Mao AW Band V

Mao Werke


Mao Tse-tung:

KRITIK AN LIANG SCHU-MINGS REAKTIONÄREN IDEEN*

    (16-18. September 1953)


Diese Version aus: Mao Tse-tung, Ausgewählte Werke Band V, Verlag für fremdsprachige Literatur, Peking 1978, S.134-144


|134| I. Ist Herr Liang Schu-ming ein "aufrechter Mann"? Welche Rolle hat er während der Friedensverhandlungen gespielt?

Herr Liang nennt sich einen "aufrechten Mann", die reaktionäre Hongkonger Presse bezeichnet Herrn Liang als den "aufrechtesten Menschen" auf dem Festland, und auch der Taiwaner Rundfunk preist Sie in den höchsten Tönen. Sind Sie wirklich so "aufrecht"? Wenn ja, dann sagen Sie doch einmal ein klares Wort zu Ihrer Vergangenheit wie Sie die Kommunistische Partei und das Volk bekämpft, wie Sie Leute mit der Feder getötet haben und welcher Art Ihre Beziehungen zu Han Fu-djü Dschang Dung-sun, Tschen Li-fu und Dschang Tjün waren! Das waren alles Ihre engsten Freunde. Ich habe aber nicht viele solche Freunde. Die hatten Sie ja so gerne und redeten Sie mit "Herr" an, während sie mich einen "Banditen" schimpften. Ich frage mich, mit welcher Partei und welcher Gruppierung Sie es halten! Ich stehe da nicht allein, viele andere haben die gleiche Frage.

Aus der Rede, die Ministerpräsident Tschou eben gehalten hat, wird jedem klar ersichtlich, daß in den entscheidenden Momenten unserer beiden Friedensverhandlungen mit der Kuomintang Herr Liang voll und ganz auf der Seite Tschiang Kai-scheks stand. Tschiang Kai-schek heuchelte, als er den Friedensverhandlungen zustimmte. Unter den heute Anwesenden gibt es einige, die seinerzeit als Vertreter zu den Friedensverhandlungen nach Peking gekommen waren, und sie

|134| alle wissen, ob Tschiang Kai-schek wirklich für Frieden war oder nicht.

Um es gerade herauszusagen: Tschiang Kai-schek tötet mit dem Gewehr, Liang Schu-ming mit der Feder. Man kann auf zweierlei Art töten: mit dem Gewehr und mit der Feder. Die eleganteste Art, die zudem keine Blutspuren hinterläßt, ist das Töten mit der Feder. Und ein solcher Mörder sind Sie.

Liang Schu-ming ist reaktionär bis ins Mark, doch streitet er das rundweg ab und stellt sich als Musterknnben hin. Er ist anders als Herr Fu Dsuo-yi. Herr Fu bekennt öffentlich, daß er ein Erzreaktio­när war, doch er hat sich bei der friedlichen Befreiung Pekings um das Volk verdient gemacht. Wo. aber sind Ihre Verdienste, Liang Schu-ming? Was für Verdienste haben Sie sich in Ihrem Leben um das Volk erworben? Nicht eines, nicht das geringste. Doch wenn man Sie so reden hört, könnte man meinen, Sie wären die Schönste aller Schönen auf Erden, die Hsi Schi und Wang Dschao-djün in den Schatten stellt und sogar Yang Gui-fe den Ruhm streitig macht.

2. Liang Schu-ming benutzte den Ausdruck „der neunte Himmel und die neunte Hölle“ und behauptete, „die Arbeiter sind oben im neunten Himmel und die Bauern unten in der neunten Hölle“, „die Arbeiter haben die Gewerkschaften, auf die sie sich stützen können, auf die Bauernvereinigungen dagegen ist kein Verlaß, ebensowenig auf die Partei, den Jugendverband und den Frnuenbund. Sie genügen weder qualitativ noch quantitativ den Anforderungen und stehen sogar hinter dem Industrie- und Handelsverein zurück daher keine Zu­versicht“. Kann man das etwa „Unterstützung der Generallinie“ nennen? Nein! Das ist eine rundum und durch und durch reaktionäre Konzeption, ein reaktionärer Vorschlag, kein vernünftiger. Kann die Volksregierung einen solchen Vorschlag annehmen? Ich meine, sie kann es nicht.

3. Herr Liang verlangt, „über die Planung besser informiert zu werden“. Auch damit bin ich nicht einverstanden. Im Gegenteil, wir sollten Leuten wie Herrn Liang nicht viel Einblick in vertrauliche Angelegenheiten geben, je weniger, desto besser.

Liang Schu-ming ist nicht der Mann, auf den man sich verlassen kann. Wir können anderen mehr vertrauliche Informationen geben, aber Ihnen nicht. Wenn Sitzungen der demokratischen Parteien in verhältnismäßig kleinem Kreis einberufen werden, ist es auch nicht unbedingt notwendig, daß Sie, Liang Schu-ming, daran teilnehmen.

|136| 4.   Herr Liang fordert ferner von uns, ihn nicht in die Kategorie der Nicht-Fortschrittlichen einzuordnen, und sagt, er gehöre in die Kategorie der Fortschrittlichen. Wie sollen wir hier verfahren? Ich meine, wir sollten vorsichtig sein und keine vorschnellen Zusagen machen. Wir könnten ihm sonst auf den Leim gehen.

5.   Herr Liang malt uns ein wunderschönes Selbstbildnis: Er behauptet, schon vor einigen Jahrzehnten einen großartigen Traum vom planmäßigen Aufbau unseres Landes gehegt zu haben, der, ihm zufolge, der Neuen Demokratie oder dem Sozialismus sehr nahekam.

Ist Herr Liang wirklich so schön? Wohl kaum. Ich kenne ihn ziemlich gut, und wir sind kein einziges Mal zusammengetroffen, ohne daß ich nicht seine falschen Ideen hätte kritisieren müssen. Einmal habe ich ihm ins Gesicht gesagt: „Ich habe Ihnen Ihren Kram noch nie abgenommen.“ Zu all seinen alten Phrasen wie „in China gibt es keine Klassen“, „Chinas Problem besteht im kulturellen Ungleichgewicht“, es brauche „eine farblose, durchsichtige Regierung“‘ und „die chinesische Revolution hat nur äußere, keine inneren Ursachen“ sind nun neue Blüten gekommen: „der neunte Himmel und die neunte Hölle“, „die Kommunistische Partei hat die Bauern im Stich gelassen“, „auf die Kommunistische Partei ist weniger Verlaß als auf den Industrie-und Handelsverein“ usw., usf. Kann ich das alles glauben? Nein. Ich sagte zu ihm: China hat die Besonderheit, daß es ein halbkoloniales und halbfeudales Land ist. Solange Sie das nicht anerkennen, helfen Sie dem Imperialismus und dem Feudalismus. Deshalb nimmt Ihnen niemand Ihren Kram ab. Das Volk glaubt der Kommunistischen Partei. Abgesehen von den Reaktionären oder einigen Wirrköpfen liest keiner Ihre Bücher, hört keiner auf Ihr Geschwätz. Übrigens hat Herr Liang offenbar nichts gegen Tschiang Kai-schek. Hat er sich irgendwann einmal öffentlich gegen Tschiang Kai-schek und seine reaktionäre Kuomintang erklärt? Ich möchte alle bitten, sich mit dieser Frage zu befassen, denn ich habe nicht alles gelesen, was er schrieb, und nicht alles gehört, was er sagte.

Ist ein solcher Mensch befugt zu fordern, daß ihm der Staat des Volkes mehr Einblick in seine Pläne und vertraulichen Angelegenheiten gewährt? Ich meine, er ist es nicht. Sollten wir seiner Forderung nachkommen? Ich meine nein.

6.   Herr Liang hat eine weitere Forderung an uns, und zwar sollen wir ihn in die Kategorie der Fortschrittlichen oder Revolutionäre einstufen statt in die der Nicht-Fortschrittlichen oder Reaktionäre. Das ist eine Frage der „Klassifizierung“. Wie sollen wir verfahren?

|137| Können wir ihn in Anbetracht der genannten Umstände in die Kategorie der Fortschrittlichen oder Revolutionäre einordnen? Was ist eigentlich fortschrittlich an ihm? Wann hat er sich, wenn überhaupt, an der Revolution beteiligt? Es empfiehlt sich auch hier nicht, seiner Forderung übereilt zuzustimmen. Wir wollen erst einmal sehen.

7. In den letzten Jahren habe ich Briefe von Menschen bekommen, die fragen, warum die Kommunistische Partei mit Reaktionären zusammenarbeite, und habe auch einige die gleiche Frage äußern hören. Mit den Reaktionären, von denen sie sprachen, sind jene Leute gemeint, die niemals bereit gewesen sind, in der Presse oder bei öffentlichen Anlässen etwas gegen Imperialismus, Feudalismus, Tschiang Kai-schek und seine reaktionäre Kuomintang zu sagen, und deren Standpunkt nicht den minimalsten Anforderungen an einen Mitarbeiter der staatlichen Institutionen entspricht. Da diese Leute einen besonderen Unwillen zeigen, gegen Tschiang Kai-schek aufzutreten, bringen der Taiwaner Rundfunk und die Hongkonger Presse ihnen starke Zuneigung entgegen, beschimpfen sie niemals und bezeichnen sie als „die aufrechtesten Menschen“ auf dem Festland. Liang Schu­ming ist einer von dieser Sorte. Manche unserer Freunde hingegen werden von diesen Medien rüde mit Dreck beworfen. Die Leute, die von Taiwan nicht beschimpft oder sogar gelobt werden, sind natürlich klein an der Zahl, verdienen jedoch große Aufmerksamkeit.

Gewisse Leute haben nichts dagegen, ein paar Worte gegen den Imperialismus fallen zu lassen, würden aber bis auf den heutigen Tag lieber tot umfallen, als ein einziges Wort gegen Tschiang Kai-schek zu verlieren. In der Presse oder überhaupt in öffentlichen Äußerungen wagen sie nicht, von der Vergangenheit zu sprechen, denn sie hängen ihr noch immer nach. Solche Leute gibt es, schätze ich, nicht nur vereinzelt.

Es gibt drei Arten von Patriotismus: echten Patriotismus, vorge­täuschten Patriotismus und teils echten, teils vorgetäuschten, schwankenden Patriotismus. Jeder weiß genau, unter welche Kategorie er fällt, so auch Liang Schu-ming. Wir heißen alle willkommen, die mit dem Imperialismus und der Taiwan-Clique wirklich gebrochen haben, so rückschrittlich sie auch sein mögen. Sie sind echte Patrioten. Pseudo-Patrioten tragen eine schöne Maske, aber darunter schauen sie ganz anders aus. Die schwankenden Elemente bilden die dritte Art, sie sind teils echte, teils falsche Patrioten und hängen ihr Mäntelchen nach dem Wind. Solange der dritte Weltkrieg nicht ausbricht und Tschiang Kai-schek nicht zurückkommt, gehen sie weiter mit der Kommunisti­
|138| schen Partei. Sollte der dritte Weltkrieg aber ausbrechen, werden sie es sich anders überlegen. Welche dieser drei Arten macht die Mehrheit aus? Die echten Patrioten. In den letzten paar Jahren sind die echten Patrioten immer mehr geworden; die teils echten, teils falschen sind nicht viele; und Pseudo-Patrioten gibt es nur eine kleine Handvoll, aber es gibt sie. Sie können ja alle nachprüfen, ob die Einschätzung zutrifft.

8.   Ich meine, es gibt eine Arbeit für Liang Schu-ming. Diese Arbeit bestände nicht darin, „die Bauern zu vertreten“ und die Volksregierung „zu ihrer Befreiung aufzurufen“, sondern darin, einmal klipp und klar die historische Entwicklung seiner reaktionären, volksfeindlichen Anschauungen offenzulegen. Er soll es einmal deutlich sagen, wie er damals im Namen der Grundherren die Kommunistische Partei und das Volk bekämpft hat und wie er nun vom Standpunkt des Grundherrenvertreters zu dem des „Bauernvertreters“ übergewechselt ist. Erst wenn er in der Lage ist, diese Kehrtwendung zu er­klären und zwar glaubhaft, können wir entscheiden, in welche Kategorie er eingestuft werden soll. Ich habe den Eindruck gewonnen, daß es ihm niemals auch nur in den Sinn gekommen ist, seinen reaktionären Standpunkt zu ändern. Trotzdem schlage ich vor, „um die Krankheit zu bekämpfen und den Patienten zu retten“, ihm Zeit zur Selbstbesinnung zu lassen und die Angelegenheit dem Nationalkomitee der Politischen Konsultativkonferenz zu übergeben, anstatt jetzt schon das letzte Wort zu sprechen.

9.      „Schamgefühl hat ein jeder“ [2], wenn einer kein Schamgefühl hat, dann wird die Sache kompliziert. Herr Liang behauptet, in der Bauernfrage sei er kompetenter als die Kommunistische Partei wer soll ihm denn das abnehmen? Das ist, wie wenn einer vor Lu Ban, dem Zimmermeister, seine Geschicklichkeit mit der Axt demonstrieren wollte. Angenommen, es würde behauptet: „Mao Tsetung ist ein bes­serer Schauspieler als Herr Me Lan-fang, gräbt besser Tunnel als das Freiwilligenkorps und fliegt besser als der Luftwaffenheld Dschao Bao-tung“, wäre das etwa nicht der Gipfel der Schamlosigkeit? Das Problem, vor das uns Herr Liang stellt, ist also ernst, zugleich aber auch nicht so ernst, es hat etwas Komisches an sich. Er sagt, er sei befugter als die Kommunistische Partei, die Bauern zu vertreten; ist das etwa nicht komisch?

Es tauchen jetzt so viele „Vertreter der Bauern“ auf, wen in aller Welt vertreten sie eigentlich? Vertreten sie die Bauern? Ich finde,
|139| sie sehen nicht danach aus, und die Bauern finden es genausowenig. Sie vertreten die Grundherrenklasse und leisten ihr Schützenhilfe. Der Prominenteste von ihnen, der schöne Worte im Mund führt, in der Tat aber dem Feind hilft, ist Liang Schu-ming. Einige andere sind wirr im Kopf und haben dummes Zeug geredet, doch sie sind Patrioten und im Herzen für China. Das ist ein Typ. Liang Schu-ming ist ein anderer Typ. Und es gibt noch mehr Leute, die ähnlich wie er den „Bauernvertreter“ mimen. Falschmünzerei dieser Art existiert in der Tat, und wir sind gerade auf einen Fall gestoßen. Jeder von diesen Leuten hat wie der Fuchs einen Schwanz, daran können Sie sie alle erkennen. Der Affenkönig Sun Wu-kung bringt es auf 72 Verwandlungen, aber da ist immer die Schwierigkeit, wohin mit dem Schwanz. Einmal hat er sich in einen Tempel verwandelt und aus seinem Schwanz einen Fahnenmast gemacht. Der Kriegergott Yang Örl-lang erkannte ihn aber trotzdem. Woran? Na, am Schwanz. Es gibt faktisch einen Typ von Leuten, die, wie gut sie sich auch tarnen mögen, einfach ihren Schwanz nicht verbergen können.

Liang Schu-ming ist ein Karrierist und Heuchler. Er lügt, wenn er sagt, er habe kein Interesse für Politik und sei nicht auf ein öffentliches Amt aus. Er hat sich für eine Sache engagiert, die er „Aufbau der ländlichen Gebiete“ nennt. Aber was ist das für ein „Aufbau der ländlichen Gebiete"?  Das ist ein Aufbau für die Grundherren, die Zerstörung der ländlichen Gebiete, die Ruinierung des Staates!

10. Man kann mit diesem Mann nichts Ernsthaftes, anfangen. Da ihm logisches Denken unbekannt ist und er nur Unsinn redet, dringt man mit ihm nie zur Klärung eines Problems vor. Darum schlage ich vor, sein Problem dem zweiwöchentlichen Forum des Nationalkomitees der Politischen Konsultativkonferenz zur Erörterung zu übergeben. Gleichzeitig möchte ich Sie warnen: Hoffen Sie nicht auf eine wirkliche Lösung. Das ist völlig ausgeschlossen. Herauskommen wird nur: „Eine Beratung ohne Beschluß, und wenn ein Beschluß, dann ohne Folgen und schließlich Vertagung ohne Resultat.“ Auch wenn dem so ist, rate ich Ihnen, auf dem zweiwöchentlichen Forum einen Versuch zu machen, das ist immerhin besser, als „ein paar Leute zu schicken“, die seine Predigten anhören müssen.

11. Heißt das, daß wir diese Gelegenheit ausnutzen wollen, um mit ihm zu brechen, und nicht mehr mit ihm verkehren werden? Nein, das heißt es nicht. Solange er die Beziehungen zu uns aufrechterhalten will, sind wir dazu bereit. Ich hoffe sogar, daß er auf der 2. Plenartagung der Politischen Konsultativkonferenz wieder zum Mitglied des
|140| Nationalkomitees gewählt wird. Und zwar deshalb, weil es immer noch Menschen gibt, die sich von ihm täuschen lassen wollen und ihn nicht gut kennen, und weil er immer noch eine Rolle als lebendes Anschauungsmaterial zu spielen hat Das qualifiziert ihn zur Wiederwahl, es sei denn, daß er selbst die Plattform der Politischen Konsultativkonferenz nicht mehr benutzen will, um seine reaktionären Ideen zu verbreiten.

Ich habe vorher schon gesagt, daß Liang Schu-ming kein einziges Verdienst vorzuweisen hat und zu nichts nütze ist. Taugt er dazu, uns mit Produkten zu versorgen und Einkommensteuer zu bezahlen wie die Industriellen und Geschäftsleute? Nein. Trägt er dazu bei, die Produktion zu entwickeln und die Wirtschaft zum Aufblühen zu bringen? Nein. Hat er einmal einen Aufstand gemacht? Nein. Hat er jemals gegen Tschiang Kai-schek oder den Imperialismus gekämpft? Niemals. Hat er jemals mit der Kommunistischen Partei Chinas zusammengearbeitet, um den Imperialismus und den Feudalismus niederzuschlagen? Niemals. Er hat einfach kein Verdienst vorzuweisen. Selbst zu einem so großen Kampf wie der Bewegung des Widerstands gegen die USA-Aggression und der Hilfe für Korea hat er nicht genickt, sondern den Kopf geschüttelt. Wie kommt es dann, daß er in das Nationalkomitee der Politischen Konsultativkonferenz aufgenommen wurde? Und wie kommt es, daß die Kommunistische Partei Chinas ihn dazu vorgeschlagen hat? Eben weil er einen Teil der Leute noch betrügen kann, weil er über eine gewisse Täuschungskraft verfügt. Diese Täuschungskraft ist sein Ausweis, das ist es, was er vorzuweisen hat.

In den Augen Liang Schu-mings sind „großzügige“ Leute diejenigen, die nicken und ihm rechtgeben; wer das nicht tut, der ist nicht „großzügig“. Ich fürchte, solch eine „Großzügigkeit“ ist uns nicht gegeben. Dafür besitzen wir eine andere „Großzügigkeit“, nämlich die, daß Sie, Liang Schu-ming, weiterhin Mitglied des National-komitees der Politischen Konsultativkonferenz bleiben können.

12. Konfuzius‘ Fehler besteht meiner Ansicht nach darin, daß er nicht demokratisch handelte und es ihm am Geist der Selbstkritik mangelte, worin er etwas an Herrn Liang erinnert. Konfuzius sagte:

„Seit ich Dsi Lu als meinen Jünger angenommen habe, habe ich nie Schlechtes über mich gehört.“ [3] Seine Schule „füllte sich dreimal und leerte sich dreimal“. [4] „In seiner dreimonatigen Amtszeit ließ er Schaodscheng Mao hinrichten.“ [5] Das alles ist recht despotisch und riecht nach Faschismus. Ich hoffe, daß Sie, meine Freunde, und be­
|141| sonders Sie, Herr Liang Schu-ming, nicht Konfuzius‘ Beispiel folgen werden. Es wäre sehr erfreulich, wenn Sie es nicht tun würden.

13. Handelte man nach dem hochfliegenden Programm des Herrn Liang Schu-ming, dann wäre es in China nicht nur unmöglich, den Sozialismus aufzubauen, sondern mehr noch, unsere Parteien (die Kommunistische Partei ebenso wie die anderen Parteien) und unser Staat würden untergehen. Seine Linie ist eine bürgerliche Linie. Bo Yi-bos Fehler ist eine Widerspiegelung bürgerlicher Ideen in der Partei. Aber Bo Yi-bo ist besser als Liang Schu-ming.

Liang Schu-ming sagt, daß die Arbeiter „oben im neunten Himmel“ und die Bauern „unten in der neunten Hölle“ seien. Was sind die Tatsachen? Einen Unterschied gibt es wirklich, die Arbeiter verdienen etwas mehr als die Bauern, aber nach der Bodenreform haben die Bauern Land und Häuser bekommen, und ihre Lebensbedingungen bessern sich mit jedem Tag. Manche Bauern haben es besser als die Arbeiter. Manche Arbeiter haben es noch schwer. Wie kann man den Bauern helfen, mehr zu verdienen? Was schlagen Sie vor, Liang Schu-ming? Sie meinen: „Das Schlimmste ist nicht die Knappheit, sondern die ungleichmäßige Verteilung.“ [6] Ihre Vorstellung wäre also die, daß sich die Einkommen der Bauern nicht durch deten Anstrengungen in der Produktion erhöhen sollten, sondern da­durch, daß man die Einkommen der Arbeiter und Bauern einander angleicht, indem man den Arbeitern einen Teil ihres Lohns zugunsten der Bauern abzieht. Wenn man nach Ihrer Vorstellung verfahren würde, wäre das nicht der Ruin für Chinas Industrie? Eine solche Kürzung der Arbeiterlöhne würde den Untergang unseres Staates und unserer Parteien bedeuten. Denken Sie nicht, daß der Untergang nur über die Kommunistische Partei hereinbräche, auch die demokratischen Parteien würde es treffen.

Sie sagen, die Arbeiter seien „oben im neunten Himmel“; in welchem Himmel sind Sie, Liang Schu-ming, dann eigentlich? Sie sind oben im zehnten, im elften, im zwölften, nein, im dreizehnten Himmel, denn Ihr Gehalt ist ja viel höher als der Lohn eines Arbeiters! Nun schlagen Sie aber nicht vor, zuerst Ihr eigenes Gehalt zu kürzen, sondem die Löhne der Arbeiter. Ich finde das unfair. Wenn Sie nicht unfair sein wollen, kürzen Sie erst einmal Ihr Gehalt, schließlich schweben Sie weit über dem „neunten Himmel“!

Seit mehr als drei Jahrzehnten tritt unsere Partei für das Bündnis der Arbeiter und Bauern ein. Der Marxismus-Leninismus steht ja gerade für das Bündnis und die Zusammenarbeit der Arbeiter und
|142| Bauern. Zur Zeit gibt es zwei Bündnisse in China: das Bündnis der Arbeiterklasse mit der Bauernschaft und das Bündnis der Arbeiter-Masse mit den Kapitalisten, Professoren, hochgestellten Technikern, zu uns übergelaufenen Kuomintang-Generälen, religiösen Würdenträ­gern, demokratischen Parteien und parteilosen Demokraten. Diese beiden Bündnisse sind notwendig und müssen bestehen bleiben. Wel­ches von diesen beiden Bündnissen ist das Grundlegende, welches ist von ausschlaggebender Bedeutung? Das Bündnis der Arbeiterklasse mit der Bauernschaft. Liang Schu-ming behauptet, das Arbeiter-Bauern-Bündnis liege in Trümmern und es gebe keine Hoffnung auf einen Aufbau des Landes. Anders gesagt, wenn man nicht nach seinen Vorstellungen verfahre, habe das Bündnis der Arbeiter und Bauern keine Aussicht auf Erfolg, komme der Aufbau des Landes nicht vom Fleck, habe der Sozialismus keine Aussichten! Ein „Bündnis der Arbeiter und Bauern“, wie es Liang Schu-ming im Sinn hat, hätte in der Tat keine Aussichten. Ihre Linie ist eine bürgerliche Linie. Wenn man Ihre Linie befolgte, wäre unser Staat verloren, China würde wieder auf den alten halbkolonialen und halbfeudalen Weg zurück-gezerrt werden, und in Peking würde man eine Kundgebung zur Begrüßung von Tschiang Kai-schek und Eisenhower veranstalten. Ich betone noch einmal: Wir werden Ihre Linie nie und nimmer akzeptieren!

Seit wir in die Städte eingezogen seien, sagt Liang Schu-ming, hätten wir das Dorf „vergessen“, sei das Dorf „verödet“. Das ist ein Versuch, Zwietracht zu säen. In den letzten drei Jahren haben wir unsere Hauptkräfte in der Arbeit auf dem Lande eingesetzt. Erst in diesem Jahr haben wir begonnen, eine größere Anzahl von leitenden Kadern für die Arbeit in der Stadt abzustellen, doch die Mehrzahl der Kader arbeitet weiter in den Kreisen, Distrikten und Gemeinden. Wie kann man da behaupten, wir hätten das Dorf vergessen!

Liang Schu-ming verleumdet weiterhin unsere Arbeit auf dem Lande, sie sei „rückständig“, und unsere Kader an der Basis „verlet­zen Gesetz und Disziplin“. So etwas wie rückständige Gemeinden gibt es tatsächlich auf dem Land. Aber wieviel sind es? Bloß 10 Prozent. Und warum sind sie rückständig? In der Hauptsache deshalb, weil reaktionäre Elemente, feindliche Gendarmen und Agenten, Häuptlinge reaktionärer Sekten, Rowdies und Gangster, Grundherren und Großbauern in die Reihen der Kader eingedrungen sind, die dörflichen Machtorgane in die Hand bekommen und sich zum Teil sogar in die Kommunistische Partei eingeschlichen haben. Solche
|143| Typen machen 8o bis 90 Prozent der Kader aus, die schwere Gesetzes- und Disziplinverletzungen begangen haben. Der Rest sind entartete Kader. Deshalb muß in den rückständigen Gemeinden der Hauptschlag gegen die Konterrevolutionäre geführt werden, während gleichzeitig die entarteten Kader hinausgesäubert werden. Wieviel Prozent nehmen die guten und verhältnismäßig guten Gemeinden im ganzen Land ein? 90 Prozent. Wir müssen uns über diese Situation im klaren sein und sollten uns von Liang Schu-ming nicht konfus machen lassen.

14. Heißt das, daß wir Ermahnungen in den Wind schlagen und Fehler verdecken? Wenn man Ideen wie die des Herrn Liang als „Ermahnungen“ bezeichnen kann, dann erkläre ich: Wir schlagen tatsächlich „Ermahnungen“ in den Wind. Aber Fehler verdecken wir nicht. Wir bestehen darauf, daß das Proletariat ausnahmslos alle und alles führt (Arbeiter, Bauern, Industrielle und Geschäftsleute, alle Nationalitäten, demokratischen Parteien und Massenorganisationen, Industrie, Landwirtschaft, Politik und militärische Angelegenheiten, kurz, alles und jedes), und treten für beides, für Einheit und für Kampf, ein. Wenn Sie uns aushorchen wollen, bitte sehr: Das ist eine Sache, die Sie unbedingt erfahren müssen, eine ihrem Wesen nach grundlegende Sache. Oder ist das etwa eine Kleinigkeit?

15. Die Frage Liang Schu-ming ist für das ganze Land von Bedeutung und muß wie der Fall Bo Yi-bo in der ganzen Partei und im ganzen Land diskutiert werden. Man soll nach typischen Beispielen suchen und Kritik und Selbstkritik üben. Und das ganze Land soll über die Generallinie diskutieren.

Es gibt zwei Arten von Kritik: die Selbstkritik und die Kritik. Mit weicher Art sollen wir es in Ihrem Fall halten, Liang Schu-ming? Mit der Selbstkritik? Nein, wir müssen Kritik üben.

Unsere Kritik an Liang Schu-ming ist nicht nur gegen ihn als Einzelperson gerichtet, sondern wir wollen an seinem Beispiel die reaktionären Ideen entlarven, deren Repräsentant er ist. So reaktionär Liang Schu-ming auch ist, wir siedeln seinen Fall doch im Bereich der ideologischen Umerziehung an. Ob er sich umerziehen läßt oder nicht, ist eine andere Frage. Höchstwahrscheinlich läßt er sich nicht umer­ziehen. Und wenn auch, das schadet nichts, schließlich ist er nur ein einzelner. Doch eine Debatte mit ihm ist nützlich. Glauben Sie nicht, daß wir aus einer Mücke einen Elefanten machen und daß eine Debatte sinnlos wäre. Unsere Debatte mit ihm wird helfen, Fragen zu klären. Wenn er zu irgend etwas nütze ist, dann dafür. Um welche Frage geht
|144| es in der jetzigen Debatte? Geht es nicht um die Frage der Generallinie? Klarheit über diese Frage wird uns allen gut tun.

 

ANMERKUNGEN

* Hauptteile der Kritik von Genossen Mao Tsetung an Liang Schu-ming auf der 27. Tagung des Rates der Zentralen Volksregierung, die vom 16. bis zum 18. September 1953 in Peking stattfand. Die in Peking weilenden Mitglieder des Nationalkomitees der Politischen Konsultativkonferenz des Chinesischen Volkes wohnten dieser Tagung bei.

Die von Liang Sehu-ming propagierte „farblose, durchsichtige Regierung“ ist das Konzept einer Regierung, die frei von jeder Färbung durch Parteien und Fraktionen ein „farbloses, durehsichriges Wesen“ sein soll, das über den Klassen steht.

2 Menzius, „Gao Dsi“, Teil 1.

3 Dieses Zirat ist den Historischen Au/zeichnungen, einem alten chinesischen Geschichtswerk, entnommen. Dsi Lu war Jünger und Leibwächter des Konfuzius. Nachdem Dsi Lu sein Leibwächter geworden war, bekam Konfuzius keine entgegengesetzten Meinungen mehr zu hören.

 

4   Dies ist ein Zitat aus „Über Glücksvorzeichen“ in den Kritischen Essays von Wang Tschung, einem Gelehrten der Han-Dynastie. Konfuzius betrieb im Staat Lu eine Schule, um die reaktionäre Sklaverei zu propagieren und zu verherrlichen. Zur gleichen Zeit betrieb auch Sehaodscheng Mao dort eine Schule, und Konfuzius‘ Schüler strömten, diesen Aufzeichnungen zufolge, häufig in dessen Vorlesungen. Infolgedessen war Schaodseheng Maos Schule überfüllt, während Konfuzius‘ Schule oft leer war.

 

5   Den Historischen Au/zeichnungen zufolge diente Konfuzius im Staat Lu als Justizminister, dann als amtierender Kanzler und ließ in den drei Monaten seines Kanzlersehaft seinen Rivalen Sthaodseheng Mao hinriehten.

6 Gespräche, Buch XVI, „Dji Schi“.

 

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