Mao Werke


Mao Tse-tung:

DIE GEFAHR DER KAPITULATION ÜBERWINDEN UND ENERGISCH FÜR EINE WENDUNG DER LAGE ZUM BESSEREN KÄMPFEN*

 

(28. Januar 1940)

 

* Eine innerparteiliche Direktive, verfaßt vom Genossen Mao Tse-tung im Namen des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas.

Der Verlauf der gegenwärtigen Ereignisse beweist die Richtigkeit der Einschätzung der Lage, die vom Zentralkomitee der Partei wiederholt gegeben wurde. Dem Kurs der Klasse der großen Grundherren und der Großbourgeoisie, der auf eine Kapitulation abzielt, steht der Kurs des Proletariats, der Bauernschaft, des städtischen Kleinbürgertums und der mittleren Bourgeoisie entgegen, der auf den Widerstandskrieg gerichtet ist, und zwischen diesen beiden Linien ist der Kampf im Gange. Gegenwärtig bestehen diese beiden Linien, und jede von ihnen hat die Perspektive, sich durchzusetzen. Alle Genossen unserer Partei müssen begreifen, daß solche bedenklichen Erscheinungen, die an verschiedenen Orten zutage treten - wie Kapitulation, antikommunistische Aktionen und Rückschritte - nicht isoliert betrachtet werden dürfen. Man muß den ernsten Charakter dieser Erscheinungen erkennen, muß sie entschieden bekämpfen und darf sich von ihrer Wucht nicht überwältigen lassen. Läßt man sich nicht von diesem Geist durchdringen, nimmt man keinen richtigen Kurs auf den entschiedenen Kampf gegen diese Erscheinungen, läßt man den Ultrakonservativen in der Kuomintang freie Hand, die "Einschränkung der Kommunistischen Partei auf militärischem und politischem Gebiet" fortzusetzen, ist man in ständiger Furcht vor der Spaltung der Einheitsfront, so wird das dazu führen, daß die Aussichten des Widerstandskriegs gefährdet werden, daß das Kapitulantentum und die antikommunistische Kampagne sich auf das ganze Land ausdehnen und daß die Gefahr einer Spaltung der Einheitsfront entsteht. Man muß sich darüber klarwerden, daß es gegenwärtig sowohl im Inland wie auch im Ausland immer noch viele objektive Bedingungen gibt,

,; die unseren Kampf für die Fortsetzung des Widerstandskriegs, für den I weiteren Zusammenschluß, für den weiteren Fortschritt begünstigen. So verfolgt beispielsweise Japan weiterhin China gegenüber einen äußerst harten Kurs; es ist sehr schwer, eine Konferenz für ein ! "fernöstliches München" einzuberufen, weil die Widersprüche zwischen England, den USA und Frankreich einerseits und Japan andererseits, auch wenn sie sich teilweise verringert haben, in Wirklichkeit noch nicht beigelegt sind und weil die Positionen Großbritanniens ; und Frankreichs im Osten durch den Krieg in Europa geschwächt sind;

die Sowjetunion leistet China aktive Hilfe. Das sind die internationalen Bedingungen, die der Kuomintang die Kapitulation oder einen Kompromiß erschweren und es ihr nicht so leicht machen, den antikommunistischen Krieg in ganz China zu entfesseln. Ferner treten die Kommunistische Partei, die Achte Route-Armee und die Neue Vierte Armee der Kapitulation entschieden entgegen und halten festen Kurs auf den Widerstandskrieg und auf den Zusammenschluß. Die Zwischenklassen sind ebenfalls gegen die Kapitulation. Wenn auch die Kapitulanten und die Ultrakonservativen in der Kuomintang an der Macht sind, bilden sie dennoch zahlenmäßig eine Minderheit. Das sind die inländischen Bedingungen, die der Kuomintang die Kapitulation oder einen Kompromiß nicht so leicht machen und ihr Schwierigkeiten bereiten, den antikommunistischen Krieg in ganz China zu entfesseln. Unter diesen Umständen ist die Aufgabe der Partei folgende: Einerseits ist der militärischen und politischen Offensive der Kapitulanten und der Ultrakonservativen entschiedener Widerstand zu leisten; andererseits sind die Reihen der Einheitsfront der verschiedenen politischen Parteien, der Regierungsorgane, der Armeen und der Zivilbevölkerung sowie der Intellektuellen tatkräftig zu erweitern, ist ein energischer Kampf zu führen um die Mehrheit in der Kuomintang, um die Zwischenschichten, um die mit uns sympathisierenden Kräfte in den Armeen, die am Widerstandskrieg gegen Japan teilnehmen, um die Vertiefung der Massenbewegung, um die Intelligenz, um die Festigung der antijapanischen Stützpunktgebiete, um die Entfaltung der antijapanischen Streitkräfte und Machtorgane, um die Festigung und den Fortschritt unserer Partei. Wenn wir gleichzeitig in diesen beiden Richtungen wirken, werden wir in der Lage sein, die Gefahr der Kapitulation der großen Grundherren und der Großbourgeoisie zu überwinden und eine Wendung der gegenwärtigen Lage zum Besseren zu erreichen. Energisch für eine solche Wendung zu kämpfen und gleichzeitig gegenüber eventuellen Überraschungen (vorläufig noch Überraschungen partiellen und lokalen Charakters) wachsam zu bleiben - das ist gegenwärtig der allgemeine politische Kurs unserer Partei.

Nachdem das von Wang Djing-we abgeschlossene landesverräterische Abkommen1 und die Botschaft Tschiang Kai-scheks an die Nation veröffentlicht worden sind, werden einerseits die Stimmungsmacher für einen Friedenschluß sicherlich einen Rückschlag erleiden und die für den Widerstandskrieg eintretenden Kräfte zweifellos wachsen; andererseits wird die "Einschränkung der Kommunistischen Partei auf militärischem und politischem Gebiet" andauern, es wird zu neuen lokalen Zwischenfällen kommen, und die Kuomintang wird möglicherweise die sogenannte Einheit im Kampf gegen den äußeren Feind betonen, um über uns herzufallen. Die Ursache dafür liegt darin, daß sich die Kräfte, die für den Widerstandskrieg gegen Japan und für den Fortschritt sind, in der nächsten Zeit noch nicht so stark entwickeln können, um die Kräfte, die für die Kapitulation und für den Rückschritt sind, vollständig zu überwältigen. Unsere Linie lautet: überall im Land, wo es Organisationen der Kommunistischen Partei gibt, mit allen Kräften die Propaganda gegen das von Wang Djing-we abgeschlossene landesverräterische Abkommen zu intensivieren. Tschiang Kai-schek hat in seiner Botschaft erklärt, er habe die Absicht, den Widerstandskrieg gegen Japan fortzusetzen, aber er hat nicht unterstrichen, daß sich das ganze Land fester zusammenschließen muß, und hat nichts von einem Kurs auf die konsequente Führung des Widerstandskriegs gegen Japan und auf den Fortschritt erwähnt; ohne einen solchen Kurs kann man aber nicht am Widerstandskrieg festhalten. Deshalb müssen wir in der Kampagne gegen Wang Djing-we folgende Punkte betonen:

1. Für die nationale Politik des konsequenten Widerstandskriegs, gegen das von Wang Djing-we abgeschlossene landesverräterische Abkommen !

2. Für den Zusammenschluß des ganzen Volkes! Nieder mit dem Landesverräter Wang Djing-we, nieder mit der Marionetten-Zentralregierung Wang Djing-wes!

3. Für die Zusammenarbeit zwischen der Kuomintang und der Kommunistischen Partei! Nieder mit der antikommunistischen Politik Wang Djing-wes!

4. Der Antikommunismus ist eine auf die Spaltung der antijapanischen Einheitsfront gerichtete Verschwörung Wang Djing-wes. Nieder mit den versteckten Landesverrätern vom Schlage Wang Djing-wes!

5. Festigt den Zusammenschluß im ganzen Land, macht Schluß mit den inneren Reibungen!

6. Für innenpolitische Reformen, für die Entfaltung der Bewegung für eine konstitutionelle Regierungsform, für die Einführung einer demokratischen Ordnung!

7. Aufhebung des Verbots der Parteien, Zulassung der legalen Existenz der politischen Parteien und Gruppen, die für den Widerstandskampf gegen die japanische Aggression sind!

8. Garantie der Rede- und Versammlungsfreiheit für das Volk im Interesse des Kampfes gegen die japanische Aggression und gegen die Landesverräter!

9. Festigung der antijapanischen Stützpunktgebiete, Kampf gegen die Intrigen und die Wühltätigkeit der Landesverräter vom Schlage Wang Djing-wes!

10. Unterstützung der Truppen, die sich im Widerstandskrieg verdient gemacht haben, Sicherung einer hinreichenden Versorgung der Front!

11. Entwicklung einer Kultur, die den Aufgaben des Widerstandskriegs gegen Japan dient! Schutz der fortschrittlichen Jugend, Verbot landesverrätersicher Äußerungen!

Alle aufgezählten Losungen müssen publiziert und verbreitet werden. Allerorts müssen in breitem Umfang Artikel, Deklarationen, Flugblätter, Reden und Broschüren veröffentlicht sowie zusätzliche Losungen gemäß den örtlichen Umständen herausgegeben werden.

In Yenan wird am i. Februar eine Massenkundgebung gegen das von Wang Djing-we abgeschlossene landesverräterische Abkommen einberufen. Überall im Land sind in der ersten oder zweiten Februardekade Massenkundgebungen unter Mitwirkung aller Kreise der Bevölkerung und der antijapanischen Fraktion in der Kuomintang zu veranstalten, damit im ganzen Land ein Höhepunkt im Kampf gegen die Kapitulation, gegen die Landesverräter, gegen die inneren Reibungen erreicht wird.

ANMERKUNGEN

1) Es handelt sich um das landesverräterische Geheimabkommen "Programm für die Neuregelung der Beziehungen zwischen Japan und China", das von Wang Djing-we mit den japanischen Eindringlingen Ende 1939 abgeschlossen wurde. Sein Hauptinhalt lief auf folgende Punkte hinaus:

1. Der Nordosten Chinas wird an Japan abgetreten; die mongolischen Gebiete (gemeint sind die damaligen Provinzen Suiyüan und Tschahar, außerdem Nordschensi), Nordchina, der Unterlauf des Yangtse und die Inseln Südchinas werden als "Zone des verstärkten Zusammenschlusses zwischen Japan und China" festgelegt und sollen längere Zeit von japanischen Truppen besetzt bleiben.

2. Die Marionettenmacht von der Zentralregierung bis zu den örtlichen Verwaltungen - wird gänzlich durch die japanischen Berater oder Angestellten überwacht.

3. Die Marionettentruppen und die Marionettenpolizei sollen durch japanische Instrukteure ausgebildet werden, auch ihre Bewaffnung soll Japan liefern.

4. Die Finanz- und Wirtschaftspolitik der Marionettenregierung, die Industrie, die Landwirtschaft und das Verkehrswesen werden unter japanische Kontrolle gestellt; Japan wird das Recht eingeräumt, alle Naturschätze nach Belieben auszubeuten.

5. Jede Tätigkeit gegen die japanische Aggression wird verboten.