Mao Werke


Mao Tse-tung:

TELEGRAMM AN DAS OBERKOMMANDO DER FRONT VON LOYANG NACH WIEDEREROBERUNG DER STADT*

(8. April 1948)

 

* Dieses Telegramm des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas wurde von Genossen Mao Tse-tung entworfen. Da sein Inhalt nicht nur für Loyang anwendbar war, sondern dem Wesen nach für alle neu befreiten Städte, wurde es zu gleicher Zeit den führenden Genossen an anderen Fronten und in anderen Gebieten übermittelt.

Loyang ist jetzt wiederum eingenommen worden1 und kann fest gehalten werden. Hinsichtlich unserer Politik für die Städte ist auf folgende Punkte zu achten:

1. Bei der Liquidierung von Organen des Kuomintang-Regimes ist äußerste Vorsicht geboten; verhaftet nur die hauptsächlichen Reaktionäre, zieht nicht zu viele Menschen hinein.

2. Das bürokratische Kapital ist klar zu definieren; nicht alle industriellen und kommerziellen Unternehmen, die von Kuomintang-Mitgliedern betrieben werden, sind als bürokratisches Kapital zu bezeichnen und zu beschlagnahmen. Man muß den Grundsatz aufstellen, daß die demokratische Regierung diejenigen Industrie- und Handelsunternehmen übernimmt und weiterführt, die nachweisbar von der Zentralregierung der Kuomintang oder ihren Provinz-, Kreis- und Stadtbehörden betrieben, d. h. ganz und gar von der öffentlichen Hand verwaltet wurden. Aber wenn die demokratische Regierung derzeit noch nicht dazu kommt oder noch nicht imstande ist, solche Unternehmungen zu übernehmen, sollen zur Sicherung ihres normalen Funktionierens die bisher dafür Verantwortlichen vorläufig weiterhin mit der Betriebsführung betraut werden, bis die demokratische Regierung Personen zur Übernahme ernannt hat. Die Arbeiter und Techniker in diesen Industrie- und Handelsunternehmen sollen zur Mitverwaltung herangezogen werden, und man muß ihnen vertrauen, daß sie dazu fähig sind. Wenn die Kuomintang-Leute geflohen sind und das Unternehmen stillgelegt wurde, soll ein aus Vertretern der Arbeiter und Techniker bestehendes Verwaltungskomitee gewählt werden, bis die demokratische Regierung Geschäftsführer und Betriebsleiter ernannt hat, die das Unternehmen gemeinsam mit den Arbeitern leiten werden. Mit Unternehmen, die von bekannten hohen Beamten der Kuomintang betrieben werden, soll man in Übereinstimmung mit den obenerwähnten Grundsätzen und Maßnahmen verfahren. Industrie- und Handelsunternehmen aber, die von kleinen Beamten oder Grundherren betrieben werden, unterliegen nicht der Beschlagnahme. Eingriffe in irgendein von der nationalen Bourgeoisie betriebenes Unternehmen sind strengstens verboten.

3. Es ist den Bauernorganisationen verboten, in der Stadt Grundherren zu ergreifen und mit ihnen abzurechnen. Grundherren, die in den Dörfern Landbesitz haben, aber selbst in der Stadt leben, sollen von der demokratischen Stadtregierung dem Gesetz entsprechend behandelt werden. Auf Wunsch der Bauernorganisationen können jene Grundherren, die schlimmste Verbrechen begangen haben, in die betreffenden Dörfer zurückgeschickt werden, damit man dort gegen sie verfahren kann.

4. Beim Einzug in die Stadt darf man nicht leichtsinnig Losungen hinsichtlich Lohnerhöhung und Arbeitszeitverkürzung aufstellen. In Kriegszeiten ist es schon gut, wenn man die Produktion fortsetzen und die Arbeitszeit und das Lohnniveau, wie sie bestanden haben, aufrechterhalten kann. Ob später in angemessener Weise die Arbeitszeit reduziert und die Löhne erhöht werden können, hängt von der wirtschaftlichen Lage ab, d. h. davon, ob das Unternehmen gedeihen wird.

5. Man soll sich nicht beeilen, die Stadtbewohner zum Kampf für demokratische Reformen und für eine Verbesserung der Lebenslage zu organisieren. Diese Angelegenheiten können nur dann auf Grund der örtlichen Verhältnisse zweckmäßig gehandhabt werden, wenn die Stadtverwaltung in Gang gebracht ist und die Bevölkerung sich beruhigt hat, wenn durch sorgfältige Untersuchungen Klarheit über die Lage geschaffen und geeignete Maßnahmen ausgearbeitet worden sind.

6. In den Großstädten sind jetzt Nahrung und Brennstoff die zentralen Probleme, die planmäßig geregelt werden müssen. Sobald eine Stadt in unsere Verwaltung übergegangen ist, muß das Problem des Unterhalts der verarmten Stadtbewohner planmäßig und schrittweise gelöst werden. Die Losung "Öffnet die Kornkammern und helft den Armen!" soll nicht aufgestellt werden. Man darf unter den Armen keine Mentalität der Abhängigkeit von Regierungsunterstützung fördern.

7. Die Mitglieder der Kuomintang und ihres Jugendverbands der Drei Volksprinzipien müssen zweckdienlich festgestellt und registriert werden.

8. Alles muß auf einer langfristigen Grundlage geplant werden. Es ist strengstens verboten, irgendwelche Produktionsmittel - sei es Staatseigentum, sei es Privateigentum - zu zerstören und Konsumgüter zu verschwenden. Schlemmerei ist verboten, und auf Sparsamkeit muß geachtet werden.

9. Als Sekretär des Stadtparteikomitees und als Bürgermeister sind nur Leute zu ernennen, die unsere Politik verstehen und Fähigkeiten aufweisen. Sie sollen das gesamte ihnen unterstehende Personal ausbilden und ihm die Politik und Taktik für die verschiedenen Arbeitsgebiete in den Städten erklären. Jetzt, da die Stadt dem Volk gehört, muß man bei allem davon ausgehen, daß das Volk selbst für die Verwaltung der Stadt verantwortlich ist. Es wäre ganz falsch, wenn man unsere Politik und Taktik, die für die unter der Verwaltung der Kuomintang stehenden Städte bestimmt sind, auf eine Stadt anwendet, die vom Volk selbst verwaltet wird.

ANMERKUNGEN

1. Loyang war ein wichtiger Stützpunkt der Kuomintang-Truppen im westlichen Teil der Provinz Honan. Die Volksbefreiungsarmee nahm am 14. März 1948 Loyang zum ersten Mal ein, evakuierte dann die Stadt aus eigener Initiative, um die Vernichtung der lebenden Kraft des Feindes zu erleichtern, und eroberte sie am 1. April 1948 aufs neue.

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