Mao Werke


Mao Tse-tung:

DAS DUETT HURLEY-TSCHIANG KAI-SCHEK IST DURCHGEFALLEN*

 

(10. Juli 1945)

 

* Ein von Genossen Mao Tse-tung für die Nachrichtenagentur Hsinhua verfaßter Kommentar.

Am 7. Juli wurde in Tschungking die 4. Tagung des Politischen Nationalrats eröffnet, die dem diktatorischen Regime Tschiang Kaischeks als Feigenblatt dienen soll. In der ersten Sitzung waren so wenig Mitglieder des Rates anwesend wie auf keiner der vorangegangenen Tagungen. Es fehlten nicht nur die Vertreter der Kommunistischen Partei Chinas, sondern auch viele Ratsmitglieder aus anderen Kreisen. Von den 290 Ratsmitgliedern waren nur 180 zur Sitzung erschienen. Bei der Eröffnung der Tagung ließ Tschiang Kai-schek eine Rede vom Stapel. Er sagte:

Die Regierung hat nicht die Absicht, irgendwelche konkreten Projekte bezüglich der Einberufung einer Nationalversammlung vorzulegen, so daß Sie, meine Damen und Herren, die Angelegenheit gründlich erörtern können. Die Regierung ist bereit, Ihre Meinung zu dieser Frage mit größter Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit anzuhören.

Damit ist offensichtlich die ganze Angelegenheit über die Einberufung der Nationalversammlung zum 18. November dieses Jahres zu Ende. Mit dieser Angelegenheit hatte auch der Imperialist Patrick J. Hurley zu tun. Dieser Imperialist hat nämlich Tschiang Kai-schek auf alle mögliche Weise zu einem solchen Schritt angestachelt, und nur dadurch wurde Tschiang Kai-scheks Rückgrat bei seiner letzten Neujahrsrede1 ein wenig gestärkt, und das noch sehr viel mehr bei seiner Rede am 1. März2, in der er erklärte, er würde am 12. November unbedingt "die Macht dem Volke zurückgeben". In seiner Rede vom 1. März lehnte Tschiang Kai-schek den Vorschlag der Kommunistischen Partei Chinas, eine Konferenz aller Parteien und Gruppen einzuberufen und eine Koalitionsregierung zu bilden, kategorisch ab, obwohl dieser Vorschlag den allgemeinen Willen des Volkes zum Ausdruck brachte; dafür überschlug er sich fast vor Begeisterung, als er mit dem Projekt prahlte, eine sogenannte Dreierkommission unter Mitwirkung eines USA-Vertreters zur "Umgruppierung" der Truppen der Kommunistischen Partei Chinas zu organisieren. Tschiang Kaischek wagte es sogar zu erklären, die Kommunistische Partei Chinas müsse ihm zunächst ihre Truppen übergeben und erst dann werde er geruhen, ihr den "legalen Status" zu gewähren. Bei alledem hat die Unterstützung durch seinen Gönner Hurley die entscheidende Rolle gespielt. Hurley gab am 2. April in Washington eine Erklärung ab, worin er neben solchen imperialistischen Phrasen wie Verneinung der Bedeutung der Kommunistischen Partei Chinas, Verleumdung ihrer Tätigkeit und Verweigerung der Zusammenarbeit mit ihr die stinkenden Dinge Tschiang Kai-scheks wie die "Nationalversammlung" aus Leibeskräften anpries. Auf diese Weise hatte das einträchtige Duett, das Hurley von den USA und Tschiang Kai-schek von China zum besten gaben, mit dem gemeinsamen Ziel, das chinesische Volk zu opfern, seinen tönenden Höhepunkt erreicht. Doch von diesem Augenblick an schien es mit ihnen bergab zu gehen. Unter den Chinesen und unter den Ausländern, in den Reihen der Kuomintang und außerhalb derselben, unter den Angehörigen der verschiedenen Parteien und Gruppen sowie unter den Parteilosen - überall wurden unzählige Stimmen des Protestes laut. Das ist auf eine einzige Ursache zurückzuführen: So glaubwürdig Hurley und Tschiang Kai-schek ihr Vorhaben auch anpreisen, würde das letzten Endes die Interessen des chinesischen Volkes preisgeben, die Einheit des chinesischen Volkes noch mehr untergraben, eine Mine legen, die einen großangelegten Bürgerkrieg in China auslösen soll, und auf diese Weise das gemeinsame Interesse des amerikanischen Volkes und der Völker der anderen alliierten Länder am antifaschistischen Krieg und an einer friedlichen Koexistenz nach dem Krieg schädigen. Womit Hurley sich gegenwärtig beschäftigt, weiß niemand, aber auf jeden Fall ist er, wie man sieht, zeitweilig in der Versenkung verschwunden, so daß Tschiang Kai-schek nun die Sache allein auszubaden hatte und auf der Tagung des Politischen Nationalrats ein unsinniges Geschwätz von sich geben mußte. Am 1. März sagte Tschiang Kai-schek:

In unserem Land ist die Lage anders als in den anderen Ländern. Bis zur Eröffnung der Nationalversammlung haben wir keine verantwortliche Körperschaft, die das Volk repräsentiert und bei der sich die Regierung über die Meinung des Volkes informieren könnte.

Wenn dem so ist, dann versteht man nicht, warum sich unser Generalissimus plötzlich anschickt, die "Meinung" des Politischen Nationalrats "anzuhören". Denn nach seinen Worten gibt es in China überhaupt keine "verantwortliche Körperschaft, bei der man sich über die Meinung des Volkes informieren könnte". Der Politische Nationalrat ist nur eine als Futterkrippe dienende "Körperschaft", und es gibt heute keine Rechtsgrundlage dafür, ihn "anzuhören". Jedenfalls wird der Politische Nationalrat, sollte er auch nur ein Wort gegen die Einberufung der fälschlichen "National"versammlung äußern, ein gutes Werk tun, das ihm als Verdienst anzurechnen sein wird, obwohl er dadurch gegen das "kaiserliche Edikt" vom 1. März verstoßen und sich einer Majestätsbeleidigung schuldig machen würde. Gewiß ist es heute noch zu früh, eine Einschätzung der Tagung des Politischen Nationalrats zu geben, weil wir noch einige Tage abwarten müssen, um zu sehen, was der Generalissimus von dieser Tagung "zu hören" bekommen wird. Eins steht dennoch fest: Seitdem das chinesische Volk seine Stimme zum Protest gegen diese Nationalversammlung erhob, beginnen selbst jene Leute, die für diese "konstitutionelle Monarchie" fechten, sich um unseren "Monarchen" Sorgen zu machen, reden ihm zu, sich nicht in Form eines "Schweine-Parlaments"[1] eine Schlinge um den Hals zu legen, und warnen ihn vor dem Ende, das Yüan Schi-kai nahm. Wer weiß, ob nicht unser "Monarch" deshalb seine Hände davon lassen wird. Aber er und sein Gefolge werden es unter keinen Umständen zulassen, daß das Volk auf leichte Weise auch nur die geringsten Rechte erhält, falls sie das auch nur ein Haar kosten würde. Ein unmittelbarer Beweis dafür ist die Tatsache, daß dieser "Monarch" die berechtigte Kritik des Volkes für "hemmungslose Angriffe" erklärt. Nach seinen Worten ist es "unter den Bedingungen des Krieges ganz unmöglich, in den von Japan besetzten Gebieten irgendeine allgemeine Wahl durchzuführen. Deshalb faßte das Plenum des Zentralexekutivkomitees der Kuomintang vor zwei Jahren den Beschluß, binnen eines Jahres nach Kriegsende eine Nationalversammlung einzuberufen und eine konstitutionelle Regierungsform einzuführen. Damals erfolgten von seiten gewisser Kreise hemmungslose Angriffe". Sie hielten diese Frist für zu lang. Unser "Monarch" trat aber "mit Rücksicht darauf, daß sich der endgültige Abschluß der Kriegshandlungen möglicherweise hinauszögert und daß es selbst nach ihrem Abschluß wohl kaum möglich sein wird, die Ordnung überall in kurzer Frist wiederherzustellen", dafür ein, daß, "sobald sich die militärische Lage stabilisiert hat, eine Nationalversammlung einberufen wird". Daraufhin erneuerten jene Leute zu seiner Überraschung ihre "hemmungslosen Angriffe". Somit geriet der "Monarch" in eine schwierige Lage. Aber das chinesische Volk muß Tschiang Kai-schek und seinesgleichen eines Besseren belehren: Was ihr auch sprechen, was ihr auch tun mögt, das Volk wird einen Betrug, durch welchen sein Wille verletzt werden soll, nie und nimmer zulassen. Was das chinesische Volk haben will, ist die unverzügliche Durchführung demokratischer Reformen wie Freilassung der politischen Häftlinge, Abschaffung der Agentenorganisationen, Gewährung von Freiheiten für das Volk und Gewährung des legalen Status für alle Parteien und Gruppen. Ihr tut nichts dergleichen, sondern vollführt Tricks mit dem Scheinproblem des Datums der Einberufung einer "Nationalversammlung", mit denen sich jedoch nicht einmal ein dreijähriges Kind täuschen läßt. Ohne ein Minimum echter demokratischer Reformen werden jegliche Versammlungen, nationalen oder kleineren Maßstabs, auf den Kehrichthaufen geworfen werden. Mag man dies alles als "hemmungslose Angriffe" bezeichnen, aber jeder derartige Betrug muß durch solche "Angriffe" entschieden, gründlich, restlos und vollständig zunichte gemacht werden, nicht die geringste Spur darf davon übrigbleiben. Und zwar aus keinem anderen Grund als darum, weil es eben ein Betrug ist. Die Einberufung einer Nationalversammlung ist eine Sache, die Durchführung minimaler demokratischer Reformen eine andere. Ohne erstere kann man vorläufig noch auskommen, doch letztere muß man unverzüglich verwirklichen. Wenn Tschiang Kai-schek und seinesgleichen "schnellstens" die "Macht dem Volke zurückgeben" wollen, warum wollen sie da nicht "schnellstens" einige minimale demokratische Reformen durchführen? Herren von der Kuomintang, wenn Sie zu diesen letzten Zeilen gelangen, müssen Sie zugeben, daß sich die chinesischen Kommunisten durchaus nicht mit "hemmungslosen Angriffen" gegen Sie befassen, sondern Ihnen nur eine einzige Frage stellen. Sollte man auch das nicht dürfen? Können Sie diese Frage etwa unbeantwortet lassen? Sie müssen auf die Frage antworten: Warum wollen Sie, die Sie die "Macht dem Volke zurückzugeben" gewillt sind, keine demokratischen Reformen durchführen?

ANMERKUNGEN

1) Gemeint ist die Rundfunkrede Tschiang Kai-scheks vom 1. Januar 1945. In dieser Rede verlor er kein Wort über die schmählichen Niederlagen, die die Kuomintang-Truppen bei der Offensive der japanischen Eindringlinge im abgelaufenen Jahr erlitten hatten; im Gegenteil, er verleumdete frech das Volk, wandte sich gegen den vom gesamten Volk und von allen antijapanischen Parteien und Gruppen unterstützten Vorschlag, die Einparteiendiktatur der Kuomintang zu liquidieren sowie eine Koalitionsregierung und ein vereinigtes Oberkommando zu bilden, bestand weiterhin auf der Einparteiendiktatur der Kuomintang und sprach von Vorbereitungen zur Einberufung der vom gesamten Volk verworfenen und von der Kuomintang kontrollierten sogenannten Nationalversammlung, um sie als Schutzschild vor der Empörung des Volkes zu benutzen.

2) Gemeint ist die Rede Tschiang Kai-scheks vom 1. März 1945 vor der Tschungkinger Gesellschaft zur Förderung der Einführung einer konstitutionellen Regierungsform. Tschiang Kai-schek bestand auf den reaktionären Thesen seiner Neujahrsansprache und schlug ferner vor, eine Dreierkommission unter Teilnahme eines Vertreters der USA zur "Umgruppierung" der Achten Route-Armee und der Neuen Vierten Armee zu bilden, und forderte offen die Einmischung der USA-Imperialisten in die inneren Angelegenheiten Chinas.

ANMERKUNGEN DES ÜBERSETZERS

[1] Der Militärmachthaber des Nordens Tsao Kun machte sich 1923 selbst zum "Präsidenten der Republik China", indem er die Parlamentsabgeordneten mit 5 000 Yüan in Silber je Stimme bestach. Er war als der durch Bestechung gewählte Präsident berüchtigt, und die bestochenen Abgeordneten wurden "Schweine-Abgeordnete" und dieses Parlament "Schweine-Parlament" genannt.

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