit Tschen Du-hsiu und
anderen Renegaten vereinigten und im Jahre 1929 ein konterrevolutionäres
Grüppchen bildeten, das solche konterrevolutionären Gedanken
propagierte wie: die Kuomintang habe die bürgerlichdemokratische Revolution
bereits vollendet. Dieses Grüppchen verwandelte sich restlos in ein
schmutziges Werkzeug des Imperialismus und der Kuomintang in ihrem Kampf
gegen das Volk. Die chinesischen Trotzkisten träten offen in den Spionagedienst
der Kuomintang ein. Nach den Ereignissen des 18. September führten
sie die Anweisung des Banditen Trotzki aus, "das japanische Kaiserreich
bei der Eroberung Chinas nicht zu hindern", nahmen die Zusammenarbeit mit
den japanischen Spionageorganen auf, bezogen Subsidien von den japanischen
Eindringlingen und entfalteten die verschiedenartigsten Tätigkeiten
im Interesse der japanischen Aggressoren.
31 Diese Äußerung stammt aus dem Buch Menzius. In China führten in der "Frühlings- und Herbstperiode" (222-481 v. u. Z.) zahlreiche Feudalfürsten ununterbrochen untereinander Kriege um die Macht, woraus sich auch die betreffende Äußerung von Menzius erklärt.
32 Infolge des Kampfes des chinesischen Volkes gegen den Opiumhandel schickte Großbritannien in den Jahren 1840-1842 unter dem Vorwand, den Handel schützen zu müssen, Truppen zur Invasion nach China. Die chinesischen Truppen führten unter Leitung von Lin Dsö-hsü einen Widerstandskrieg. Die Bevölkerung von Kanton organisierte spontan das "Korps zur Niederwerfung der Engländer" (Pingyingtuan), das den englischen Aggressoren ebenfalls schwere Schläge versetzte.
33 Der Taiping-Tiänguo-Krieg, der Mitte des 19. Jahrhunderts ausbrach, war ein revolutionärer Bauernkrieg gegen die Feudalherrschaft der Tjing-Dynastie und die von dieser ausgeübte nationale Unterdrückung. Im Januar 1851 entfesselten die Führer dieser Revolution Hung Hsiu-tjüan, Yang Hsiu-tjing und andere einen Aufstand in dem Dorf Djintiän, Kreis Guiping, Provinz Kuangsi, und riefen das "Himmlische Reich des Ewigen Friedens" (Taiping Tiänguo) aus. Im Jahre l852 marschierte die Bauernarmee aus Kuangsi nach Norden, durchquerte Hunan, Hupeh, Kiangsi und Anhui und besetzte im Jahre 1833 Nanking. Aus Nanking setzte ein Teil der Truppen den Feldzug nach Norden fort und gelangte bis vor Tientsin. Weil die Taiping-Armee es unterließ, in den von ihr besetzten Gebieten feste Stützpunktgebiete zu schaffen, und die Führungsgruppe nach der Ausrufung Nankings zur Hauptstadt des Reiches viele politische und militärische Fehler machte, konnte sie den gemeinsamen Angriffen der konterrevolutionären Truppen der Tjing-Regierung und der englischen, amerikanischen und französischen Aggressoren nicht standhalten und wurde 1864 besiegt.
34 Der Yihotuan-Krieg, der im Jahre 1900 im Norden Chinas
ausbrach, war eine breite spontane Bewegung der Bauern und Handwerker,
die, zu einem mystischen Geheimbund vereint, den bewaffneten Kampf gegen
die Imperialisten führten. Ver-
|208| einigte bewaffnete Kräfte von acht
imperialistischen Staaten schlugen, nachdem sie Peking und Tientsin erobert
hatten, diese Bewegung grausam nieder.
35 Siehe "Untersuchungsbericht über die Bauernbewegung in Hunan", Anmerkung (vorliegender Band, S. 60).
36 Siehe W. I. Lenin, Das Militärprogramm der proletarischen
Revolution", und Geschichte der KPdSU (B), Kurzer Lehrgang, Kapitel VI,
Abschnitt
ANMERKUNGEN DES ÜBERSETZERS
[1] Der chinesischen Mythologie zufolge war Pan Gu der Schöpfer der Welt und der erste Herrscher der Menschheit.
[2] Im Legendenbuch waren die Drei Souveräne und die Fünf Kaiser Herrscher in alten Zeiten Chinas.