Mao AW Band IV

Mao Werke


Mao Tse-tung: 

WARUM VERBREITET DIE AUS ALLEN FUGEN GEHENDE REAKTIONÄRE CLIQUE NOCH IMMER IHRE HOHLEN PHRASEN VON EINEM "TOTALEN FRIEDEN" ?

(15. Februar 1946)


Diese Version aus: Mao Tse-tung, Ausgewählte Werke Band IV, Verlag für fremdsprachige Literatur, Peking 1969, S. 363-368


Die reaktionäre Herrschaft der Kuomintang stürzt schneller zusammen, als man angenommen hat. Nur wenig mehr als vier Monate sind verstrichen, seit die Befreiungsarmee Tsinan, und nur wenig über drei Monate, seit sie Schenyang eingenommen hat, aber alle restlichen Kräfte der Kuomintang auf militärischem, politischem, wirtschaftlichem und kulturell-propagandistischem Gebiet sind bereits in den hoffnungslosen Zustand geraten, wo sie aus den Fugen gehen und sich in Auflösung befinden. Der allgemeine Zusammenbruch der Kuomintang-Herrschaft begann zur Zeit der Operationen von Westliaoning-Schenyang und Peiping-Tientsin an der Nordfront und der Huai-Hai-Operation an der Südfront. in weniger als vier Monaten - von Anfang Oktober vorigen Jahres bis Ende Januar dieses Jahres - kosteten diese drei Operationen der Kuomintang mehr als rund 1.540000 Mann, einschließlich 144 kompletter Divisionen ihrer regulären Armee. Der allgemeine Zusammenbruch der Kuomintang-Herrschaft ist das zwangsläufige Ergebnis der großen Siege im Befreiungskrieg des chinesischen Volkes und in seiner revolutionären Bewegung, aber das Schreien nach "Frieden" von seiten der Kuomintang und ihrer USA-Herren hat auch eine beträchtliche Rolle bei der Beschleunigung des Zusammenbruchs der Kuomintang gespielt. Am 1. Januar dieses Jahres begannen die Kuomintang-Reaktionäre den "Friedensoffensive" genannten Stein aufzuheben; sie wollten ihn auf das chinesische Volk werfen, aber jetzt ist er auf ihre eigenen Füße gefallen. Genauer gesagt, dieser Stein hat die Kuomintang selbst von oben bis unten in Stücke geschlagen. Neben General Fu Dsuo-yi, der der Volksbefreiungsarmee geholfen hat, eine friedliche Lösung der Peiping-Frage zu erreichen, gibt es überall noch viele Menschen, die auf eine friedliche Lösung hoffen. In ohnmächtiger Wut müssen die Amerikaner mitansehen, wie ihre Zöglinge sie zu ihrem großen Kummer enttäuscht haben. Tatsächlich wurde diese Zauberwaffe, die Friedensoffensive, in USA-Fabriken hergestellt und schon vor mehr als einem halben Jahr der Kuomintang geschenkt. Es war Leighton Stuart persönlich, der dieses Geheimnis ausgeplaudert hat. Nachdem Tschiang Kai-schek mit seiner sogenannten Neujahrsbotschaft herausgerückt war, erzählte Stuart einem Korrespondenten der Zentralen Nachrichtenagentur, das sei etwas, "worauf ich selbst unablässig hingearbeitet habe". Laut Meldung einer amerikanischen Nachrichtenagentur verlor jener Korrespondent sein Brot, weil er diese "nicht zu veröffentlichende" Bemerkung publik gemacht hatte. Der Grund, warum die Tschiangkaischek-Clique lange Zeit nicht wagte, diesen Befehl der Amerikaner zu befolgen, wurde in einer Anweisung der Propagandaabteilung des Zentralexekutivkomitees der Kuomintang am 27. Dezember 1948 deutlich erklärt:

Wenn wir nicht kämpfen können, können wir auch keinen Frieden machen. Wenn wir kämpfen können, wird alles Gerede über Frieden nur die Truppen und das Volk demoralisieren. Es gereicht daher ob wir kämpfen können oder nicht - nur zum Schaden und keineswegs zum Vorteil, wenn wir von Frieden sprechen.

Die Kuomintang ließ zu jener Zeit diese Anweisung ergehen, weil einige andere Fraktionen in der Kuomintang außer der Fraktion Tschiang Kai-scheks bereits Friedensgespräche befürworteten. Am 25. Dezember vergangenen Jahres unterbreitete Bai Tschung-hsi und der unter seiner Regie stehende Konsultativrat der Provinz Hupeh Tschiang Kai-schek die Frage einer "friedlichen Lösung",1 wodurch dieser gezwungen war, am 1. Januar dieses Jahres zu erklären, daß er bereit sei, auf der Grundlage seiner fünf Bedingungen in Friedensverhandlungen zu treten. Er hoffte, das Patent für die Erfindung der Friedensoffensive aus den Händen Bai Tschung-hsis zurückzuerobern und seine alte Herrschaft unter einer neuen Handelsmarke fortzusetzen. Am 8. Januar sandte er Dschang Tjün nach Hankou, um die Unterstützung Bai Tschung-hsis zu erwirken, und am selben Tag richtete er ein Ersuchen an die Regierungen der Vereinigten Staaten, Großbritanniens, Frankreichs und der Sowjetunion, sich in Chinas Bürgerkrieg einzumischen 2. Aber all diese Schritte schlugen fehl. Die Erklärung des Vorsitzenden der Kommunistischen Partei Chinas, Mao Tse-tung; vom 14. Januar versetzte Tschiang Kai-scheks Scheinfriedens-Intrige einen vernichtenden Schlag und zwang ihn eine Woche später, sich hinter die Kulissen "in den Ruhestand" zu begeben. Obwohl Tschiang Kai-schek, Li Dsung-jen und die Amerikaner alle möglichen Vorbereitungen für diesen Winkelzug getroffen hatten und hofften, gemeinsam ein gerade noch angehendes Duodrama aufführen zu können, widersprach das Resultat ihren Erwartungen; nicht nur wurde das Publikum immer kleiner, auch die Schauspieler selbst verschwanden einer nach dem anderen von der Bühne. In Fenghua fuhr Tschiang Kai-schek fort, die Überreste seiner Kräfte vom "Ruhestand" aus zu dirigieren, aber da er seinen legalen Status schon verloren hat, werden die Menschen, die an ihn glauben, immer weniger. So hat nun Sun Fos "Exekutivrat" auf eigene Faust die "Verlegung der Regierung nach Kanton" verkündet; er hat sich nicht nur von seinem "Präsidenten" und "amtierenden Präsidenten", sondern auch noch vom "Legislativrat" und vom "Kontrollrat" losgesagt. Sun Fos "Exekutivrat" schrie nach Krieg,3 aber das "Ministerium für Landesverteidigung", das den Krieg weiterführen sollte, ist weder in Kanton noch in Nanking, und man weiß von ihm nur, daß sich sein Wortführer in Schanghai befindet. So kann Li Dsung-jen, von den Wällen der "Steinstadt" Ausschau haltend, nur sehen:

... der Himmel Wu und Tschu umzuwölbt, nichts erblickt das Auge weit und breit.4

Kein einziger Befehl Li Dsung-jens wurde, seit er am 21. Januar sein Amt antrat, ausgeführt. Obwohl die Kuomintang keine "totale Regierung" mehr hat und obwohl an vielen Orten lokale Friedensaktionen im Gange sind, widersetzen sich die Ultrareaktionäre in der Kuomintang dem lokalen Frieden und verlangen einen "totalen Frieden", wobei sie darauf abzielen, den Frieden überhaupt unmöglich zu machen, in der eitlen Hoffnung, den Krieg weiterführen zu können; sie haben schreckliche Angst, daß diese lokalen Friedensaktionen so lange um sich greifen werden, bis die Situation nicht mehr zu retten ist. Das Affentheater der Kuomintang, die sich bei all ihrer Zersplitterung und Zersetzung dazu verstieg, einen "totalen Frieden" zu fordern, erreichte den Höhepunkt in der Erklärung, die der Kriegsverbrecher Deng Wen-yi, Leiter des Büros für Politische Arbeit beim Pseudo-Verteidigungsministerium, am 9. Februar in Schanghai abgegeben hat. Wie Sun Fo verwarf auch Deng Wen-yi die Erklärung Li Dsung-jens vom 22. Januar, in der die acht Bedingungen der Kommunistischen Partei Chinas als Grundlage für die Friedensverhandlungen angenommen worden waren; statt dessen verlangte er einen "Frieden auf der Basis der Gleichberechtigung, einen totalen Frieden" und erklärte, wenn das nicht gelinge, würden seine Leute "kein Opfer scheuen, die Kommunisten bis zum bitteren Ende zu bekämpfen". Aber Deng Wen-yi vergaß zu erwähnen, mit wem wir, seine Gegner, jetzt für einen Frieden "auf der Basis der Gleichberechtigung", einen "totalen" Frieden zu verhandeln haben. Es scheint, daß, wenn wir uns an Deng Wen-yi wenden, uns dies nicht zum Ziel führen wird ; es scheint aber auch, daß, wenn wir uns weder an Deng Wen-yi noch an irgend jemand anders wenden, uns das gleichfalls zu keinem Ziel führen wird. Wie schrecklich schwierig das doch ist! In einer Meldung der Zentralen Nachrichtenagentur vom 9. Februar aus Schanghai heißt es:

Deng Wen-yi wurde von einem Berichterstatter gefragt: "Hat der amtierende Präsident Li die vier Punkte in Ihrer öffentlichen Erklärung5 genehmigt?" Darauf antwortete Deng Wen-yi: "Ich spreche vom Standpunkt des Ministeriums für Landesverteidigung aus, und die vier Punkte von heute wurden dem amtierenden Präsidenten Li vorher nicht vorgelegt."

Hier erfindet Deng Wen-yi nicht nur einen Teilstandpunkt des Pseudo-Verteidigungsministeriums, der sich von dem Totalstandpunkt der Pseudoregierung der Kuomintang unterscheidet, sondern er erfindet in der Tat noch einen kleineren Teilstandpunkt des Büros für Politische Arbeit beim Pseudoministerium für Landesverteidigung, der getrennt vom größeren Teilstandpunkt dieses Pseudoministeriums existiert. Denn Deng Wen-yi tritt offen gegen die friedliche Lösung der Peiping-Frage auf und begeifert sie, während das Pseudo-Verteidigungsministerium sie am 27. Januar als eine Aktion, die "den Krieg abkürzen, den Frieden herbeiführen und somit die Fundamente der alten Hauptstadt Peiping sowie ihre kulturellen Schätze und historischen Denkmäler bewahren" sollte, gewürdigt und erklärt hat, daß auch in Gegenden wie Datung und Suiyüan6 die "Feindseligkeiten eingestellt" werden sollten, und zwar auf die gleiche Weise. Daraus können wir ersehen, daß jene Reaktionäre, die am eifrigsten nach einem "totalen Frieden" schreien, gerade jene Reaktionäre mit dem geringsten totalen Standpunkt sind. Ein Büro für politische Arbeit beim Ministerium für Landesverteidigung erlaubt sich, seinem Ministerium wie auch dem amtierenden Präsidenten zu widersprechen. Diese Reaktionäre sind heute das größte Hindernis bei der Verwirklichung des Friedens in China. Sie geben sich dem Traum hin, unter der Losung eines "totalen Friedens" zu einem totalen Krieg aufhetzen zu können, oder meinen ihren eigenen Worten zufolge: "Wenn Krieg sein muß, dann ein totaler Krieg; wenn Frieden sein muß, dann ein totaler Frieden." In Wirklichkeit aber haben sie nicht die Macht, einen totalen Frieden herbeizuführen, noch die Macht, einen totalen Krieg zu führen. Die totale Macht liegt in den Händen des chinesischen Volkes, der Chinesischen Volksbefreiungsarmee, der Kommunistischen Partei Chinas und anderer demokratischer Parteien und Gruppen und nicht in den Händen der aus den Fugen gehenden und in Auflösung befindlichen Kuomintang. Die einen verfügen über die totale Macht, während die anderen rettungslos auseinanderfallen und sich auflösen. Und das ist das Ergebnis des langjährigen Kampfes des chinesischen Volkes und der langjährigen Übeltaten der Kuomintang. Kein ernsthafter Mensch darf diese grundlegende Tatsache der politischen Lage in China heute ignorieren.

ANMERKUNGEN

1. Bai Tschung-hsi, Oberbefehlshaber des Zentralchinesischen Oberkommandos der Kuomintang zur "Banditenausrottung", schlug Tschiang am 26. Dezember 1948 unter Ausnutzung der damals für Tschiang Kai-schek äußerst ungünstigen Lage eine "friedliche Lösung" vor, mit der Absicht, ihn zum Abtritt von der Bühne zu zwingen und die Position der Kuangsi-Clique zu stärken. Der Pseudo-Konsultativrat der Provinz Hupeh, von Bai Tschung-hsi dirigiert, sandte Tschiang Kai-schek ein Telegramm, das ihn warnte, "wenn die Kriegsnot sich weiter ausbreitet und nicht sofort der Versuch gemacht wird, den Kurs zu ändern, werden Staat und Volk ruiniert werden, und ihn aufforderte, "die normale Bahn der politischen Lösung zu verfolgen und Wege zu finden, die Friedensverhandlungen wiederaufzunehmen".

2. Die Kuomintang-Regierung wandte sich am 8. Januar 1949 an die Regierungen der USA, Großbritanniens, Frankreichs und der Sowjetunion mit dem Ersuchen, sich in Chinas Bürgerkrieg einzumischen. Das wurde von diesen Regierungen abgelehnt. In ihrem "Memorandum" vom 12. Januar an die Kuomintang-Regierung erklärte die amerikanische Regierung, daß die USA das Gesuch der Kuomintang-Regierung deshalb abgelehnt haben, weil "es schwer zu glauben ist", daß damit "irgendwelche nützlichen Ergebnisse erzielt werden können". Das bedeutet, die USA waren sich damals bereits dessen bewußt, daß sie den Untergang des von ihnen aufgepäppelten reaktionären Regimes Tschiang Kai-scheks nicht mehr aufhalten konnten.

3. Am 6. und 7. Februar 1946 gab Sun Fo, Präsident des Pseudo-Exekutivrats der Kuomintang-Regierung, in Kanton nacheinander zwei Erklärungen ab, in denen er sich Li Dsung-jens Erklärung hinsichtlich der Annahme der von der Kommunistischen Partei Chinas gestellten acht Friedensbedingungen als Grundlage für die Verhandlungen widersetzte. Er sagte: "Die Regierung ist nach Kanton verlegt worden, wo sie bereits zu funktionieren angefangen hat, und wir sollten unsere Vergangenheit kritisch überprüfen." Er bemerkte außerdem: "Die Bedingung bezüglich der Bestrafung von Kriegsverbrechern, wie sie von der Kommunistischen Partei gestellt wurde, ist absolut unannehmbar."

4. Zeilen der Ode "Besteigung der Steinstadtmauer" des Dichters Sadul, der im 14. Jahrhundert lebte, zur Zeit der Yüan-Dynastie. "Steinstadt" hieß Nanking in der alten Zeit. Mit Wu und Tschu waren im allgemeinen die Gebiete am mittleren und unteren Teil des Yangtse gemeint.

5. In seiner schriftlichen Erklärung über "Die Entwicklung des Friedens und des Krieges" brachte Deng Wen-yi, Leiter des Büros für Politische Arbeit beim Pseudo-Verteidigungsministerium, am 9. Februar 1949 in Schanghai die folgenden "vier Punkte" vor: 1. "Die Regierung will Frieden"; 2. "Die Kommunistische Partei Chinas will Krieg"; 3. "Der lokale Frieden von Peiping ist ein Schwindel geworden"; 4. "Wir werden kein Opfer scheuen, die Kommunisten bis zum bitteren Ende zu bekämpfen".

6. Nach der Befreiung von Tientsin und Peiping verblieben nur noch einige wenige isolierte Stützpunkte in Nordchina in den Händen der Kuomintang-Truppen. Zu diesen gehörten Taiyüan, Datung, Hsinhsiang, Anyang und Guisui. In Taiyüan wurde der Feind am 24. April 1946 vollständig vernichtet. In Datung erklärte er sich am 1. Mai zu einer friedlichen Reorganisation bereit. In Hsinhsiang ergab sich der Feind am 5. Mai der Befreiungsarmee. In Anyang wurde er am 6. Mai vernichtet. Guisui wurde am 19. September friedlich befreit.

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